… Gustl Mollath war und ist das erfreulichste Thema des letzten Jahres, weil es ihm die Freiheit zurückbrachte und – ich darf’s mal sagen – auch unsere Bemühungen mit Erfolg belohnte. Seine Rehabilitierung ist gewiß das vornehmste „Nahziel“ unser aller. Niemandem ist es „viel zu bescheiden“ (Dr. Strate in einer mail vom 31.12.13). Es zu erreichen ist gewiß die erste und einzige Aufgabe seines Verteidigers. Es möge aber auch niemand den Widerstand gegen den Psychiatriemißbrauch allgemein damit hintertreiben. Dessen Opfer wurden neben Mollath auch viele andere und viele drohen es weiter zu werden.
Dem Protest vieler Menschen, die sein Schicksal berührte, wie der Arbeit einiger weniger, die seinen Fall gründlich durchleuchteten, mußten sich das System, die „politische Klasse“, so lang es auch dauerte, beugen. Sie mußten Mollath freilassen.[1] Er hat jetzt noch schwere Prüfungen vor sich. Am 7.7.2014 beginnt das Wiederaufnahmeverfahren am Landgericht Regensburg.
Dieses wirft psychiatrische Schatten wieder voraus. Das Gericht will partout eine neue Begutachtung Mollaths und als Gutachter Prof. Nedopil haben, was eine Zumutung ist. Die Psychiatrie kam nur durch einen von seiner Ex-Frau veranlaßten ärztlichen Kunstfehler ins Spiel, das Attest der Erlanger BKH-Ärztin Dr. Krach. Eine neue Begutachtung spielte den Damen erneut zu. Das letzte Gutachten, meines, hat, von bayerischen Gerichten verrissen, vom Bundesverfassungsgericht aber anerkannt, Mollath für gesund und ungefährlich befunden. Das ganze Land hat ihn am Fernsehen so wiederholt auch erlebt. An der exzessiven Ladung Nedopils zu allen 17 Verhandlungstagen ist bei der erneuten Nicht-Beachtung meines Gutachtens jetzt durch das Landgericht Regensburg Geruch. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat Mitte April Ermittlungen gegen bisherige Verfahrenbeteiligte abgelehnt. Ist da ein faires Verfahren überhaupt noch zu erwaren? Die beobachtende Teilnahme des Psychiaters Dr. Lippert bei der Verhandlung am Amtsgericht Nürnberg am 24.2. 04 hatte bereits vorverurteilende Wirkung. Was soll ein neuer Gutachter jetzt und sei es ein „renommierter“? Zwei von der Sorte, die Professoren Kröber und Pfäfflin, waren an Mollath schon dran, brachten ihn mit ihren Fehleinschätzungen weiter ins Verderben, das Fach dazu in Mißkredit.
Wir nahmen primär immer die psychiatrische Seite des Mollath-Skandals ins Visier. Prof. Dieckhöfer ging im März den Präsidenten der DGPPN in nicht mehr zu überbietender Schärfe an (s. Anhang). Da die Herren Leipziger, Kröber, Pfäfflin und Co. von der Fachvertretung, diese aber von mächtigen Politikern und von den Medien gedeckt werden, auch von solchen, die von besagten Herren (Leipziger etc.) noch abrückten, konnten und können sie vereint die Kritik an psychiatrischen Fehlhandlungen übergehen. Seit 40 Jahren – wir zeigten damals solche Mißbräuche in der Sowjetunion an – machen sie’s so. Psychiatrie und Psychologie bieten Politikern halt zu patente Mittel, Unliebsame auszuschalten.
Inzwischen ist Mollath mit anderen zusammen gegen Übergriffe in der Psychiatrie hierzulande selbst aktiv geworden, u.a. gegen eine 60-tägige (!) Fixierung[2] im Bezirkskrankenhaus Taufkirchen. Zwangsunterbringungen, Fixierungen, Isolierungen, Zwangsmedikation sind, auch wenn kurzfristig angewandt, immer von Übel, mitunter aber leider unumgänglich. So skandalös auch Mollath als Gesundem eine Zwangsmedikation drohte: Viele tätliche Übergriffe durch Mitinsassen in der Forensik in Straubing und Bayreuth, eben durch schwerkranke, gefährliche, sind wohl auch ihm durch solche Medikation erspart geblieben. Das Thema „Zwang in der Psychiatrie“ ist immer ernst, für Effekthascherei aber zu komplex. Ein Abstellen allein auf Zwangsmaßnahmen, auf Mißstände in der Psychiatrie greift einfach zu kurz, ist gar gefährlich, weil damit die Umstände außen vor bleiben, durch die ihre Mißbräuche zustande, gesunde Menschen zu Unrecht in ihre Fänge kommen. Viele Antipsychiater konzentrierten sich auf solche Mißstände. Ihre Klagen griffen die Machthaber, Regierung und Opposition, in den 1970ern gerne auf und veranstalteten damit und mit viel Tamtam die Psychiatrie-Enquête und –Reform, die autoritäre Staatspsychiatrie noch verstärkte und sie Politiker/inne/n vom Schlag der Ministerin Merk (CSU) oder des Landtags-Rechtsausschuß-Vorsitzenden Schindler (SPD) weiter auslieferte (RB2/12,2). Unsere Antipsychiater waren über die Jahre so vielfach der Psychiatriemißbräuche beste Helfershelfer.
Daß wir diese Umstände, die Mißbräuche begünstigenden, ja erst ermöglichenden Strukturen der Psychiatrie als Kern des Übels angriffen, das brachte uns über Jahrzehnte den Unwillen, ja den Haß der „politischen Klasse“ und ihrer Mitläufer, zuerst freilich unserer Fachvertretung ein, stärkte aber auch unsere Unabhängigkeit. Diese aber war die Voraussetzung meines Gutachtens, das die Kampagne für Mollath ermöglichte und, auch wenn’s nochmals zwei Jahre dauerte, schließlich mit seine Freilassung bewirkte. Es ist nun einmal so: Ohne GEP, in der wir den Widerstand gegen diese Mißbräuche des Fachs über 40 Jahre hinweg aufbauten, wäre es nie zu einem solchen Gutachten gekommen. Gegen die „Koryphäen“ Kröber und Pfäfflin wäre im ganzen Land kein anderer Psychiater für Mollath eingetreten.[3] Ohne solch psychiatrisches Zeugnis aber hätte kein Unterstützerkreis für Mollath die Stimme erheben können, wäre vor allem kein Journalist angesprungen, hätte niemand im Land, auch kein RA Strate ein Sterbenswörtchen von Mollath erfahren, hätte dieser wohl in der Forensik seine Tage beschlossen.
Seinen Fall muß die „politische Klasse“ jetzt in Ordnung bringen. Er hängt ihr schwer genug schon am Bein. Das System des Psychiatriemißbrauchs, ihr patentes Machtmittel, aus dem heraus das Vorgehen gegen Mollath erst möglich wurde, will sie sich offensichtlich aber erhalten. Sie „braucht“ es, um „Störer“ zu erledigen, und gebraucht es weit häufiger als öffentlich bekannt wird, meist freilich in weniger spektakuläre Weise. Einen ganz alltäglichen Fall, den von Frau Kause, stellte ich in unserem letzten Rundbrief 1/13,5 vor, einen von gewiß vielen.[4] Seit 40 Jahren verfolgen wir ja über Einzelfälle hinaus das Ziel, dieser konzertiert von der internationalen „politischen Klasse“angelegten Repressionsmethode beizukommen. Das ist ganz offensichtlich der Grund, warum die Medien – glaube an ihre Unabhängigkeit, wer will – auch im Fall Mollath die Psychiatrie selbst von jeder Kritik ausnahmen und uns, die einzigen im Land, die ihrem Mißbrauch wehren, totschwiegen oder wie Frau Lakotta vom SPIEGEL herunterrissen. Daß besagte Klasse auf „unteren“ Etagen genügend Mit- und Nachschwätzer findet, kluge Leute dabei, aber auch andere, wundert niemanden. „Obere“ Ansichten und Parolen tropfen immer nach unten ab.
Gewiß setzten sich die meisten Unterstützer Mollaths ehrlichen Herzens für ihn ein. Einer der frühesten und tatkräftigsten sitzt hier unter uns. Es gibt aber auch andere, meist nachträglich aufgesprungene, die Mollaths Fall als Einzelfall behandeln und ihn benützen, um mit ihm den Widerstand gegen Psychiatriemißbräuche allgemein und uns, die wir ihn nun einmal als einzige im Land seit 40 Jahren leisten, zu diskreditieren, sie de facto Unterstützer vor allem des Mißbrauchssystems und seiner politischen Veranstalter.[5] Die Herausgeber des „Unterstützerbuchs“ STAATSVERSAGEN AUF HÖCHSTER EBENE, die Soziologen Pommrenke und Klöckner brachten an uns vorbei zwei Psychiater zu Wort, die Mollath noch nach seiner Freilassung (!) erneut unter Kranke, ja kranke Straftäter stellten, die Dres. Torhorst und Rauchfuß, bewährte Vertreter des Systems. Und Mollaths neue Unterstützerin OSTAin a.D. Gabriele Wolff griff uns, Herrn Dieckhöfer und mich, auf ihrem „Unterstützer“-Blog[6] mit besonderer Inkompetenz und Infamie an (RB 1/13, 7.2).[7] Gut kommentiert sie Juristisches. Schmähungen streuten im Netz auch der manchen hier im Raum bekannte Rainer Hoffmann[8] und der gern Psychiater spielende Postbote Postel. Dazu breiteten im Netz weitere neue „Mollath-Unterstützer“ ihr Besserwissen über Psychiatrie aus und richteten ihre vorbestehenden, von Leipziger und Co. natürlich bestärkten Vorurteile gegen das Fach, das für viele Kranke immer noch hilfreiche, unverzichtbare, jetzt gegen uns, gegen Herrn Dieckhöfer und mich, die wir Mollath aus der Psychiatrie herausgepaukt haben. Am Funktionieren des Mißbrauchsystems haben höchste Kreise weit über die bayerische Ex-Justiz-, heutige Europaministerin Merk hinaus höchstes Interesse. Da sind sie für jedwede Unterstützung, auch die unterste, dankbar. Ganze Lager von Andersdenkenden können sie so bequem etwa als „Verschwörungstheoretiker“, also auch „Wahnkranke“, diffamieren, elegant erledigen. Macht zieht selbst aus unverdächtigen Zonen noch Unterstützer an.
Mit „Unterstützern“ wie den angeführten konnten sie die fachliche Seite auch des Mollath-Skandals schön abdecken, konnte das Landgericht Regensburg bei Benennung der vorgesehenen Zeugen im Wiederaufnahmeverfahren uns gut jetzt „übersehen“.[9] Das Zusammenspiel von Akteuren auf unterschiedlichen, auf politischen, psychiatrischen und juristischen Ebenen zeigte schon zu Sowjetzeiten das Systematische am Psychiatriemißbrauch an. Mit solchen „Unterstützern“ könnte es seinen jetzt westlichen Veranstaltern gelingen, das System des MIßbrauchs sich zu erhalten. Ich erinnere daran, wie um 1990, als die Sowjetunion einknickte, in unserem damals internationalen Dachverband IAPUP verlautete, die amerikanischen Geldgeber, u.a. die Smith-Richardson-Foundation (RB1/11, Fn12),[10] wollten das Wort „Psychiatriemißbrauch“ nicht mehr hören. Darüber kam es in IAPUP zur Spaltung. Besagtes Wort ist weithin jetzt tabu. Wie die Geld-affinen IAPUPler damals könnten als Abfälscher jetzt freilich auch manche Mollath-„Unterstützer“ noch auf der Strecke bleiben.
Offensichtlich können im System des Rechtsstaates mafiose Subsysteme existieren, ein korruptes „Psycho-System“ vielleicht gar nicht das einzige. Mit der 68er Bewegung hielt es Einzug. Ihm kam und kommt zugute, daß die Allgemeinheit meist unklare Vorstellungen von Seelen(heil)kunde und –heilkundlern hat. Die Medien haben wenig getan, dem abzuhelfen. Schon die Berufsbezeichnungen Psychiater, Psychologe werfen sie regelhaft durcheinander und das Wort „Psychiatriemißbrauch“ meiden sie strikt.Wohl kratzten sie an den Herren Leipziger, Kröber, Pfäfflin, ließen jedoch die sie deckenden Repräsentanten und Strukturen des Fachs gänzlich unberührt.[11] Die Mollath-Veranstaltung der Münchner Medizinstudenten am 13.12.13 war die erste und bisher einzige, bei der die fachlich Seite des Skandals durch Referate von Prof. Dieckhöfer, Dr. Ziegert und mir erstmals näher zur Sprache kam. Die SZ, die für ihre Publizistik in Mollaths Sache gar einen Preis erhielt, ging schön an ihr vorbei.[12]
Nicht weniger desinteressiert die ärztlichen Medien.[13] Im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT wie in den Fachjounalen wird mehr und mehr psychiatrische Hilfe reklamiert.[14] Die aktuellen Schändlichkeiten im Fach tauchen nicht auf. Wenn ja einmal Kritik verlautet, wie von Richtern Gutachtern gelegentlich signalisierte Tendenzen (Prof. Gresser in DÄ 6/14 an), wird wie in DÄ 14/14 abgewiegelt.
Am häufigsten begegnen uns derzeit Klagen über „psycho-justitielle“ Übergriffe auf familienrechtlichem Gebiet. Hier sorgen für Verdruß Gutachten weniger von Psychiatern als von Psychologen. Beide Professionen hängen ja am gleichen Diagnose-System. Das ist überhaupt der Knackpunkt. Das Jugendamt ist nur vorgeschaltete Instanz (nebenstehende Aufnahmen von einem Eltern(teil)-Protest in München im Sommer 2013 – keine der Münchner Zeitungen berichtete). Wer immer Kompetenz über den Menschen beansprucht oder innehat, ist irrtumsanfällig, mitunter korrumpierbar.[15] Durch hergeholte ICD- oder DSM-Diagnosen werden vielen Trennungseltern ihre Kinder geraubt. Jüngst hatte ich zu A.D. (s. RB 2/12,7.1), der 2012 ihre zwei kleinen Kinder entzogen worden sind, erneut Stellung zu nehmen. An einem Gutachten zu einer Mutter arbeite ich gerade, der ebenfalls unter der Diagnose, ja nur dem Verdacht auf eine Borderline-Störung [16] ihre vier Kinder, das älteste 12 Jahre alt, weggenommen worden sind. Die „Störung“ wurde 1938 von einem amerikanischen Psychoanalytiker (A. Stern) erfunden, geriet dann wieder in Vergessenheit, kam 1980 dennoch in der ICD-10 an, wird in psychiatrischen Lehrbüchern auch heute noch bezweifelt (Fn 23), bei Gericht aber reichlich, vor allem von Psychologen ausgespielt. Eltern wird mit Chimären von Diagnosen ihr Verfassungsrecht auf die Erziehung ihrer Kinder, diesen, nachdem jene gemeinsam schon nicht präsent sind, der sie umsorgende, liebende Elternteil genommen. Vielen werden von Amts wegen tiefe seelische Wunden geschlagen. Als Siebenjähriger sah ich 1944 während eines fünfwöchigen Aufenthalts in einem Nazi-Kinderheim den Sadismus von Heimerziehern, erinnere ihn schaurig jetzt mit siebenundsiebzig noch. Vielleicht rührt von daher meine Unnachgiebigkeit gegenüber herrischem Machteinsatz und allen Kollektivismen in Erziehung und Krankenbehandlung, kommen sie auch heilkundlich, kindeswohl-deklamierend oder schlicht bürokratisch daher.
Im Bereich der Arbeitsverwaltung werden ebenso unter dem Motto „Hilfe für psychisch Kranke“ belastende Psychiatrisierungen[17] gesetzt, werden Menschen verunsichert, vielfach in psychische Krisen erst hineingemobbt.In seinem Buch „DAS MOBBINGSYNDROM“ (2012) schreibt der Psychiater Bämayr: „Zum Nachweis der Schuld des Arbeitslosen an der Kündigung wird der arbeitsamtsärztliche und arbeitspsychologische Dienst vom Jobcenter beauftragt, die gesundheitlichen Folgen des Mobbing zu klären. Diese Klärung ist ohne einen erzwungenen ‚Seelenstriptease’ nicht vorstellbar,,,, die Gefahr einer Verschlimmerung des ‚Mobbingsyndroms’ (dabei) hoch“. [18]
Fassen wir nochmals zusammen, was uns in jüngerer Zeit an Psychiatriemißbräuchen bekannt, von uns teilweise auch mit zur Lösung gebracht worden ist,
– der Fehlgriff des Münchner Psychiatrie-Ordinarius Prof. Möller im Fall von Eberhart Herrmann, dazu
– der Skandal der Möller zu Hilfe geeilten fünf psychiatrischen Ordinarien, Chefärzte, „Koryphäen“ des Faches in Nord und Süd, Ost und West des Landes, in Aachen, Dresden, Göttingen, Halle/Saale und Werneck/Schweinfurt. Alle versuchten gleich lausig das Fehlverhalten ihres Münchner Kollegen glattzubügeln.
– der Skandal des Falles Horst Arnold, der infolge falscher Beschuldigungen und falscher psychologischer Glaubwürdigkeitsgutachten ab 2002 fünf Jahre Haft hinzunehmen, sie aufgrund falscher psychologischer und psychiatrischer Prognosebeurteilungen voll abzusitzen hatte, danach keine Rehabilitierung erfuhr und 53-jährig im Juni 2012 verstarb.
– die Fälle der vier hessischen Steuerfahnder um Rudolf Schmenger, die durch falsche, von einem Minister auch noch verteidigte psychiatrische Gutachten aus ihrer Beamtenstellung gekickt wurden. Schmenger hat sich, obwohl Dialyse-Patient, für Mollath nachdrücklich mit eingesetzt. Die Ärztekammer hat sich für ihn verwandt, nachdem sein Fall in den Medien publik geworden war. Und Herr Nedopil hat ihn dann korrekt nachbegutachtet. Die Schadensregulierung ist aber weiter offen.
– als Gipfel zuletzt der Fall Mollath, zu dem ich ja gerade Aktuelles ausgebreitet habe.
Die Täter selbst wie die Fachrepräsentanz kommentierten die Skandale, sofern überhaupt, mit Arroganz und Selbstgefälligkeit. Die indirekt mitbetroffene Ärzteschaft aber blieb stumm. Die Zustände wurden mit der Psychiatrie-Reform so schlimm,[19] mit der Psychiatrie–Enquête von 1975. Sie brachte in Anlehnung an Kennedys CMHC-Gesetz von 1963 die Ausweitung staatlicher Regulierung des Faches (Institutsambulanzen, Diagnostik-Manuale) und seine Durchdringung durch die nunmehr staatlich anerkannte Psychoanalyse.
Zu letzterer (s. auch RB 2/07,5) ein näheres Wort, weil der Psychotherapeut Schlagmann heute bei uns ist, er ein anerkannter Freud-Forscher, Freud-Kritiker.[20] In der Psychotherapie macht die Psychoanalyse an sich nur einen Teilbereich aus. Just für diesen zeigt Schlagmann (neben vielen anderen in- wie ausländischen Autoren) in seinen Büchern ihre nie nachgewiesene therapeutische, wohl aber beschädigende Wirksamkeit auf. Dabei geht es ihm natürlich nicht gegen die Psychotherapie,sondern eben gegen die destruktiven, etwa Freud’sche Teile in ihr. So deutlich seit Sowjetzeiten hinter dem Psychiatriemißbrauch das Machtinteresse der Regierenden steht, zeigt es Schlagmann für die Psychoanalyse auf. Mit dem Ödipus-Komplex schob Freud die Ursachen der hier behandelten Leiden den Leidenden selbst zu, ihren eigenen „polymorph-perversen“ Trieben, revolutionäres Potential gegen externe Schädiger einschließlich u.U. der „Obrigkeit“ stillend, was deren Hochschätzung für Freud erklärt. So nötig heilsame Psychotherapie ist, halte ich die Stützung der destruktiven Freudschen Lehren und Praktiken[21] durch die „politische Klasse“, die Ärzteschaft[22] für nicht minder empörend wie das, was an Mollath verbrochen wurde.
Zurück nochmals zum Thema Kinderentziehung und hier zu der Psychoanalytiker-Diagnose Borderline-Störung. Im Lehrbuch PSYCHIATRIE von V. Faust[23] heißt es von ihr nicht von ungefähr, sie werde „bisweilen unkritisch überdehnt“. 1980 ist sie mit auf die Diagnosenliste der WHO, die ICD, gerutscht, wird hier unter F60.31 zwar aufgeführt, steht aber auch hier ohne weiteren Hinweis, an welchen Kriterien sie festzumachen wäre. Man sieht daraus, wie umstritten sie auch bei „hochkarätigen“ Fachleuten immer noch ist.[24]
Um den vielfach erst durch flache Psycho-Diagnosen geschaffenen, vermehrten psychisch Kranken zu „helfen“, wird hierzulande jetzt die „Direktausbildung“ von Psychotherapeuten verfolgt. Bisher mußten diese erst einmal ein normales medizinisches oder Psychologie-Studium absolvieren. Gegen die weitere Verflachung der Ausbildung leisten die psychiatrischen Fachgesellschaften, Berufsverbände etc. jetzt ausnahmsweise einmal Widerstand[25]. Daß sie sich mit der Enquête der 1970er Jahre im amerikanisch-psychoanalytischen Schlepptau, Humanität im Munde führend, selbst auf die schiefe Ebene begeben haben, auf der die Behandlung wie Begutachtung Kranker und Gesunder heillos ins Rutschen geraten sind, davon wollen sie jetzt natürlich nichts mehr wissen. Immer deutlicher zeigt sich, daß die Entwicklung mitsamt der Vermehrung ungarer Psycho-„Heilslehren“, Psycho-„Heilberufe“, seichter Psycho-Diagnosen und Diagnostik-Manuale von der politischen Klasse gewollt und unsere Psycho-Koryphäen, die sie in schöne Worte gossen, ihnen als Lakaien dienten, um die Bevölkerung insgesamt weiter an ihre Leine zu legen. Mit Freud, dessen Theorien, so absurd sie sind, Allgemeingültigkeit beanspruchen, hätten die „Klasse“, die „Obrigkeit“, die Menschheit endlich „in ihrer Tasche“.
Für den anderen, eben angesprochenen Reform-Schwerpunkt, die Ausweitung staatlicher Regulierungen des Faches, seine „Sozialisierung“ (durch Institutsambulanzen, Diagnostik-Manuale etc.), gibt Frau Kollegin K. wohl ein Opfer-Beispiel ab. Seinerzeit niedergelassene Psychiaterin im hohen Norden wurde ihre berufliche Existenz vernichtet, indem man ihre Approbation auf ruhend stellte und ihren Kassenarztsitz damit der Staatspsychiatrie zuschob. Die Ärztevertretung spielte mit.[26] Insgesamt war die Reform von der 68er Bewegung getragen, die sich, aus Amerika kommend, links und antiautoritär gab, deutlich dabei von „bürgerlichen“ Medien (FAZ, Welt etc.) gestützt wurde und weithin inzwischen zu verschärftem Autoritarismus führte.
Etwas anderes jetzt: Vielfach begegnet uns heute, ausgehend wieder von Amerika, jetzt einheitlich aber von allen Parteien, allen Medien gestützt, eine aufdringliche Parteinahme für Homosexualität, einhergehend mit direkter Schmähung Andersdenkender als „homophob“, auch sie letztlich ein 68er Ausläufer.[27] Sind ethisch-politische Einstellungen nun, frage ich, eine psychische Störung? Oder ist nicht auch hier wieder großflächig ein Psychiatriemißbrauch im Gang? [28] Einst hatte der Mißbrauch des Fachs seinen Schwerpunkt in Chruschtschows Sowjetunion. Mit Kritik an den Sowjets hielten sich unsere Psychiater, Politiker, Medien damals auffallend zurück. Uns, die wir diesen Praktiken dort entgegentraten, hießen sie „kalte Krieger“. Heute, wo sich solche Mißbräuche in verschiedenen Versionen im Westen abspielen, eifern sie, eiferten schon vor dem Umsturz in der Ukraine, gegen Putins Rußland, wo „Homogamie“, Kinderadoption durch Schwule und Lesben nicht gehen.
So sehr wir uns auf das „kleine“ Psycho-Gebiet konzentrieren, stoßen wir immer wieder an die „große“ internationale Politik. Vielleicht liegen da auch die letzten Ursachen vieler psychiatrischer Verquerungen. Fanden sich Spitzenvertreter der deutschen Psychiatrie auf den ungeschriebenen Befehl Hitlers bereit, 200 -300.000 der ihnen zur Pflege Anvertrauen zur Tötung anzukreuzeln, so kuschen sie heute vor ihren amerikanischen Meistern und die niedergelassenen Nervenärzte tun, als seien an ihren Rockschößen auf der immerwährenden Siegerseite. Im MK-Ultra-Projekt schreckten auch hochkarätige amerikanische Psychiater vor Verbrechen, Menschenversuchen, nicht zurück. Und: Anfang der 1970er deckten die bedeutendsten, meist amerikanisch geführten Weltorganisationen, die UN-Commission on Human Rights, der Council of Europe und seine Menschenrechtskommission, der Council for International Organizations of Medical Sciences, die UNESCO, die World Medical Association und vor allem der Weltverband für Psychiatrie, dieser ausdrücklich gegen von Baeyer, unseren Ehrenpräsidenten, die umfänglichen Psychiatriemißbräuche in der Sowjetunion ab und sabotierten den damals erstmals aufkommenden Widerstand gegen sie.[29] Mitunter bin ich froh, daß das heutige Rußland westlicher Arroganz auch in ethischen (Teil-) Bereichen widersteht. An den russischen Grenzen[30] prallen nicht nur die Drohungen Obamas, Merkels & Co., sondern auch manch “ozeanischer“ Psycho-„Neusprech“ ab.[31]
Im erwähnten Lehrbuch PSYCHIATRIE von Faust, zu dem Herr Dieckhöfer die Kapitel Geschichte der Psychiatrie und Ethik im nervenärztlichen Spannungsfeld beitrug, beschreibt der Herausgeber, wie die Amerikaner 1980 aus der ICD der WHO ausscherten und gegen sie ihre Diagnostik, ihr DSM, durchdrückten. Inzwischen deutet sich an, daß Amerika – die einzige Weltmacht (Zbigniew Brzezinski, 1998) geo-, kultur- und psychopolitisch doch nicht mehr ist. Auch wenn manche wie unsere DGPPN-Großköpfe vor ihr noch kuschen, könnten die Unverschämtheiten, die kürzlich Herr Dieckhöfer von ihrem Präsidenten (s. Anhang) und die wir über Jahre auch von manch anderen einschließlich der OSTAin a.D. Gordon-Wolff geboten bekamen, bald aufhören.
(An dieser Stelle nahm Prof. Dieckhöfer das Wort u.a. zu der unten folgenden „Korrespondenz“ mit der DGPPN).
Teilweise ähnliche, auch schärfere, weiter führende,[32] mitunter abwegige Kritik äußern im Internet auch andere. Zusammenarbeit kommt nicht zustande, wo „die persönliche Chemie“ nicht stimmt. Wenn neben uns, ähnlich gerichtet, vernünftig wirkende Gruppierungen entstünden, würde es uns freuen. Manche da Wirkende erscheinen aber eher als verdeckte Agenten des Systems, die nur zu verwirren, Zielführendes zu konterkarieren versuchen. Manche Verbindung endete so schon in Gegnerschaft (s.o. – IAPUP). Ebenso wenden sich bis zur üblen Nachrede einige gegen uns, wenn/weil sie meinen, wir hätten nicht genug für sie getan (Fn 8). Zaubern können wir nicht. Und erpreßbar sind wir schon gar nicht. Andere, deren Sache wir vorangebracht haben, lassen’s damit gut sein (Herrmann) – auch irgendwo verständlich. Mitunter entstehen Zerwürfnisse gar aus dem Nichts heraus. Die Wertschätzung unserer Dienste ist unterschiedlich. Daß wir die einzige Gruppierung im Land sind, die seit 40 Jahren Mißbräuchen des Fachs kompetent Widerstand leistet, läßt viele kalt. Sie verkennen, welche Brisanz unsere Arbeit für die Betroffenen wie die Allgemeinheit hat.
Von unserer Webseite werden jetzt monatlich 3 bis 4 Mio. KByte abgerufen, aus Deutschland zumeist, sonst fast gleichermaßen aus den USA (die NSA läßt grüßen), aus Großbritannien, Frankreich, Rußland, der Ukraine, aus China, aus allen Ländern der Welt, wahrscheinlich eher von gegnerischen Seite, die nur informiert sein will.
Was an Verbesserungen ansteht? Ziemlich still ist’s darum geworden. Bayerische Politiker versprachen (laut NN vom 17.2.14) „mehr Kontrolle“ in den BKHs, eine Reform des „Maßregelvollzugs für psychisch kranke Straftäter in Bayern“, „unabhängige Beiräte für die Kontrolle der einzelnen Einrichtungen“, insgesamt „mehr Rechtssicherheit und Transparenz“. Herr Dieckhöfer erinnerte in seinem Referat bei den Münchner Medizinstudenten, wie Klagen über die Entrechtung psychiatrisch Internierter schon 1892 (!) erhoben wurden und Moos darüber wuchs.
Zusammenfassung: Seit rund 40 Jahren kämpfen wir bei größten, nicht nur deutschen Widerständen gegen Realität und Gefahren von Psychiatriemißbräuchen. Erfolge waren nur in Einzelfällen erreichbar dadurch, daß wir in Lücken stießen, wie sie in jedem System vorkommen. Das war den Einsatz wert. Ansonsten erwies sich der Psychiatriemißbrauch im politischen System als raffiniert abgesichert.
Wie es mit der GEP weitergeht? Vom Vorstand sind gerade noch 3 Mitglieder präsent, diese gesundheitlich aber noch leidlich fit. Zwei jüngere Mitglieder werde ich Ihnen im internen Teil der Versammlung zur Nachwahl zum Vorstand vorschlagen. Packen wir’s also zusammen mit gutem Mut weiter an.
Enndnoten:
[1] Das BVerG hat den Beschluß der OLG Bamberg von 9.6.2011 aufgehoben und zu neuer Entscheidung zurückverwiesen. Am 24.3.2013 erklärte das OLG die Sache mit der Freilassung Mollaths für erledigt. Es drückte sich so um die Feststellung, „ab wann eine Fortdauer der Unterbringung nicht mehr rechtmäßig war“, so Strate. Dieser erhob am 26.4.14 jetzt Verfassungsbeschwerde gegen den Bamberger OLG-Beschluß, auf die Feststellung drängend, daß Mollaths Unterbringung über den 11.5.2011 hinaus rechtswidrig war. Strate hebt auf den Prüftermin im Mai 2011 ab, bei dem mein Gutachten Mollath als gesund ausgewiesen hatte. Nicht darauf bezieht sich Strate freilich, sondern auf den Widerspruch Pfäffins, der im Gutachten weitere Gefährlichkeit für möglich, in der mündlichen Verhandlung aber ohne nähere Begründung für sie auf einmal eine „sehr hohe Wahrscheinlichkeit“ sah.
[2] Ich hielt selbst solches anfangs für gar nicht möglich. Laut NN vom 19.4 14 ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft Landshut wegen Verdachts auf Freiheitsberaubung. Krankenunterlagen wurden beschlagnahmt.
[3] Als 1940 Spitzenvertreter des Fachs zum Krankenmord nach Berlin zur „T4-Aktion“ gerufen wurden, war es unter 13 ein einziger, Prof. Ewald, Göttingen, der sich verweigerte und den Kreis der „Kreuzlschreiber“ verlies.
[4] Die Publikation des Falles der ehem. Nürnberger Lehrerin im Rundbrief hat ihr zumindest den Rücken gestärkt. Von Psychiatrisierungen auf arbeitsrechtlicher Schiene war schon in RB 2/12,7.2 die Rede.
[5] Am 20.5.14 an der Charité Berlin die „Vortragsreihe Menschenrechte in der Psychiatrie Ethische und rechtliche Aspekte im Betreuungsrecht, mitgetragen u.a. von angesehenen, staatsnahen Verbänden, u.a. der UOKG (Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft), nach der es auch in der DDR keinen psychiatrischen Mißbrauch gab (RB 2/09,2.1). Ehrlich berichtet über diese DDR-Praxis heute eher das alte FDJ-Blatt junge Welt (etwa vom 15.6.13)
[6] Auf ihrem Blog wurde dafür einer hochgelobt: „Michael von Cranach, der ehemalige langjährige Leiter des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren. Bei einem Vortrag … sagte er mal: ‚Ich konnte in den 26 Jahren als Chef machen, was ich wollte; eine effektive Kontrolle gab es nicht.’ Gottseidank hat er seinen Job auch ohne externe Kontrolle sehr gut gemacht. Er gehört zu den kritischsten und selbstkritischsten Köpfen der deutschen Psychiatrie“, was wieder schöne Irreführung ist. Der „kritischste und selbstkritischste“ ehem. Direktor des BKH, Dienstwagen mit Chauffeur inbegriffen, hat langjährig das krumme ’68er Staatsunternehmen der Psychiatrie-Reform unterstützt und umgesetzt, dabei gewiß immer unkontrolliert. Über Psychiatriemißbräuche seinerzeit in der UdSSR, jetzt im Fall Mollath hat er nie ein kritisches Wort verloren – u.a. darin ein wohl angepaßter Vertreter des Systems wie o.g. Psychiater Torhorst und Rauchfuß auch.
[7] Wie auch sollte „das „System“ nicht längst seine Agenten in die Blogger-Szene eingeschleust haben, um nach alter Stasi-Manier die Reputation seiner Kritiker zu beschädigen und weiter Verwirrung zu stiften?
[8] Daß er der Psychiatrisierung bis heute entkam, verdankt er ein wenig auch uns (u.a. RB 2/12,5.4). Das war dann sein Dank! Derartiges erleben wir halt auch. Von Hoffmann, einem IT-Freak, stammt ein erhellendes Video zu Umgangsweisen hoher Politiker mit der Psychiatrie, das wir auf unserer Site stehen ließen.
[9] Es scheint mir zu verübeln, daß ich als „Gehilfe des Gerichts“ schon in meinem Gutachten vom 30.4.2011 auf ein Wiederaufnahmeverfahren zu sprechen kam, wie es jetzt ansteht.
[10] Von solchen Etagen wird bestimmt, welche Worte in unseren Medien, manchen unserer Blogs stehen oder nicht stehen, aus politischen Mikrophonen und von psychiatrischen Kathedern quellen oder nicht quellen.
[11] Bei allem rühmlichen Einsatz der NÜRNBERGER NACHRICHTEN, der SÜDDEUTSCHEN oder von REPORT MAINZ nicht vergessen die plumpen Verrisse von „Leitmedien“ wie des SPIEGELs, der ZEIT oder Otto Lapps NORDBAYERISCHEm KURIER, Bayreuth. Dieser hätte, wie eine Jury des medium magazins zur Preisverleihung “Journalist des Jahres 2013“ meinte, „wesentlich zur Aufklärung des Falles Mollath beigetragen“. Die Realität stellen doch viele preisgekrönte Medien auf den Kopf.
[12] Auch die gustl-fo-help-Seite brachte von der Veranstaltung nichts.
[13] Im Deutschen Ärzteblatt 6/2014 erschien der Name Mollath einmal beiläufig in einem kritischen Bericht von Frau Prof. Gresser über Gerichtsgutachten. Danach geben Richter in erschreckendem Umfang die Richtung vor, in der sie gutachterliche Schlußfolgerungen erwarten. Gutachtensaufträge bekommen gern Gutachter, die von solchen Aufträgen existentiell abhängig sind. Gressers Beitrag mündete in einem Appell an den Gesetzgeber, hier eine Änderung zu schaffen.
[14] Derzeit wird lautes Geschrei besonders über die Unterversorgung von Depressionen laut, die gewiß oft ernste Krankheiten darstellen, jedoch weiche Randzonen haben – jedermann, -frau hat depressive „Störungen“ schon durchgemacht. Schier unendlicher Behandlungsbedarf kann so konstruiert werden. Erst durch Psycho-Behandlung bekommen viele Menschen das Stigma psychischer Krankheit ab, das Psycho-Fachgesellschaften vorgeben zu bekämpfen. Jederzeit kann es gegen diese Menschen später einmal ausgespielt werden.
[15] Am 1.4.14 war dazu gar eine Anhörung im EU-Parlament angesetzt, die von deutscher Seite freilich blockiert wurde.
[16] DieICD spricht von „Borderline Persönlichkeit(sstörung)“. Was im amerikanischen DSM (und von dort in die ICD übernommen) „Persönlichkeitsstörungen“ sind, nannte die klassische (einst führende) deutsche Psychiatrie „Psychopathien“. Von diesen aber lehrte Kurt Schneider (zitiert im Lehrbuch von J. Weitbrecht, PSYCHIATRIE IM GRUNDRISS, Springer 1963, S. 63), „daß Psychopathien keine Krankheitsdiagnosen sind“. Schneiders KLINISCHE PSYCHOPATHOLOGIE erschien 2007 in 15. Auflage, was die Gültigkeit seiner Feststellung bis heute unterstreicht. Nicht durch irgendeine neue wissenschaftliche Erkenntnis, sondern durch schlichte Umbenennung, Um-Interpretation sind aus Persönlichkeitsstörungen auf einmal doch „Diagnosen“ geworden, die schlimme Verheerungen unter Erwachsenen und Kindern anrichten. Deutsche Psychiater bringen es, amerikanische Füße schleckend, heute fertig, Feuer und Wasser, Stern und Schneider zu vereinen.
[17] „Staatsorgane“ wie das Deutsche Ärzteblatt (6 & 12/14), die „Zeitschrift der Ärzteschaft“, nehmen tödliche Kindsvernachlässigungen (etwa den Bremer Fall Kevin) zum Anlaß, zu lückenloser jugendamtlicher Kontrolle der Familien zu blasen. Im EU-Parlament wird in „Betreuungspflichten (der Eltern) eines der größten Hindernisse für (Vollzeit-)Berufstätigkeit“ gesehen (i-DAF, Bericht aus Brüssel) und von daher wie einst in der Sowjetunion auf vermehrte Fremdbetreuung der Kinder hingewirkt.
[18] Wie Arbeit in der „Kultur des neuen Kapitalismus“ (Sennett) Befindlichkeitsstörungen bis hin zur Krankheit produziert, zeigt Joachim Bauer in seinem neuen Buch ARBEIT (2013).
[19] Nach meiner Erfahrung war das in diesen Bereichen nicht immer so. Als ich Mitte der 1960er als Assistent an einer Berliner Landesnervenklinik in den Beruf einstieg, hatte ich dort als Stationsarzt einen hoch geachteten Chef (Prof. Bredemann), einen ebenso unprätentiösen, angenehmen Oberarzt (Dr. Becker), dazu großenteils sympathische Kollegen und ebensolche Schwestern und Pfleger an der Seite. Erst nach meinem Wechsel zwei Jahre später an die Münchner Universitäts-Nervenklinik begegneten mir Ende des Jahrzehnts entsprechend der politischen Entwicklung abgehobene Phantasten und engstirnige Rechthaber. In besagten Anfangsjahren erlebte ich die Psychiatrie als therapeutisch – im Rahmen des Möglichen – effektiv und menschlich.
[20] Vgl. seine Ausführungen u.a. in seinem Buch OEDIPUS KOMPLEX BETRACHTET (2005). Kritisch äußern sich manche Psychologen über die Psychoanalyse, oft in dem Sinn, daß sie das eine oder andere Sprengstück als überwunden erklären, andere dafür als unverändert gültig und sie denen anderer Gurus an die Seite stellen. Aus solchem Sammelsurium zaubern sie dann das Phantom einer neuen „Integrativen Psychotherapie“ hervor, das von den „Erkenntnissen“ der vereinigten „Seelenheiler“ des Jahrhunderts getragen und damit garantiert heilsam und unschädlich sein soll (vgl. A. Leitner & H.G. Petzold, SIGMUND FREUD HEUTE (2009). Schlagmann einer der wenigen, der in seinen Büchern die volle Problematik des Freudschen Ansatzes ausweist. Bei aller Brüchigkeit ihrer Theorien und Limitierung ihrer Effizienz ist Psychotherapie gleichwohl notwendig.
[21] Unerklärt ist bis jetzt, wie viele der scharfen Freud-Kritiker in englischsprachigen Ländern angesichts der zumindest in Teilen der Welt fortschreitenden „Freudianisierung“ – insbesondere hierzulande feuern die (ärztlichen) Medien unentwegt dazu an (DÄ 11/14 C 364-366) – untätig bleiben.
[22] „Frühzeitig psychosomatisch (zu) denken“, fordert das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT die Kollegen alle Nasenlängen auf (DÄ 15/14).
[23] V. Faust erwähnt in seinem Lehrbuch PSYCHIATRIE (1995) das „Borderline“ nur im Glossar und hier nur mit obigem kritischen Schlenker. Im Haupttext kommt es gar nicht vor. Man sieht an dem kritischen Ton dieses Lehrbuchautors, wie unwohl es ihm und gewiß manch anderen Fachleuten bei dieser Diagnose ist. Keiner aber hat den Schneid, der Phantasterei amerikanischer Psychiater-Psychoanalytiker entgegenzutreten. Lieber lassen sie auf ihre Hilfe angewiesene Frauen, Männer, Kinder über die Klinge springen. Inzwischen beugen sich die deutschen Psycho-Größen auch dem DSM-5 (RB 1/13,2.5-7).
[24] Mit der ICD der WHO, vorausgehend dem DSM der Amerikaner wurden auch manch andere Diagnosen, etwa die Depressionen unbestimmt und so mißbrauchbar. Auch in den Fall der Mutter von vier Kindern (s.o.) wurde mißdeutend Depressives eingeflochten.
[25] Die geplante Direktausbildung – ein Irrweg! NEUROTRANSMITTER 4/14. Mit noch mehr, noch billiger, noch seichter ausgebildeten „Psycho-Experten“ haben es die Herrscher noch leichter, die Menschen „verrückt“ zu machen und zu manipulieren.
[26] Auf allen Ebenen liegt sie de facto in Händen von Staatsfunktionären. Auch Psychiater sind so vor getürkter Psychiatrisierung nicht sicher. Vor dieser Entwicklung habe ich vor 40 Jahren schon gewarnt, darob von der Ärzteschaft, zuerst meinem Berufsverband angegiftet. Auf allen Ebenen erlebte ich während meiner 35-jährigen Tätigkeit als frei praktizierender Nervenarzt in Starnberg die Wahlen zu den ärztlichen Körperschaften, Ärztekammern etc. als Farce, die „gewählten“ Ärztevertreter als (politisch) vor-ausgewählte Handlanger des Systems.
[27] Das Europa-Parlament nahm Anfang Februar mit einer 2/3 Mehrheit die Lunacek-Vorlage, den „EU-Fahrplan gegen Homophobie“ an. Merkel erklärte im Koalitionsvertrag breit, sie werde “gegen Homophobie vorgehen “.
Gegen Psychiatriemißbräuche haben selbst in diesem Fall auch Katholiken, die den Homotamtam ja noch ablehnen, nichts einzuwenden. Sie glauben jezt an Therapie und sei sie auch wie die Freudsche noch so Christ-feindlich, fordern sie, auch wenn sie die ihr Aufsitzenden „psychiatrisiert“, diskriminiert.
[29] Lader M., PSYCHIATRY ON TRIAL, Penguin Books, 1977, S. 162,
[30] Wieder werden wir an George Orwells „Roman“ 1984 erinnert, an das Gegenüberstehen ähnlich totalitärer, feindlicher Machtblöcke, hie „Ozeanien“, da „Eurasien“, wobei sich Neusprech, neue „Werte“, (Big Brother bei RTL2 ) und neuer Psychiatriemißbrauch heute im Westen, in „Ozeanien“, abspielen, wo der Psycho-Experte O’Brien dem Psycho-Opfer Winston erklärt: „Soll ich Ihnen sagen, warum wir Sie hierher gebracht haben? Um Sie zu heilen! Um Sie geistig gesund zu machen!“ Ob sich Rußland, das den sowjetischen Marxismus integriert und überwunden hat, jetzt vom amerikanischen Neo-Marxismus plätten läßt? 600 NGOs bereits im Land!
31] THE GUARDIAN berichtete am 26.11.2004 schon, wie von Amerika aus an einem Umsturz in der Ukraine gearbeitet wurde. Zweifel am politischen System der „Neuen Weltordnung“, „New World Order“, „novus ordo seclorum“ äußern mittlerweile auch viele Amerikaner. Ich verweise noch auf aktuelle Ausführungen von Willy Wimmer, Staatssekretär im Verteidigungsministerium unter Kohl. In einem Interview mit Ken Jebsen bezeichnete er kürzlich die Nato als Aggressionsbündnis und sprach davon, daß er in den Medien, seitdem er sich gegen den Jugoslawienkrieg wandte, nicht mehr zu Wort komme. Und: 1989, beim Weltkongreß für Psychiatrie in Athen, hatte Dr. Semjon Glusman, der eben aus der UdSSR zum Kongreß hatte ausreisen können, von IAPUP (s.o.), also auch uns, die Anatoly-Koryagin-Medaille erhalten (RB2/89,5.28). Von Athen weg holte ihn die APA direkt in die USA, ihn zu präparieren. Rasch wurde er dann Präsident der Unabhängigen Ukraninischen Psychiater-Gesellschaft. 1977 hatten wir eine Kampagne zu seiner Befreiung aus der sowj. Lagerhaft gestartet. 1990 kannte er uns nicht mehr und war mit Korjagin verfallen (RB 2/92,6). Psycho-Politik ist wie Geo-Politik Macht-Politik.
[32] Mit langem Atem scheint die Implementierung der Psycho-Fächer zur Herrschaft vorbereitet worden zu sein: http://mikemcclaughry.wordpress.com/2013/04/17/scientology-roots-chapter-twenty-one-3-the-first-scientologists-and-their-masters/. Deshalb ist dagegen auch so schwer aufzukommen.
Dr. F. Weinberger
Im Folgenden noch eine „Korrespondenz“
zwischen GEP und DGPPN:
(Briefkopf GEP)
Herrn
Prof. Dr. med. Wolfgang Maier
Präsident der DGPPN
Univ-Nervenklinik – Psychiatrie –
Bonn, 5. März 2014
Sehr geehrter Herr Kollege Maier,
dieser Tage sprach ich mit Herrn Meyer-Lindenberg anläßlich seiner Bekanntgabe einer 35-Millionen-„Spritze“ für die DGPPN durch die Bundesregierung. Nach langjähriger Kooperation mit seinem Vater an der Bonner Klinik dachte ich, zu einem ersprießlichen Gespräch mit ihm noch kommen zu können. Ich kam auf den Fall Mollath zu sprechen, der ja schwer genug unser Fach belastet. Was Herr Meyer-Lindenberg dazu sagte, war aber wieder von jener Hoffart getragen, mit der auch andere Vertreter Ihrer Gesellschaft die traurige Angelegenheit bisher behandelten. Herr Kollege Dr. Weinberger hat als Vorsitzender der GEP in ihrem Rundbrief 1/13 wiedergegeben, was Sie dazu sagten:
„… Am 26.7.2013 klagte ihr jetziger Vorsitzender Prof. Maier, Bonn, in einer Presseerklärung: ‚Berichte über angezweifelte Gutachten und seltene Zwischenfälle’ bestimmten ‚zu Unrecht das Bild (der Psychiatrie) in der Öffentlichkeit’. Die Berichterstattung über den Fall Mollath ‚unterstellt der forensischen Psychiatrie, daß diese ein rechtloser Raum sei’. Just das sagte Mollath in einem ersten Interview in Freiheit. ‚Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie’ stünden, wie schrecklich (?), ‚aktuell vermehrt in der Kritik. Dabei setzt die DGPPN schon seit vielen Jahren … auf eine qualitativ hochwertige, zertifizierte Fortbildung’. Sie habe ‚maßgeblichzur Qualitätsverbesserung forensisch-psychiatrischer Expertisen’ beigetragen, wie man an den Gutachten der Herren Leipziger bis Pfäfflin sieht (?). Sprüche, die uns Brechreiz verursachen, gehen solchen Fachvertretern locker von den Lippen.“
Am Tag, nach dem Sie die zitierten beschönigenden Sätze sprachen, hat Herr Weinberger für die GEP auf einer Großkundgebung in Nürnberg am 27.7.2013 das Mollath von Psychiatern angetane Unrecht, dazu die unserem Fach heute so verbreitete Großspurigkeit angeprangert und mit anderen zusammen Mollath nach siebeneinhalbjähriger Internierung freigekämpft. Der ehem. bayerischen Justizministerin Dr. Merk habe ich über Ihre Falschgutachter-Favoriten die Augen geöffnet. Es brachte ihr zumindest eine kleine „Strafversetzung“ ein.
Und da erlaubt sich Herr Meyer-Lindenberg unsere von Walter von Baeyer mitgegründete GEP als „marginale Gruppierung“ zu bezeichnen. Merken Sie an der Spitze der Fachgesellschaft nicht langsam, wie lächerlich diese Hochnäsigkeit angesichts dessen ist, daß einige ihrer vornehmsten Repräsentanten seit Jahren ob ihrer Kunstfehler, ihrer Stümpereien durch die Medien gehen? Dabei behandelten diese die DGPPN-Psychiatrie immer merkwürdig schonend. Der Stil, in dem Sie und Ihresgleichen mit dem Fall Mollath und mit Kollegen umgehen, die sich seiner und ähnlicher Fälle verdienstvoll annehmen, hat schlimmen Schaden angerichtet und Schande über unser ganzes Fach und die Fachgesellschaft gebracht. Auch die 35 Millionen der Bundesregierung gleichen sie nicht aus. Für ein Gespräch Ihrer und unserer Gesellschaft ist es fast schon zu spät. Dennoch frage ich, ob Sie nicht endlich ein solches Gespräch mit uns suchen wollen, um wenigstens die Chance einer Begrenzung weiterer Schäden auszuloten.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Dr. Klemens Dieckhöfer
2. Vorsitzender
Zum Lesen der Antwort des Prof. Maier von der DGPPN bitte auf das Bild klicken
Vorstehende „Korrespondenz“, mehr ein Schlagabtausch, zwischen Prof. Dieckhöfer, GEP, und Prof. Maier, DGPPN, könnten zeigen, daß ernsthafte Gespräche heute eher zwischen Vertretern „Ozeaniens“ und „Eurasiens“ (Fn 30) möglich sind als zwischen deutschen Psychiatern und ihrer Fachgesellschaft. Unter „optimalen Behandlungen und Versorgung (von) Menschen mit psychischen Erkrankungen – Selbstverständlichkeiten sollten sie für Nervenärzte sein – versteht die DGPPN offensichtlich vor allem die Beschönigung von Fehlbehandlungen zu Unrecht als krank Deklarierter, Diffamierter. Hierbei steht sie natürlich „in regem Austausch mit Vertretern von Politik, Presse und Betroffenenverbänden“, die, ähnlich an staatlicher Leine liegend,solches Vorgehen unterstützen.
In der Versammlung beklagte Prof. Dieckhöfer den allgemeinen Verfall der Moral im Land. Er verwies u.a. auf einen Ausspruch des Prof. Nedopil im SZ-Magazin 35/12: „Moral spielt für mich keine Rolle“. Er kam weiter auf das Buch Gumpelmann von K. Koehler, eines früheren Mitarbeiters der Bonner Klinik zu sprechen, das, 2004 im Antipsychiatrie-Verlag Lehmann erschienen ist. Eingeweihte werden sofort erkennen, auf welche psychiatrische Klinik es sich bezieht. Koehler, ein Amerikaner, ist Mit-Übersetzer des DSM ins Deutsche.
Auslöser der Korrespondenz war eine Pressemitteilung der Fachgesellschaft, es flössen ab Sommer 2014 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung 35 Millionen Euros „in eine neues Forschungsnetz aus neun Verbundprojekten, die von sieben universitären Standorten“ in Deutschland koordiniert würden. Gibt’s in der Psychiatrie in der Krankenbehandlung seit einem halben Jahrhundert, auch nach der 1990 ausgerufenen „Dekade des Gehirns“ außer organisatorischen Verschiebungen kaum substantielle Verbesserungen, gibt’s de facto so nur vermehrt psychisch Kranke, so fließen staatlicherseits doch weiter Millionen ins „psychiatrisch Blaue“ – offiziell natürlich immer zur Entwicklung „neuer Präventionsstrategien und Therapieverfahren“. So geschätzt werden „oben“ die Dienste des Faches.
Daß hier mehr Schwindel, mehr Verlogenheit herrschten als in anderen Gesellschaftsbereichen, behaupten wir nicht. Weil sie wohl allgemein verbreitet, anderswo vielleicht nur besser versteckt sind, fallen sie weithin kaum auf, kann, wem sie auffallen und wer sich ihnen entgegenstellt, hier nur leichter totgeschwiegen, wenn nicht niederkartätscht werden. Die Masse derer, die den Schwindel, die Verlogenheit noch wahrnimmt, viele selbst derer, die die Folgen am eigenen Leib schon zu spüren bekamen, verharren in Sprachlosigkeit. W
Diskussion zum Beitrag:
http://gabrielewolff.wordpress.com/2013/12/28/der-fall-mollath-die-irrwege-der-psychiatrie-3/comment-page-5/#comment-37025