Rundbrief 2/03                                                                     November 2003

    Inhalt        

1.  Einleitung

2.  „Zersetzen“ und andere „Subtilitäten“ fortgeschrittener Diktatur 

3.  J. Bénesteau, Das Freud-Archiv und die Library of Congress

4.  Gesundheitssystem-Modernisierung, deutsche und US-Psychiatrie, deutsche und US-Kritik 

5.  Medien, Politik, (Pseudo-)Wissenschaft und Glaube

6.  aus dem Jahresbericht zur Mitgliederversammlung

7.  R. Wilcocks, US-Psychiater, US-Psychologe zur Frage von Trauma und Verdrängung

8.  Schlussfolgerungen und Ausblick

englische Zusammenfassung / Summary (in der englischen Sektion der Website nachlesbar)

 

Hinweise: Zahl mit zwischengestelltem Schrägstrich (/) verweist auf früheren Rundbrief, Zahl mit vor- oder zwischengestelltem Punkt (.) auf das genaue Kapitel. Alle Hervorhebungen sind redaktionell. Äußerungen von Nicht-GEP-Angehörigen erscheinen in Kursiv-Druck. Der Begriff „Nervenarzt“ umfaßt Neurologie und Psychiatrie. Nachdem diese vielfach jetzt auseinander driften, wird er mitunter auch etwas inkorrekt als Überbegriff für die Teilfächer benützt. Die Medien werfen die Begriffe ärztlicher Psychiatrie und nicht-ärztlicher Psychologie zur besseren Verwirrung meist durcheinander. Die Affinität der Nervenärzte, Psychiater etc. zu überprüfbarer Wissenschaft oder mehr zu Glaubenslehren, etwa (tiefen-) psychologischen, ist ihre Entscheidung. 

Wiederkehrende Abkürzungen: APA = US-Fachgesellschaft; BÄK = Bundesärztekammer; BVDN = Berufsverband niedergelassener Nervenärzte, Psychiater, Neurologen in Deutschland; = Deutsches Ärzteblatt, DGPPN = Deutsche Psychiater-Fachgesellchaft; DSM = numerierte Diagnosen-Liste der APA; ICD = numerierte Diagnosenliste der WHO; KV = Kassenärztliche Vereinigung  

 
1.      Einleitung
Schon zu den Tagen von Baeyers, als wir vornehmlich psychiatrische Zwangsinternierungen von Dissidenten in der Sowjetunion monierten, wehte uns von der politischen wie auch ärztlichen Mehrheit Eiswind entgegen. Dabei blieb es, als wir nach der Wende politische Mißbräuche des Fachs in der DDR aufdeckten und dokumentierten. Noch eisiger wurde der Wind, als wir aus gutem Grund noch die „Reform“ der Psychiatrie im Westen - das war und ist ihre Erweiterung ins Staatspsychiatrische und Soziale hinein, dazu ihre Erweiterung um die Psychoanalyse - kritisch hinterfragten. Es scheint ein Sakrileg zu sein.

Von allen ärztlichen Fächern ist Psychiatrie das staatsnächste. Der Staatsgewalt noch näher, schlicht „DDR-nahe“ rückte sie mit ihrer Reform.

Sowjetstern“ über christlichem Altar Verwirrung der Seelen allerorts?

vgl. 5.7 u. 6.1

Verständlich, daß die regierende Klasse deren kritische Diskussion nicht liebt. Die „neue Psychiatrie“ ist offensichtlich, wie öfters schon

ausgeführt (u.a. 1/03.1.5), Bestandteil, ja Pfeiler eines Konzepts von „neuer Weltordnung.“ Dieses zu hinterfragen, scheint der Sakrilege schlimmstes zu sein.

Weil an ihm aber doch viel Fragwürdiges ist, werden da und dort an ihm und seinen Facetten immer wieder Zweifel laut. Die Psychoanalyse etwa trifft heute schärfere Kritik denn je - fraglos als Antwort auf ihren immer provozierender werdenden Gültigkeitsanspruch bei immer augenfälligerer Unstimmigkeit ihrer Axiome

Daß sich uns jetzt namhafte Wissenschaftler aus dem Ausland, Autoren gewichtiger Untersuchungen zu Freud zugesellen, zeigt, als wie notwendig organisierter Widerstand gegen Fehlentwicklungen im Fach und in seinem Umfeld über die Landesgrenzen hinaus erachtet wird. Freuen kann uns, daß der britisch-kanadische Literaturwissenschaftler Prof. Wilcocks, der erstmals in unserem Rundbrief zu Wort kommt,  nicht nur gegen die Pseudowissenschaft aufzutreten weiß - „deceptive revealing – Täuschung, Verhüllung in der Enthüllung“ lastet er ihr in seinen Büchern an -, sondern gleichzeitig waches Engagement für menschenrechtliche Probleme mitbringt. Es lag unserer Arbeit ja von Anfang an zu Grunde. Ob es mit neuer internationaler Verstärkung gelingt, gegen die Fehlentwicklungen, Fehlsteuerungen im Fach und darüber hinaus aufzukommen, bleibt natürlich offen. Riesengroß ist weiter die gegnerische Macht.

 

2. „Zersetzen und andere „Subtilitäten“ in fortgeschrittener Diktatur

2.1  Das im letzten Jahr erschienene Buch von Dr. Sandra Pingel-Schliemann Zersetzen -  Strategie einer Diktatur (ISBN 3-9804920-7-9), eine Dissertationsarbeit, ist eine sehr gründliche Darstellung des DDR- wie Stasi-Systems. Die Autorin charakterisiert es wohl begründet als „subtile Diktatur“. In Horch & Guck 3/02 machte Walter Süß, Mitarbeiter der Gauck-Behörde, das Buch in der Attitüde fachkundiger Überlegenheit gründlich jedoch nieder. Nur „Grobes“ ließ er an der DDR gelten. „Subtil“ sei „so ziemlich die letzte Eigenschaft, die einem mit Blick auf die DDR einfällt. Weder Mauer und Grenzanlage (die", so Süß, "für den Zusammenhalt der Diktatur gewiß wichtiger waren als die ‚Zersetzung’) noch die offizielle Propaganda hatten auch nur einen Hauch von Subtilität. Die DDR wurde beherrscht von einer grobschlächtigen und geistlosen Parteidiktatur...“

Die taktische Raffinesse“, mit der Süß „die Kommandogewalt über das Thema ‚Zersetzung’ übernimmt ...“ und gerade das „subtile“ Element des DDR-Systems, die von ihm planmäßig entwickelte „operative Psychologie“ zur „Zersetzung“ „entrückt“ und schließlich „annulliert“, erhielt aber bereits im folgenden Heft von Horch & Guck 4/02 eine harsche Zurückweisung durch Andreas Schmidt, er vorstehend zitiert. In einem Schlußwort im gleichen Heft spielte W. Süß gegen ihn nun das („rationale“) Unschuldslamm: „Der vorstehende Text hat mich überrascht und wegen seiner Feindseligkeit erschreckt,“ schrieb er. Nur „auf die zwei Aspekte.., die rationaler Argumentation zugänglich scheinen,“ werde er antworten. Seine Antwort war dann eher hilfloses Stammeln.

Ähnlich hatte vordem seine Frau, die Psychiaterin Dr. Sonja Süß als seinerzeitige Behördenmitarbeiterin versucht, den politischen Psychiatriemißbrauch der DDR herunterzuspielen, zu entrücken, zu annullieren (in Politisch Missbraucht? – ISBN 3-86153-173-9). Es scheint jetzt fast die Generallinie der Behörde zu sein, aufs Grobschlächtige, auf Mauer und Grenzanlagen, abzustellen und die subtilen Züge der DDR-Diktatur, die auf Stasi-Hochschulniveau verfolgte „operative Psychologie“ und Zersetzung (der Psychiatriemißbrauch deren einsame Spitze) zu verwischen, dazu die im Westen der Diktatur geleisteten „subtilen“ Zuträgerdienste aus dem öffentlichen Bewußtsein zu verdrängen, fernzuhalten, etwa die jetzt bekannt gewordenen des Günter Wallraff.1)

1)  Unter Druck der Fakten erklärte Birthler ihre früheren Verniedlichungen Wallraff inzwischen als „Irrtum.“ Bezüglich ihrer Verharmlosungen des DDR-Psychiatriemißbrauchs aber steht eine Selbst-Korrektur der Behörde noch aus.  Wallraff sagt dafür heute (Die Welt, 09.09.03), er hätte bei seinen „Gesprächen in der DDR nie ein Hehl daraus gemacht, daß  ich, würde ich dort leben und arbeiten müssen ..., dann würde ich garantiert... im Gefängnis oder in der Psychiatrie gelandet sein.“ Der „Inoffizielle Mitarbeiter“ geht also eher gar als die „Stasi-Aufarbeitungs-Behörde“, geht wie selbstverständlich von der Realität des DDR-Psychiatriemißbrauchs aus.

Wir wollen nicht ganz so pessimistisch sein wie Arnold Vaatz (MdB), der die Behörde für ein Instrument hält, das „längst von der Linken gekapert ist, um deren Komplizenschaft mit der Staatssicherheit zu DDR-Zeiten zu bemänteln“ (Die WELT, 06.08.03). Auch Andreas Schmidt ist Mitarbeiter von Frau Birthler.

Die Betonung des Grobschlächtigen der DDR durch die Behörde (und die mainstream-Medien) bleibt allemal auffällig genug. Vom groben Stalinismus rückten bereits die Chruschtschow-Breschnjew-Kommunisten ab. Als subtilere Herrschaftsmethode erfanden sie ja den Psychiatrie-Mißbrauch. Betonen unsere Bewußtseinsbildungsinstanzen das Grobschlächtige und lenken vom „Subtilen“, den Alltag des späten DDR-Systems weit mehr Bestimmenden ab,2) um das Kontrastbild zum Westen möglichst scharf zu halten und hier – manche „Subtilitäten“ sind fraglos bereits unter uns, auf Schritt und Tritt etwa staatliche Psychiatrie-Psychologie - jeden Gedanken zu zerstreuen, es könnte auch hier subtil Diktatorisches bereits im Anflug sein?

2) Den Psychiatriemißbrauch der DDR decken unsere Behörden. Sie nutzen die Stasi-Akten jedoch, die (gewiß noch gröberen, übleren) Nazi-Verbrechen in der Psychiatrie wieder einmal durchzunehmen (vgl. Vom Wahn zur Wirklichkeit, DÄ 41/03).

Den Psychiatriemißbrauch der DDR stellte, auf Sonja Süß abhebend, auch Pingel-Schliemann jetzt in Abrede (Seite 201 ihres Buches). Vielleicht wäre sonst ihre Dissertation nicht durchgegangen. Unser Vorstandsmitglied Dr. Eckstein schrieb ihr: 

2.2  „...auch ich bewerte Ihr Buch über weite Teile als ganz vorzüglich, bedaure nur Ihre etwas unrichtige Behandlung des Themas Psychiatriemißbrauch. Ihn bekam ich am eigenen Leib zu spüren. Im Deutschen Ärzteblatt, mehrfach vor allem in den Rundbriefen der GEP wurde über meinen wie auch andere entsprechende DDR-Fälle berichtet (besonders in No. 1/97)...

Warum Sie ... besagten Mißbrauch, mit ihm eine ganze Kategorie von Menschenrechtsverletzungen negierten, bleibt mir schleierhaft. Gewiß kamen zu ähnlichen Ergebnissen die offiziellen staatlichen Nachuntersuchungen, die es in einigen der neuen Bundesländer gab, sie nochmals verstärkt durch die Gauck-Behörden-Mitarbeiterin Dr. Süß... Die Wahrheit ist dennoch an mehreren Stellen durchgedrungen (s.o.). Sie schreiben, bei der Durchsicht von ca. 100 Opferakten sei Ihnen ‚nicht ein Hinweis’ auf Zwangseinweisungen von gesunden Dissidenten unter die Augen gekommen. Meine und verschiedene andere Akten waren offensichtlich nicht dabei. ‚Für die Zersetzung ... spielte die Psychiatrie primär keine Rolle’, folgern Sie. Als ich 1989 aus der psychiatrischen Zwangsinternierung in Rodewisch, dann in Berlin entlassen wurde, führte mich die Stasi weiter unter dem Codewort ‚Unkraut’. Mindestens ‚zersetzt’ wäre ich für mein Leben gewesen, hätte die DDR nicht bald darauf aufgehört zu existieren.

Selbst in der UdSSR sind all die Jahre, in denen die Welt gegen solchen Mißbrauch protestierte, nur etwa 500 Fälle namentlich bekannt geworden. Dieser systematische Mißbrauch erfolgte nie massenhaft, sondern multidisziplinär-systematisch nur in den besonderen Fällen, denen mit anderen Mitteln nicht recht „beizukommen“ war. Nachdem aber bezüglich des Mißbrauchs in der Sowjetunion in der Welt (nicht zuletzt auf Grund der Bemühungen unserer Gruppe in ihrer damaligen Zusammensetzung) schon großer ‚Lärm’ aufgekommen war, ist es doch verständlich, daß sich die DDR-Machthaber mit der Anwendung der Repressionsmethode Zurückhaltung auferlegten. Daß sie gleichwohl in einigen Fällen, zu denen unter anderen ich gehörte, zur Anwendung kam, macht deren Vorkommen nicht ungeschehen... So eingegrenzt war Ihr Untersuchungsgegenstand nicht, daß der Psychiatriemißbrauch, die ‚perfekte Zersetzung’, auf eine Fußnote zusammenschnurren mußte, noch dazu eine fehlweisende.

Nun bekamen durch Sie einige Stasi-Psychiater ...  – in meinem Fall Dres.D., alias IM ‚Haber’, H.W., alias IM ‚Knut’, und B.W., alias IM ‚Basdorfer’- wieder einen feinen Persilschein, wurden einige akademische Helfershelfer der Tyrannei unter der Flagge ihrer kritischen Aufarbeitung wieder schön weißgewaschen und ein medizinisches Fach seiner Selbstprüfung enthoben. Wir Opfer des DDR-Psychiatriemißbrauchs aber dürfen uns ein weiteres Mal verschaukelt fühlen. Auf Grund der Vorzüglichkeit Ihrer übrigen Darstellungen bin ich zur Annahme bereit, daß Ihnen der Lapsus eher unbeabsichtigt passierte. So gebe ich mich auch der Hoffnung hin, daß Sie bei nächster Gelegenheit den Fehler ausgleichen werden. Sie können gern meine Stasi-Akte einsehen. Daß Sie jetzt auch das ‚Haus’ Süß direkt kennen lernten, könnte ein weiterer Ansporn zur Wiedergutmachung sein... Mit freundlichen Grüßen gez. Dr. Eckstein.“  

     2.3  Der Psychiatriemißbrauch in der DDR wird also weiter tabuisiert – behördlich wie privat. Mit den Rosenholz-Dateien, heißt es, würden jetzt auch „Wessis“, auf die in welchem Zusammenhang auch immer die Stasi ein Auge hatte, von der Gauck-Behörde endlich „Gleichbehandlung“ erfahren.

Eine Gruppe im Westen wurde von der Behörde freilich lange schon öffentlich abgehandelt und nicht sehr schmeichelhaft, die einzige im Land, die es seinerzeit wagte, fachkompetent der damals besonders in der Sowjetunion sich zutragenden Unterdrückung Andersdenkender mittels Psychiatrie öffentlich entgegenzutreten. Uns ausgerechnet hat die Behörde im genannten Behörden-Buch madig zu machen, quasi zu „zersetzen“ versucht. Sollte sie in Teilen zumindest länger schon „von den Linken gekapert“ sein?

Warum sollte sie nicht? Schreckt vor einer Berührung des Themas Psychiatrie und ihrer politischen Mißbräuche doch „alles“, schrecken davor selbst die seinerzeit so mutigen Bürgerrechtler im Osten zurück!

 

2.4  Was die Retuschierkünste unserer Staatsträger betrifft, dazu noch Ausschnitte von zwei Fotos aus der FAZ vom 02.12.1998 anläßlich eines Besuchs Clintons in Eisenach. Der andere Dargestellte eifrig bis heute bemüht, den Inhalt seiner Stasi-Akten vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Links das Original-Foto Reuters, das rechte Bild - im Original beigesellt noch Landesvater Vogel - in einer Regierungsbroschüre publiziert, das Schild „Ihr habt auch in schlechten Zeiten dicke Backen“ dort  weggezaubert von der gleichen Landesregierung, die auch den Psychiatrie-Mißbrauch zu DDR-Zeiten vorgibt, auf Thüringer Gebiet untersucht und nichts gefunden zu haben. Um wie viel ärger noch mag die Manipulation sein,  mit der wir Staatsbürger von dickbackigen Politikern sonst noch genasführt werden?

 

2.5  TLZ, 05.12.1995 (kürzlich erst zugegangen): „Die SED-Justiz hat allein in Thüringen in politisch motivierten Prozessen gegen mißliebige Bürger Haftstrafen von insgesamt 10 000 Jahren verhängt, ... sagte die Präsidentin des Thüringer Landesamtes für Rehabilitierung, Maria Ecker... Als einen der tragischsten Fälle bezeichnete Frau Ecker die unrechtmäßige Einweisung eines Mannes aus Nordthüringen in eine psychiatrische Anstalt. Nach 30-jähriger Unterbringung in geschlossenen Abteilungen sei der Mann heute außerhalb der Klinik kaum mehr lebensfähig...“

 

                                                                  

 

3.         Jetzt ein Beitrag von Jacques Bénesteau, der als Psychologe an der Kinderklinik der Universität Toulouse tätig und Autor ist des Buchs Mensonges Freudiens (Freudsche Lügen - ISBN 2-87009-814-6), als solcher Preisträger der Société  francaise d' Histoire de la Médecine. Der Text steht seit Mai 2003 auf unserer Web-Site. Wir stellten ihn mit Rundbrief 2/03 unseren Mitgliedern auch gedruckt vor. Mit ihm hatte der Autor am 06.03. 03 eine einschlägige Konferenz in Toulouse eingeleitet. Daß in Frankreich Freuds Schwindel an einer medizinischen Fakultät noch Schwindel genannt wird, gereicht dem Land, das dem heilkundlichen Firelfanz Anton Mesmers den Gar aus machte, gewiß zur Ehre. Hierzulande unterstützen die Fakultäten Freuds Schaumschlägerei bis heute. (Übersetzung W)

 

Das Freud-Archiv und die Library of Congress 

..Ein beträchtliches Volumen historischer Dokumente, aus Freuds jungen Jahren bis zu seinem Tod (1856 – 1939) reichend, wird in der Manuskript-Abteilung der Kongreßbibliothek der Vereinigten Staaten in Washington aufbewahrt.. Die Library of Congress (LOC) wurde im Jahr 1800 auf Initiative von Präsident Thomas Jefferson gegründet. Sie ist bis heute der größte dokumentarische Fundus der Welt (120 Millionen Objekte). Das politische Credo der Gründer war, die Archive der Menschheit zu schützen, sie zu verbreiten und alle Information bezüglich des gesamten Planeten allen zugänglich zu machen. Weil die freie Zirkulation der Information die Garantie der Freiheit der Völker ist, gibt es, wie die Geschichte gezeigt hat, keine freie Welt ohne freie Information.

1951 nach Gründung der Freud-Archive fanden Verhandlungen zwischen Freuds Erben und Testamentsvollstreckern sowie der LOC statt, um dort all die Archive der Bewegung und der ersten Analytiker zu deponieren. Ihr geheimes, erst 2001 gelüftetes Ziel war, alle Informationen über die historischen Anfänge des Freudianismus wegzusperren und sie gegen die Neugier derer, die der Freudschen Sache fernstehen, zu schützen (Borch-Jacobsen, 2001), „damit sie nicht von  Biographen benützt werden,“ von unbefugten Biographen (Anna Freud an Kurt Eissler, 27.01.1951 – das Zitat von ihr unterstrichen, aus dem Französischen hier rückübersetzt - W). Was gebraucht wurde, war ein Banktresor, dessen Unterhalt und Schutz zu Lasten des Steuerzahlers gehen.

Die „Freud-Sammlung“ stellt einen Schatz von über 80.000 historischen Dokumenten dar, davon 45.000 Manuskripte und ungefähr 35.000 Briefe (Roazen, 2001). Die Vorkehrungen der Wachhunde der Organisation, allesamt Analytiker, den Zugang des nicht-freudianischen Publikums zu den Dokumenten zu bremsen oder zu versagen, verblüffen jedoch. So fand etwa (der freud-kritische) Frank Sulloway den dokumentarischen Fonds just in dem Moment gesperrt, als gegen Ende der 70er Jahre der freud-orthodoxe Peter Gay ihn einsehen und die Elemente herauspicken konnte, die der Fabrikation seiner (neuen) Hagiographie, einer getreulichen Modernisierung des Lügenwerks von Ernest Jones, zuträglich waren (auf deutsch: FREUD, ISBN 3-596-50303-5). Zahlreiche wichtige Stücke, ungefähr 25 Prozent des Archivs, sind dem Blick und der Hinterfragung der Historiker unzugänglich gemacht worden, teilweise bis zum 22. Jahrhundert!

Durch die Verriegelungen der Freudianer sind die Historiker zur Unwissenheit verurteilt. Gewöhnliche Geheimnisse des Vatikans bleiben 60 Jahre lang in der ‚Hölle’. In der LOC sind die als streng geheim klassifizierten Dossiers 40 Jahre für die Öffentlichkeit gesperrt. Die Dokumente über das Attentat auf J. F. Kennedy (11/63) werden Ende diesen Jahres frei. Welch schreckliche Geheimnisse also kann der Posten Dokumente enthalten, der durch die Zerberusse der Freud-Sache ausdrücklich bis zum Jahr 2113 weggesperrt ist?! 

„Hinter diesen Archiven stehen die Interessen der Familie und der Sache Freuds“ (Borch-Jacobsen, 2002). Ihre Funktion war immer die Zensur, die Auswahl und Bestimmung derer, die das Recht haben sollten, Bescheid zu wissen – „zugunsten einer sehr privaten, sehr geheimen Gesellschaft, der eben der wahren Freudianer.“ Ohne diese aktive Desinformation hätte die Psychoanalyse nie in unseren Gesellschaften ihr Bild, ihre Legende, ihre Macht aufrichten können. Ohne sie wäre ihr solcher Erfolg nie zugefallen. Freudschen Kreisen sind die Persönlichkeit ihres Helden und seine ideologischen Produkte Genialitäten. Die Desinformation dient dieser doppelten Fabrikation zumindest so lange, wie die Dokumente den allgemeinen Blicken verborgen bleiben. Insgeheim wird eine ideologische Dominanz verfolgt durch Erzeugung einer kollektiven Illusion, die sich gegen die Wirklichkeit immunisiert hat.

 

 

Mancher mag fragen, wie die Library of Congress dazu kam, sich den restriktiven Bedingungen des engeren Freud-Zirkels zu beugen, als sie Freuds schriftliche Hinterlassenschaft aufnahm. Signalisiert dies nicht wieder jene seltsame politische Unterstützung des Freudianismus, die wir so oft schon feststellen mußten? Allen Ansätzen voreiliger Vermutungen kann entgegengehalten werden, daß ein Großteil der heutigen Freud-Kritiker jüdischer Herkunft ist. Allen geht es in gleicher Weise um wissenschaftliche Redlichkeit.


 

4. Gesundheitssystem-Modernisierung,

deutsche und US-Psychiatrie, deutsche  und US-Kritik

 

4.1 Ende September 2003 wurde das Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz (GMG) vom Deutschen Bundestag beschlossen. Zum 01.01.04 wird es in Kraft treten. In der Allgemeinheit herrscht ob der die Kranken treffenden finanziellen Belastungen Aufregung, unter den Ärzten Aufregung dazu ob der „grundlegenden strukturellen Veränderungen“ (so der KV-Vorsitzende Bayerns Dr. Munte),3) des wieder etwas näher kommenden Endes ihrer Freiberuflichkeit, der Zentrierung der Fachärzte, also auch Nervenärzte, Neurologen und Psychiater, bei „Medizinische Versorgungszentren“ etc.4) Deren Einrichtung allein wird wie die Folgen vorausgegangener Reformgesetze neue Unsummen kosten. Die Politiker aber kommen mit der erweiterten Abhängigkeit der Ärzte von ihnen als Arbeitgebern an ein lang ersehntes Ziel. Realität wird das Gesetz durch das Mitwirken und die Stimmen der Union. 5)

3)  in einem Anschreiben an die bayerischen KV-Mitglieder vom 28.08.03.

4) Zu ihrer Begründung sagen einige Politiker(innen), es brauche in der ambulanten Therapie mehr Wettbewerb. Ein Medicus erlaubte sich zu erinnern, daß die niedergelassenen Ärzte „seit eh und je im Wettbewerb stünden. Es gäbe von ihnen schließlich fast an jeder Hausecke einen, unter denen Kranke (noch) wählen könnten. Die Welt vom 29.08.03 meinte regierungsfromm (in „Leser schreiben -  die Zeitung antwortet“) ,  keinen Wettbewerb gäbe es, weil „die Patienten nie eine Rechnung sehen“,  als ginge nicht auch das aufs Konto der Politiker. Die Desinformation („deceptive revealing“) hat viele Spielarten.

 5) Zitat aus der WELT vom 30.07.03, „einen alten Weggenossen aus der CSU-Landesgruppe“ wiedergebend:  „Es gibt in der Gesundheitspolitik keinen Fehler, den der Horst nicht schon selbst gemacht hätte.“ „Der Horst“ hat vordem ein Gesetz durchgedrückt, das 1999 mit einem Schlag rund 7.000 neue Psychotherapeuten, Freud-Anhänger zumeist, ins gesundheitliche Versorgungssystem pumpte (die Zahl von den 220 in Oberbayern neu zugelassenen hochgerechnet). In Deutschland praktizierten laut DÄ 42/03 im Jahr 2002 rund 17.500 „Kassen-Psychotherapeuten,“  davon rund dreimal so viel psychologische als ärztliche. 

In der Psychiatrie hat die „Modernisierung“ freilich früher schon begonnen, genauer 1977 mit dem Krankenversicherungsweiterentwicklungsgesetz (KVWG), das entsprechend den Forderungen der Psychiatrie-Enquête von 1975 den psychiatrischen Krankenhäusern ambulatorisches Behandlungsrecht gab. Für das Gesetz haben sich seinerzeit aber nicht nur Politiker aller Parteien und ihre Beamten, Psycho-Ordinarien und –Chefärzte, voran die Professoren Häfner, Hippius, Ehrhardt u.a., sondern auch der BVDN, dazu das Gros der „freien (Ärzte-)Verbände“, Hartmannbund, NAV6) etc. und schließlich auch ein Deutscher Ärztetag (der von 1977) nachhaltig eingesetzt. Das neue „Modernisierungsgesetz“ macht die Sozialisierung der Ärzte noch etwas fester und breitet sie auf weitere Fachgebiete aus. Viele Ärzte-Repräsentanten, die gegen alle Warnungen7) (und eigene Lippenbekenntnisse von „Freiheit der Medizin“) seinerzeit die Psychiatrie den Sozialisten zum Fraß vorwarfen, würgen jetzt am GMG. Die Ärzte der niedergelassenen „Basis“ aber, die es mit der ärztlichen Freiheit vielleicht noch etwas ernster nehmen, dürfen sich an das Sprichwort der Franzosen halten: On n’est trahit que par les siens - Verraten wird man nur von den eigenen. Wie sich schon das KVWG konkret auf einzelne Betroffene im „seelenkundlichen“ Gebiet auswirkt, dazu drei Fälle, die der Alltagsklientel einer nervenärztlichen Praxis entstammen.

6)  Die Vorsitzenden dieser Ärzteclubs Dres. Roos und Bourmer feuerten damals den Gesetzgeber an, daß „das KVWG baldmöglichst Rechtskraft erhält“ (der niedergelassene arzt 15/76). 

7)  z.B. Weinberger F., Achillesferse Psychiatrie - oder: Der Countdown einer Sozialisierung, DÄ 50/73

4.2 Herr D. (34), verheirateter ausländischer Mitbürger, Vater von sechs Kindern, kam 1994 erstmals zu Ref. mit einer akuten Psychose. Seine Wahnproduktionen, Sinnestäuschungen und daraus entspringende Verhaltensstörungen, mitunter auch aggressive Ausbrüche, im familiären Umfeld zeitweise unerträglich, im beruflichen bald endgültig, waren in fortlaufender ambulanter, zwischendurch auch stationärer Behandlung medikamentös über längere Zeiträume leidlich zu lindern, traten aber krankheitstypisch von Zeit zu Zeit immer wieder stärker hervor. Nach dem letzten stationären Aufenthalt bis April 2003 in dem etwa 60 km entfernten Psychiatrischen Bezirks-/Staatskrankenhaus A. setzte dieses, das neue ambulante Behandlungsrecht der Fachinstitutionen in Anspruch nehmend, die Therapie ambulant fort, später bereit, sie mit Ref. als niedergelassenem Nervenarzt zu teilen. Der meist fügsame Patient und seine an sich tüchtige Ehefrau beugten sich dem Oktroi der Klinik, weil sie es sich verständlicher Weise mit ihrnicht verderben wollten.

Unter dem klinisch angesetzten, neuen, 14tägig zu verabreichenden, sündteuren Depot-Neurolepticum Risperdal Consta 50mg kam die Erkrankung bald ebenso wieder „an die Kippe“ wie vordem. Erneute Einweisung könnte bald wieder notwendig werden. Für solches „Rein und Raus“ in die / aus der Klinik („Drehtür-Psychiatrie“) machten unsere Kliniker und Politiker, rote wie schwarze, gerne die niedergelassenen Ärzte verantwortlich. „Schnittstellenprobleme“ zwischen Ambulant und Stationär spiegelt auch das GMG vor. Welche Belastungen die klinisch-ambulante Behandlung Herrn D. und seiner Familie zumutete – 120 km Wegstrecke über die kurvigen Straßen des bayerischen Oberlands anfänglich zwei, dann „gnädigerweise“ nur mehr vierwöchig, welch überflüssige Kostensteigerung sie allein dadurch schuf, kümmerte staatsnah niemanden, bis Ref. dem Spuk ein Ende setzte. Geteilte Verantwortung für ärztliche Behandlung kann es auf Dauer nicht geben. Was in dem Fall tatsächlich „des Staates ist“, hatte die gerichtlich verfügte Betreuung längst abgedeckt.

4.3 Frau J. (48) ist Ref. seit 1994 bekannt, als Patientin genauer seit Juli 2002. Zweimal war sie zuvor psychiatrisch stationär eingewiesen worden, erstmals 1991 vom Notarzt, den sie wegen Herzbeschwerden gerufen hatte. Im Staats- /  Bezirkskrankenhaus wurde die Diagnose einer „chronischen undifferenzierten Schizophrenie“ gestellt. 1995 gelang es etwas mißgünstigen, in unmittelbarer Nähe wohnenden Angehörigen unter Hinweis auf die klinisch schon gestellte „Diagnose“, die Frau wieder in die Psychiatrie zu bringen. Erstrangige Symptome, die eine schizophrene Erkrankung wirklich ausgewiesen hätten, wurden in den Berichten der Kliniken jedoch nie konstatiert. Selbst hat Ref. über die Jahre Patientin nie psychotisch-krank erlebt! Er hat die langjährig (auswärts) fortgesetzte antipsychotisch wirksame Medikation nach Behandlungsübernahme auch bald abgesetzt. Bei den nicht seltenen Konsultationen zeigte sich Patientin mitunter etwas bedrückt, immer aber besonnen, engagiert, strebsam, durchaus ihre Situation realistisch einschätzend und affektiv hoch sensibel reagierend.

Bis kurz vor der ersten Stationierung war sie als Chefsekretärin tätig gewesen. Seitdem, gegen ihren Willen mit kleiner Rente versehen, ist sie bestrebt, weitere Zuverdienstmöglichkeiten zu finden, die sie auch, wenn gefunden, korrekt wahrnimmt. Sie bewohnt ein ererbtes kleines Haus. Zu der nebenan lebenden Mutter ist das Verhältnis weiterhin schwierig. Durch deren Eifer waren ihr 1989 ihre beiden, damals minderjährigen Söhne weggenommen und in ein Heim gesteckt worden, zuerst vorübergehend, seit dem Klinikaufenthalt aber bis heute endgültig. Patientin hatte sie außerehelich als Wunschkinder empfangen. Sie zurückzubekommen, setzte sie in den folgenden zwölf Jahren alle Kräfte ein – vergeblich. Der Einsatz allein zwar widerlegt schon die genannte Diagnose. Einmal gestellt, „begründet“ sie aber das Fortbestehen der Fremdbetreuung für den jüngeren, immer noch minderjährigen Sohn bis heute, „begründet“ die fortgesetzten Interventionen von Jugendamt, Sozialpsychiatrischem Dienst wie auch wiederkehrende Begutachtungen. Eine Vielzahl von Psychiatern, Psychologen, Sozialpädagogen, Sozialarbeitern findet an der Frau Beschäftigung. „Multidisziplinär“, wie heute so üblich, konstatieren sie an ihr die „undifferenziert chronische Schizophrenie“ oder auch „Residuen“ davon immer wieder – an Ref. als behandelndem Arzt vorbei und gegen seinen dezidierten Widerspruch. Zwölf kostbare Jahre lang wurde unter „Psycho-Vorwand“ der Frau und ihren Kindern das Familienleben geraubt.

Zähes Fortwirken einmal angehefteter Krankheitsetikette haben der Psychiatrie lang und laut die „Antipsychiater“ vorgeworfen, überwiegend Psychologen, Sozialarbeiter usw. Daß die Diagnose einer „undifferenziert chronischen Schizophrenie, die in etwa der „schleichenden Schizophrenie“ der Sowjets entspricht, nur mit größter Zurückhaltung gestellt werden darf, steht zwar in den psychiatrischen Lehrbüchern und selbst in der ICD. De facto aber wird sie im klinischen Alltag doch immer wieder unvorsichtig gestellt. Die Klinik-Ärzte können ja oft auch nicht absehen, wie lange fortgeschleppt wird, was sie vielleicht einmal mehr aus Verlegenheit und Zeitknappheit so hindiagnostizieren. Seit der „Reform“, die die Humanisierung der Psychiatrie laut proklamierte, sind es heute gerade die „ins Geschäft gekommenen“ Träger der neuen, erweiterten Staatspsychiatrie, meist „Nicht-Ärzte“, Psychologen, Sozialarbeiter usw., die die Menschen in das hineinreiten, was sie der „alten“ Psychiatrie anhängten, Entrechtung, Entwürdigung. Roland Baader läßt grüßen: TOTGEDACHT – Warum Intellektuelle unsere Welt zerstören (ISBN 3-935197-26-8).

4.4  Frau V. (39), lange Jahre im Kulturmanagement als Chefsekretärin tätig, ist seit zwei Jahren arbeitslos. Am  09.12.02 wurde sie als Arbeitssuchende zu einem Beratungsgespräch in ein Arbeitsamt geladen. Wie sie später feststellte, war die „Beraterin“ eine Diplom-Psychologin, die unter Zusicherung von Vertraulichkeit ihre Eindrücke von V. dann in einem „Psychologischen Ergebnisbericht“ zusammenfaßte. Darin machte sie V. für nicht zustande gekommene Arbeitsverhältnisse verantwortlich und attestierte ihr zudem, ohne ihr etwas von ihrem „diagnostischen Vorgehen“ eröffnet zu haben, „psychosomatische Störungen“. Weitere Vermittlungsversuche des Amtes, schrieb sie, seien „aussichtslos“. „Aus psychologischer Sicht“ sei „Frau V. derzeit nicht in der Lage, selbstkritisch über ihr Verhalten zu reflektieren...“ „Eine ärztliche, sinnvoller Weise auch eine psychiatrische Untersuchung“ sollten vorgenommen werden. Bei Konsultation des Ref. im vergangenen Sommer war V. über das Erlebte reichlich empört, ansonsten aber im formalen und inhaltlichen Denken geordnet, im Affekt situationsentsprechend, ausgeglichen. Von „psychosomatischen Störungen“ keine Spur. Von einer Einschränkung ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit konnte nach dem Ergebnis der psychiatrischen Untersuchung keine Rede sein.

„Der (genannte) Vorgang erinnert tatsächlich“, so lautete abschließend ein Attest, das Ref. der Frau an die Hand gab, „an die bekannten Mißbräuche von Psychiatrie und Psychologie in kommunistischen Ländern, in denen sich Behörden mißlicher Situationen (im vorliegenden Fall der nicht gelingenden Arbeitsvermittlung) dadurch entledigten, daß sie den betroffenen Bürgern psychische Mängel anhängten und sie psychiatrisch wegsperren ließen. Wenn hierzulande öfters von einer Entwicklung in Richtung ‚DDR-light’ gesprochen wird, dann geht das Erlebnis von Frau V. gewiß in diese Richtung“ - auch in Bayern. Auf peinsam-juristische Intervention hat sich das Amt inzwischen in aller Form entschuldigt.

Dies drei Fälle aus jüngster Zeit allein aus der Praxis des Referenten. Daß „Psycho“ heute unvermutet an allen möglichen und unmöglichen Plätzen auftaucht, auch das ist Ergebnis der Reform, der Erweiterung und erweiterten Verstaatlichung der Psychiatrie, die über Jahrzehnte von den Medien, zuvörderst freilich den Repräsentanten der Psycho-Fächer selbst gepredigt wurden. Behördenwillkür angreifende Atteste werden von staatlich „eingebundenen“, selbst amtsabhängigen Psychiatern in Zukunft kaum mehr zu bekommen sein. Fachkompetentes „lästerliches“ Reden und Schreiben von politischen Psychiatriemißbräuchen könnte bald der Vergangenheit angehören!

Daß die Verstaatlichungsgesetze im Gesundheitswesen, KVWG, jetzt GMG wie von „konservativen“ Ärzterepräsentanten entscheidend von Unionspolitikern betrieben worden sind, just sie die persönlich verantwortete Krankenversorgung zerstören, sollte längst niemanden mehr wundern. Schöne neue Welt ist ein „rechtes“ Konzept totalitärer „neuer Weltordnung“, das rot nur durchsetzt ist, um der intendierten materiellen wie psychischen Verelendung der Bevölkerung eher Akzeptanz zu verschaffen.8) Leute, die solches wollen, gibt es offensichtlich über Huxley hinaus.

 8) Wem die Aussage zu scharf erscheint, lese doch BRAVE NEW WORLD REVISITED (30 Jahre danach). Merkwürdig der Umgang mit dem „Roman“. Einerseits gehört er zum Unterrichtsmaterial höherer Schulen. Andererseits ist sein Gehalt weithin unbekannt, wird er als Utopie abgetan. Eher ist Orwells 1984 geläufig. Dabei wollte Orwell warnen, während Huxley doppelbödig das, wovor er "warnte", propagierte. So ist auch sein "Drogenroman" DOORS OF PERCEPTION erste und reine Rauschgiftpropaganda.

4.5 Wie kopflose Hühner stieben die „Ärzte der (niedergelassenen) Basis“ angesichts des GMG jetzt durcheinander, rufen da zu neuen Abwehraktionen, dort zur Gründung neuer Zusammenschlüsse auf („Wo bleibt der Protest?“ – DÄ 37/03) und sind so „unpolitisch“, in ernsthafter politischer Diskussion so ungeübt, am politischen Geschehen, sobald über den Tellerrand ihres eigenen Tuns und eigenen Portemonnaies hinausgehend, so desinteressiert wie eh und je - Deutsche Michels par excellence und zudem selbst Kinder der „Spaßgesellschaft“, der ernsthafte Diskussion grundsätzlich zuwider ist. Undenkbar für sie, daß die sie jetzt treffenden Unbilden von ihren eigenen (wahrscheinlich geköderten) „Spitzenvertretern“ ausgingen (1/03.5). Ginge es nur um die Ärzte, geschähe ihnen, wie sie’s verdienten. Leider aber trifft es die Kranken, Hilfesuchenden zuerst.

Mitunter hat es immerhin den Anschein, als dämmerte jetzt im BVDN Verständnis zumindest für Teilaspekte – vielleicht von  H. Schmidt (S. 1) transmittiert. So schreibt der Wortführer des BVDN-Organs NEUROTRANSMITTER Dr. Zacher in Nr. 7-8/03, es müsse sich die Psychiatrie „der Gefahr der Pervertierung der Macht bewußt“ sein. „Von  Staat und Gesellschaft ermächtigt, geistige und psychische Gesundheit und Normalität zu definieren (und) psychische Krankheit mit all ihren gesellschaftlichen und bürgerlich rechtlichen Konsequenzen zu diagnostizieren,“ dürfe sie doch „der Entwicklung der Politik... nie ganz trauen.“ Die Disziplin sei aufgerufen, die Gemeinschaft zu schützen, „aber genauso ist sie dem Kranken verpflichtet, ihm bei fehlgeleiteter gesellschaftlicher Überzeugung, bei Übergriffen und bei staatlicher Machtwillkür beizustehen...“ Hätte der Verband in den vergangenen drei Jahrzehnten von all dem nur einen Anflug beherzigt, hätte er nicht immer wieder bei der „Reform“, den Übergriffen der Staatspsychiatrie mitgespielt, es wäre manches Zerwürfnis mit ihm erspart geblieben. Freilich gibt es, wenn „fehlgeleitete gesellschaftliche Überzeugungen“ die Staatsspitze leiten, in allen Gesellschaftsschichten genügend Leute, die bei ihrer Umsetzung mitmachen. Psychiater sind keine Ausnahmen.

Allmählich wird schon zum Gespött, was ihre Repräsentanten, stolze Ordinarien zumeist, auch nach der Enquête so anrichten. Zum letzten Deutschen Ärztetag im vergangenen Mai legten sie den Entschließungsantrag vor, die Gebiete von Psychiatrie und Psychotherapie zusammenzufassen unter dem Titel eines Facharztes „für psychische Erkrankungen.“ Die Psychoanalytiker höhnten, der Antrag werfe doch „die Frage auf, ob die Psychiatrie aus Imagegründen nicht mehr Psychiatrie heißen“ wolle (DÄ 34-35/ 03). Ihre Vertreter schämten sich wohl ihrer beruflichen Identität, so Dr. Kettler, Berlin, ein Neurologe, Psychiater  und Analytiker – nicht wenige von ihnen wurden ja, freud-bewegt, schon engagierte „Anti-Psychiater“ (Szasz - s.u.). Der lange Nase der Freudianer ist fraglos auch der Dank dafür, daß und wie sich die Psychiater über Jahrzehnte vor ihnen proskynesierten. Daß es sich bei der „imageträchtigen“ Psychotherapie um Schwindel handeln könnte, solche Ahnung ist deutschen „Psychis“ welcher Identität auch immer (Seite 1) gänzlich fremd. BVDN-Vorstandsmitglied Dr. Roth-Sackenheim erkennt an ihr gegenüber der Psychiatrie, die sie primär vertreten sollte, noch einen „Reputationsvorteil",  „eindeutig gar (DÄ 41/03). Um die „Erschließung neuer Tätigkeitsfelder“, gegebenenfalls „Erfindung neuer Krankheiten“, um die Erweiterung ihres Nimbus und Einkommens geht es (fast) allen in gleicher Weise. Und begriffen hat auch (fast) keiner noch, daß sie sich mit allen Umbenennungen, Aufblähungen etc. nur in neue Peinlichkeit stürzen. „Neue Tätigkeitsfelder“ gibt es für sie allenfalls im „Staatspsychiatrischen“ (wie 4.2, 4.3 und 4.4), dort aber kaum ehrenhafte.

Als weitere Möglichkeit neuer „Erschließungen“ stechen manchen dieser Damen und Herren noch die Früherkennung und Frühintervention ins Auge. „Je früher (etwa bei Schizophrenie) interveniert wird, desto größer sind die Chancen auf Heilung oder Linderung...“, schrieb DÄ-Redakteur Dr. Clade in DÄ 28-29/03, den Psycho-Ordinarien Profes. Klosterkötter, Köln, und Maier, Bonn, sekundierend. Reine Phantasterei ist das zwar, die aber nicht nur Staatspsychiater gern nachschwätzen, weil sie damit potentiell Zugriffe auf noch größere Bevölkerungsteile erreichen. Weder läßt sich Schizophrenie in „Vorstadien“, also ohne eindeutige Symptome diagnostizieren, noch ist eine „Intervention“ sinnvoll. Weit überwiegt da die Gefahr, daß Gesunde ein falsches psychiatrisches Etikett angeheftet bekommen, das ihnen lebenslänglich anhängt (4.3).

Fortbildungspflicht, Zwangsfortbildung stehen weiter auf dem GMG-Programm. Über Gesetzesvorlagen oft gut informiert, schrieben die Münchner Ärztlichen NACHRICHTEN, die Inhalte dieser Fortbildung würden „dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Medizin, Zahnmedizin oder Psychotherapie entsprechen.“ Daß, was etwa in Deutschland auf dem Gebiet letzterer als „wissenschaftliche Erkenntnis“ gilt, international eher als Wolkenschieberei gehandelt wird, berührt solche Blätter nicht. Leicht könnte es passieren, daß Ärzte den Freudschen Unfug demnächst noch zwangsweise eingerieben bekommen, sie, wenn dann immer noch renitent, Schulschwänzern gleich, mit Schönbohmschen Fußfessel-Detektoren gestellt, eingefangen und zugeführt werden.

Weil anders der Intransigenz und Großmauligkeit in den oberen Psycho-Stockwerken kaum mehr beizukommen ist, muß noch ein weiteres bezeichnendes Geschehen angesprochen werden. Mehrmals und jeweils lange Zeit hielt der ehemalige Postbote Postel (wie er schreibt, mit „sozialpsychiatrischen“ und „psychoanalytischen Ansätzen“, d.h. Sprüchen) psychiatrische Chefärzte, Ordinarien und ministeriale Fach-Administratoren zum Narren. Von ihnen wurde er immer wieder als Arzt eingestellt, bis er Mitte 1997 endgültig aufflog - vgl. sein Buch Doktorspiele, Geständnisse eines Hochstaplers, Eichhorn, 2001 (ISBN 3-8218-3917-1). Der Verlag ließ einen Psychiater das Vorwort schreiben. Dieser versuchte noch den starken Mann zu spielen: „Das Material (eröffne) unserer Wissenschaft einzigartige Möglichkeiten, in das Denken und Handeln eines .. gestörten Menschen Einblick zu nehmen..“ Nur wenig aber federte er damit die Blamage der Zunft ab. Postels hochstaplerische Psycho-Talente, das verschwieg der Vorwortschreiber, hatten nämlich mit einprägsamen Konterfeis bereits Anfang 1984 im Stern gestanden. Halb totgelacht hat sich das Land über die Psycho-Köpenickade damals schon. Wer als Psychiater oder gar mächtig-ministerialer Psychiatrieadministrator nicht ganz „zugehängt“ durch die Weltgeschichte gelaufen war, dem mußte der Mann geläufig sein. Es bezeugt die „Helle“ in den oberen staatspsychiatrischen  Etagen - wild entschlossen ist man dort, das übrige Land, vor allem die niedergelassenen Kollegen zu erleuchten -, daß Postel ab 1995 erneut anderthalb Jahre lang (!) Arzt, jetzt gar Oberarzt in einem Staatskrankenhaus spielen konnte. Es wundert auch nicht, daß der Schwindel der Psychoanalyse über Jahrzehnte dort hoch im Kurs steht.

4.6 Bei der letzten Jahresversammlung der APA im Mai in San Francisco legten die Psychiater Ch. Moser und P. Kleinplatz einen Entschließungsantrag vor, der die Entfernung der „Paraphilien“ vom DSM (IV-TR) forderte. Leute, deren sexuelles Interesse „atypisch, kulturell oder religiös verboten“ sei, sollten nicht notwendig als psychisch krank bezeichnet werden, argumentierten sie. Dr. Frederick Berlin, Gründer der „Sexual Disorder Clinic“ am John Hopkins Krankenhaus in Baltimore sagte, Leute, diees sexuell zu Kindern zieht“, sollten lernen, sich ihres Soseins nicht zu schämen. „Ich habe kein

Aus ÄJ Neurologie - Psychiatrie 3 / 03 - "Antipsychiatrie"2) verlästert oft sinnvolle Therapie (hier im Fall des kindlichen Aufmerksamkeitsdefizits), ignoriert dafür reale 'Psychiatrieskandale.

Problem, die Tatsache zu akzeptieren, daß jemand schuldlos zu Kindern hingezogen wird. Aber natürlich hat ein solcher Mensch die Verpflichtung.., nicht entsprechend zu handeln.“ Die Haltung der APA ist von besonderem Gewicht, 
weil ihre (gewiß richtige) Absetzung der Homosexualität vom DSM 19739) deren gesellschaftliche  „Normalisierung“ anstieß - ohne jeden Hinweis auf eventuell daraus erwachsende Verpflichtungen. Aus "Psycho-Wurzeln" ist die „Anerkennung“ aller Perversitäten hervorgegangen. Verständnisvolles darüber Reden hat von der Couch über Gruppensettings längst unsere Talk-Shows etc. erobert. Morenos „therapeutische Weltordnung“ ist realisiert (1/03, Fn 13), so penetrant Totalitäres auch an ihr ist. Daß sie schöne neue Welt darstellt, fand kürzlich selbst The guardian vom 09.0.03 ("Get off that couch"). Die allgemeine Entschämung entspricht freilich voll dem Postulat der 68er (H. Marcuse, Versuch über die Befreiung) und vorzüglich auch Chisholms Psycho-Konzept einer „Ausmerzung von Gut und Böse, Richtig und Falsch“ (2/00, 3.2). Sie wird allgemein heute als Errungenschaft, geradezu als Zeichen psychischer Gesundheit gewertet! 16.000 Fälle sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Deutschland hat das Bundeskriminalamt für 2002 registriert (DÄ 41/03).

9) Dafür setzte die APA bald darauf die gegenteilige Einstellung in ihr DSM, sie jetzt als „Homophobie“ pathologisierend. Wie the indepent vom 06.10.03 mitteilt (Furore over study that suggests ‚cure’ for homosexuality), hat Prof. Spitzer, ein Psychiater an der Columbia-University in New York, der 1973 die Absetzung vom DSM initiierte, kürzlich eine Arbeit vorgelegt, die zeigt, daß Homosexualität psychotherapeutisch heilbar ist - bei solchen, die darunter leiden. Die 200 Teilnehmer an der Studie (143 Männer und 57 Frauen) sagten aus, die Therapie hätte in gewissem Umfang ihre Einstellung zum gleichen Geschlecht geändert. Spitzer sagte auf kritische Einwände: „Die Studie zeigt  beweisend, daß einige schwule Männer und Lesbierinnen auch die Grundmuster (core features) ihrer sexuellen Orientierung ändern können...“  Die Therapie schloß verschiedene psychologische Techniken ein, offensichtlich keine  „tiefenpsychologischen“ jedoch.

Allein schon ob ihrer „Definitionsmacht“ bezüglich des Normalen vs. Krankhaften ist die Psychiatrie politisch.10) Das wird von ihr meist ausgeblendet, allenfalls in Zachers Allerweltsweise (s.o.) einmal angesprochen. Von besagter APA-Versammlung berichteten deutsche Fachjournale mehrfach, von ihren Paraphilie-Avancen aber nicht („deceptive revealing“). Über die Chisholmsche Auslegung fast der gesamten US-Psychiatrie wird geschwiegen.

10) Großenteils macht die Kritik der Anti-Psychiatrie an der Pharmakotherapie fest. Hier gibt's auch genug Hinterfragbares. Psychopharmaka sind bei schweren psychischen Erkrankungen dennoch meist die heilsamsten Mittel. Sie unkritisch zu verreißen und die therapeutisch viel fragwürdigere, ins Ethisch-religiös-weltanschauliche viel eingreifendere Psychotherapie zu preisen, macht die Absurdität der Anti-Psychiater komplett.

4.7 Eigenartig aber auch die amerikanische Kritik am Fach. Während die Regierungspolitik unabhängig von den jeweiligen Zustimmungsraten der Bevölkerung gründlich ausgeleuchtet, die Bush-Administration jetzt etwa ob des Irak-Debakels „zerrissen“ wird (nicht nur von solchen, die es statt dessen clintonisch wünschen), ist die US-Kritik an der US-Psychiatrie merkwürdig schwach. An letzterer ist gewiß manches große Wissenschaft. Andererseits wurde auch von ihr Schreckliches schon berichtet, das MK-Ultra-Unternehmen etwa gar vor dem amerikanischen Kongreß. Nur fand es kaum weitere Aufmerksamkeit, zeitigte vor allem keine Konsequenz. Von Chisholms unseligen Ausführungen zur Ausweitung des Faches ins Soziale – sie sind immerhin im Original (und in RB 2/00) nachlesbar -, berichtete lediglich Scientology. Selbst viel verrissen, verreißt diese es freilich pauschal und vielfältig, verreißt vor allem seine im Krankheitsfall hilfreichsten Mittel. Ihre Kritik geriet so ins schlicht Abwegige und verlor damit weithin jede Wirkung, unabhängig von dem, was an der Organisation sonst noch sein mag oder ihr nachgesagt wird.

Ähnlich war es mit der Kritik des US-Psychiaters, Psychoanalytikers und „Anti-Psychiaters“ Thomas Szasz, der, lange Direktor einer entsprechenden Universitätsklinik, in alles Psychiatrische somit involviert, in vielen Büchern manch Richtiges zum Fach ausbreitete, daneben aber auch so Abwegiges (RB 3/01.8.3), daß er wie Scientology, mit der zusammen er gern auftritt, letztlich ohne ernsthaften Einfluß blieb. Nach Jahrzehnten der Beobachtung könnte gar der Verdacht aufkommen, daß diese und ähnliche Kritiken überhaupt nur verlauteten, um angemessene, vernünftige Einwände von vornherein zu übertönen und ihnen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die Anti-Psychiatrie hat das Wuchern der Psychiatrie ins Soziale, die Ausdehnung ihrer Macht über den einzelnen Kranken hinaus auf die gesamte Gesellschaft nicht gebremst, sondern hat sie gefördert. Wer gesellschaftliche Fehlentwicklungen hin etwa zu einer neuen, diktatorischen Weltordnung durchsetzen will – solche Leute gibt es wohl –, der fördere sie durch kurzgreifende bis unsinnige Schein-Kritik.

Zu den amerikanischen Psychiatrie-Kritikern zählt auch Jeffrey M. Masson, ehemals Leiter des Freud-Archivs an der LOC in Washington (.3). Wichtiges zu Freud veröffentlichte er (auf deutsch DIE ABSCHAFFUNG DER PSYCHOTHERAPIE – ISBN 3-570-02731-7), gab gar mit der unverkürzten Herausgabe von S. freud: Briefe an wilhelm Fliess 1887–1904 (Fischer, Frankfurt / M., 1986) den entscheidenden Anstoß zur neuen, wissenschaftlich profunden Kritik am Analyse-Gründer. Zu dessen früher Verführungstheorie zurückkehrend, setzte er freilich auch die Repressed Memory-Bewegung in Gang, die ihrerseits genug Unheil anrichtete. Die brüchige Gedankenfolge Massons weist im Detail Wilcocks aus (Maelzels chess Player). Richtig aber kritisiert Masson besagten Dr. Szasz, der wie viele (Tiefen-)Psychologen die Analyse als „den“ Ausweg aus den (mitunter konstruierten) Fehlläufen der Psychiatrie empfahl. Seine manchmal durchaus zutreffende Kritik mündet letztlich selbst in antipsychiatrischen Thesen und damit ebenfalls im Unfruchtbaren. Masson, ursprünglich ein Sanskrit-Gelehrter, kennt wie viele Anti-Psychiater Psychiatrie halt nur vom Hörensagen und blieb, wenn auch partiell freud-kritisch, letztlich Freudianer.11)

11) Wohl geben die Politiker den Psychiatern, genauer: deren "Spitzenvertretern", den Ordinarien, ihren Beamten,  die Definitionen vor, hängen diese ihnen nur wissenschaftliche Mäntelchen um. Das aber ist bereits Grund genug, warum weisungsungebundene Ärzte den Politikern so widerwärtig sind.

In KINSEY: CRIMES & CONSEQUENCES (ISBN 0-9666624-1-5) berichtet die Medien-Wissenschaftlerin Judith A. Reisman PhD., auf welch vielfältigen Schwindeleien, auch schlicht kriminellen Übergriffen die „wissenschaftlichen“ Untersuchungen („Reports“) des Wespen-Forschers Alfred Kinsey beruhen, mit denen es ihm und seinen psychologischen Mitarbeitern ab den End-40ern (gleichzeitig in etwa also mit Chisholm) gelang „die einschlägigen Berufszweige (Erziehungswesen, Psychiatrie, Psychologie, Gesundheits- und Rechtswesen, Massenkommunikations- und Unterhaltungsmedien) zu indoktrinieren“ und weltweit die Sex-Revolution durchzudrücken.12) Die entscheidende Rolle hat Reisman zufolge freilich auch hier das große Geld u.a. der Rockefellers gespielt. Wie die Medien von Anfang an sang Die Welt erst kürzlich (12.09.03) dem behaviouristisch ausgelegten Zoologen das Loblied. Im Lauf einer umfänglichen Korrespondenz, mit der wir auch von den pädophilen Avancen in der APA erfuhren, kam aber heraus, daß auch Reisman leicht antipsychiatrischen Vorstellungen anhängt. Daß und wie das Fach insbesondere (oder eigentlich nur) durch unärztliche Überziehungen seiner diagnostisch-therapeutischen Zuständigkeit gefährlich wird, bekam auch sie offensichtlich nicht mit. Wichtig sind ihre Darlegungen allemal, weil sie ein weiteres Mal die Schamlosigkeit ausweist, mit der im Wissenschaftsbereich gelogen und betrogen wird, vor allem, wenn Geld im Spiel ist. Daß sie in der Psychiatrie nicht sattelfest ist, räumt Reisman ein. Auch das ist ihr zugute zu halten.

12)  In Fortsetzung dieser "Studien" haben laut PHYLLIS SCHLAFLY-Report3/03 US-Schulkinder heute Fragen zu beantworten wie "Hattest du jemals oralen Sex?" oder auch "Welche Verhütung gebrauchtest du beim letzten Geschlechtsverkehr?"

4.8  Kurz greift alle Kritik, die in Deutschland an der US-Psychiatrie laut wurde oder wird (ein Beispiel unter 6.2). Alle  Psychiatrie aber ist heute im Grund amerikanisch und just ihre Ausweitung ins Soziale ist es spätestens seit Chisholm (2/00). Auch wenn diese auf dem Umweg über die WHO und den Weltverband für Psychiatrie internationalisiert und damit der ganzen Welt zum Oktroi geworden ist, ist doch gerade sie, die unangemessene Erweitung des Fachs auf alles menschliche und gesellschaftliche Leben, das Kritikbedürftigste. Sie jedoch blieb von Kritik hüben wie drüben bisher fast völlig verschont, wohl weil sie mit die wesentlichste Stütze der „neuen Weltordnung“ ist (.1). Ist sie es, so war, um sie aufzubauen, natürlich weit über das für die  Krankenversorgung Nötige hinaus manpower vorzusehen, waren zudem ein neuer Schlag von „Psycho-Fachkräften“, über Psychiater hinaus Psychologen, Sozialpädagogen, Sozialarbeiter usw. nachzuziehen, die nicht mehr wissenschaftlicher Logik verpflichtet, sondern allen möglichen Phantastereien zu huldigen bereit sind, Freudschen zuerst (Seite 1). In der Folge der politisch diktierten Enquête von 1975 hat die Psychiatrie-Reform in Deutschland das auch weithin erreicht. Was den „neuen,“ mehr (tiefen-) psychologisch indoktrinierten  Psychiatern wissenschaftlich abgeht, machen bei ihnen, Teilnehmern an der „Richtlinien-Psychotherapie,“ straffere Führung (Gutachterverfahren) und bessere Bezahlung teilweise wett.13)

13) Bekanntlich werden ärztliche Leistungen nach einem „Punkte-System“ vergütet. Der Gesamtbetrag, der für die ambulante Behandlung durch Ärzte und Psychologen von den Krankenkassen den KVen erstattet wird, wird von diesen aufgeteilt, der Anzahl der von den einzelnen Behandlern erarbeiteten Punkte, aber auch dem „Punkt-Wert“ entsprechend. Diesen setzen die KVen für die einzelnen Fachgruppen unterschiedlich an. Für die Erbringung Freudscher Schwindelleistungen erstattet etwa die KV Bayerns pro Punkt 5,11 Cents,  für solide ärztliche Leistungen je nach Arztgruppe zwischen  2 und 4 Cent pro Punkt. Eine Freudsche Sitzung (à 50 Min.) bringt 1450, eine psychiatrische (à 20 Min.) 320 Punkte. Die Zusammenführung dieser Daten und der aus Fn 5 zeigt wohl, welchen Kostenschub die Politiker allein mit dem Psychotherapeutengesetz veranstaltet haben, auch wenn die Mehrkosten großenteils von den Ärzten mit Abstrichen von ihren Honoraren finanziert werden, von Honoraren für solide Leistungen, die Krankenversorgung erfordert. Der BVDN preist den (auch psychiatrische Arbeit herabsetzenden) „Freud- Punktwert“ als Frucht seiner „beständigen und intensiven berufspolitischen Arbeit“.

Zu fragen ist aber, wie denn „Psycho-Ärzte“ und Psychologen mit ihrer nun eher umerziehenden als ärztlichen Tätigkeit selbst zurecht kommen, drüben und hüben. Dazu ein Absatz aus Topic 9/03 („Warum sich Psychotherapeuten der Esoterik zuwenden): „In einem Forschungsprojekt der Klinischen Psychologie an der Technischen Universität Berlin untersuchten die Psychologen Prof. Eva Jaeggi und Dr. Hedi Möller, warum Kollegen von ihnen sich nach einer wissenschaftlichen Psychotherapie-Ausbildung der Esoterik zuwandten. Die Ergebnisse faßten sie in einem Artikel für die Psychologie-Zeitschrift Psychologie heute compact (Heft 8/2003) zusammen. Dabei offenbaren sie einen düsteren Psychotherapie-Berufsalltag. 60 Prozent der Psychotherapeuten hätten schon einmal eine schwere Depression durchstehen müssen. Jeder 16.Therapeut hat einen oder mehrere Selbstmordversuche hinter sich. Das Familienleben vieler Therapeuten sei belastet bis katastrophal.

Dazu komme, daß viele Therapeuten sich fragten, ob ihre Psychotherapie überhaupt hilfreich sei. Die Wirkungsfaktoren mancher Therapieschulen seien überhaupt nicht bewiesen, auch nicht zu erklären, müßten aber dennoch dem Patienten irgendwie verkauft werden. All diese Faktoren, so Jaeggi und Möller, trügen dazu bei, daß Kollegen sich dem Übersinnlichen öffneten. Die unsichere Eigenverantwortung für die Patienten würde dann abgelöst durch eine ‚höhere Macht’ oder ‚kosmische Energien’, für die der Therapeut nur Werkzeug zu sein brauche. Interessant ist, daß Jaeggi und Möller bei den ‚erleuchteten’ Kollegen eine strikte Ablehnung der traditionellen christlichen Kirchen und des Gottes der Bibel vorfanden. Und noch etwas gaben die befragten Psychotherapeuten zu Protokoll. Die Kirchen hätten ‚aufgrund ihres Versagens ein ungeheueres spirituelles Vakuum hinterlassen.’“14)

14) Großenteils sind das wohl Projektionen aus und Ergebnis von selbst schmerzlich empfundener Leere, Freuds trostloser Lehre und davon  gründlich vermittelten Affekten. Weithin schwappen sie heute auch durch die Kirchen.

Was da von Psychologen geschrieben steht, betrifft die Psychiater kaum weniger, trifft sie um so mehr, je weiter sie, von der ärztlichen Krankenbehandlung weg zu dem Freudschen Flop von „Psychotherapie“ überwechseln, dorthin, wo großenteils auch die Psychologen sind. Die Suizidraten unter den Ärzten sind bei ihnen am höchsten. Es ist ja auch zum Verzweifeln, wenn man beruflich gehalten ist, Hilfe suchenden Menschen die trostlosen, haltlosen  Dogmen Freuds anzudienen, sie und sich selbst mit ihnen immer wieder neu zu belügen.

Was Freud heute grundsätzlich diskreditiert und sein sprachlich gewiß beeindruckendes Oevre als das Lügenwerk eines ehrgeizigen Phantasten ausweist, sind im wesentlichen die mit Massons einschlägiger Publikation  neu eröffneten Möglichkeiten eines Vergleichs seiner „offiziellen“ Äußerungen mit den vertraulich gegenüber seinem langjährigen Intimus Fließ gemachten. Damit aber ist nunmehr aus allen freud-verwandten Prätentionen der Psychotherapie eigentlich „die Luft heraus.“

4.9  Aus den Reihen der neuen Freud-Kritiker, auch amerikanischen Kritiker, kommen heute durchgehend die vernünftigsten englisch-sprachigen Korrekturen an dem weithin von den USA aus korrumpierten Fach. Nachdem Freud in ihm über Jahrzehnte den größten Einfluß hatte, wird sich die Wirkung der neuen Kritik in ihm wie in der Gesellschaft allgemein wahrscheinlich erst langsam einstellen. Freud-Kritiker gab es immer und überall. Sie waren aber isoliert und desorganisiert. Die neue Kritik ist kenntnisreich, präzise und durchdringend; sie stützt sich auf neues Quellenmaterial und verspricht, still sich organisierend, abgestimmte, anhaltende Arbeit und Wirkung. Die Kritiker sind dabei heterogen genug. Viele von ihnen begreifen ihre Kritik selbst gar nicht als politisch, fassen sie vielmehr als rein und ausschließlich wissenschaftlich auf. An die Politik der US-(und damit Welt-) Psychiatrie rühren sie dennoch, an ihre soziale Ausweitung und die subtile Betrügerei in ihr.

 

5. Medien, Politik, (Pseudo-)Wissenschaft und Glaube

5.1 Daß sich Totalitäres unter uns breitmachen könnte, diskutieren mitunter selbst mainstream-Medien, die Zeit vom 31.07.03 etwa in „Die Freiheit nehm ich dir.“ „Alarmierende Warnungen vor dem Big-Brother-Staat...“ hätten ihr Recht, meinte sie. Ihm entgegen führten die anstehende elektronische Mautgebühr-Erhebung auf Autobahnen oder auch die Möglichkeit, über das eingeschaltete Handy „jederzeit geortet werden“ zu können. „Wen grämt es schon?“ Richtiges aufzuspießen, aufkommendes Interesse dann aber gleich auf Nebengleise zu lenken und es so totlaufen zu lassen, scheint die neue Masche der Medien zu sein. Ihre Gleichschaltung und „Gleichklänge“ (s.u.), gleiche oder ähnliche Desinformationen  in ihnen („deceptive revealing“) grämen am wenigsten.

Die Welt kam der Sache mitunter näher. Sie monierte etwa am 24.4.01 einmal, wie Sabine Christiansen eine Talk-Show zur Zuwanderung abhielt, nur einen von deren Gegner nicht einlud. „Keinen Gegner bei strittigen Grundsatzthemen der Politik einzuladen,“ schrieb die Zeitung damals, sei „eine immer weiter um sich greifende Unart.“ Zur Durchsetzung der erweiterten Staatspsychiatrie und zur Leugnung des Psychiatriemißbrauchs in der DDR wurden wir von den Politikern immer ausgegrenzt. Und die Welt behalf sich damit, daß sie letzteres Thema gänzlich aussparte. Die Verstaatlichungsgesetze zum Gesundheitswesen wurden von den Medien stets befürwortet, wurden, obwohl immer kostenträchtig, als kostensparend gelobt, die Politiker-Lügen gedeckt.

Die oft einer Diktatur würdigen Stereotypien der Medien werden durchaus auch von Lesern gerügt, im Zusammenhang mit dem Todessprung Möllemanns (6.3) gar in der Welt. Sie klotzt dann zurück, bei obiger Gelegenheit etwa: „’Die Medien’ gibt es nicht“. Wenn sich bei der Vielzahl von Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehsendern15) bisweilen eine Art Gleichklang (sollte richtiger  heißen: Gleichschaltung) ergab, so lag dies daran, daß es in bestimmten Fragen... große Schnittmengen an Übereinstimmung gibt.“ Zu den „bestimmten Fragen“ gehört offensichtlich der Psychiatriemißbrauch der DDR. Unart hin oder her, wurde er in allen Medien gleichklingend, übereinstimmend annulliert. Die Anerkennung der Psychoanalyse als Wissenschaft wurde wie die „Reform“ des Fachs von den Sechzigern an gleichklingend in allen Medien angeheizt. Immer wurde dabei verschwiegen, daß es dabei um nichts anderes ging als seine höchst kostspielige Erweiterung ins Staatspsychiatrische hinein. Gleichklingend schließlich lobten die Medien die 68er, die linken Medien von Anfang an - die SPD ist allein an 22 regionalen Zeitungen und 16 Hörfunksendern beteiligt ‑, ähnlich klingend bald auch andere.

15) So stellte A. Huxley in BRAVE NEW WORLD REVISITED 1958 schon fest, wozu er, selbst ein „Elitärer“, selbst entscheidend beigetragen hat (vgl. 4/99, Fn60): „Die Macht-Elite... beeinflußt als Eigentümer der Medien der Massenkommunikation die Gedanken, Gefühle und Handlungen eigentlich jedermanns. Um die Worte von Winston Churchill zu parodieren, sind noch nie so viele durch so wenige so massiv manipuliert worden. Wir sind von Jeffersons Ideal einer wirklich freien Gesellschaft wirklich weit entfernt...“   In Berlin liegt die Information bei drei Groß-Verlagen: Springer, Gruner & Jahr und Holtzbrinck.

5.2  Auch oder gar besonders die Welt erhebt sie heute geradewegs zu Prototypen westlicher Freiheit, verbucht sie unter der Rubrik „Antitotalitarismus“ und propagiert iangelegentlich ihre „Werte“ von freier Abtreibung bis zu freiem Töten, freiem Sex und freiem Rauschgiftkonsum.16) Primär gehören sie ja auch eher zu einem „rechten“ Konzept, nämlich dem der Schönen neuen Welt (4.4). So können die Medien gut heute auch ausblenden, wie jene 68er doch dem roten Terror- und Totalitarismus zusprachen und können schön darüber hinweggehen, daß die Brave New World selbst als globale totalitäre Diktatur konzipiert ist, als eine „kaum weniger erniedrigende“, wenn auch subtile. Es scheint die Form von Diktatur zu sein, die auch etablierten schwarzen, roten, grünen, gelben Demokraten mundet, womit auch erklärt sein könnte, warum sie und die Medien allgemein, Die Welt besonders, den Mißbrauch von Psychiatrie und Psychologie, die Steuerungs- und Repressionsmittel just subtiler Diktaturen, bis heute jeder ernsthaften Besprechung enthoben und uns, die wir das monierten, natürlich erst recht. Zunehmend ist es angebracht, den Sinn des Begriffs Demokratie bei denen zu hinterfragen, die ihn wie seinerzeit die DDR am lautesten im Munde führen, zu den „strittigsten Grundsatzthemen der Politik jedoch nichts als „Gleichklänge“ produzieren.

16) Zur Veranschaulichung rückt die Welt gern nette, junge Damen mit entspannten, glücklichen Gesichtern ins Bild. Wenn „das Gesamt-Maß des Glücks“ heute größer wäre als früher (ist es das?), läge es aber kaum an den 68ern.Was sie an „Befreiung“ brachten, erlebten manche der damals Jungen, die zuvor noch drückende (Post-)Nazi-Erziehung erlebt hatten, eher als neuen ideologischen Furor. Eher eine „über zwanzig Jahre politisch und intellektuell vernachlässigte Republik“ (K. v. Dohnanyi) war die Folge. Aus der haßtriefenden Sprache eines H. Marcuse ging außer der Psychiatrie-„Reform“ die RAF  hervor, die eine wie die andere auch heute immer wieder hochgelobt. Nachdem im übrigen mit besagter Generation auch Ref. langsam ans Ende seiner Berufstätigkeit kommt – ein Ende der Vereinstätigkeit steht (am Anfang neuer Internationalisierung!) gewiß nicht an -, will er auch danken, daß er den schönen nervenärztlichen Beruf bis zum Ende noch in Freiheit ausüben und darüber hinaus aufklären konnte über Gefahren, die aus dem Bereich, gewiß aber nicht nur aus ihm,  hervorgehen. Auch das gehört zur ärztlichen Berufspflicht. Vor allem aber will er all den Menschen danken, die ihn auf dem langen Weg hilfreich begleiteten.

Was schön-neu-weltlicher Diktatur noch entgegensteht, christliche Positionen etwa, reißen die Medien, die Welt besonders (z.B. M. H. Kamann, Katholisch, 31.07.03), herunter - gehässiger geht’s nicht -, geben den der Lächerlichkeit preis, der etwa bei Abtreibung, Sex-Beliebigkeit, Drogenkonsum noch zögert, verwerfen im gleichen Atemzug dazu „Antizionismus, Antiamerikanismus und Antikapitalismus“, während sie „Freundschaft zu Israel und Amerika“ als unhinterfragbaren Ausweis korrekter Gesinnung bestimmen - wie seinerzeit die DDR die „Freundschaft zur Sowjetunion“. Entzückt ist DIE WELT (vom 24.11.03) auch von Rot-China, nachdem heute dort one-night-stands (Yiye Qing), Promiskuität, liberaler Sex-Unterricht, Homosexualtität und AIDS blühen. Was zählt da noch, daß Protest da mit Panzern niedergewalzt wird oder Andersdenkende in psychiatrische Kliniken kommen? Die Menschen, nicht unbedingt aber die Regierungscliquen hier wie dort verdienen Freundschaft gewiß.

"... Die Falschausgabe von Freiheit besteht aus der Idee persönlicher und gemeinschaftlicher Befreiung von Moral, Verantwortung und Wahrheit. Sie ist das, was die Gründungsväter unserer Nation ausdrücklich von Freiheit  abgrenzten und als "Lizenzierung" verurteilten. Die sogenannte Freiheit, die so viele unserer meinungsbildenden Eliten in Erziehungswesen, Unterhaltungsindustrie und den Medien feiern, ist schlicht Lizenzierung, zu tun, was gefällt... Die Falschausgaben von Freiheit  bergen aber eine noch größere Gefahr. Wie unsere Gründungsväter warnten, wird ein Volk, das sich der Lizenzierung überläßt, unfähig, eine republikanische Regierungsform aufrecht zu erhalten. Weil republikanische Regierungsform - Regierung durch das Volk - Menschen braucht, die bereit sind, Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen..."

So Robert G. George, Professor  der Jurisprudenz an der Princeton University, in einer Ansprache vor dem Hillsdale College am 10. Mai 2003 (IMPRMIS 8/03).

Solchem Amerika, weniger den dort und anderenorts heute "in Erziehungswesen, Unterhaltungsindustrie und Medien gefeierten Falschausgaben" und Zuführungen zu neuer, schön-neu-weltlicher Tyrannei fühlen sich viele freundschaftlich verbunden.

  5.3  Ein Wort bei der Gelegenheit noch zur Frankfurter Allgemeinen, die ihren Korrespondenten Langen zweimal gar (ab 1984) bei uns wirken ließ. Kaum saß er in unserem Vorstand, begann er gegen dessen Politik zu intrigieren und verließ ihn bald wieder, als er gegen ihn doch nicht aufkam. Nach dem Ableben unseres Schirmherren und Ehrenpräsidenten Prof. von Baeyer 1987 klopfte er wieder bei uns an und wurde eingelassen - er schrieb damals ja noch manch brauchbare Artikel zum Thema, die einzigen, die überhaupt sachdienlich in deutschen Medien erschienen. So wieder in Position, glaubte Langen offensichtlich jetzt leichteres Spiel zu haben. Just unsere Behandlung des Subtilen, westlich-Zuträgerischen, DDR-nah Staatspsychiatrischen brachte ihn gegen uns auf, ließ ihn von innen her immer heftiger wühlen und trieb ihn, als er damit erneut scheiterte, gar zum Versuch, unsere Gesellschaft zu spalten. 1991 erfolgte sein

Ausschluß. Ähnliche Erfahrungen mit ihm machte auch A. Korjagin, der 1981 um der Ethik des Faches willen lange Jahre sowjetischen Lagers und Gefängnisses auf sich genommen hatte. Im schweizerischen Asyl erkannte er bald, daß Freunde subtiler Tyrannei, Anhänger der Falsch- und Lizenzausgaben  von Freiheit und Wahrheit (Kasten), selbst bei IAPUP saßen, dem internationalen Dachverband von 1980 bis 1991. Langen reiste im übrigen, auch während er sich etwa bei IAPUP-Treffen als unser Vertreter ausgab, immer auf Kosten und damit als Vertreter der Zeitung.

So wie die Welt nach ihrem Bekunden die Sache Wallraff kürzlich nicht ausbreitete, um sich an ihm zu rächen, tun wir es in der Sache Langen/FAZ. Wir tun es, um an dem Fall aufzuzeigen, mit welch taktischer Raffinesse, welch hohem Einsatz, welcher Unverfrorenheit17) unsere Medien, selbst die angesehensten,18) ja wie die gesamte politisch-publizistische Klasse die Verfremdung („Reform“) der Psychiatrie ins Diktatur-Dienliche, die Verbiegung unserer Freiheit in Lizenzausgaben davon, ja eine Abwandlung der Staatsfassungen in Falschausgaben von Republiken besorgten. Die Systemveränderung kam in kleinen Schritten, auf leisen, rechten aber wie linken Sohlen und trat anfangs auch gern ulkig auf, wie gar nicht ernstzunehmen, bis sie wie etwa die Psychoanalyse öffentlich „anerkannt“, öffentlich nicht mehr bezweifelbar war und gesetzlich aus Pflichtversicherungen bezahlt wurde.  Subtile Diktaturen kommen wohl überall leicht an, in Deutschland, wo zwei deftige Diktaturen schon durchgingen, vielleicht besonders (vgl. The Hidden Huxley, 3/01.5). Daß „alles“ bis in hohe Staatsämter bei Dingen mittut, die eigentlich an Hochverrat grenzen, haben wir zur Kenntnis zu nehmen. Wie die Medien das Thema Psychiatrie-Mißbrauch, als er im Sowjet-Stil noch im Gang war, verramschten, dem widmeten wir damals schon fast einen ganzen Rundbrief (2/84). Daß international zumindest gegen die primäre Lizenz- und Falschausgabe von Therapie, die  Psychoanalyse und ihr „deceptive revealing,“ neuer Widerstand aufkommt, beläßt aber Hoffnung.

17) Hierzu noch ein Beispiel: 1974 hatte Ref. Gelegenheit, die Psychiatrie-Reform vor dem Deutschen Ärztetag kritisch zu hinterfragen. Der Wissenschaftsredakteur der FAZ Dr. R. Flöhl  reportierte davon nichts. Er erlaubte sich bei späterer Gelegenheit Ref. ob seiner Rede gar Vorhaltungen zu machen. So weit waren wir damals schon, daß Reporter das Zeitgeschehen nicht nur nach Gusto unterschlugen, sondern dreist freie Rede öffentlich noch rügten.

18) Damit die weniger bürgerlichen nicht ganz unerwähnt bleiben ein Schlaglicht noch auf den SPIEGEL. In Heft 33/03 berichtete er als Titelgeschichte über „Erfundene Krankheiten“, brachte in gewohnter Durchblickermanier manch Richtiges dazu - auch über die Psychiater, die „die größte Phantasie beim Ersinnen neuer Krankheiten an den Tag“ legten. Als vernünftig, kritisch dagegen eingestellt pries er wie gewohnt ausschließlich bekannte Linke, Profes. Dörner und Finzen etwa, die im Ersinnen möglicher Psychiatrie-Erweiterung ins Sozialistisch-Kostspielige hinein immer die phantasievollsten waren. Wie immer waren beim SPIEGEL  „Schlechtmenschen“ in der Psychiatrie wieder einmal  die Ärzte, vereinzelt auch vorkommende „Gutmenschen“ (außer genannten Linken) immer  Psychologen (s. Seite 1, Hinweise).

19) In seinem Buch IM NAMEN GOTTES: ISRAELS GEHEIMVATIKAN als vollstrecker bibilischer prophetie bringt W. Eggert (Tel. 089-26215774) mit ihr gar die „Neue Weltordnung“ in Zusammenhang. Seine Enthüllungen werfen das gewohnte Bild der jüngeren Geschichte um. Eine chassidische Sekte sei es, die in Bibeltreue den Prophezeiungen der Apokalypse Johanni zusteuere und dafür ein „Armageddon“ in Kauf zu nehmen bereit sei. Gewiß ist solchen Deutungen mit Vorsicht zu begegnen. Begründete Außenseiter-Information bekommt aber Gewicht oft just infolge der Dürftigkeit UND ersichtlichen Unstimmigkeit vieler mainstream-Information. Sie stießen und stoßen laufend international, uns als erstes in der Sache des Psychiatriemißbrauchs, so massiv und so empörend auf, daß automatisch Ausschau nach plausiblerer Mitteilung aufkommt. Mißlich genug ist an der Neuen Weltordnung  - Eggert stellt sie als Freimaurer-Ordnung dar – ihr immer penetranter entgegentretender „schön-neu-weltlich-diktatorischer“ Charakter: Dabei ist an sich gleichgültig, was oder wer hinter ihr stehen mag.

5.4  ....19) So sehr islamistischer Terror die Welt heute in Atem hält, bleibt auch zu fragen: Waren und sind es vielleicht gerade die „Lizenzausgaben von Freiheit“, die nicht nur Muslime gegen den schön-neu-weltlich gewandelten Westen so aufbringen? 20) Daß in der Psychiatrie selbst die Diskussion „lizenziert“, hier seit Jahrzehnten die offene Rede nicht mehr möglich ist, „Falschausgaben“ wie die „Soziotherapie“ (1/03,5.) weithin hier die Oberhand haben, erleben wir zu Genüge. Daß und wie jedoch Grundsatzthemen auch der allgemeinen Politik manipulativ behandelt werden, schafft Unbehagen - über die Psycho-Fächer hinaus. Inwieweit die neu in Verbindung gekommenen internationalen Freud-Kritiker der politischer Seite der Psychoanalyse mit gewahr werden, ist offen. Gegen diese allein wegen ihrer sachlichen Unstimmigkeiten in Widerstand zu gehen, ist aber bereits verdienstvoll genug und, weil der Wahrheit eine Gasse bahnend, auch politisch. „Keine freie Welt ohne freie Information“ (.3).

19)  Nachträglich wurden aus diesem Kapitel für die vorliegende Web-Version des Rundbriefs entbehrliche Teile gelöscht.

 

20) Der Hauptvorwurf der (islamistischen) Extremisten und Fundamentalisten, der jedoch auch bei Gemäßigten immer mehr Gehör finde, laute, daß das westliche Lebensmodell ‚uns und unsere Familien zerstöre'“, so gab die FAZ am 06.11.2001 entsprechende Aussagen von Erzbischof Dr. Paul J. Cordes (5.6)  nach einem Besuch in Pakistan wieder.

Worauf wir von der „Psycho-Ecke“ aus stießen, die Lüge im System, wird von anderen Stellen aus in vielen Ländern gesehen. Was in den USA etwa gegen die Bush-Administration kursiert, sprengt alle Maßen.21) Das Internet gibt der Kritik freien Lauf. So großen Gewinn, so viele Chancen  es trotz vielen Schrotts birgt, werden die ,mainstream-Medien, die Psycho- und sonstigen Einrichtungen der „Bewußtseinsbildungsindustrie“ (H. Marcuse) weithin zwar die Oberhand behalten. Gleichwohl erleben wir etwa im Fall der DDR, daß selbst ihre Subtilitäten gegen alle Widerstände noch ans Licht kommen. Wie sollte da nicht Hoffnung sein, daß auch dem aufziehenden System schön-neu-weltlicher Diktatur noch begegnet werden kann?

21) Neben berechtigten sind viele üble Kritiken dabei. Mit die übelsten kommen auch in Amerika, wie THE GUARDIAN vom 13.08.03 mitteilte, aus der Psychologie. Eine auch vom National Institute of Health unterstützte Studie stellte danach kürzlich fest, „daß Konservativismus psychologisch als ein Gemenge von Neurosen bestimmt werden“ könnte, die „in Angst, und Aggression, Dogmatismus und Intoleranz gegenüber Vieldeutigkeit“ wurzelten. Die vier Psychologen stellten in diesem Sinn Hitler, Mussolini und Reagan auf eine Stufe. Sie alle „predigen Rückkehr zu einer idealisierten Vergangenheit und verteidigten Ungleichheit.“ Auch Präsident Bush sei ein Lehrbuchfall. Dennoch gehören Konservative weltweit zu den gläubigsten Anhängern und Förderern jeglicher Psychologie. Sie gehört halt zur Schönen, neuen Welt.

5.5 Manch „Verbündete“ gibt es ja im „Vorpolitischen“. Gegen Pseudowissenschaft tritt etwa die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V. (GWUP) markig auf. Aus gegebenem Anlaß schrieben wir sie kürzlich an und wiesen darauf hin, daß unter ihrer kritischen Begleitung die Parawissenschaft Psychoanalyse in den letzten Jahrzehnten sehr ins Kraut geschossen sei. GWUP-Vorsitzender Dr. Mahner widersprach und legte das Vereinsorgan SKEPTIKER 3/02 bei, das viele interessante Beiträge zum Thema umfaßte, u.a. eine schöne Kritik des NLP (Neurolinguistisches Programmieren). Zur Psychoanalyse lautete die Kernaussage, sie werde „uns erhalten bleiben: Der Schornsteinfeger bringt uns weiterhin Glück; die Astrologie sagt uns weiterhin die Zukunft voraus; und die Psychoanalyse ist gewiß so unsterblich wie andere Märchen auch.

Ablenkend, effekthascherisch und subtil den Schwindel perpetuierend war und ist selbst vieles, was sich analyse-kritisch gibt. Das „Glück“ vom Schornsteinfeger ist nebenwirkungsfrei und – kostenlos. Nur bei genauerem Hinsehen entpuppt sich Kritik manchmal als Flop, der mithilft , die Pseudo-Wissenschaft, die von den Ärzten als Heilkunde „anerkannte“, mit einem Facharzttitel garnierte,22) von deutschen Gelehrten allgemein abgenickte, weiter voranzubringen. Auch das der internationalen Freidenker-Szene nahestehenden Organ beobachten wir seit längerem.

22) Zumindest das Fortwirken (früh-)kindlicher Erlebniseindrücke (die „Übertragung“) sei, wenden manche ein, wissenschaftlich gesichert. Sie wurde jedoch vor Freud schon entdeckt, etwa von Nietzsche (Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben). Manch Freudsche Feststellungen und Begriffe treffen wohl zu, neben der „Übertragung“ etwa auch die „Projektion“, wobei erstere gewiß weit über das Freudsche Patient-Therapeuten-Verhältnis hinausreicht. Weil die Psychotherapie gänzlich von Glaubensschulen bestimmt wird, kann hier weder über Therapie-Ergebnisse noch über gültige Therapie-Faktoren nüchtern diskutiert werden

5.6 Christliche Gruppierungen und Organe, solche besonders, die sich als Mahner der Ethik gerieren, fördern den Freudschen Schwindel als Stütze des schön-neu-weltlichen Wertsystems über Jahrzehnte weithin zwar genauso. Zusammen mit R. Willleke23) (1/03) und W. Ramm (von der Aktion Leben e.V.)24) aber schrieben wir kürzlich drei hohe Verwalter vatikanischer Ämter an, machten sie auf die seelischen Verheerungen aufmerksam, die vielfach aus psychotherapeutischen (Gruppen-)Techniken erwachsen, und erhielten Antwort.

23) Willeke publiziert im kleinen Rundbrief der Aktion Leben weiterhin zur Psychotherapie. Seine Artikel sind zur Zeit das Dezidierteste, was außerhalb unserer Schriften in Deutschland kritisch zu Freud und Co. Stellung nimmt, in katholischen Kreisen freilich auch das Einzige.

24) Die Aktion wurde vom letzten/ersten Ökumenischen Kirchentag im Frühjahr 2003 in Berlin vom Platz gewiesen, weil ihre Hinweise auf die Abtreibungsrealität das bevorzugte Spaß- und Harmoniegesumse störten.

Der Leiter des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog Erzbischof Fitzgerald schrieb, ein auch von seinem Rat kürzlich herausgegebenes Dokument habe gegenüber den mit „New Age“ verbreiteten „ Psychopraktiken... größere Distanz angeregt.“ 

Und der Leiter des Päpstlichen Rates „Cor unum“, der aus dem Sauerland stammende Erzbischof Dr. Paul J. Cordes, antwortete: „...haben Sie Dank für die Zusendung Ihres Briefes vom 20.3. und des Rundbriefs 1/03. Lange schon beobachte ich mit Sorge die Verbreitung zerstörerischer Gruppentechnik in der Pastoral der Katholischen Kirche... Im Interesse der Sache und des Menschen kann ich Ihrer Arbeit nur eine breite Beachtung wünschen. Mit meiner Bitte um Gottes Segen für Sie und Ihren Dienst bin ich Ihr Erzbischof Dr. Cordes.“25)

25) Dr. Cordes (Fn 20) hat vor Jahren selbst einmal tiefschürfend die Problematik der Gruppendynamik / Gruppenpsychotherapie ausgeleuchtet (Internationale Katholische Zeitschrift 7/78), was aber bisher an vielen Katholiken, christlichen Gelehrten, auch den meisten Lebensschützern, selbst ärztlich firmierenden (wie etwa der EUROPÄISCHEn ÄRZTEAKTION), völlig vorbeigegangen ist.

Es war nach mehr als 25 Jahren das erste Mal, daß uns für unsere Arbeit von so hoher Warte so gute Worte erreichten.26) Herzlich danken wir dem Kirchenmann und wünschen ihm unsererseits, er möge mit seiner Position „im Interesse der Menschen“, speziell aber des Christenvolks in seiner Kirche breite Beachtung finden. Tief gespalten, vielfach dem Zeitgeist ergeben ist sie ja heute. Größer aber könnte die Chance jetzt geworden sein, daß christliche und andere wertorientierte Kreise der Schwindel- und Destruktionsnatur vieler psychologischer Lehren und Methoden inne werden.

26) Von evangelischer Seite entzündete sich an Freudschem Schwindel, Freudschem Anti-Christentum noch nicht eine kritische Silbe.

Wir aber treten „Falschausgaben“ von Wissenschaft – saekularem Glauben kommen sie gleich – gar nicht grundsätzlich entgegen. Unzureichend wie alle(s) Wissen(-schaft) ist, gehört Glauben ja zum Menschen, ist vielen unendlich hilfreich. Wir stellen uns gegen die „Falschausgaben“ der Wissenschaft nur, wenn sie

1.      erkennbar Wissen(-schaft) vortäuschen  UND

2.      erkennbar Schäden setzen -

beides klare Verletzungen ärztlicher Ethik.

 

 6. Aus dem Rechenschaftsbericht zur Mitgliederversammlung der GEP, Mai 2003

(hier ergänzt durch Beiträge der Versammelten und inzwischen neu Eingegangenes, neu Aufgeklärtes. Neu hinzugefügt sind u.a. die Fußnoten)

„... Der Vorstand arbeitete wieder gut zusammen. Wie über all die Jahre blieben unsere oft nicht zimperlich formulierten Feststellungen und Thesen unwiderlegt. Zweimal konnte Prof. Dieckhöfer, der als Gerichtsgutachter tätig ist, vor unrechter psychiatrischer Disqualifizierung bewahren. Bezüglich des Wiederaufbaus der Leipziger Universitätskirche, für die sich Dr. Koch so einsetzte, war der im letzten Rundbrief geäußerte Optimismus verfrüht. Gegen den Wiederaufbau gibt es in Leipzig vehemente Widerstände. Weiter zu rühmen aber ist Kochs Arbeit Opfertäter (in Scheidewege, Jahresschrift für skeptisches Denken, Nr. 32), in der er das Spektrum seelischer Reaktionen politischer Häftlinge der Stasi auf deren Psycho-Techniken darlegte, u.a. wie diese ethische Einstellungen doch zu verändern und/oder einzuspannen vermochten. Die Sache wird unter www.opfergerechtigkeit.de.vu, einer weiteren Website, beleuchtet. Über Erfolge seines Bemühens um weitere Aufarbeitung des Themas „Ärzte im Dienst der Stasi“ berichtete Dr. Rost, daß das Hannah-Arendt-Institut, Dresden, unter der neuen Führung von Prof. Besier (2/00.5) mit dem Deutschen Ärzteblatt zusammen hier neu nachforschen will.

Die ausführlichen Rundbriefe 2/02 und 1/03 vom November letzten Jahres und vom letzten Februar gingen wieder über den Mitgliederkreis weit hinaus. Die rasche Folge wurde möglich durch von außen kommende Beiträge, die von Herrn Hellmann, Herrn Dr. Hamann, und den großen Artikel von Herrn Willeke zur Gruppentherapie. Daß es diese Beiträge von außen gab, daß der Rundbrief angefordert, vor allem daß unsere Website eifrig aufgesucht wird, zeigt den Anklang, den die Arbeit doch findet.

Daß andererseits allein das Nachforschen auf diesem Gebiet weiter auf unendliche Widerstände stößt, liegt u.a. daran, daß die Staatsgewalt auf die Psychiatrie wie kein anderes medizinisches Fach Zugriff hat, sein hippokratischer Auftrag damit immer besonderer Belastung ausgesetzt ist. Erinnern Sie sich, daß sich für uns nicht nur die Stasi, sondern auch die CIA lebhaft schon interessierten. Denken Sie an die “psychological warfare“ der Alliierten, von der, wie wir jetzt sehen, die Planung der gesamten sozialpsychiatrischen Versorgung ausging, manche sagen auch: die Planung des „politisch korrekten“ Denkens im Land. Die Diskursverweigerung, die oft groben Feindseligkeiten, die uns für unsere Frage- und Feststellungen von vielen Staatsträgern, auch vielen unserer Ordinarien, ihren Beamten, begegneten, nehmen von daher nicht wunder. Uns brachte das kontinuierliche Nachforschen mitunter wohl besseren Durchblick durch das Geschehen, das, je dramatischer, etwa kriegsbedingt, desto kontroverser meist beurteilt wird, jetzt etwa der Irak-Krieg.

Was die Beurteilung des Psychiatrie-Mißbrauchs etwa in der DDR betrifft, sind wir unverändert in abgeschlagener Minderheit sowohl in der Fachgruppe wie im ganzen Land, sofern hier Mehrheiten je festgestellt wurden. Den Mißbrauch des Fachs leugnen am striktesten bis heute diejenigen, die seine „Reform“, das heißt seine Erweiterung am lautesten propagieren. - Darf man aber eine Verbindung zwischen so „Unterschiedlichem“ ziehen, Krieg hier, Reform da? Zumindest war es auch bei letzterer mit G. Brock Chisholm M.D. ein leibhaftiger US-General, der sie militärisch anstieß mit dem Ziel weltweiter re-education. „In Anlehnung an die Entnazifizierung Deutschlands nach dem Krieg“ (WAZ, 27.03.03) steht ausdrücklich jetzt die Umerziehung im Irak an. Ob das „Psycho-Unternehmen“ dort so gut klappen wird wie hierzulande, bleibt abzuwarten.

6.1 Geistesgeschichtliches

Willekes Beitrag im Rundbrief 1/03 hat nicht nur eine weitere Sparte aktueller politisch relevanter Seelenbearbeitung beleuchtet, die Gruppendynamik, die wir bisher etwas stiefmütterlich behandelt hatten. Er ermöglichte es auch, Kirchliches, genauer Katholisches anzusprechen, was lange schon fällig war. Christentum, Kirchen sind unser aller Kulturerbe. Wir alle haben da Mitspracherecht und ‑pflicht. Zu erinnern ist, daß sich etwa gegen den Psychiatriemißbrauch in der Sowjetunion, von dem der DDR ganz zu schweigen, kaum eine explizit christliche Stimme erhoben hat. Um so engagierter stand von Anfang an der Caritas-Verband hinter der 68er Erweiterung des Fachs. Auch das Wuchern esoterischer, New-Age-verwandter Glaubenslehren und –praktiken wurde nachhaltig von kirchliche Instanzen gefördert.27) Mitunter scheint es  – und das könnte das entscheidende Moment der gesamten Kulturrevolution sein -, als seien eben auch die Kirchen großenteils auf die Ideologie der Moderne, den Materialismus in der heute dominierenden Form des Neomarxismus eingeschwenkt. Als Wendepunkt hierzu sehen manche das Vaticanum II an (1962-65). Ob die Hauptinstanz, die die Kategorien von Gut und Böse aufrecht erhielt, endgültig ihre tradierten Positionen räumt, um sich den Dogmen von Marx und Freud etc. anzuschließen, ist freilich noch offen. Ein Photo aus der MünsterländischeN Zeitung von einer dortigen Dorfkirche (Molbergen) könnte das Gesagte sinnfällig machen: Über dem Altar riesengroß ein Pentagramm, das Teufelssymbol, wie manche sagen, der fünfzackige Stern, der die Fahnen aller kommunistischen und auch manch anderer Staaten (-Verbände) ziert (.1). Das Bild korrespondiert mit dem, was M. Martin in seinem „Roman“ Der letzte Papst dargestellt hat (1/03,1.4).

27) Willeke berichtete kürzlich, mit welchem Informationshunger ihn katholische Priester jetzt angingen, um etwas über die großen antichristlichen Ideologien von Feuerbach, Schopenhauer, Nietzsche bis zu Adorno und Habermas zu erfahren. Ihm scheine, daß sie einfach zu schlecht ausgebildet würden, um den geistigen Herausforderungen der Zeit, den Nöten und Zweifeln der bei ihnen Rat Suchenden gewachsen zu sein. Wenn sie überhaupt zu den genannten, auch den psychotherapeutischen Fragen etwas erführen, dann in der verzeichnenden Weise eines Hans Küng (z.B. EXISTIERT GOTT?, 1978) und seiner „Welt-Religion“.

Behalten wir gegenwärtig: Bei viel schönen Grundsätzen von Freiheit ist auch der Neo-Marxismus, die 68er Ideologie, aus den USA hervorgegangen, dort wesentlich von (emigrierten deutschen) Soziologen, Psychologen, Psychiatern, Psychoanalytikern entwickelt, politisch vom sog. Ostküsten-Establishment gepäppelt, Anfang der 60er auf amerikanischen Universitäts-Campusen erstmals kulturrevolutionär in Erscheinung tretend, Chisholm ein früher Exponent davon. Meist schleichend-unmerklich, um 1968 aber in wildem Galopp hat dieser „amerikanische Materialismus“ den einmal christlich orientierten Westen weithin in einen neomarxistischen verwandelt. Auch der „neokonservative“ Unterbau der Bush-Administration ist, wie verlautet, trotzkistischem Boden entstiegen. Entsprechend ändert sich auch nach Clinton, wie wert-konservative Amerikaner klagen (z.B. Phyllis Schlafly-Report), kulturpolitisch in den USA nichts (zum Besseren). Unter dem Präfix „Neo“ laufen Marxismus, Konservativismus (und Liberalismus) offensichtlich gut in schön-neu-weltlich Diktatorischem zusammen.

Der „Neo-Westen“ beurteilt so im Vergleich zu den Schandtaten der Nazis, dem Holocaust, vor allem aber zur kirchlichen Inquisition die teilweise noch blutigeren Verbrechen ihm wesensverwandter, „aufgeklärter“ Systeme auffallend milde - von den Schlächtereien in der Vendée während des Terreurs in Frankreich (um 1793) bis zu den Massenmorden Lenins,28) Stalins und Pol Pots. Wenn Psychiatrie, Psychologie, Heilkunde insgesamt, aber nicht nur als Bestandteil der aufgeklärten BRAVE NEW WORLD, sondern ähnlich wie Schulen, Film und Fernsehen als Vehikel der Bewußtseinsbildung zu solch neuer, gut kaschierter Diktatur eingeplant sind, dann versteht es sich eigentlich von selbst, daß die Planer auch eklatanteste Mißbräuche der Psycho-Disziplinen nur ungern melden. Niemand kann oder will die Aufklärung rückgängig machen. Aber auch vor ihren Kehrseiten sollten wir die Augen nicht verschließen.

28) Der Film „Good bye, Lenin“, der derzeit die deutschen Kinos füllt, zeigt, was für ein „süßer Schmusestaat“ die DDR insgesamt doch war. THE TIMES vom 23.07.03 spottete unter dem Titel “Hello Lenin: Ostalgia for the old East Germany”, viele Ostdeutsche würden wie Kati Witt wohl gern wieder „von einem sanften Kommunismus in Windeln gelegt werden.“ Nur sie? Wird der Kommunismus nicht „überall“ verniedlicht. Für Rot-China erwärmt sich gar DIE WELT (5.2)  - um weiteren "subtilen" Diktaturen den Weg zu bahnen?

Zurück aber nochmals zu den Vereinsaktivitäten, den Rundbriefen, den Fremd-Beiträgen in ihnen. Der Artikel Dr. Hamanns (in den BNP-Mitteilungen 2/03 nochmals nachgedruckt) zeigte m.E. schön, welche Blüten die „Reform“, die planmäßig betriebene Ausweitung der Psychiatrie ins Soziale treibt. Auch wenn gewiß viele Nervenärzte / Psychiater so denken wie er, folgen genügend andere ihren An- und Verführern, ihren Ordinarien, Politikern und Medien und plappern deren Lobsprüche fürs Sozial-Psychiatrische, Psychotherapeutische nach. Daß auch Hamann sich nicht mit uns tiefer ins Getümmel stürzen mag, ist aber einfühlbar. „Beneidenswert“ die Kollegen, die die ans Kriminelle reichenden Absurditäten im Fach sehen, sie aber noch weit genug von sich wegzuhalten verstehen.

Hamann sandte übrigens noch einen schönen Artikel aus dem Schleswig-Holsteinschen Ärzteblatt 9/96. Er beschrieb den Einsatz des Dr. Karsten Jaspersen, des ehemaligen Ärztlichen Direktors von Bethel, eines frühen, hohen Mitglieds der Nazi-Partei, der als solcher dann aber mit aller Kraft und unter Einsatz seines Lebens gegen die Nazi-Euthanasie gekämpft und so das Leben seiner Patienten tatsächlich gerettet hat. Eine Pikanterie der Geschichte ist, daß es Jaspersen war, der u.a. den Bischof von Münster Graf von Galen im Juli 1940 über das Geschehen alarmierte. Der ließ sich erst einmal ein Jahr lang Zeit, bis er im August 1941 seinen bekannten, dann wahrlich mutigen Protest erhob. Eine weitere Pikanterie liefert die Evangelische Kirche, die das Überleben der Betheler Patienten gern allein für ihren Pastor von Bodelschwingh in Anspruch nimmt.

6.2 Diesseits und jenseits des Teichs

Viele (Nerven-)Ärzte mögen unsere Kritik nicht, gleich ob den Psychiatriemißbrauch, die Psychiatrie-Reform oder die Psychotherapie betreffend. Bei einem Kongreß hatte ich kürzlich Gelegenheit, in Pausengesprächen, bei den Mahlzeiten etc. ihre einschlägigen Ansichten in die Breite und Tiefe auszuloten. Freud-Kritik mögen sie am wenigsten. Es interessiert sie, gewiß gescheite Leute, anscheinend ausschließlich, zu dieser (gut bezahlten) „Therapie“ selbst bessere Zugänge, bessere Abrechnungsmöglichkeiten zu bekommen. So haben unsere Politiker mit ihnen leichtes Spiel.29) Über lang angewandte Psycho-Behandlungen, wie siegerade die Analyse ermöglicht, können sie die Einstellungen der Menschen gründlicher noch als über die Medien beeinflussen - gewiß nicht in jedem Einzelfall, aber politisch durchaus relevant. Chisholm (2/00) führte das ja in aller Bestimmtheit aus.

29) „...In verschiedenen Bereichen der Humanwissenschaften, vor allem in der Psychologie, der Psychotherapie, aber auch in der Pädagogik und den Sozialwissenschaften wurden effektive Methoden entwickelt, um Verhalten und Einstellungen von Menschen zu verändern...“. So heißt es in einer Schrift von Küfner, Nedopil und Schöch, ISBN 3-936142-40-8. Manchen von uns hebt es bei solchen von  renommierten „Psycho-Staatsdienern“ wie selbstverständlich verlautenden Worten den Magen. Viele Kollegen aber stört überhaupt nicht, daß und wie unseren Mitmenschen das grundlegendste aller Menschenrechte lässig, gegebenenfalls unter therapeutischen Vorspiegelungen wegmanipuliert werden kann, werden soll, das Recht auf eine eigene Meinung. Unsere Politiker, rote wie schwarze, lieben solche Psychiater, Psychologen natürlich. Ihr Machwerk hat jüngst Prof. G. Besier (6.0) auseinander genommen („Kampf ums Religionsmonopol“ in der Welt, 05.06.03). Bös wird er dafür angegriffen (Die Welt 26.09.03); erfreulicher Weise verteidigt er die Geistesfreiheit mutig weiter. Deren „Psycho-Bedrohung“ hat auch er aber in allen Aspekten offensichtlich noch nicht erfaßt.

Ganz klar wird eine Psycho-Umerziehung jetzt etwa im Irak betrieben. So schrieb kürzlich die WELT vom 14.04.03 zur Lage dort, „renommierte Psychotherapeuten“ zitierend, „langfristig  gesehen“ sei „psychologische Hilfe unabdingbar.“ Die (von wem?) „traumatisierten Kinder“ müßten unbedingt „ihre Gewalterlebnisse verarbeiten.“ Erhielten sie dabei „keine Hilfe, werden sie oft selber gewalttätig ... Daher“ sei jetzt „der Aufbau von psychosozialen Zentren für Kinder und Jugendliche im Irak notwendig“. Unter der Überschrift „Hoffnung für verletzte Kinderseelen“ stützte auch der Münchner Merkur das Projekt. Nie sind (Sozial-) Psychiatrie, Politiker und Medien verlegen, seelische Probleme vorzuschieben, um politische Hirnwäsche zu begründen. Wo gibt es mehr Gewalt als an psychologie-geladenen amerikanischen Schulen, neuerdings auch deutschen? Ob es nun den Psychotherapeuten gelingt, die Iraker amerika- und israel-freundlicher zu stimmen?

Warum aber Gegenposition, wenn so viele staatspsychiatrische Versorgung samt Psychoanalyse doch wollen? Grund genug ist, daß sie Ge- oder Mißbrauch von Heilkunde zu politischen Zwecken unter uns etablieren und sie zudem faustdick von Lüge durchsetzt sind. In Rundbrief 2/02, Kapitel 5.2 habe ich ja dargelegt, in welch unerhörter, ja provozierender Weise die Analytiker, mit ihnen heute aber auch das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT, „das Organ der Ärzteschaft,“ Therapie-Erfolge vorgaukeln.30)

30) Schauen wir uns an Hand eines neuen Beispiels von Therapieevaluation an, wie diese seit Jahr und Tag getätigt wird. Mit einer „Therapieevaluation bei psychischen Störungen von Kindern und Jugendlichen“ kam in DÄ 16/03 kürzlich der Marburger Kinderpsychiater Prof. Remschmidt heraus. Er schrieb u.a.:

„...Psychotherapie (spielt im Fach) eine herausragende Rolle. Betrachtet man die Leitthemen der Psychotherapieforschung in den letzten 50 Jahren, lassen sich vereinfachend folgende Epochen unterscheiden: Auf das vorempirische Stadium (Wirksamkeit wurde unterstellt, anstatt sie systematisch zu überprüfen) folgte das Stadium, in dem es darum ging, die allgemeine Wirksamkeit von Psychotherapie überhaupt nachzuweisen, was mittlerweile als gesichert gelten kann. Darauf folgte das Stadium, das man als Phase der ‚speziellen Wirksamkeitsforschung’ bezeichnen kann ... Dieser störungsspezifische Ansatz bezieht sich allerdings nicht nur auf Psychotherapie, sonders auf alle Interventionen, die für eine bestimmte Störung die relativ besten Behandlungsergebnisse bewirken...“

Die „allgemeine Wirksamkeit von Psychotherapie“ ist freilich nichts anderes als die des guten Wortes allgemein. „Spezielle Wirksamkeit“, psychoanalytisch-spezifische etwa, um die allein es in der Diskussion geht, steht aber nach hundert Jahren „Therapieforschung“ über alle angeblichen „Phasen“, „Epochen“ oder „Stadien“ hinweg noch in den Sternen. Von verblasener, verlogener Rabulistik aber waren bisher alle einschlägigen „Evaluationen“. Mit solchen Augenwischereien wagen renommierte Ordinarien der „Psycho-Fächer“ über die Jahre ihren Kollegen unter die Augen zu treten. Während im Gesundheitswesen viel von „Qualität“, „Qualitätskontrollen“ und der Beschränkung auf „das Notwendigste“ geredet wird, kann mit der Psychotherapie / Psychoanalyse ein Bereich sich blähen, der aus nichts als aus Flop besteht.

Die Opposition unserer GEP gegen Freud ist von ihrer Urbestimmung her nicht aufgebbar. Freud, dessen Jünger Flop in der Heilkunde mit Gültigkeitsanspruch etablierten, ist der Ursprung unabsehbarer Manipulation und damit der heute verbreitetsten und aktuellsten politischen Psychiatrie-Mißbräuche geworden. So viele Ärzte, Publizisten und vor allem Politiker sie unterstützen, stehen sie damit aber immer noch hart am Rand eines Abgrunds von Schande, so weit sie nicht schon in ihr stecken. So wie es gewiß vernünftige Psychotherapie braucht, so vollständig ist die Analyse als Schwindel ausgewiesen (2/02 und 1/03). Widerstand gegen sie soll aber immer vornehmlich Bemühen sein um reelle, unprätentiöse, heilsame Arten von Therapie durch das Wort!

Zur Zeit des sowjetischen Psychiatriemißbrauchs waren wir froh über den starken Einfluß der amerikanischen Psychiater, die jenen Praktiken am ehesten entgegentraten. Im Nachhinein und im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg scheint es jetzt, als wäre auch in jenen US-Einsätzen gegen den sowjet-psychiatrischen „Brutal-Marxismus“ nur die mildere amerikanisch-neomarxistische Variante am Zug gewesen. Psychiatrie, Psychologie wurden in ihren heutigen inhaltlichen wie organisatorischen Beständen doch „ganz oben“ vom Ostküsten-Establishment arrangiert. So zu den eisernen Beständen des neuen Wert-, neuen West-Systems zählend, wird das „neue Psycho-System“ auf das entschiedenste gegen alle Kritik, besonders alle Mißbrauchsvorwürfe gedeckt, auch die dringendsten, berechtigtsten.

Kritik an „(neo-)amerikanischen“ Diktaten kommt gleichwohl vereinzelt selbst hierzulande in der Psychiatrie auf. Der Ulmer Ordinarius Prof. Spitzer etwa monierte die Art, in der die APA heute Diagnosen kreiert. „Herrschte früher“, schreibt er in NERVENHEILKUNDE 1/03, „in naiver Weise der Glaube, Wissenschaft würde dadurch fortschreiten, daß sich zumindest mittel- bis langfristig die Wahrheit durchsetzt, so belehrte das Verhalten der amerikanischen Psychiater eines Besseren: Selbsternannte Experten stimmen über diagnostische Kategorien per Handzeichen ab und verordnen ... diese im Anschluß weltweit...“ Ähnlich Spitzer kürzlich auch auf erwähntem Kongreß. Man würde in manch angesehenen Fachjournalen nicht mehr gedruckt, wenn man sich nicht den (oft gar falschen) diagnostischen Begriffen der Amerikaner  beuge. Die Meinungsdiktatur in der Psychiatrie ist auf unserer Seite des Teichs aber nicht geringer. Wie unsere Positionen in verschiedensten Fragen des Faches seit Beginn der Vereinsarbeit, also schon zu Lebzeiten von Baeyers, ausgegrenzt wurden, ist Ihnen geläufig. Was Neo- und sonstige Marxisten von Meinungsfreiheit halten, in welcher Weise sie „repressive Toleranz“ üben und, weil vermeintlich auf Wissenschaft fußend, die öffentliche Meinung zu manipulieren, als ihr gutes Recht ansehen, ist nicht zuletzt bei H. Marcuse nachzulesen (KRITIK DER REINEN TOLERANZ). Bei ihrem Marsch durch die Institutionen haben sie mit „Neocons“ und „Neolibs“ die Psychiatrie als erstes besetzt, die Kirchen nicht viel später (1).

6.3 Aktuelle politische Diagnostik

Zur Wahrnehmung aller ideologisch besetzten Fach-Themen sind wir an sich zu schwach. Näher behandelt werden müßten diagnostisch-begriffliche Probleme etwa des DSM und der ihm nachempfundenen ICD mit ihren „anerkannten“, gleichwohl fragwürdigen neuen Krankheitsbildern wie dem Borderline, der Multiplen Persönlichkeit oder auch den Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) u.v.a.m. Überall sind Freudscher Einfluß und die politische Absicht einer diagnostischen Ausweitung zu spüren, um dem Staat damit weitere Zugriffe auf die Menschen und auf das Innerste in ihnen, ihre Überzeugungen, zu eröffnen.

Nun war und ist das psychische Trauma seit Freud ein leidiges Problem und immer nach Gusto ausbeutbar. Traumatisierungen stellte die „alte Psychiatrie“ in Abrede. Es war von Baeyer, der den Opfern der in KZs erlittenen Entsetzlichkeiten mit Häfner und Kisker zusammen zur wissenschaftlichen, damit zur rechtlichen Anerkennung und zu Kompensationszahlungen verhalf. Von Baeyer stand dabei freilich immer noch in erklärtem Gegensatz zum ebenfalls in Heidelberg wirkenden Analytiker A. Mitscherlich, der mit seiner Dokumentation des Nürnberger Ärzteprozesses MEDIZIN OHNE MENSCHLICHKEIT fraglos hohes Verdienst erworben hatte, dieses dann aber zur Durchsetzung der Analyse weidlich mißbrauchte. Viele schlagseitige Psycho-Ansprüche hat er im Land begründet. Von entsprechenden „Experten“, Psycho-Ärzten wie Psychologen, werden Traumen, „Posttraumatische Belastungssyndrome je nach politischer Zweckdienlichkeit vorgeschoben oder weggewischt, so wie schon Freud Traumen einmal suggerierte und das nächste Mal, etwa im berühmten Fall „Dora,“ weg- und umdeutete (vgl. R. Wilcocks, Maelzel’s Chess Player). Den Opfern kommunistischen Terrors schenkten diese „Experten“ selten Mitgefühl.

De facto ist bis heute unklar, wo Psychotraumatisierung beginnt, wo sie aufhört und wie ihr, wenn sie vorliegt, außer durch Anteilnahme abzuhelfen ist. Geht es um Asylanten / Scheinasylanten, ist es in „freudisch“ aufgeladenen Ärzte- und Psychologenkreisen jetzt Mode geworden, gegenüber gesetzlichen Restriktionen tiefe Seelenkenntnis in (Allein-) Anspruch zu nehmen, gegen die Behörden mit ihr, wenn nötig, „Konflikte mit ärztlich-ethischen Belangen“ aufzublasen, publizistisch sich in Szene zu setzen und so das Asylrecht Stück für Stück aus den Angeln zu heben. Möglicherweise hat auch BVDN-Zacher solches mit seiner Warnung vor „Übergriffen und staatlicher Machtwillkür“ bei gleichzeitig verfolgter „Erschließung neuer Tätigkeitsfelder“ (s.o.) im Sinn. Einem der vielen links gezinkten Psycho-Pro-Asyl-Ergüsse ist Prof. Dieckhöfer in DÄ 38/02 schon entgegengetreten. Nachdem die „Psychis“ der Fraktion „Demokratische Ärztinnen und Ärzte“ (1/94, S.6) aber viele ärztliche Gremien „gekapert“ (.2.1) und die friedliebenden, nicht-linken Kollegen seit langem im Schlepptau haben, taucht anmaßendes, rechtsbeugendes Trauma-Geschwätz alle Nasenlängen wieder auf, so kürzlich in DÄ 34-35/03, aus dem oben zitiert wurde.31)

31) Selbst die Welt bzw. Miriam Lau fanden am 16.09.03 „Trau keinem Trauma“ - angesichts der verbreiteten Psycho-Schaumschlägerei auf diesem Gebiet, um zu schließen, „von Freuds Arbeitsmaxime... ist  nichts zurück zu nehmen“, just von der Maxime dessen, der dem manipulativen Umgang mit Psychotraumen die Bahn brach ("deceptive revealing"). Die Kommentare besagter ständiger Kommentatorin aber hält DIE WELT offensichtlich für so außerordentlich, daß sie jede Woche von ihr neu ihren Geburtsort mitteilt.

Gewiß würden sich die Ärzte ihren Psycho-Linksauslegern noch weiter ergeben, wenn nicht auch hier das nächste Journal schon als obsolet, weil unwirksam, erklärte, was andere Journale gestern an Therapie noch hochlobten, „Verhaltenstherapie und EMDR - Eye Movement Desentization and Reprocessing“ (INFO Neurologie & Psychiatrie 4/03) etwa und Deutschlands schlauestes Journal DER SPIEGEL das PTBS nicht à priori als "erfundene Krankheit“ verbuchte und es mit dem amerikanischen Psychologen George Bonanno zusammen den Ärzten als reine (Geld- und) Wichtigtuerei ans Bein bände (Fn 18).

  Ein Wort noch zur kindlichen Traumatisierung durch sexuellen Mißbrauch (4.6). Ihn hängte Freud in frühen Tagen bevorzugt Verwandten, speziell den Vätern an. Insbesondere in Amerika wurde die Sache virulent durch den Psychotherapeuten Jeffrey M. Masson (4.7). Mit ihm behaupten viele seiner Kollegen, fehlende Erinnerung an solche Traumatisierung bedeute nicht, daß sie nicht stattfand. Nach vielen Stunden „Therapie“ komme sie Stück für Stück heraus. Vier von zehn der 38.000 britischen Therapeuten, sagt ein Artikel des Observers vom 06.04.03,

anonym zugegangene Karikatur, wohl aus einer rückblickenden post-kommunistischen Publikation. Zu der Frau, die ihren gestörten Gatten in die Klinik bringen will oder muß, sagt der Staatspsychiater sinngemäß: Für Kranke keine Behandlungsmöglichkeit, außer ihr Mann macht antikommunistische Äußerungen. So weit sind unsere Staatspsychiater hierzulande noch nicht.

 

arbeiten entsprechende Erinnerungen heraus, sind also mit „recovered memory work“ beschäftigt. Nun ist evident, wie viel im Lauf vieler, oft vieler hundert „Therapie“-Stunden Suggestion vermag, evident die Pseudowissenschaftlichkeit des Verfahrens,32) gleichzeitig auch seine soziale Giftigkeit. Nicht von ungefähr hat sich im Vereinigten Königreich eine British False Memory Society (BFMS) gebildet, deren zu Tausenden zählende Mitglieder sich so gegen die suggerierten Vorwürfe ihrer Kinder und deren psychologische Aufwiegler zur Wehr setzen. Der Lust unserer Linken auf „Lufthoheit über den Kinder betten“ (O. Scholz, SPD – inzwischen fordert dieser „(Fremd-) Kinderbetreuung von Geburt an“ – Die Welt 22.09. 03) aber kommt die Recovered-Memory-Bewegung wohl entgegen. Näheres zum Trauma noch unter 7.

32) Der schon erwähnte Prof. Spitzer  erzählte auf o.g. Kongreß noch die schöne Geschichte von der „Kristall-Homöopathie“, die einer, um die heilungsbezügliche Leichtgläubigkeit der Mitmenschen zu testen, mit dem dazu nötigen Begriffs- und „Theorie“-Inventar erfand. Das Wort klingt ja recht heilkundig. Als sich tatsächlich rasch genügend Anhänger eingestellt hatten, erklärte er ihnen, daß es sich bei der Kristall-Homöopathie um blanke, substanzlose Erfindung handele. Von ihrem Glauben an deren Heilwirkung aber mochten die Anhänger jetzt nicht mehr lassen. Spitzer wollte darüber nicht räsonieren, in wie weit auch die Ärzte einschließlich der Mehrheit der Psychiatrie-Ordinarien seit Jahrzehnten (!) mit der Psychoanalyse einer Art Kristall-Homöopathie aufsitzen.

Bei der Gelegenheit aber ein Wort an die, die vom selbst erlittenen DDR-Unrecht oder gar Psychiatriemißbrauch zu uns kamen. Es ist Ihnen längst klar, wie viel „brüchige“ Stellen auch in der „westlichen“ Psychiatrie, ja im westlichen System sind und wie notwendig es ist, die „Brüche“ in Ost und West gemeinsam anzugehen. Die Frage des Zugangs zu den Stasi-Akten, die mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 8.3.02 in der Sache Kohl dahindümpelt, berührt alle gleichermaßen.

Die psychische Abqualifizierung Andersdenkender kommt auch im schönsten Westen immer wieder vor, zumindest in der Weise, wie wir sie vom Sandkasten her kennen. Den in Ungnade gefallenen ehemaligen, mir keineswegs nahestehenden FDP-Vize Möllemann etwa erkannten bald als „durchgeknallt“ sein früherer Vorsitzender Westerwelle, als „Quartalsirren“ der FDP-Sprecher Solms und schlicht als „geisteskrank“ der FDP-Mentor Graf Lambsdorf. Wer weiß, wie sehr solche „Psychiatrisierung“, „Zersetzung“ den Mann mit zu seinem Freitod bestimmt hat? Erst dann natürlich wird derartiges „Psychiatriemißbrauch“, wenn tatsächlich Fachleute, Psychiater, Psychologen die „Diagnosen“ stellen.

Feinere Formen solchen Mißbrauchs hat aber schon die Stasi zubereitet – an ihrer Hochschule in Potsdam mit Promotionsmöglichkeit gar. Feinere, subtile Formen wären es, die uns jetzt in den westlichen Ländern begegnen könnten. Wofür wir mitunter z.B. bei polizei-psychologischem Einsatz dankbar sind, etwa bei psychologischer Entschärfung von Geiselnehmern, ist doch im alltäglichen Umgang der Regierenden mit den Regierten reichlich fragwürdig. Die Mißbrauchsmöglichkeiten der Psycho-Fächer zur Macht-Stabilisierung gehen weit über sowjetoide Formen hinaus. Die psychiatrische Internierung und Behandlung Andersdenkender war (oder ist, wie derzeit in China) letztlich nur der Spezialfall.

Daß aber in einem akademischen Fach über Jahrzehnte wesentliche, praktisch hoch bedeutsame Bereiche wie besagte Mißbräuche von jeglicher Diskussion ausgeschlossen wurden, daß unsere Ordinarien die Chisholm-Sullivan-Verplanungen des Fachs (2/00) als Teil und Vehikel der Umerziehung übergingen, ist schon in höchstem Grad beunruhigend. Nach dem Irak-Krieg steht sie dort jetzt an, die hierzulande so vorzüglich geklappt hat und die bei uns auch als gerechtfertigt akzeptiert wird.33)

33) Oder ist auch das zu hinterfragen? Fiel die Eltern-, Großelterngeneration auf Hitler herein, weil sie so autoritätsgläubig war? Fromms „Studien über Autorität und Familie“ (1935) setzten hier an. Sie lieferten die Grundlage zur Psycho-Umerziehung. Es gibt aber auch andere Deutungen.

6.4 Effektivität unserer Arbeit

Haben wir etwas erreicht - mit unseren nicht gerade zahlreichen Mitgliedern, dem wenigen Geld und bei der großen Macht der Gegner? Wir haben ehedem mitgeholfen, das „Evil Empire“, mit ihm den „klassischen“ Psychiatrie-Mißbrauch zu Fall zu bringen. Die damals in IAPUP mit uns Verbündeten, von amerikanischen Stiftungen damals schon und danach erst recht gepäppelt, nehmen dieses Verdienst für sich (als GIP) in Anspruch. Wenn ihnen, dann kommt es gewiß auch uns zu. Wie sinnvoll nach der Trennung von diesen Leuten das Fortleben unserer GEP war, zeigte sich in den 90ern rasch, als wir als einzige im Land und weltweit das Vorkommen systematischen Psychiatriemißbrauchs in der DDR aufspürten und dokumentierten. Und weiteres Wichtiges haben wir dazu erfolgreich unternommen.

Nach ihrer Pleite-Enquête „Sog. Sekten und Psycho-Gruppen“ von 1998 haben staatliche Versuche, unliebsamer Gruppen mit „Psycho-Mitteln“ Herr zu werden, nicht aufgehört (2/00.5). In einer vom bayerischen Innenminister in Auftrag gegebnen, 6-stellig teuren Auftragsarbeit haben N. Nedopil, H. Schöch und H. Küfner – ersterer renommierter Gerichtspsychiater an der Psychiatrischen Univ.-Klinik München - die 550-Seiten-Studie „Gesundheitliche und rechtliche Risiken bei Scientology34) herausgebracht. Sie kreideten dieser „Psycho-Techniken“ an, die unsere Politiker, schwarze wie rote, und ihre Psycho-Bediensteten selbst ähnlich betreiben oder von denen sie kaum minder fragwürdige Formen aufs Nachhaltigste fördern. Aus der Zusammenfassung der Studie stammt das Zitat in Fußnote 29! Wiewohl wir Scientology keine besonderen Sympathien entgegenbringen (4.7), bleibt ihr der Umstand, daß just sie die Chisholm’schen Planungen aus der Versenkung holte, hoch anzurechnen. Wäre die Nedopil-Studie nicht so abschreckend, könnte sie eine Aufforderung sein, auch einmal kritisch zu prüfen, was an staatlich tolerierten oder gar „anerkannten“ und geförderten Psycho-Verfahren und an Werbung für sie so im Umlauf ist!

34) Die Nedopil-Studie berichtet, daß 58% der Kunden von Scientology bei der Organisation mit der Erwartung landen, „von seelischen Problemen und Belastungen befreit zu werden.“ Diese Erwartungen auszunützen, damit reisen sie freilich alle in gleicher Weise, die „Psycho-Dienste“ der bayerischen und andere Staatsregierungen, die „anerkannte“ Psychotherapie nicht anders als Scientology. Daß aber in staatsnahen Publikationen wie selbstverständlich von „effektiven Methoden“ berichtet wird, die „Verhalten und Einstellungen von Menschen zu verändern“ vermögen (Fn 29), mit keinen Wort aber dazu gesagt wird, inwieweit diese Methoden mit welchem Ziel, unter welchen Bedingungen, wessen Kontrolle mit oder ohne Einwilligung, ja unter oder ohne Bewußtsein der Betroffenen zur Anwendung kommen, das ist im Grund doch fast noch beunruhigender, als wenn solche Methoden von Glaubensgemeinschaften, auch Sekten mit beschränkten Reichweiten eingesetzt werden. Es könnte freilich immer noch sein, daß die „Methoden“ nur „effektiv“ sind, solange es gelingt, die Leute daran glauben zu machen und sie so an sie heranzuführen. Die Frivolität bliebe hie wie da die gleiche.

Daß die Kritik an der Psychoanalyse, des Ursprungs ausufernden Psycho-Kults, heute leichter fällt und zunimmt, ist ein wenig auch unser Verdienst. In kleinen katholischen Zirkeln wird ihr antichristlicher Charakter schon bemerkt. Durchdringend könnte die Kritik diverser „Freud-Gelehrter“ im Ausland werden, mit denen wir inzwischen gute Verbindung knüpfen konnten.

Bald schon könnten sich insbesondere die Ärzte gefordert sehen. Des Tötens von Ungeborenen, mancherorts auch Sterbenden angeklagt zu werden, schert sie längst nicht mehr. Öffentlich aber wissenschaftlichen Betrug angeheftet zu bekommen, könnte ihnen doch noch unter die Haut gehen. Materialismus, Naturalismus wurden durch die Gerechtigkeitsversprechen des Marxismus, den Sex-Appeal der Psychoanalyse attraktiv. Verbunden als Neomarxismus erfahren sie allerorts politische Förderung. Dadurch aber, daß sich die nunmehr „anerkannten“ therapeutischen „Erfolge“ der Analyse als plumper Schwindel erwiesen (2/02, 5.2), ist von der gesamten Ideologie im Grund der Lack ab, wird sie wieder zu dem, was der Materialismus immer war, eine mögliche, aber doch einseitige und kümmerliche Weltdeutung, keineswegs die ganze Wahrheit der Welt. Blamiert werden alle sein, die der Pseudowissenschaft nach dem Mund geredet haben, Politiker und Publizisten, die Wissenschaftler, die Ärzte aber zuallererst.

Es sei denn, die „Psychological Warfare“ der amerikanischen („Neo“-)Kriegsführung sorgt weiter für schön-neu-weltliche Ordnung. Viele unserer verehrten Mitbürger ist sie auch schon lieb und teuer, vielen der Psycho-Kollegen – wen wundert’s? -  erst recht. Die dazu gehörige Reform-Psychiatrie wird ja wohl selten nur „sowjetoid“ gegen Andersdenkende vorgehen. Sie wird nur in Fragen individuellen wie sozialen Lebens von der Sexualität bis zu den politischen Einstellungen für „gesundes Denken“ (Orwell) sorgen und sei es in der von Hamann angeschnittenen Form, daß „kein ruhebedürftiger Exzentriker“ (1/03.7) mehr den sozialpsychiatrischen Häschern entgeht. Diktatur hat vielen schon gefallen.

Dennoch ist unsere Opposition, zumindest was die Richtung betrifft, nicht ganz aussichtslos. Unsere genauen Themen bearbeiten andere zur Zeit zwar nur partiell. Hier aber sind die Opfer des Psychiatrie-Mißbrauchs, die dessen Praxis am eigenen Leib erlebten und die dessen Leugnung deshalb besonders aufbringt. Dort sind die neuen Freud-Kritiker, die der Pseudo-Wissenschaft international jetzt mit Entschiedenheit entgegentreten. Da wieder ist ein kleiner Kreis von Katholiken, der sich gegen die Unterwanderung ihrer Kirche durch „Psycho“ stemmt. Widerstand gegen „Ostküsten“- („Neocon“-) Diktate gibt es in den USA selbst – s. etwa www.amconmag.com. Widerstand gegen unhaltbare US-Diktate in der Psychiatrie kommt partiell gar bei deutschen Psycho-Ordinarien auf.

All diese Leute und viele, viele mehr sind in ihren Peer-Gruppen wohl noch eine abgeschlagene Minderheit und selten auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Die „Stärke“ und damit Chance dieser zersplitterten und doch einander ergänzenden, in allen Teilen wichtigen  Opposition aber ist, daß die „Argumente“ der Gegenseite wie beim Psychiatriemißbrauch auf plumpem Schwindel momentan Mächtiger beruhen. Vielleicht ist der Glaube doch nicht so naiv, „daß sich zumindest mittel- bis langfristig die Wahrheit durchsetzt.“

6.5 Im weiteren Verlauf der Versammlung wurde von der Schatzmeisterin der Kassenbericht vorgelegt. Ihr Bericht wie der des Vorsitzenden wurden dann lebhaft diskutiert. Prof. Dieckhöfer dankte dem Vorsitzenden für die erneute tiefschürfende Darstellung der Psychiatrie-Probleme und die Ausdeutung ihrer Hintergründe. Die Versammlung dankte der Schatzmeisterin für getreuliche Verwaltung der Vereinsfinanzen. Der Vorstand wurde entlastet.

 

Die Neuwahlen zum Vorstand und Beirat brachten wieder kleine Veränderungen. Vorsitzender ist wie seit über 25 Jahren Dr. Weinberger, frei praktizierender Neurologe und Psychiater in Starnberg, 2. Vorsitzender Prof. Dr. Dieckhöfer, habilitiert für Psychiatrie und Geschichte der Medizin an der Universität Bonn. Schriftführer ist Dipl.Phys. Dr. Koch, der als Philosoph an der Universität Essen tätig ist. Als Schatzmeisterin wurde Gründungsmitglied Frau Gattinger  wieder gewählt und als Beisitzer der praktische Arzt Dr. Eckstein aus Sachsen. Als weiterer Beisitzer wurde

von links: Dieckhöfer, Schmidt, Gattinger, Weinberger, Eckstein, Koch (s. Impressum)

 

Dr. Helmut Schmidt neu in den Vorstand gewählt. Schmidt ist niedergelassener Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in Uelzen. Er ist gleichzeitig Vorsitzender des niedersächsischen Landesverbands im Berufsverband deutscher Nervenärzte (BVDN). In den Beirat der GEP zu seinen bisherigen Mitgliedern Dr. A. Korjagin und Prof. Dr. E.-E. Weinhold wurden neu gewählt Frau Dr. S. Schuler, bisher Vorstandsmitglied, sowie Prof. R. Wilcocks (neu s.u.) Robert Wilcocks Ph.D. ist Professor für neuere französische Literatur an der University of Alberta in Edmonton., Kanada. Er ist einer der profilierten neuen Kritiker der Psychoanalyse in der englischsprachigen Welt, Verfasser zweier entsprechender Bücher, Maelzel's Chess Player: Sigmund Freud and the Rhetoric of Deceit, Lanham, Maryland, USA, Rowman & Littlefield, 1994. ISBN: 0-8476-7810-5 sowie Mousetraps and the Moon: The Strange  Ride of Sigmund Freud and the Early Years of Psychoanalysis, Lanham: Lexington Books, ISBN: 0-73991-0158-7. Aus ersterem Buch (Seite 273) als Quintessenz die Charakterisierung Freuds als einen “der Welt raffiniertesten und doch mitunter ungeschicktesten Lügner”.

 

7. Von Prof. Wilcocks nun eine Besprechung zweier Bücher, die zur Frage von Trauma und Verdrängung Stellung nehmen, kritisch also mitten hinein in die Freudsche Vorstellungswelt fahren. Der Text etwas gekürzt, gestrichen Verweise des Autors auf weitere englisch-sprachige Autoren, die im Deutschen weniger geläufig sind. Der englische Originaltext kann vollständig in der englischen Sektion der GEP-Website nachgelesen werden. Auch in der vorliegenden Form aber ist er ein Beispiel für die wissenschaftliche Kompetenz und Stringenz, mit denen im Ausland der Freudschen Pseudowissenschaft begegnet wird. (Übersetzung W/D))

 

R. Wilcocks, Rezension der Bücher von

Richard J. McNally Remembering Trauma, Cambridge (Mass), The Belknap Press of Harvard University Press, 2003, 420 Seiten, ISBN 0-674-01082-5.

Harrison G. Pope, Jr. Psychology Astray: Fallacies in Studies of “Repressed Memory” and Childhood Trauma, Boca Raton (FL), Upton Books, 1997, 139 Seiten, ISBN 0-89777-149-4.

 

7.1 Vor über einem viertel Jahrhundert publizierte Elizabeth Loftus eine frühe, wichtige Arbeit über die Problematik eines Verlasses auf akkurate Erinnerung und über die Gefahren eindringlich „führender Befragungen“ auf Zeugenberichte vor Gericht. Die vier klug angelegten Experimente, die das Papier im Einzelnen schildert, handeln35) weder von Traumen noch von Sex noch der Erinnerung per se. Sehr genau behandeln sie aber die Wahrnehmung von Ereignissen und die Arten und Weisen, in denen nach den Ereignissen die Wiederabrufung jener Wahrnehmung je nach den „führenden Fragen“ des Fragestellers verschiedentlich „konstruiert“ werden mag. Der Grund, warum dieses frühe Papier36) immer noch wichtig ist,  liegt darin, daß es fundamentale Fragen nach der Genauigkeit der Erinnerung und deren Wiedergabe anspricht, die später, ungefähr von den 80ern an, während der sogenannten „Erinnerungskriege („memory wars“)[35]zu großer Bedeutung kommen sollten. Elizabeth Loftus, nunmehr an der Universität von Kalifornien Irvine tätig, ist seitdem eine der führenden Forscherinnen auf dem hochpolitisierten Feld der sogenannten Verdrängungen (repressed memories) geworden. 1994 brachte sie zusammen mit K. Ketcham das Buch Der Mythos der VerdrängunG37) heraus, eine Arbeit, die sowohl McNally als auch Pope zitieren.

35) Elizabeth Loftus, 1975, Leading questions and  the eyewitness report, Cognitive Psychology, 7, S. 560-572. (Bei den Experimenten wurden 490 Probanden Filme komplexer, rasch ablaufender Vorgänge gezeigt. Danach wurden ihnen in unterschiedlicher Art Fragen gestellt und später geprüft inwieweit sie die korrekte Erinnerung beeinflußten – W.).

36) Die linguistische Sorgfalt beim Abfassen des Textes „leading questions / führende Fragen“ wird durch die hohe Aufmerksamkeit für den Unterschied zwischen dem Gebrauch des indefinitiven Artikels „ein“ oder den definitiven Artikel „der, die, das“ demonstriert. Was den beiläufigen Leser als irrelevant oder folgenlos erscheinen mag, wird als entscheidend durch die anschließenden Übersichten ausgewiesen. Loftus schreibt: „Für die Hälfte der Probanden begannen all die kritischen Fragen mit den Worten „sahen Sie ein ...“ sowie in „sahen Sie einen gebrochenen Scheinwerfer“. Für die verbleibende andere Hälfte begannen die kritischen Fragen mit den Worten „sahen Sie das...“ wie in „sahen Sie den gebrochenen Scheinwerfer“. So differierten die Fragen nur in der Form des Artikels, „der“ oder „ein“. Man gebraucht „der“, wenn man annimmt, daß das betreffende Objekt existiert und dem Zuhörer vertraut sein mag. Ein Untersucher, der fragt „sahen Sie den gebrochenen Scheinwerfer“ sagt im wesentlichen „es gab da einen gebrochenen Scheinwerfer, sahen Sie ihn auch?“ Seine Annahme könnte eine Zeugenaussage beeinflussen. Im Gegensatz dazu vermittelt und impliziert der Artikel „ein“ nicht notwendiger Weise die Existenz“ (Loftus 1975, Seite 562).

 

37) Vergleiche beispielsweise Frederick Crews (1995), The Memory Wars: Freud’s Lagacy in Dispute./ Die Erinnerungskriege: Freuds Hinterlassenschaft in der DiskussionNew York Review of Books.

 

38) E. Loftus & K. Ketcham. The Myth of Repressed Memory: False Memories and Allegations of Sexual Abuse.(Der Mythos der Verdrängung: falsche Erinnerungen und Behauptungen sexuellen Mißbrauchs),  New York: St. Martin’s Griffin.

7.2  Harrison G. Pope Jr. ist ein Psychiatrie-Professor an der Harvard Medical School und Chef des Laboratoriums für biologische Psychiatrie am McLean Hospital in Belmont, Massachusetts. Das kleine, nicht mehr als 139 Seiten dicke Buch (Psychologie auf Abwegen – Fehlschlüsse in den Studien über Verdrängung  und kindliches Trauma) ist wegen seiner Klarheit, Anschaulichkeit und intellektuellen Redlichkeit international gut aufgenommen worden. (...) Wie der Titel anzeigt, bezweifelt Pope die Realität der „Verdrängung“. Sein erstes Kapitel „Repression by Any Other Name / Verdrängung – Repression unter anderem Namen“ nimmt Bezug auf Freuds berühmte Erklärung39) Verdrängung sei der „Eckstein, auf dem das gesamte Gebäude der Psychoanalyse ruht.“ Durch das ganze Buch hindurch legt Pope stichhaltig dar, daß Verdrängung als eine von der Amnesie oder dem Vergessen abgrenzbare Einheit nicht im Bereich menschlichen Vermögens liegt... Ob Popes Annahme gültig ist, daß Verdrängung eine Erfindung des 19. Jahrhunderts darstellt, die ihre Ausarbeitung der romantischen Schule verdankt, ist eine andere Frage. In der westeuropäischen Literatur kommt  „Verdrängung“ als solche vor der romantischen Periode wohl nicht vor. Shakespeare’s Helden und Heldinnen z.B. mochten an Depressionen, Schlafwandeln, Alpträumen und visionären Träumen, auch sie verfolgendem Schuldgefühl leiden („Thou canst not say: I did it: Never shake thy gory locks at me“, Macbeth, III, 4, 50) etc., aber sie zeigten nichts von dem, was heute Verdrängung heißt. Ist deshalb, was Freud „den Eckstein der Psychoanalyse“ nannte, nur ein 19. Jahrhundert-Gebräu, das weder einen wissenschaftlichen noch nur einen schlichten empirischen Wert besitzt? Pope’s Antwort auf die Frage ist ein klares „Ja“. Sein ungekünstelter und allgemein verständlich gehaltener Text ist eine direkte, provokative Attacke auf den vielgestaltigen Mumpitz, den die „therapeutischen Berufe“ den hilflos ihnen ausgelieferten Klienten so bieten.

39) Sigmund Freud The Standard Edition of the Complete Psychological Works of Sigmund Freud, übersetzt und herausgegeben von J. Strachey, 24 Bände, London: Hogarth Press, 1953-1974, hier zit. aus Band 14, Seite 16 (Freuds Worte rückübersetzt – W.). Es gibt in dem Zitat übrigens einen Sinn (der von Freud nicht geschätzt worden wäre), in dem seine gefeierte Aussage nicht nur vollkommen wahr wäre, sondern auch den eigentlichen Grund darstellt, warum jegliche Behandlung, die nur doktrinäre, psychoanalytische Theorie beinhaltet, zum Fehlschlag verurteilt ist!

7.3 Mit Remembering Trauma hat Professor Richard McNally, klinischer Psychologe ebenfalls an der  Harvard University, ein Werk vorgelegt, das wahrscheinlich auf viele Jahre hinaus die substantiierteste und gründlichste Forschungsarbeit zu Trauma und Erinnerung sein und bleiben wird. Dieses Buch mit annähernd 100 Seiten zitierter Arbeiten und mit 25 Seiten erklärender Endnoten ist wunderschön in klar darlegender Prosa geschrieben und somit für den informierten Laien wie den akademisch Gebildeten gut faßbar. Wie Pope und Loftus, die er zitiert, hat sich McNally große Mühe gegeben, ein klares, überzeugendes Werk über das leidige Problem des Traumas - was es ist, was es einschließt, wie es zustande kommt, wie viele Arten von Traumen es gibt von den verschiedenen Weisen des Schädeltraumas bis zu den vielen Variationen emotionaler und existentieller Schocks, jenen etwa der Veteranen des Vietnam-Kriegs oder der Holocaust-Überlebenden40) - vorzulegen, ein überzeugendes Werk auch zum Thema „Erinnerung“,  etwa ob sie verdrängt, nach Verdrängung wiederbelebt oder auch erfunden werden kann oder auch ob falsche Erinnerungen eingepflanzt werden können. Ja, sie können. Wie Loftus amüsierender Weise in einem kürzlich gegebenen Interview im New ScientisT41) feststellt, hat sie selbst solch falsche Erinnerungen erfolgreich inoculiert. Diese existieren also, können hergestellt werden. Und das Exempel, das Loftus gibt, ist das glücklicherweise unwiderlegbare eines „Erinnerns“ eines Händeschüttelns mit Bugs Bunny in Disney World! (Nicht-Eingeweihten muß ich erklären, daß das witzige Kaninchen Bugs eine Kreatur des Warner-Bros-Unternehmens, des Disney-Rivalen, ist, das von daher sehr unwahrscheinlich auf einem Disney-Gelände herumlaufend aufzufinden ist).

40) (Anmerkung des Übersetzers): Traumatisierungen durch Kriege und unmittelbar drohende Vernichtung bleiben in ihrer Bedeutung für den Einzelnen unermeßlich. Die britische Zeitung THE GUARDIAN besprach am 22.10.03 die Bücher von Jörg Friedrich, u.a. Der Brand, und zitierte ihn mit den Worten, es sei infolge des alliierten Bombenterrors auch hierzulande „eine  ganze Generation traumatisiert“ worden. Nach Schuld oder Unschuld der Gemeinschaften, in die sie eingebunden waren, haben Leid-Erfahrene wohl unterschiedliches Recht zur Klage. Vielleicht aber hat sie hier wie dort just der Umstand, daß sie, die Überlebenden, damals keine „Psychis“ empfingen, befähigt, der Weinerlichkeit zu entsagen und das Land (wieder) aufzubauen.

41) E. Loftus, interviewt durch Wendy M. Grossman,  New scientist, 6.09.2003, Seite 42, sagte, daß die metaphorische Computeranalogie der 70er und 80er Jahre betreffend Hirn- und Gedächtnisfunktionen wohl ihren Zweck erfüllte. Neuere neurologische Befunde dazu, was quo ad Gedächtnis ganz unterschiedliche Gehirnfunktionen zu sein scheinen, ließen aber unsere gegenwärtigen computerbezogenen Metaphern als inadaequat erscheinen, sofern sie nicht gänzlich neben der Sache liegen.

McNally beginnt in angemessener Weise mit einer ausgiebigen Prüfung dessen, was er „The Politics of Trauma / Trauma-Politik“ nennt. Er ist sich des Minenfelds der hier wallenden Meinungen bewußt, das er betritt. Er glaubt jedoch fest an empirische, wissenschaftliche Untersuchung und ehrliche Berichterstattung. Und in gewissem Sinn ist sein ganzes Buch implizit dem gewichtigen Argument verpflichtet, das Milton in seiner Areopagitica für die freie Rede vorgebracht hat:

Wiewohl alle Winde von Doktrinen zum Spiel auf Erden losgelassen sind, behauptet Wahrheit doch das Feld. Schädigend handelten wir, lizenzierten wir sie, verböten sie, mißdeuteten ihre Strenge. Laßt sie und Falsches streiten: Wer sah bei freier, offener Begegnung Wahrheit  je verderben? (...)

Eine der großen Stärken des Buches McNallys ist die unermüdliche Prüfung gegnerischer Publikationen. Ihre Unstimmigkeiten weist er in jedem einzelnen Fall substantiell wie substantiiert zurück. In dieser Hinsicht ist sein ausholendes Unterfangen im Geiste ähnlich den kürzer gefaßten Ausführungen von Harrison G. Pope Jr. Forschungsergebnisse, die seinen eigenen wissenschaftlichen und klinischen Befunden entgegenstehen, werden nicht nur nicht ignoriert, sondern in voller Länge wiedergegeben und sorgsam in einer Weise abgeklopft, die Milton bewundert hätte. Wahrheit behauptet in der Tat in diesem außergewöhnlichen Buch „das Feld.

7.4  In seinem zweiten Kapitel „How we remember / wie wir erinnern“ erinnert uns McNally an den Unterschied zwischen Forschung und „Lehnstuhlspekulation.“ ... 50 Seiten - dies ist das längste Kapitel im Buch und auch das technisch anspruchsvollste und am wenigsten anekdotische mit Ausnahme vielleicht des viel zitierten Falles

H. M., der sich einer bilateral-temporalen Lobektomie unterzogen hatte, um seine sonst unbehandelbare Epilepsie in den Griff zu bekommen. Chirurgen hatten seinen Mandelkern und ungefähr zwei Drittel seines Hippokampus abgetragen, in der Tiefe der Schläfenlappen liegende Strukturen. H.M.s Epilepsie verbesserte sich, jedoch war er fortan fast gänzlich unfähig, irgendein neues Vorkommnis im Gedächtnis zu behalten... Sein Erinnerungsvermögen für vor dem Eingriff empfangene Informationen war intakt. Und neue Informationen konnte er auch für ungefähr 30 Sekunden behalten. Aber sobald sich seine Aufmerksamkeit auf einen anderen Punkt verlagerte, vergaß er sofort alles, was eben noch in seinem Sinn war. Das bedeutet, H.M. war unfähig geworden, Inhalte seines Kurzgedächtnisses in das Langzeitgedächtnis zu überführen“ (McNally, S. 28-29).

Um die verschiedenen Aspekte des Einkodierens von  Erfahrung (ins Gehirn) zu erläutern, greift McNally auf die Computermetapher zurück, wobei er sich ihrer beschränkten Aussagekraft bewußt ist. Bezüglich der infantilen Amnesie übernimmt er die schon lange von Neurologen und Neuropsychologen akzeptierte Position, daß das unreife kindliche Gehirn Erinnerungen an Erfahrenes im (Langzeit-)Gedächtnis nicht eincodiert oder besser: nicht eincodieren kann. Das führt ihn aber nicht dazu, doktrinären Freudianismus schnurstracks anzugreifen. Denn die nächsten drei Kapitel handeln erst einmal von Themen wie „Was ist psychologisches Trauma“, „Gedächtnis für Trauma“ und „Mechanismen traumatischen Gedächtnisses.

7.5  Erst in Kapitel 6, das „Theories of Repression and Dissociation / Theorien von Verdrängung und Dissoziation“ heißt, spricht McNally die vielen Fragen an, die durch die Verführungstheorie Freuds und deren spätere Aufgabe durch ihn aufgeworfen werden. McNally stützt sich dabei weitgehend auf verschiedene gut recherchierte, streng argumentative Artikel des britischen Freud-Historikers Allen Esterson. Obwohl McNallys Ton meines Erachtens zurückgenommen bleibt, ist er offensichtlich irritiert von dem tollen Lügen-Konglomerat, das Sigmund Freud seinen Patienten, seinen Kollegen und der gesamten Öffentlichkeit vorgesetzt hat. Wieviel psychologischer und auch ökonomischer Schaden resultierte im vergangenen Jahrhundert doch daraus! McNally schreibt an einem Punkt:

Die Vorstellung, daß Freud zuhörte, während seine Patienten erinnerten und Erinnerungen von Vergewaltigung durch ihre Väter mitteilten, ist blanker Unsinn. Wie der Psychoanalyse-Historiker Allen Esterson (keine Referenz) darlegt, zeigen Freuds Briefe an Fliess, daß Freud seine Theorie, die Verdrängung kindlichen Mißbrauchs erzeuge Hysterie, VOR dem Aufdecken jeglicher Belege von Inzest entwickelte. Und sobald Freud seine Verführungstheorie aufgegeben hatte, hörte er auch auf, weitere Verdrängungen von infantilem sexuellen Mißbrauch ‚aufzudecken’“ (McNally, Seite 163).42)

McNally spricht der Freud’schen Phantasmagorie jeden empirischen Wert ab und wird dabei von seiner gründlichen Kenntnis der kritischen Literatur über die Geschichte der psychoanalytischen Bewegung gestützt. Diese schließt Forscher ein wie Frank Cioffi (1972, 1984), Mikkel Borch-Jacobsen (1996), Malcolm Macmillan (1997), Han Israels und Morton Schatzman (1993).

Das „Ödipus-Komplex“-Szenarium wird nur kurz gestreift: „Vertuschung (seiner mit den ‚verführungstheoretisch geführten’ Behandlungen zusammenhängenden Lügen) führt Freuds Behauptung, bei seinen Patienten den Ödipus-Komplex, unbewußte, infantil-sexuelle Phantasien etc., entdeckt zu haben43). Und er benützt diese Behauptung weiter, um die wahren Quellen dieser Begriffe unkenntlich zu machen, seine suggestive Technik und seine eigenen extravaganten Vorstellungen“ (McNally, Seite 167-168).

Dies führt zu einem Kapitel, das „Repression, Supression and Cognitive Science (Verdrängung, Unterdrückung und kognitive Wissenschaft)“ genannt wird. McNally nimmt hier geschickt die post-freudschen Schriften und Behandlungspraktiken moderner nordamerikanischer Therapeuten auseinander, die immer noch vom Wert einer Wiederaufrufung der Erinnerungen an infantilen Mißbrauch überzeugt sind.44) Er stellt heraus, daß Mißbrauchsopfer ihre Erfahrungen nicht „vergessen“, ganz im Gegenteil! Deshalb besteht die Herausforderung darin, zu verstehen, was wirklich einkodiert sein mag und wie mit den Konsequenzen solchen Gedächtnis-Materials im augenblicklichen Leben des Patienten umzugehen ist. Das aber ist ein ganz anderer Zugang (zu dem Problem), einer, der in keiner Weise ein Konzept von Verdrängung einschließt.

42) Dies war nicht ganz der Fall oder besser: Freud fuhr fort, Verdrängungen „zu entdecken,“ etwa im Fall „Dora“ 1901 / 1905. Aber jetzt waren es „Verdrängungen“ von infantilen sexuellen Phantasien. Daß diese Phantasien eher solche des davon besessenen erwachsenen Freuds als genaue Erinnerung seiner weithin weiblichen Patienten waren, ist einer von vielen der Gründen, die Psychoanalyse als Therapie zu vergessen.

43) Der schwer zu übersetzende Satz in freierer Übersetzung nochmals): Hinter Freuds Behauptung, bei seinen Patienten den Ödipus-Komplex...  entdeckt zu haben, steht die Hoffnung, so die Lügen vertuschen zu können, die an seinen (vorausgegangenen) ‚verführungstheoretisch geführten’ Behandlungen haften. (W)

44) Freuds Positionswechsel von der „Verführung“ zur „Phantasie“ war in Wirklichkeit kein so großer Schritt, wie manche meinen, was die grundsätzlichen neurologischen Unangemessenheiten beider Konzepte betrifft. Noch am Ende seines Lebens glaubte Freud, daß kindliche Amnesie das Produkt von Verdrängung wäre – selbst wenn gar nichts ausreichend Eincodiertes zu verdrängen gewesen war! Was Freud aber als verdrängt annahm, war gar nicht so sehr sexueller Mißbrauch durch Erwachsene, sondern Erinnerung an kindliche Masturbation. Die Idee hatte er von seinem intimen HNO-ärztlichen Freund Wilhelm Fliess ausgeborgt. Von ihm wurde der lateinische Ausdruck Abusus sexualis als Masturbation aufgefaßt und nicht als irgendein Mißbrauch durch Erwachsene.

7.6  Das nächste Kapitel „Traumatic Amnesia / Traumatische Amnesie“ ist das zweitlängste in dem Buch und handelt ... vom Gegenteil der in Kapitel 2 diskutierten Erinnerungsprobleme. Es ist bezüglich des Gedächtnisses so grundlegend wie das vorherige. Es mag hilfreich sein, einfach den ersten Absatz zu zitieren:

Weil es bei der umstrittensten Frage des „Trauma-Komplexes“ darum geht, ob Menschen für ihre traumatischen Erlebnisse Amnesie erleben können, ist es erforderlich zu klären, was Amnesie überhaupt besagt. Amnesie ist die Unfähigkeit, bestimmte Fakten und Erfahrungen zu erinnern, die aber nicht mit gewöhnlichem Vergessen gleichgesetzt werden kann. Bloßes Etwas-eine-Zeitlang-nicht-gegenwärtig-haben ist nicht das gleiche wie Amnesie. Die Diagnose einer Amnesie hat die Unfähigkeit etwas zu erinnern zur Voraussetzung (McNally, Seite 186).

Im gewissen Sinn ist das Kapitel das wichtigste des Buches. McNally ist sich der verschiedenen Probleme, die mit der Behauptung einer „Amnesie“ involviert sind, voll bewußt. Er notiert „Organische und psychogene Ursachen einer Amnesie aufzuklären, kann schwierig sein, besonders wenn physische und psychische Auslöser relativ geringfügig zu sein scheinen. Mitunter lösen psychologische Stressoren bei Personen mit vorgegebenen neurologischen Schäden eine retrograde Amnesie aus, wodurch die Unterscheidung zwischen psychischer und organischer Verursachung verwischt wird“ (McNally, Seite 186-187).

Die ist medizinisch und forensisch relevant, wenn (auch noch) bewußte Täuschung hereinspielen kann... Wie kann diese dann gefaßt werden? McNally (Seite 187): „Einige Mörder berichten von Amnesie für ihr Verbrechen. Manche mögen ihren Gedächtnisverlust vortäuschen, um vor Gericht ein milderes Urteil zu erreichen.

Gibt es eine psychogene Amnesie? Ja, antwortet McNally, es gibt sie. Er widmet ihr einen ganzen Abschnitt in diesem Kapitel, das „Psychogenetic Amnesia versus Traumatic Amnesia / Psychogene Amnesie vs. traumatische Amnesie“ betitelt ist. Zu ersterer schreibt er, daß „die Wiederherstellung von Erinnerung kaum Psychotherapie erfordert. Die Charakteristika klassischer psychogener Amnesie unterscheiden sich dramatisch von denen behaupteter verdrängter und wiederbelebter Erinnerung an Mißbrauch“ (McNally, Seite 189).

Im anschließenden Abschnitt „Für Trauma-Amnesie angeführte Beweise“ argumentiert McNally, die Arbeit von Harrison G. Pope und seiner Kollegen zitierend, daß „es keine überzeugenden Beweise dafür gibt, daß Leute ihre Erinnerungen an horrende Erfahrungen einmal verbannen und dann später wieder zurückrufen können“ (Mc-Nally, Seite 190). Er zeigt auf, daß Forschungsarbeiten, die zur Demonstration des Gegenteils benützt wurden, falsch gelesen worden sind45) oder daß, was in der Literatur traumatische Amnesie zu unterstützen scheint, es in Wirklichkeit nicht tut.

45) Das eindringlichste Beispiel eines Falschlesens ist das von Brown, Schelfin und Hammond (1998), die „Befunde, die direkter physischer Verletzung des Gehirns zuzuordnen sind, als psychische Traumen mißinterpretierten“. Z.B. erklärten sie, Dollinger (1985) hätte herausgefunden, nach Blitzeinschlag und Tod eines Spielgefährten hätten zwei von 38 Kindern keine Erinnerung an das Vorkommnis gehabt (609-610). Sie erwähnen jedoch nicht, daß beide amnestische Kinder selbst von Blitzen getroffen, bewußtlos und fast getötet worden waren (McNally Seit 192).

7.7 Die geistige Präsenz von Elizabeth Loftus macht sich im nächsten Abschnitt „Amnesia for Sexual Abuse? / Amnesie für sexuellen Mißbrauch?“ bemerkbar. Dieses „höchst strittige Gebiet“ ist ein wahres Minenfeld, auf dem schon das Stellen einer falschen Frage (oder vielleicht auch falsche Stellens einer richtigen Frage) eine ernsthafte empirische Untersuchung der Wahrheit korrumpieren kann. McNally spürt die Dilemmata falscher Fragen in verstärkender Verbindung mit falschen Schlußfolgerungen aus den Antworten. Er schreibt:

Ein ernsthaftes Problem in diesen Studien ist die Abfassung der Schlüsselfrage: Personen wurden befragt, ob es eine Zeit gab, in der sie unfähig waren, den erlebten Mißbrauch  zu erinnern. Eine zustimmende Antwort impliziert, daß der/die Befragte eine zeitlang erfolglos versucht hat, sich an den Mißbrauch zu erinnern. Aber wenn eine Person alle Erinnerungen an solchen Mißbrauch verdrängt hat, auf welcher Basis sollte er oder sie versuchen, ihn zu erinnern? Wie sollen wir zustimmenden Antworten auf diese Frage einen Sinn entnehmen (McNally Seite 197).

Wie in der Tat? McNallys folgendes Kapitel ist boshaft betitelt „False Memories of Trauma / Falsche Erinnerungen an Trauma“. Es behandelt die heute viel zitierten Vorgänge einer „Verführung durch Fremde aus dem Weltall“, „satanisch-ritueller Mißbräuche“ und „ritueller Kindsmißbräuche“ und schließt mit einem Abschnitt, der „Widerrufe“ genannt wird. Auf den letzten Seiten dieses Kapitels schreibt er:

Die populäre Auffassung, daß die Wiederbelebung von Erinnerung (mittels Psychotherapie) notwendig wäre, um ungute Kindheitserfahrungen wieder zu erinnern, ist schlicht unwahr. Teilnehmer an diesen Studien haben viele verschiedene Momente (solche wie eine Familie gründen, in die frühere Nachbarschaft zurückkehren etc.) angeführt, die sie an den Mißbrauch erinnerten, an den sie vordem jahrelang nicht gedacht hatten. Die Tatsache, daß eine Traumaerinnerung außerhalb von Therapie aufkommt, ist gewiß keine Garantie für ihre Richtigkeit. Aber sie kann wenigstens eine mögliche Ursache der Gedächtniskontamination ausräumen – suggestive Psychotherapie (McNally, S. 258 bis 259).

7.8  Nur einen Vorbehalt habe ich bei ansonsten uneingeschränkter Bewunderung für die Gelehrsamkeit, die Argumentation und den gesunden Menschenverstand des ausgezeichneten Buches. In seinem letzten Kapitel „Controversies on the Horizon / Kontroversen am Horizont“ begibt sich McNally in einen Bereich, „transkulturelle Psychiatrie“ geheißen, zu dem er Fragen nach dem transkulturellen Wert eines Konzeptes wie dem des PTBS aufwirft. Er hadert mit dem westlich aufgelegten Wertsystem, das für andere Kulturen nicht angemessen sein könnte. Er schreibt:

Zum Beispiel sehen (manche) Westler die Tatsache weiblicher genitaler Chirurgie erschreckt als institutionalisierte Verstümmelung und als Mißbrauch an. Von afrikanischen Frauen aber wird sie durchaus geschätzt (Schweder 2000). Dies erinnert uns daran, Kultur nicht zu ignorieren, wenn wir Trauma erforschen“ (McNally,  Seite 283).

Nichts ist wahr daran! Persönlich habe ich viele „afrikanische Frauen"46) getroffen, die weit entfernt sind, diese Prozedur zu „schätzen“. Der Ausspruch zeigt eine kulturelle Naivität McNallys, der, wie ich vermute, nicht wie ich jahrelang in Afrika gelebt hat. Er zeigt leider auch eine gewisse Naivität bezüglich dessen, was „Menschenrechte“ meint und einschließt. Menschenrechte sind genau das: Rechte des Menschen, nicht „westliche“ Rechte, nicht „amerikanische“ Rechte, nicht „europäische“ Rechte, sondern Rechte, die für alle Menschen gelten unabhängig von ihrem kulturellen Hintergrund. Wenn es einen Konflikt zwischen „Rechten“ und „Kultur“ gibt, sollten die Rechte immer den Vorrang haben. Ich halte es für ein Menschenrecht, nicht aus irgendwelchen nicht-medizinischen Gründen (mit oder ohne Anaesthesíe oder sterilisierte Instrumente) chirurgisch verletzt zu werden. Ich möchte annehmen, daß mir McNally im Grund seines Herzens zustimmt. Ich weiß, daß dieses Argument von unseren heuchlerischen Post-Modernisten übel umgedreht werden kann. Sie argumentieren, daß ein Kannnibale natürlich das Recht hat, sein Opfer zu verspeisen. Er hat es nicht. Aber das gehört in eine andere Diskussion. Wie der große ‚Wörterbuch’-Johnson47) in einem Augenblick der Verärgerung einmal ausrief: „Lassen Sie doch diese Heuchelei!“

46) Was ist übrigens eine „afrikanische Frau“? Die Phrase „afrikanische Frau“ ist eine McNallys unwürdige Stereotype. Frauen im Sudan zum Beispiel betrachten die Klitoridektomie nicht in der gleichen Weise wie Frauen in Uganda. Und Frauen im muslimischen Nord-Sudan sehen sie nicht im gleichen Licht wie Christen oder Heiden im Süden. Die Angelegenheit kulturellen Druckes über Menschenrechte wurde grotesk verstümmelt. Aber hier spreche ich nur  metaphorisch von sprachlichen Dingen, nicht von realen, Menschen zugefügten Schrecken.

 

47) Dr. Samuel Johnson, Autor und Literaturkritiker, stellte im 18. Jahrhundert das erste englische Wörterbuch zusammen.

 

                                             8. Schlußfolgerungen und Ausblick

8.1 Vorstehend also die Art und Weise, in der Freud in aller Welt heute in Wirklichkeit und unabhängig davon, was die mainstream-Medien schreiben, beurteilt wird, gewiß nicht an allen Plätzen, aber doch „multiprofessionell“ in besten, wissenschaftlichsten Kreisen. Die Freudianer geben sich natürlich unberührt und unangreifbar wie eh und je. Sie haben ja zumindest in den deutschsprachigen Ländern noch Oberwasser. Hier werden sie von den Ärzten, den Psycho-Ordinarien, ja der gesamten politisch-publizistischen Klasse gedeckt, von den Medien aber von links bis rechts, von der Taz bis zur Faz und zur Jungen FreiheiZ48).

48) Bei ihr, die sich gegen die staatliche Abwertung ihrer (mitunter mainstream-konträren) Meinung durch den Verfassungsschutz von NRW und damit zu Recht gegen staatliche Knebelung der Meinungsfreiheit wehrt, nimmt sich dies besonders seltsam aus. Weder der Psychiatriemißbrauch der DDR noch seine gezinkte Aufarbeitung im Rechtsstaat noch eines der übrigen Themen der „neuen Psychiatrie“ ab ’68 war ihr, soweit wir sehen, je eine Erörterung wert, geschweige eine „mainstream-konträre“. Wer auch würde für die Psychiatrie von Rechten mehr erwarten als von anderen?

Besagte „Klasse“ ist natürlich für das Blühen der Betrügerei wie die übrigen wenig erfreulichen Entwicklungen im Land primär verantwortlich. Daß die Freudianer ihre Lehren, mit ihnen ihr Einkommen verteidigen, ist ihnen gewiß nicht zu verargen. Sektierern kann man ohnedies nichts anhaben. Daß und wie aber die gewählten Vertreter der Ärzteschaft Freuds Lehren anerkannt und so zur Massenverbreitung gebracht haben, ist so schnell nicht erledigt. Sie sind nun einmal die überkommenen Lordsiegelbewahrer der Heilkunde und stehen in der Pflicht, Menschen vor Schaden aus ihr, das heißt auch vor Betrug in ihr zu bewahren.

Nun hat sich die Analyse unter Ärzten wie Nicht-Ärzten weltweit gleichermaßen ausgebreitet, besonders in Amerika, wo sie und ihre Abkömmlinge halt auch besondere politische Förderung erfuhren (Chisholm, 2/ 00). Mit entsprechendem Rückenwind kamen sie von dort nach 1945 zu uns zurück, hier von den Ärzten zuerst eher als Skurrilität hingenommen und lange „auf kleiner Flamme“ gehalten. Mit den 68ern erst (und Mitscherlich - .6.3) expandierten sie. Daß die Verfolgung der vielfach jüdischen Analytiker durch die Nazis der ganzen Bewegung nach 1945 zum Vorteil geriet, versteht sich - so einfach doch nicht. Verfolgt wurden ja Freuds jüdische Kritiker nicht minder. Der geniale Kulturhistoriker Egon Friedell, einer seiner scharfsinnigsten Gegner, etwa hat sich vor den nahenden Häschern in Wien 1938 zu Tode gestürzt. Und Karl Jaspers und seine Frau blieben leidlich verschont, weil sie zu berühmt waren, als daß die Nazis sich an sie wagten.

8.2 Friedell meinte von der Analyse in KULTURGESCHICHTE DER NEUZEIT (C.H. Beck, München 1927-1931), sie sei „eine Sekte mit all deren Merkmalen: mit Riten und Zeremonien, Exorzismen und kathartischen Besprechungen, Orakeln und Mantik, fester Symbolik und Dogmatik, Geheimlehre und Volksausgabe, Proselyten und Renegaten, Priestern, die Proben unterworfen werden, und Tochtersekten, die sich wechselseitig verdammen. Gleich dem Wal, der obgleich Säugetier, sich als Fisch gebärdet, ist die Psychoanalyse eine Religion, die als Wissenschaft auftritt.“ Und „diese Religion ist heidnischen Charakters...“ An sie glauben heute jedoch die Ärzte, die Gesamtheit der „Intellektuellen“ im Land, die Gesamtheit der „politisch publizistischen Klasse“ und weithin auch die Kirchen.

8.3 Ihre gegenwärtig dominierende Stellung verdankt die Analyse jedoch überwiegend den Ärzten. International von Chisholm (2/00) an, in Deutschland aber seit Ende der 60er haben sie die Pseudowissenschaft mit „Zusatztiteln“ - die Freudianer verbuchten sie als „Etappensiege“ – schrittweise zur Anerkennung gebracht. Den Vogel aber schossen sie 1998 ab, als sie als einzige auf der Welt den Flop noch zum ärztlichen Fachgebiet erhoben, gleichrangig etwa mit der Chirurgie, der Psychiatrie etc., und den (nach unterdessen nochmaliger Umbenennung) „Facharzt für Psychotherapie und Psychosomatik“ kreierten. Als die ideologisch anfälligsten und verblendetsten, politisch dümmsten Ärzte auf Erden haben sie sich damit nochmals erwiesen, falls es daran nach ihrer vormals verbreiteten Nazi-Gefolgschaft noch Zweifel gab. Bei ihren Versammlungen maulen sie da wie dort gern, vom Gesundheitswesen verstünde der Gesetzgeber rein gar nichts. Daß sie selbst außerstande sind, in der Heilkunde zwischen Wissenschaft / gesichertem Wissen und plumpem Schwindel zu unterscheiden, kümmert sie nicht. Wie waren sie dabei doch gewarnt worden! Wie jedoch wischten sie alle Warnungen, alle "Nicht-Gleichklänge" hinweg, tobten, buhten, schrieen (etwa beim Deutschen Ärztetag 1977 in Saarbrücken) den nieder, der sie vor dem Sturz zurückzuhalten suchte. Ähnliches hat auch Norbert Blüm bei der CDU noch nicht erlebt.

Ob es die Ärzte einmal entschuldigt, daß sie zu solcher  Schwindelwissenschaft politisch nachdrücklichst angehalten wurden?49)Die Medien, die Politiker haben die Analyse über Jahre, Jahrzehnte hochgejubelt, haben für sie „Nachfrage“ geschaffen und die entsprechende „Leistungsanbieter“ produziert – aus der Ärzteschaft, der Psychologie heraus und über sie hinaus.  

49) Evidenz-basierte Medizin (EbM) - kein neuer Gag, sondern bessere wissenschaftliche Absicherung heilkundlicher Vorgehensweisen soll das sein – glauben die Politiker derzeit von den Ärzten einfordern zu müssen und fördern auf nachdrücklichste eine heilkundliche „Disziplin“, die von A bis Z  aus Schwindel besteht.

8.4 Ein gewisser Vorwurf bleibt freilich auch einigen Freud-Kritikern nicht erspart. Sie publizierten da einmal kritische Artikel, dort gar ein solches Buch (2/01.3.3), waren dann aber Sternschnuppen gleich wieder vom „Kampfplatz“ verschwunden. Und Freuds Lehren blühten wie nach einem heftigen Regen um so üppiger weiter auf. Hatten diese Kritiken etwa von D. Zimmer (TIEFENSCHWINDEL, ISBN 3-498-07653-1) bis H. Selg (Sigmund Freud -  Genie oder Scharlatan?, ISBN 3-17-017369-3, sein Buch in 1/03,1.2 besprochen) lediglich Alibifunktion?

Oft, zum Glück aber nicht immer (.3) ist Analyse-Kritik, die treffend über die Jahre von gar nicht so wenigen Psychologen kommt, mit einem weiteren „Fehler“ kontaminiert. Obwohl Psychologen heute in Deutschland zu 70 % das Angebot an „Richtlinien-Psychotherapie“, damit auch den überwiegenden Teil an Psychoanalyse bestreiten, versuchen einige seit ihrem verstorbenen Londoner Spitzenmann Prof. Hans Eysenck, (Niedergang und Ende der Psychoanalyse“ – ISBN 3-471-77418-1) immer wieder, die Verantwortung für die Freudsche Praxis allein in ärztliche Schuhe zu schieben. Selten vergessen sie dabei noch zu behaupten, die auf Pawlow, Watson, Skinner50) u.a. zurückgehende Verhaltenstherapie sei therapeutisch viel, viel besser ausgewiesen.51) Mitunter scheint es so, als sollten auch die gerade angeführten Bücher „zur Ehre der Psychologie“ nur belegen, daß es gegen die Psychoanalyse schon von Psychologen Widerstand gab, die „mächtigen Umstände“ nur, genauer: „die" (mächtigen) Ärzte den Schwindel durchsetzten. In dem ewigen, künstlich genährten Spannungsverhältnis zwischen diesen und jenen konnte und kann die Politik nach dem Motto: „Wenn zwei sich streiten...“ um so besser ihr Süppchen kochen. Während die Freudianer von Anfang an entscheidend auch durch ihre Organisationen gediehen, erwiesen sich ihre doppelt so zerstrittenen Kritiker zu solcher Organisation lange Zeit als unfähig.

50) Dessen Motto (und Buchtitel): Jenseits von Freiheit und Würde (1971).

 

51) Verwiesen wird insbesondere auf K. Grawe, R. Donati und F. Bernauer PSYCHOTHERAPIE IM wandel, Hogrefe, Göttingen, 1994. Von unabhängiger Seite sind deren Angaben jedoch nie überprüft worden. Von psychiatrisch-universitärer Seite wird solches auch kaum geschehen, gilt da in Chisholms Nachfolge seit Jahr und Tag doch nur noch kritiklose Aufblähung aller „Psycho-Aktivitäten“.

Zur Verhaltenstherapie, die so großartig wirksam sein soll, ist aber doch noch ein näheres Wort zu sagen. Während langjähriger Berufstätigkeit hat Ref. von seinen Patienten, von denen natürlich viele auch schon einmal beim Psychologen waren, kaum jemals eine im eigentlichen Sinn durchgeführte Verhaltenstherapie mitgeteilt bekommen. Es sollte zu ihr auch deshalb der eben zitierte klarsichtige E. Friedell nochmals gehört werden:

„...Die ‚Reflexologie’ (begründete) Professor Pawlow schon vor der Revolution in Petersburg. Sie deckt sich vollkommen mit der amerikanischen Philosophie des Behaviourismus, deren Urheber John Watson ist. Diese läßt sich in einem einzigen Satz zusammenfassen: Es gibt nur Tun; ‚mind is, what body does’ ( ...)  Der Beweis wurde lückenlos, als Pawlow zeigte, daß (...) Hunde beim Vorweisen von Schinkenknochen Magensaft produzieren; auch lief ihnen bei diesem Anlaß das Wasser im Mund zusammen. Mit solchen wissenschaftlichen Experimenten verbringt die sogenannte ‚Chicagoer Schule’ ihre Zeit. Sollten, wie man behauptet, Behaviourismus und Reflexologie in ihren Geburtsländern wirklich das allgemeine Glaubensbekenntnis sein, so würde dies die traurige Feststellung beinhalten, daß auf der östlichen und der westlichen Halbkugel je ein Riesenvolk geisteskrank geworden ist..."52)

52) Wer uns hier „Psychiatriemißbrauch“ entgegenhalten will, sei erinnert, daß seit LeBon die Psychologie der Massen (1895) nichts mit individueller „Psychiatrisierung“ zu tun hat. Allerdings griff bald nachdem Friedells Worte in Druck gegangen waren, hierzulande eine Geistesverfassung Platz , die vielfach als Massenpsychose gedeutet wurde und bald einigen US-Psychiatern, Psychologen Grund zur „psychological warfare“ gab. Auch der derzeitige Zuspruch zur Psychoanalyse trägt fraglos Züge einer Massenpsychose, wohl einer (von Psychiatern, Psychologen etc.) „gemachten“.

Zuvörderst wurde der Behaviourismus durch unsere Psychologen allgemeines Glaubensbekenntnis inzwischen aber in Deutschland. Hier wurde die Verhaltenstherapie nach der Analyse offiziell als zweite „Richtlinien-Psychotherapie“ anerkannt, nicht zuletzt von der Ärztevertretung. Von ihr komplimentiert, im übrigen an der Psychoanalyse längst teilnehmend, kamen die Psychologen an die Fleischtöpfe der Krankenkassen heran. Auf diesem Hintergrund nehmen sich ihre häufigen Versuche, die Verantwortung für den Freudschen Flop von sich weg ganz auf die Ärzte abzuwälzen, doch etwas seltsam aus53) - wie eine zweite Lügen-Schicht, die sich  über die alte, erste Schicht, die der behaupteten Freudschen Therapie-Erfolge, breitet und sie nochmals abdeckt. Sie hat wie andere (Schein-)Kritik (4.7) lange geholfen, alle Freud-Vorbehalte zu schwächen. Sie hat die Organisation realen, wirksamen Widerstands lange mit verhindert.

53) Die ärztliche, psychiatrische Standesvertretung  hat es nie für nötig befunden, die Lüge zurückzuweisen. Stillschweigend legen die Ärzte, in Masochismus groß, den Psychologen noch drauf.

Glücklicher werden die "Psychis" mit der weiteren Lüge allesamt nicht (4.8). Da können die Politiker und deren beamtete Psycho-Ordinarien noch so bestechende (lausige) Effizienznachweise (2/02.5.2 sowie Fn 30) vorlegen, noch so arge Psycho-Versorgungslücken anmelden, noch so großen Bedarf erfinden mit einem oder gar „dem Fortschritt“, wie DÄ 42/ 03 meint, ist er gewiß nicht gestiegen –, die Realitäten holen diejenigen, die ihnen glauben, doch ein.

Mit Dr.Wanda von Baeyer-Katte (1911 - 1997), der Frau unseres ehem. Ehrenpräsidenten, hatten wir einmal eine Diplom-Psychologin in unserem Vorstand, die von allen hoch respektiert worden ist. Gewiß ist Psychotherapie auch Psychologen-Sache. Im psychotherapeutisch-Negativen aber haben sie mit den Ärzten längst gleichgezogen. Die beiden Berufsstände werden gemeinsam die Verantwortung für den etablierten Schwindel in der Psychotherapie zu tragen haben, sollten er, seine Strickart, seine Hintergründe einmal ins öffentliche Bewußtsein dringen (was immer noch wahrscheinlich ist). Die Ärzte in der GEP machen Front gegen ihn aber nicht, um u.U. doppelte Lügen anderer Berufsgruppen zu fördern.54) Es könnte dann schon einmal gefragt werden, was die gültigen Lehren der Psychologie überhaupt sind, nachdem sich die beiden Hauptströmungen in ihr als löchrig teils schon erwiesen haben, teils unter entsprechendem Verdacht stehen. Nachdem die Freudschen Lehren die anspruchvollsten, gewichtigsten in der Psychotherapie waren, sie organisatorisch Bahn brachen, ist mit ihrer Erledigung eigentlich auch aus letzterer „die Luft heraus“ (4.8).

54) Manche von ihnen haben sich auch der Benützung der lukrativen Abrechnungsziffern über Jahrzehnte nicht enthalten, um Hemmungslosere zu päppeln.

8.5 Andererseits ist richtig, daß reale Psychotherapie von vielen, vor allem jungen Menschen gesucht wird (Fn34) – unabhängig auch von all der Reklame, die allenthalben für sie erschallt. Nicht alle haben ja das Glück, von sinnvoller „Lebensberatung“ genug im Elternhaus, in der Schule, der Kirche oder sonst in ihrer Umgebung mitzubekommen. Ärzte, Psychiater, so heißt es,55) genügen trotz massenhafter Vermehrung in letzter Zeit zur Stillung der Nachfrage nicht. Daß auch von Psychologen seit geraumer Zeit ernsthafte Freud-Kritik kommt (3.), sie wenigstens einen Teil der aktuellen psychotherapeutischen Absurdität angreifen, könnte Kooperation neu begründen – nicht nur in der Abwehr des Schwindels, sondern auch der Festigung realer, hilfreicher Psychotherapie, einer, die vorgetragene Nöte, Probleme, Defizite ernstnimmt, klärt und menschengerechte Lösungswege für sie aufzeigt! Möglicherweise wird sie neu erst zu konzeptualisieren sein.

55) Zur Erbringung von Psychotherapie wird allgemein ein Hochschulstudium als Voraussetzung angesehen. Ob sie durch ein solches und ggf. welches Studium  und angeleitete Behandlungspraxis geschaffen wird, ist und bleibt freilich die grundsätzliche Frage. Alle hier angebotenen Lehren sind schließlich Verkürzungen à la Psychoanalyse, Verhaltenstherapie. Daß ein Studium von Medizin oder Psychologie die Voraussetzung liefert (und nicht eines der Theologie, Philosophie etc), ist lediglich politische Entscheidung. Allem Anschein nach wurden sie gekürt, just weil sie das Denken und Empfinden der Menschen materialistisch verkürzen, sie mit auf Huxleys Schweine-, Skinners Ratten- oder Kinseys Wespen-Niveau hinunterdrücken. Ersteres Studiums hat als Voraussetzung einen kleinen realen Kern, weil bei Problemen der “Lebensberatung“ die Übergänge zur medizinischen Pathologie mitunter fließend sind. Nachdem es aber Psychotherapie braucht, kann und muß auch den Psychologen eine solide Existenzgrundlage geschaffen werden -  frei von Lüge und Aufgeblasenheit.

 

Wahrscheinlich aber braucht sich niemand um eine solche zu kümmern. Psychologie, Psychotherapie wurden von den Mächtigen von Anfang an allein als Herrschaftswissenschaft konzipiert (erstere erst von den Nazis 1941 universitär vollends etabliert) - als Mittel der Herrschenden, besser, bequemer die Beherrschten leiten zu können. Es darf nicht aus dem Auge geraten, daß die Analyse, die Verhaltenstherapie, die „Richtlinien-Psychotherapie“ insgesamt nur ein Sektor sind, aus dem heraus die umfassendere institutionalisierte Sozialpspsychiatrie (mit den unter  4.2- 4.4  geschilderten Auswirkungen) und sie nur ein (68er) Sektor war und ist, aus dem die Umorientierung und Umgestaltung der Gesellschaft insgesamt besorgt wurden. Außerdem scheinen die „Richtlinien-Therapien“ unseren „Oberen“ („dem Horst“ und Compagnie) nur als Test gedient zu haben dafür, was sie der Bevölkerung und ihren „Intellektuellen“ an  kostspieligem Unfug noch alles zumuten können, als Test auch, wie lange diese trotzdem in den Spuren des publizistischen mainstreams verharren.

8.6 Offensichtlich glauben sie und vielleicht noch „Aller-Oberste“ der Größenordnung Rockefeller und Co. tatsächlich, mit der Hilfe des Erziehungswesens, der Unterhaltungsindustrie, der Medien und der Psychiatrie-Psychologie, letztlich also mit einer über Jahrzehnte hingestreckten, dadurch kaum spürbaren, „konzertierten Kulturrevolution von oben“ das System einer subtil-diktatorischen Schönen, Neuen Welt-Ordnung endgültig durchdrücken zu können. Weil sie ein solches System offensichtlich unter allen Umständen wollen, seine Durchsetzung aber psychologisch dosierte Information erfordert („Unser Plan für die Welt“, 4/99.11.1), deshalb sind besagte, die Werthaltungen der Menschen am ehesten beeinflussenden Kulturbereiche einschließlich der Psycho-Fächer gemeinsam eingespannt, deshalb die Gleichklänge, gleiche oder ähnliche Fehlweisungen in ihnen, was die politisch-ethischen Grundsatzthemen betrifft. Deshalb auch die Unerbittlichkeit, der  Aufwand, mit denen überall die Gründe, Machart und Ziele dieser „Kulturrevolution“ verschleiert werden.

Bei der verbreiteten Dienstbarkeit der ärztlichen wie nicht-ärztlichen „Bewußtseinsingenieure“ vom Huxleyschen Typ eines „Helmholtz Watson“, eines „Sigmund Marx haben diese „Ober(st)en“ ihr Ziel auch fast schon erreicht - an allen rechtsstaatlichen Grundsätzen, ja Verfassungen vorbei. Fast mitten drin sind wir schon im Huxleyschen Alp. Dessen Nicht-Diskussion ist auch im Vergleich etwa zur Nicht-Diskussion des Psychiatriemißbrauchs der DDR, zur Nicht-Kritik der vielschichtigen Fragwürdigkeiten in der Psychiatrie-Psychotherapie insgesamt gewiß das ernstere Problem. Wiewohl die von Huxley beschriebenen materiellen56) Wem dies zu scharf formuliert ist, zu unwahrscheinlich erscheint, lese Schöne, neue Welt noch einmal! Begründungen für den Hang unserer Intellektuellen zum Sozialismus, sei er gar totalitär, stehen bei R. Baader (4.3). „Wie die DDR zur Idylle verklärt wurde“, schilderte in der FRANKFURTER ALLGEMEINEn SONNTAGSZEITUNG vom 02.11.03 M.T. Mehr. „Auch ohne Stasi-Akten“ sei „ der Verrat der Linken erkennbar,“ genauer der Verrat Links-Intellektueller. Wie die DDR immer noch verklärt wird, dazu Fn 28, wie der Psychiatrie-Mißbrauch retuschiert, dazu all unsere Rundbriefe seit Mitte der 90er. wie moralischen Schrecken alle treffen, nimmt doch niemand sie als Warnung auf, so wenig wie Mein Kampf als Warnung gewirkt hat. Die Ärzte also dadurch entlastet, daß mehr oder minder Alle, einschließlich eines Großteils der Kirchen und der gesamten sogenannten  „Intelligentsia“ in die schön-neu-weltliche Tyrannei überzulaufen[57] und unter dem Zeichen des fünfzackigen Sterns mitzumachen bereit sind?

56) So sehr die Menschen allerorts jetzt unter den Einbrüchen der Sozialleistungen stöhnen,  kommen sie doch selten darauf (2.3), daß diese von ihren dickbackigen „Oberen“ wohl im Huxleyschen Konzept ausgeführt, also geplant und gewollt sein könnten. 

57) Wem dies zu scharf formuliert ist, zu unwahrscheinlich erscheint, lese Schöne, neue Welt noch einmal! Begründungen für den Hang unserer Intellektuellen zum Sozialismus, sei er gar totalitär, stehen bei R. Baader (4.3). „Wie die DDR zur Idylle verklärt wurde“, schilderte in der FRANKFURTER ALLGEMEINEn SONNTAGSZEITUNG vom 02.11.03 M.T. Mehr. „Auch ohne Stasi-Akten“ sei „ der Verrat der Linken erkennbar,“ genauer der Verrat Links-Intellektueller. Wie die DDR immer noch verklärt wird, dazu Fn 28, wie der Psychiatrie-Mißbrauch retuschiert, dazu all unsere Rundbriefe seit Mitte der 90er.

Zur Schelte hat kaum jemand Grund. Das System der subtilen neuen Diktatur ist schließlich raffiniert angelegt und nicht so schnell zu durchschauen. Nach außen wirkt es immer noch demokratisch-rechtsstaatlich. Kaum anders als die Psychiatrie von ihren Anführern aber wird das Land von seinen Regierenden (der nach Adenauer-Ära) Schritt für Schritt um- und abgebaut. So lauten selbst in der Tagespresse Leserbriefe schon (Die Welt, 28.10. 03). Wer auch sieht es nicht? Vergessen haben alle anscheinend dennoch, was schöne neue welt heißt, haben verdrängt, daß Sklaverei –  das ausdrücklich heißt sie – auch in subtilster Form moralisches UND materielles Elend bedeutet und letzteres sie wohl um so rascher ereilt, je gründlicher sie sich ersterem ergeben.

 

Dachten sie wirklich, die Mächtigen hätten nichts anderes im Sinn als das Beste für sie wie seinerzeit Mama und Papa?58) Entschwand ganz ihrem Gedächtnis, daß und wie die Mächtigen, wie immer zur Macht gekommen, über Jahrtausende primär für sich sorgten, die Machtlosen aber über die Klinge springen ließen?  Warum sollten sie es ausgerechnet jetzt anders halten, nachdem ihnen bessere Mittel zugewachsen sind, als sie sie je hatten, wissenschaftlich ausgeklügeltes „Herrschaftswissen“, dazu „Erziehungswesen, Unterhaltungsindustrie, die Medien

aus Epoche (Erscheinungsdatum nicht dokumentiert, nicht erinnert)

 

UND Psychologie-Psychiatrie, die fortgeschrittene Bewußtseinsbildung eben mit all ihren Fächern, Facetten und Faktoren, auch den intensivst und zu innerst wirkenden, die vielen Mitwirkenden dabei Täter und Opfer zugleich?

58) Vielleicht haben nicht alle miterlebt, wie die Kandidatenauswahl für (entscheidende) politische Ämter funktioniert. Da wird wohl überall, bei den Ärzten besonders augenfällig, „von oben nach unten“ aufgestellt. Bei Beschwerden sagen die „Oberen“ dann, an der Basis gäbe es zu wenig Interesse. Wer aber den oben gewünschten Zungenschlag nicht schon „drauf hat“, ist von vornherein ausgeschieden oder scheidet frustriert von selbst bald aus. Damit bekommen die Oberen immer die gewünschten "Zungenschläge" und Abstimmungsergebnisse. Wie Links- (und sonstwie-) Abweichler zur Räson gebracht werden, zeigte sich kürzlich schön bei der Beschließung des GMG. Damit lassen sich selbst Veränderungen der Staatsfassungen und Verelendungen der Bevölkerung durchdrücken, ohne daß die Betroffenen deren Hintergründe mitbekommen.

8.7 Dennoch ist immer noch nicht ausgemacht, ob die Rechnung aufgeht. Die politisch-publizistische Klasse steht überall auf der Welt unter schärfster Kritik. Das Internet ist voll davon. Die Wahlbeteiligungen  – in Bayern kürzlich bei 57, in Brandenburg knapp 46 Prozent59) –  zeigen deutlicher als alle Wahlergebnisse an, was die Bevölkerung von ihren „Oberen“ hält – nicht mehr offensichtlich als viele Ärzte von ihren Vertretern (auch Fn 6). Alle zur Wahl Stehenden sind überall vorsortiert oder schnell vom Fenster, wenn sie nicht spuren. Wenigstens belastet die Frage, wen wählen?, immer weniger.

59) 16 Prozent der Stimmen entfielen laut Welt vom 29.10. 03 auf „Sonstige“. Die SZ  unterschlug sie gar vollends. Solcher Unverfrorenheit von Verkürzung, Desinformation und Manipulation schämen sich unsere Medien nicht.

8.8 Vielleicht ist aber auch alles gar nicht so teuflisch geplant, wie es aussieht, sondern Ausdruck nur der absurden philosophischen Mode, Marotte des Postmodernismus, der laut PHILOSOPHY NOW 42/03 bereits „auf dem Sterbebett liegt.“ Die letzten wüsten zwei Dekaden des abgelaufenen wüsten Jahrhunderts hat er beendet. Auch die neue Freud-Kritik könnte schon Teil des angeblich jetzt anbrechenden „Kritischen Realismus“ sein. Nachdem das postmoderne „anything goes“ immer auch bezahlt werden wollte – in der Heilkunde „gehen“ immer noch jeder verderbliche Unfug,60) in der Kirche teilweise gar der Sowjetstern  -, allerorts darüber aber das Geld ausging, könnten ein „kritischer Realismus,“ ein menschengerechtes Wertsystem doch eine echte Chance noch haben.

60) Bei all den Diskussionen der Gesundheitsreform, den überbordenden Verbesserungs- und Einsparungsvorschlägen in jüngster Zeit, wurde nicht mit einer Silbe der Kostenschub erwähnt, den die Psychiatrie-Reform, ihre Ausweitung ins Staatspsychiatrische hinein sowie ihre Erweiterung um die Psychoanalyse und ihr verwandte Schwindellehren induziert haben.

Gleichzeitig mit der Aussendung des GEP-Rundbriefs 2/03 Ende November 2003 nahm das  neue Internationale Netzwerk der Freud-Kritker seine publizistische Arbeit dreisprachig auf englisch, französisch und deutsch auf unserer Web-Site auf.  Die neue internationale Verbindung verspricht weitere Verstärkung unserer Bemühungen.