Rundbrief 1/04                                                                 Juni 2004                                                                                                                                              

1. Tagung in Tutzing: Psychiatrie im Dienst totalitärer Herrschaft
2. Rezension des neuen „Standard-Werkes“ von Berger: Psychische Erkrankungen
3. aus dem Rechenschaftsbericht zur Jahresversammlung 2004
4. Neuro-Ethik“ – „wissenschaftliches“ Seelenverständnis
5. Paranoid Shift - Wechsel ins Paranoide
6. Nachträge, Verschiedenes
7. Ausblick

                                                                                                                                                                    

Hinweise: RB+Zahl mit zwischengestelltem Schrägstrich verweist auf früheren Rundbrief, Zahl mit vor- oder zwischengestelltem Punkt auf das genaue Kapitel. Alle Hervorhebungen sind redaktionell. In Kursivdruck stehen Aussagen von Nicht-GEP-Angehörigen. Der Begriff Nervenarzt umfaßt Neurologie und Psychiatrie. Nachdem diese vielfach jetzt auseinander driften (oder „gedriftet“ werden), wird er mitunter inkorrekt auch für die Teilfächer in Anspruch genommen. Die Medien werfen die Begriffe ärztlicher Psychiatrie und nicht-ärztlicher Psychologie zur besseren Verwirrung ihrer Leser meist durcheinander. Die Affinität der Nervenärzte etc. zu überprüfbarer Wissenschaft oder mehr zu Glaubenslehren, etwa „ tiefenpsychologischen“, war lange ihre Entscheidung. Mit der Einrichtung des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie und des Facharztes für psychotherapeutische Medizin 1999 wurde für sie der Glaube obligatorisch und für die Allgemeinheit weithin „wissenschaftliche Wahrheit“.

Wiederkehrende Abkürzungen: APA = US-Fachgesellschaft; BÄK = Bundesärztekammer; BNP  = Abspaltung vom BVDN = Berufsverband niedergelassener Nervenärzte, Psychiater, Neurologen in Deutschland; = Deutsches Ärzteblatt, DGPPN = Deutsche Psychiater-Fachgesellschaft; DSM = numerierte Diagnosen-Liste der APA; ICD = durchnumerierte Diagnosenliste der WHO, WVP = Weltverband für Psychiatrie

 

1. Tutzinger Tagung: Die Zerstörung des Menschen - Psychiatrie im Dienst totalitärer Herrschaft

1.1 Vom 27.-29. April 2004 fand unter obigem Titel an der Akademie für politische Bildung Tutzing eine Tagung statt, mit der sich zum ersten Mal seit der Wende eine „mainstream-Institution“ offen und fair unserer Thematik annahm. Diskutiert wurden natürlich zuvörderst die Nazi-Verbrechen in der Psychiatrie. Es kamen aber am 28. und 29.04. auch zwei Vorstandsmitglieder der GEP zu Wort, Dres. Koch und Weinberger. Ersterer konnte seine Erlebnisse in Stasi-Haft und psychiatrischer Internierung und seine Schlußfolgerungen daraus vortragen. Er hinterließ mit seinem Bericht wohl den stärksten Eindruck in der Zuhörerschaft.

    Es gab aber auch einige Kontroversen. Geschickt hatte Dr. Süß (RB1/ 97ff.) am Vortag (28.04.) den Fall eines jungen Mannes ausgebreitet, der sich aus Protest öffentlich zu verbrennen drohte und den die Stasi natürlich zurecht, sozusagen mildtätig in die Klinik schaffte. Mit der Beschönigung der polit-psychiatrischen Gutachtenspraxis in der DDR lief sie dann aber bei Koch doch auf. Verharmlosende Tendenzen in der „offiziellen“ Aufarbeitung wurden evident. Hauptstreitpunkt blieb: Gab es nun „systematischen Mißbrauch“ in der DDR oder nicht. Hier meinte Akademiedirektor Prof. Oberreuter, der Fall eines Zusammenspiels von politischem System, Psychiatrie und Justiz, wie er bei Koch vorliegt, genüge an sich, die Frage zu bejahen. Das „Systematische“ beginne nicht erst, wenn 10 oder 100 solcher Fälle auftauchten. Es wurde aber auch die Position „der“ ostdeutschen Psychiater gewürdigt, die sich bei einer Rede von
 

Nicht den Opfern, den Tätern bekunden Fachinstanzen Mitgefühl, heften ihnen Orchideen an die Brust. „Krank  durch die Wiedervereinigung?“ fragte DNP 12/03. Der Berliner Psychiater-Psychotherapeut Prof. Linden erfand dazu die „Posttraumatische Verbitterungsstörung“.

   „systematischem Mißbrauch“ angeblich alle als Mißbraucher verleumdet fühlten, was der Begriff gewiß nie meinte und was aus ihm eigentlich auch nicht herausgelesen werden kann. Einig war man, daß es nicht um Wortklauberei gehen dürfe.

 

1.2 Daß es schweren politischen Mißbrauch des Faches in eher wenigen Fällen gab, auf diese Formel konvergierte allmählich die Versammlungsmehrheit. Daß der Mißbrauch etwa im Fall Koch „sowjetähnlich“ war, wurde nicht bezweifelt. Von „systematischem, sowjetähnlichen“ Mißbrauchs in der DDR wollten viele dennoch nicht sprechen im Hinblick auf die eher kleine Zahl der Opfer und die sicher große Mehrheit „sauber gebliebener“ Psychiater. Der Hinweis von Ref., daß die „System-Verneinung“ von Süß [1], der Nachuntersuchungskommissionen und der Ministerien die Realität stattgehabter sowjetähnlicher Mißbräuche in der DDR verwische und die Lüge stütze, es habe eben keinen Mißbrauch gegeben (GIP in den WVP hinein: „No indications that critics of the Communist regime were put into psychiatric clinics against their will“ oder das Deutsche Ärzteblatt: „Kein schwerwiegender Mißbrauch“ in der DDR - RB 1/97, 2/98, 4/99), diese Version auch einige ärztliche Schinder gut weiter leben, weiter praktizieren lasse (einige auf staats- und ärzte-repräsentativen Posten!) und vielleicht auch mithelfe, die Haltung der Psychiater und ihrer Journale weiter zu verbiegen [2], wurde von vielen letztlich geringer gewichtet. -  Zum „Systematischen“ noch  Ausführungen von Dr. Koch auf Seite 19.

[1]  Dr. Sonja Süß, geb. Schröter, betonte in Tutzing wieder ihre (mutige) Beteiligung am Umbruch in der DDR. Tatsächlich war sie beim Demokratischen Aufbruch aktiv. Als dessen Vorsitzender wurde im Oktober 1989 W. Schnur gewählt, der „an der Vision des Sozialismus in der DDR festhalten“ wollte und bald darauf als Stasi-Spitzel enttarnt wurde. Bei besagter Wahl unterlag ihm als Vertreterin des linken Flügels Sonja Schröter. U.a. mit F. Schorlemmer zusammen verließ sie Anfang 1990 den DA. Die Gauck-Behörde aber setzte just sie ein, allein darüber zu bestimmen, was als systematisch-politischer Psychiatrie-Mißbrauch der DDR angesehen darf - nichts.

[2] Ref. nach dem Vortrag von Süß: „Den systematischen Psychiatrie-Mißbrauch hat es in der DDR gegeben. Wer anderes behauptet, dessen Motivation ist zu hinterfragen.“

1.3  Über die Arbeit der sächsisch-anhaltinischen Nachuntersuchungskommission referierte deren seinerzeitiger Leiter Dr. Dr. Nehring vom Gesundheits- und Sozialministerium Magdeburg. Zweifel wurden angemeldet, ob mit Aufrufen in den Medien, wie dort getätigt, betroffene, verschreckte Menschen überhaupt erreichbar wären. Nehring hielt dagegen, daß es besser zum damaligen Zeitpunkt halt nicht gegangen sei. Er räumte aber ein, daß der Bericht seiner Kommission nicht unbedingt das letzte Wort in der Sache darstelle. Koch erkannte an, daß sein Fall als Mißbrauchsfall durch die sächsische Kommission bzw. den recherchierenden Generalstaatsanwalt Uhlig anerkannt wurde – nachdem er diesen, dem vordem nichts aufgefallen war, eigens darauf hingewiesen hatte. Viele andere in RB 1/ 97.9 und .10 festgehaltene Sonderlichkeiten der offiziellen Aufarbeitung des DDR-Psychiatriemißbrauchs konnten auf der natürlich zeitbegrenzten Tagung nicht angesprochen werden.

1.4  Das 35-köpfige Publikum behandelte die Dinge mit großer Ernsthaftigkeit. Die Diskussion ging auch vielen grundsätzlichen Fragen nach, der Allzumenschlichkeit des Leugnens von Schuld, der Begrenztheit aller Strafverfolgung, der Fragwürdigkeit allen „Aufarbeitens“ und nach Golo Mann eines Lernens aus der Geschichte, wobei insgesamt doch ein wenig Optimismus resistierte. Die Tagung hat wohl breiteres Bewußtsein für die vielfältigen Gefahren einer „Seelenkunde“ gegen den Menschen geschaffen, die insbesondere dann akut werden, wenn entsprechende politische Systeme, totalitäre Systeme auch sehr konträrer Couleur, sie begünstigen. Sensibilität dafür zu erreichen, war und ist immer eines unserer Hauptanliegen.

Während, von Ref. offen angesprochen, sonst eher unterschwellig Staatspsychiatrie „angeklagt“ war, wurde eine (bayerische) Stimme laut, die just den Privat-Sektor angriff. Der Mann meinte, es werde im Land doch nur oder erst einmal „abkassiert“, wer ärztliche, juristische oder sonstige Hilfe brauche. Die Werbung, Charakteristikum des „freien Systems“, habe die Übertreibung, die Lüge allgegenwärtig gemacht. Daß der notwendige soziale Ausgleich heute gerade im Gesundheitswesen arge Rückschläge erleidet, bekümmert gewiß auch viele, die die Freiheit höher schätzen als jener Diskutant. Daß aber das aus der Werbung kommende Anpreisen weder ausgewiesener, noch sinnvoller „Leistungen“ ins Gesundheitswesen überschwappt, vielleicht besonders gar in die (private wie staatliche) Psychiatrie-Psychotherapie, wir unter Umständen bis in Fachpublikationen hinein gar nicht mehr (rasch genug) merken, wo Wahrheit endet und Lüge beginnt, wir vor lauter Quatsch das Wichtige kaum mehr fassen, wir alles für eines und zunehmend alles gleichgültig nehmen, das ist wohl ein ernsthaftes Problem, das auch auf den folgenden Seiten in einigen Aspekten wieder näher zur Sprache kommen soll.

1.5 Die zum Teil heftig aufbrandenden Kontroversen zu überbrücken war das verständliche Anliegen des Direktors der Akademie. Ihr Auftrag ist schließlich, begründete Meinungen zu Wort kommen zu lassen, um sie „im demokratischen System“ zu halten. Mit der Begegnung von „alten“ Kontrahenten sind Spannungen gewiß am ehesten abzubauen. Von solchen hatte sich über die Jahre ja einiges aufgebaut, zu viel möglicherweise, um sie mit einem Mal zu überwinden. Auch ist nicht ausgemacht, ob „das System“ infolge subtiler Verfremdung von innen her überhaupt noch das originär-demokratische ist, das zu sein es vorgibt, eine Art „Systemkritik“ mit all den zugehörigen Spannungen damit jetzt unausweichlich ist. Referent zeigte, soweit Zeit blieb, Ansätze subtiler Psychiatriemißbräuche auf, die sich hierzulande leicht weiter einschleichen könnten. Vieles ist im Fluß, vieles auch noch zu kontrovers, als daß es bei der Tagung mehr als angerissen werden konnte. Insgesamt war diese sicher ein Erfolg für die Sache. Ließ sie doch erstmals eine Diskussion zu, wie sie längst und immer wieder auf psychiatrischen Kongressen hätte geführt werden sollen. Manche Ausführungen konnte Ref. einige Tage vorher bei der Jahresversammlung der GEP bei weniger Zeitdruck besser erklären. Diese Passagen kommen deshalb erst in Kapitel 3 zum Abdruck, weitere Notizen von der Tagung auch auf späteren Seiten.

1.6 Auszüge jetzt aus der Rede des Ref. zur Tagung in Tutzing am 29.04.2004  (dort nur verkürzt gehalten)

 (Anrede) ... Es geschieht hier jetzt zum ersten Mal, daß das Thema Psychiatrie im Dienst totalitärer Herrschaft in unserem Land oder gar weltweit in seiner ganzen Breite und Vielschichtigkeit zur Sprache kommt. Sie haben bereits gehört, daß der Massenmord der Nazis, gestützt auf Hitlers Befehl 1939, in der Psychiatrie begann und hierüber eine breitere Diskussion unter den Ärzten erst in den 70ern anhob – etwa zur gleichen Zeit, als in anderen Teilen der Welt, speziell der Sowjetunion, in diesem heilkundlichen Fach zwar weniger zahlreiche, weniger blutige, gleichwohl menschenverachtende Praktiken neu in Gang kamen. Oppositionelle wurden ihres freien Denkens wegen in psychiatrische Klinken gesteckt und dort als Geisteskranke behandelt. Wie wir nach der Wende erfuhren, kam es zu ähnlichen Praktiken auch in anderen kommunistischen Ländern, etwa in Rumänien. Es kam, wie Sie eben von Dr. Koch hörten, dazu auch und zwar durchaus im Sowjetstil im damals kommunistischen Ostteil unseres Landes, der damaligen DDR.

Die Verfahrensweisen sind mancherorts auch heute noch im Gang, in größerem Umfang sogar denn je (die weiteren Ausführungen bezüglich Rot-Chinas s. 3.3). Über all diese Vorgänge aber hat es eine breitere Diskussion hierzulande bisher überhaupt noch nicht gegeben. Soweit die DDR betreffend, werden sie von den Fachleuten wie den Politikern, den linken wie den rechten, heruntergespielt oder glatt geleugnet. Unsere kleine, aus bescheidenen Mitgliedsbeiträgen und vereinzelten Spenden sich nährende „Gesellschaft für Ethik in der Psychiatrie“ (GEP), 1977 mitbegründet von dem emeritierten Heidelberger Psychiatrie-Ordinarius Prof. Walter von Baeyer, hat wie keine andere Organisation im Land die Vorgehensweisen und ihre Opfer ursprünglich in der UdSSR, nach der Wende, dem Eintreffen entsprechender Nachrichten, auch in der DDR registriert und in ihren Rundbriefen publiziert. Unsere Befunde und Schlußfolgerungen blieben aber aus dem fach-politischen Diskurs ausgegrenzt. Daß zwei Vorstandsmitglieder der GEP zu dieser Veranstaltung jetzt geladen wurden, begründet die eben getroffene Aussage, daß nach Jahrzehnten hier erstmals eine umfassende und damit die Wahrheit eher treffende Behandlung des Themas „... Psychiatrie im Dienst totalitärer Herrschaft“ stattfindet.

Fraglos sind die Nazi-Untaten im Fach die monströseren. Der Mord an rund 200.000 psychisch Kranken war auch der Auftakt zum Holocaust, war dessen Einübung quasi. Weil aber die Missetaten in den erwähnten östlichen Ländern jetzt akut waren und unaufschiebbar Abhilfe forderten, befaßten wir uns mit ihnen besonders. Dabei stand uns das Nazi-Mord-Geschehen vor Augen. Eine persönliche Anmerkung hierzu: Ich studierte die ersten sieben Medizin-Semester im Ausland. Als ich 1960 zum Weiterstudium nach Deutschland zurückkam, besorgte ich mir mit als erstes A. Mitscherlichs Buch MEDIZIN OHNE MENSCHLICHKEIT. In ihm ist das Grauen bis heute unübertroffen eindrücklich ausgebreitet. So ungelesen, wie heute oft behauptet wird, blieb das Buch seinerzeit wohl auch nicht. Meine Schlußfolgerung und mein Vorsatz damals aber waren, Unrecht, sollte es sich in der Medizin wieder erheben, nicht hinzunehmen. In späteren Jahren waren mein Erstaunen und - meine Enttäuschung um so größer, daß viele, fast alle, die jetzt im Tonfall Mitscherlichs die Nazi-Verbrechen anprangerten, daß aber auch große Teile der Ärzte, der  Öffentlichkeit allgemein die Hilferufe der aktuell psychiatrisch Geschundenen ähnlich überhörten, die aktuellen Untaten im Fach ähnlich ignorierten, wie es diejenigen taten, denen sie vorwarfen, damals versagt zu haben. Wenig, schien mir, schien ab 1976/77 uns in der Vereinigung, sehr wenig wird aus der Geschichte gelernt.

Einen Fall besagten Mißbrauchs in der DDR, seinen Fall, hat uns Dr. Koch soeben geschildert (den GEP-Mitgliedern schon in RB 1/97, 4/99 und 2/01). Weitere, ähnliche Fälle, insgesamt fünf, haben wir besonders in den Rundbriefen von 1996 und 1997 dargelegt, einen Fall darunter, den des Allgemeinarztes Dr. Eckstein aus Sachsen, der sich in der  DDR noch zutrug, als ähnliche Vorkommnisse im großen Bruderland schon im Abebben waren. Über Einschränkungen seiner beruflich-gesellschaftlichen Aktivität und damit notwendig verbundenen Reisen ins (sozialistische) Ausland hatte sich Eckstein mit den lokalen Behörden überworfen und war von ihnen zweimal kurzfristig, nämlich 1986 und nochmals 1989, also kurz noch vor der Wende, gewaltsam interniert und zwangsbehandelt worden. 

1.7  Verharmlosend waren die offiziellen Verlautbarungen zum Thema nach der Wende. Teilweise wirkten die staatlichen Nachuntersuchungen in einigen der neuen Bundesländer in den 90ern wie Alibi-Veranstaltungen. Die Aussage des Stasi-Obergutachters Prof. Ochernal, des Leiters der forensischen Psychiatrie an der Humboldt-Universität Berlin bis 1988, der 1991 im STERN sagte, er habe im Auftrag der Stasi jährlich 30 bis 40 Gutachten erstellt - „die meisten Fälle waren politisch [3]“ - diese schaurige Aussage spielte Süß für die Gauck-Behörde in ihrem Buch POLITISCH MISSBRAUCHT? (S. 69) ohne weitere Erklärung mit der Bemerkung herunter, sie sei ihm „von der Stern-Journalistin Uta König in den Mund gelegt“ worden. Bei Vorstellung des Abschlußberichts der Untersuchungskommission Sachsens 1996 sprach der dortige Gesundheitsminister Geisler (CDU) laut Zeitungsberichten von „wenigen Mißbrauchsfällen,“ 29 Fällen von „Rechtsbeugung“ unter 216 „Verdachtsfällen“. Als den „schwersten Fall“ nannte er laut WELT, 15.04.96 „einen jungen Mann aus Döbeln“, der ebenfalls noch im Frühjahr 1989, in etwa gleichzeitig also mit dem erwähnten Dr. Eckstein, „mehrere Wochen in Waldheim festgehalten“ wurde (Süß – S. 431). Koch, der ein halbes Jahr psychiatrisch interniert war, galt dem Minister offensichtlich nicht als schwerster Fall oder sonst erwähnenswert. Der Fall Eckstein taucht im Bericht gar nicht auf. „...In Sachsen wie bereits in anderen neuen Bundesländern“ habe sich der Verdacht, die Psychiatrie sei „sowjetähnlich instrumentalisiert“ worden, „nicht bestätigt“, behaupteten Geisler und Co. gleichwohl [4]. Die offiziellen Verlautbarungen zum Mißbrauch des Fachs in der DDR blieben so verwaschen und widersprüchlich, daß es den Anschein hat, als sollten sie ein klares Bild gar nicht vermitteln, sollten näheres Interesse von vornherein eher zerstreuen [5]. Die einzige Organisation, die über Jahrzehnte dem Mißbrauch kompetent entgegengewirkt hatte, war, wie gesagt, von den Nachuntersuchungen à priori ausgeschlossen worden. Frau Lengsfeld meinte kürzlich im focus 9/04, es gebe „seit Jahren in unserem Land keine freie Debatte mehr.“ Für viele psychiatrische Themen gilt das seit Jahrzehnten.

[3] Wenn ein Untersuchungshäftling ihm sagte, er sei von der Stasi bespitzelt worden, diese das aber verneinte, so Ochernal, dann stand für ihn „fest: Der Mann litt unter Verfolgungswahn...“

[4]Aus dem Buch von Süß habe ich 3 bis 5 Fälle solchen Mißbrauchs herausgelesen, einen übrigens, den sie selbst den „Fall eines nachweisbaren eindeutigen Psychiatriemißbrauchs“ bezeichnet, den des sächhsischen „Antiquitätenhändlers M.“ (S. 564 – 571 des Buches). Das System internierte ihn, um an sein millionenschweres Antiquitäten-Vermögen heranzukommen. Allem Anschein nach ist M., bei der Einweisung 79jährig, in der Klink verstorben, wovon Süß nichts mitteilt.

[5] In Thüringen hat es, so war wiederholt zu hören, auch eine entsprechende Untersuchung gegeben. Das Amt des dortigen Ministerpräsidenten teilte uns auf Anfrage mit, es wolle die Zusendung des Abschlußberichtes „durch den Sozialminister veranlassen“.  Er kam aber nie an. Im sächsischen Bericht war dann zu lesen, es sei „im Thüringer Ausschuß“ die Frage des Mißbrauchs gar „nicht untersucht worden.“ In dieser dreisten Weise wurden Bürger, u.a. unsere Gesellschaft, die sich für das Thema näher interessierten, von Behörden abgewimmelt.

Die sowjetoide Behandlung Oppositioneller als Irre geschah im deutschen „Staat des real existierenden Sozialismus“ wohl selten, zumindest, wenn wir Ochernals Zahlen nicht hochrechnen. Auch in der Sowjetunion aber waren sie nicht häufig. Etwa 500 Fälle wurden dort in den 60er bis 80er Jahren namentlich bekannt – entscheidend durch die Dokumentation Wladimir Bukowskis OPPOSITION -  EINE NEUE GEISTESKRANKHEIT IN DER SOWJETUNION wie auch die nachfolgenden Aufstellungen des britischen Sowjetologen P. Reddaway. In einem späteren Buch ABRECHNUNG MIT MOSKAU (ISBN 3-7857-0829-7) schildert Bukowski, wie es ihm 1992, kurz nach dem Putsch gegen Gorbatschow, als die Nomenklatura vor Schock gelähmt war, gelang, im Archiv des Zentralkomitees der KPdSU in der Moskauer Kuibyschewstraße 12 an dessen geheimste Dokumente zu gelangen und sie zu scannen. Bukowski suchte, bei seiner eigenen Vorgeschichte verständlich, nach Unterlagen, die die Etablierung der psychiatrischen Repression durch die oberste politische Instanz belegten und fand sie, fand Papiere, die zeigen, daß der Praxis „eine größere Zukunft“ zugedacht war. Aus dem Jahr 1969 stammt der Brief eines regionalen Tschekisten aus Krasnodar an den damaligen KGB-Chef und späteren Generalsekretär Andropow, den dieser dem ZK weiterleitete. Er sprach bezüglich der Krasnodar-Region von 56.000 Kranken, davon 700 „gefährlichen“, damit „Hospitalisierungsbedürftigen“, wobei er solche „Psycho-Gefährlichkeiten“ darlegte wie „fanatische Hartnäckigkeit, sich mit Ausländern zu treffen“, „Eindringen in Botschaften kapitalistischer Länder“ etc. Hochgerechnet von der Region auf die Sowjetunion hätten für 70.000 derart „gefährlich Kranke“ Hospitalisierungsmöglichkeiten geschaffen werden müssen. So viel politisch gefährliche „Irre“, soviel Mißbrauch gibt es nun nicht einmal in China.

Zu viel mehr als 500 Fällen kam es in der UdSSR wohl nicht, weil Leute wie Bukowski unter größten persönlichen Opfern die Weltöffentlichkeit alarmierten und in der Folge an einigen Plätzen doch entschiedener Widerstand aufkam, in Deutschland ganz wesentlich durch uns. Für eine auf Öffentlichkeit bedachte Supermacht wurde der Psychiatriemißbrauch so rasch unrentabel. Der trotz vielen Abwiegelns aufgekommene Protest im Westen wirkte in der nahen DDR natürlich in besonderer Weise limitierend. Den Wortführern  des Protestes im Westen kam dabei fraglos die Spaltung der damaligen Weltmächte zustatten. Es kam so zu der spektakulären Verurteilung des Mißbrauchs durch den WVP 1977. 1983 kamen die Sowjetpsychiater ihrem Ausschluß aus ihm durch ihren Austritt zuvor. Es war aber auch damals schon auffällig genug, wie zögerlich viele Psychiater im Westen, nicht zuletzt in Deutschland, die Sache angingen. Nun fällt das wohl nicht aus dem Rahmen. Wieviel westliche Unterstützung den kommunistischen Machthabern von Anfang an und zwar nicht nur von offenen Sympathisanten zufloß, wie etwa Erich Honecker 1987 bei uns rote Teppiche ausgerollt bekam, den breitesten in München von Franz-Josef Strauß, ist bekannt. In die „verständnisvolle“ Haltung der großen Mehrheit der deutschen Psychiater für die sowjetischen (Schinder-) Kollegen aber spielte fraglos die Rolle herein, die sie und/oder ihre Amtsvorgänger zu Nazi-Zeiten gespielt hatten. Manch „Braunbefleckte“ taten sich im Abwiegeln der roten Untaten besonders hervor.

1.8  So rasch wie sich aus besagten Gründen die grobe sowjetische Methode in den frühen 70ern zum Masseneinsatz als untauglich erwies, so schnell setzte die Stasi auf die verfeinerte Methode der „operativ-psychologischenZersetzung, die das gleiche Ziel systematischer Repression [6] nicht-system-konformer Meinungsäußerungen unauffälliger und offensichtlich wesentlich häufiger erreichte. Dieser Tage ging mir eine Notiz zu, die besagt, es seien an die 50.000 Menschen im Ostteil des Landes u.a. durch Zersetzungsmaßnahmen in den Suizid getrieben worden [7]. „Zersetzung“ geht im Grunde von fast Alltäglichem aus, beginnt im Sandkasten mit dem Vogelzeigen. Sie ins Politische zu überführen, gehört an sich nicht viel dazu, wurde aber von der Stasi doch auf Hochschulniveau betrieben – mit Promotionsmöglichkeit gar. Bei der letzten Jahresversammlung unserer GEP am vergangenen Wochenende habe ich den Mitgliedern nun den Text eines Amerikaners vorgelegt, der sich bitter über die auch in seinem Land aufgekommene Unart ausläßt, bestimmte politische Äußerungen als Verschwörungstheorie zu deklarieren und sie damit im Handumdrehen politisch zu erledigen. Näheres unter .3.8 und .5. Sie sehen, meine Damen und Herren, manche Dinge sind auch bei uns nicht „aus der Welt“.

[6] Die berühmte Richtlinie Nr. 1/76 des MfS zur Entwicklung und Bearbeitung operativer Vorgänge: „Bewährte anzuwendende Formen der Zersetzung sind – systematische Diskreditierung des öffentlichen Rufs, des Ansehens und des Prestiges auf der Grundlage miteinander verbundener wahrer, überprüfbarer und diskreditierender sowie unwahrer, glaubhafter, nicht-widerlegbarer und damit ebenfalls diskreditierender Angaben; - systematische Organisierung beruflicher und gesellschaftlicher Mißerfolge zur Untergrabung des Selbstvertrauens einzelner Personen....“

[7]  STACHELDRAHT 5/92 schätzte „unter 50.000 politisch motivierte Selbsttötungen“ in der SBZ / DDR in den Jahren 1945–89. Suicide in direktem Zusammenhang mit Zersetzungsmaßnahmen sind dokumentiert.

„Seelenheilkunde“ ist janusköpfig. Sie hat außer krankheitsheilenden oder -lindernden grundsätzlich auch „staatsnahe“ Ordnungsfunktionen. Sie ist auch im besten Rechtsstaat das „staatsnächste“ Fach der Medizin. Allein mit ihrer Definitionsmacht des „Normalen“ versus Krankhaften ist sie politisch, wobei natürlich dahinsteht, ob sie nicht auch hier eher „Magd der Macht“ (so ein Vortragstitel auf der Tagung) ist. Wenn die Psychiater der APA 1973 die Homosexualität vom Krankheitsregister DSM strichen, entsprang dies vielleicht ihrer autonomen Erkenntnis. Daß sie auf einmal aber, wie es seitdem oft geschieht, die gegenteilige  Haltung als „Homophobie“ pathologisieren, hat deutlich politisches Odeur. Sind es vielleicht auch jenseits des Teichs Politiker, Plutokraten etc., die den ihr Brot essenden Psychiatern sagen, wo’s lang geht?

1.9 Just die Zeit, in dem der Mißbrauch in der Sowjetunion in Fahrt kam, starteten im Westen die 68er Revolution und, mit ihr eng verflochten, klar aber „von oben“ betrieben, die Psychiatrie-Reform. Laut versprach sie eine Verbesserung der Krankenversorgung. De facto brachte sie neben einer Ausdehnung der Psychiatrie allgemein (diese vor allem durch Integration der Psychoanalyse) eine Ausdehnung von Staatspsychiatrie (Näheres unter .3.3). Ich zitiere dazu nur den ehemaligen Kommissionsvorsitzenden der Psychiatrie-Enquête (1971-75) Prof. Kulenkampff. Was er und andere an neuen Psycho-Strukturen im Land als notwendig anforderte und was zunehmend seitdem eingeführt wird, sei, schrieb er (in Schwarz, Weise, Thom, SOZIALPSYCHIATRIE IN DER SOZIALISTISCHEN GESELLSCHAFT, VEB Thieme, 197), „in der UdSSR ... schon seit langer Zeit zu einer gewissen Vervollkommnung entwickelt worden.“ Die Reform des Gesundheitswesens auf eine Vergesellschaftung, Verstaatlichung hin setzt mit den Stimmen von SPD und CDU/CSU seit Anfang des Jahres das Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) fort. Als die Reform in den 70ern in der Psychiatrie begann, merkten es die Ärzte noch nicht, lachten, buhten sie, wenn man sie warnte. Es ging den meisten damals noch nicht an ihre Haut. Heute ist nicht nur unter ihnen, wie Sie wissen, Jammers genug.

Nun, wir sind Demokraten und glauben an die Möglichkeiten der Selbstkorrektur des demokratischen Systems, selbst wenn Fehlentwicklungen in ihm fortgeschritten sind. Daß „Seelen-Heilkunde“ bald nach den Nazi-Schrecken in einigen Ländern, in subtileren Formen auch in unserem Land wieder Magd der Macht wurde, liegt wohl auch an den Zöpfen des deutschen Hochschulwesens. Die Venia legendi, das Weiterbildungsrecht liegen bei unseren Ordinarien und Chefärzten. Und diese sind Beamte. Die niedergelassenen (Nerven-)Ärzte aber, die frei sein könnten, sind’s gewohnt, ihren „Oberen“ zu folgen [8]. Dabei wäre die wirkliche Unabhängigkeit der Behandler und Gutachter für die Bürger nirgends wichtiger als in der „Seelenheilkunde“. So aber resultiert, was Christian Müller von der psychiatrischen Universitäts-Klinik Lausanne einmal in die Worte faßte (NERVENARZT, 645/85): „...Daß wir Psychiater weiter und mehr an der Vergangenheit unseres Faches leiden müssen, als die Chirurgen oder Internisten, ist auch für mich ausgemacht. Über weite Strecken ist unsere Geschichte ein Taumeln von Irrtum zu Irrtum.“ Im nächsten Augenblick freilich wischen diese hohen Herren jeden Hinweis auf möglichen Irrtum rigoros wieder zur Seite. Von ihren Leiden war ohnedies selten etwas zu spüren.

[8] Es wird doch nicht wirklich am deutschen Wesen liegen, wie es der jüdische Schriftsteller Chaim Noll, selbst Opfer systematischen bzw. schweren politischen Psychiatriemißbrauchs der DDR (RB 1/97), uns vorhält: „...Viele Flüchtlinge aus der DDR, viele aus Zuchthäusern Freigekaufte lebten in der alten Bundesrepublik... doch immer war deutschem Biedersinn verdächtig, wer sich mit einer befestigten Macht, einem Staatswesen überworfen hatte, und immer war hochwillkommen, wer das Ungeheuerliche legitimieren half... (NACHTGEDANKEN ÜBER DEUTSCHLAND, rororo, 1992).

Ob die Unabhängigkeit der Medien größer ist? Wer die Einseitigkeit ihrer Berichterstattung gerade bei den behandelten Psycho-Themen über Jahrzehnte erlebt hat, glaubt das nur schwer. „Mägde der Macht“ auch sie? Vielleicht aber spielt für die geschilderte Situation im Fach auch eine Rolle, daß bisher noch keine Akademie für politische Bildung zum Vortrag und Streitgespräch geladen hat. Sie, Herr Prof. Oberreuter, haben dafür mustergültige Bedingungen geboten. Bei den unterschiedlichen Vorträgen und den deutlichen Diskrepanzen zwischen diesen ist wohl klar geworden, wie nötig die faire und umfassende Diskussion der vielschichtigen Themen ist. Ich bin in jedem Fall zuversichtlich, daß die therapeutisch heute hoch effiziente, in unterschiedlichen Systemen freilich schon arg mißratene und teilweise gewiß auch heute gefahrenträchtige Psychiatrie als Heilkunde zu retten ist.

 

2. Rezension des neuen „Standard-Lehrbuchs“ von M. Berger Psychische Erkrankungen – Klinik und Therapie, Urban & Schwarzenberg, 2004, 1264 Seiten, Euro 129.-

 

2.1  Wie schon die Erstauflage des Buchs von 1999 legte Prof. Berger, Ordinarius für Psychiatrie in Freiburg, die Neuauflage als „umfassendes Standardwerk“ der Psychiatrie vor (so in DÄ 7/04 rezensiert). Er will es nicht mehr als „Amalgamierung von Psychopathologie und Pharmakopsychiatrie“ verstanden wissen, will vielmehr alles zusammentragen, was bei besagten Krankheiten irgendwie relevant sein kann. Natürlich enthält das Buch viel Richtiges. Es enthält dennoch selbst bei der nosologischen Beschreibung von Störungsbildern, der basalen Aufgabe eines medizinischen Lehrbuches, einige gravierende Lücken.

 

2.2  Nehmen wir im Kapitel über die soziale Phobie [9] die Aussage heraus, es träten die Angstattacken „nahezu unvermeidbar und sofort bei der Begegnung mit den entsprechenden Situationen auf.“ Richtig, ja direkt Eigenheit der Störung ist aber, daß sie oft nicht sofort, sondern erst im Lauf einer Begegnung plötzlich den / die Betroffene(n) überfällt, ihn/sie dann um so mehr verstört. Auch häufige Fehlhandlungen, Fehlreden, die aus der übermächtigen Angst entstehen und den (die) Patiente/i/n im Zirkel weiter belasten, erwähnt Berger nicht, ebenso wenig das spontane Abebben der Störung jenseits des 6. Lebensjahrzehnts auf das der Erstbeschreiber Isaak Marks schon hinwies.

[9] Ich spreche das Störungsbild gern an, weil es nicht sehr geläufig ist, oft verkannt wird, mit großem Leidensdruck einhergeht, vielfach in unergiebige Freudsche Psychotherapien kommt, darunter überflüssig perpetuiert wird und dabei rasch und langfristig auf gewisse Psychopharmaka (und vernünftige Psychotherapie) anspricht. Eine meiner entsprechenden Patientinnen nimmt, was sie da „überfällt“, weniger als Angst, denn als plötzliches „Blockiertsein“ wahr. In Gesellschaft redet sie unter höchstem Leidensdruck plötzlich „Stuß“, weil sie, so „überfallen“ und „blockiert“, keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Als sie zu einer Prüfung in die Stadt fahren soll, nimmt sie, „überfallen“, die S-Bahn in entgegengesetzte Richtung - und ist verwundert.

2.3  Im Kapitel Psychoanalyse stellt Berger voran, es werde ihr fehlender Wirksamkeitsnachweis vorgeworfen. Er behauptet dann aber ungerührt (RB2/02.5.2), es lägen doch „für die tiefenpsychologische oder psychodynamische Psychotherapie (in der Regel 80 Stunden Therapiedauer) kontrollierte Evaluationsstudien vor, welche die klinische Wirksamkeit... belegen“ (keine Quellenangabe), an anderer Stelle dann (S. 888), der Wert ihrer Theorie ließe „sich nicht an den Kategorien ‚richtig’ oder ‚falsch’ ermessen“ (an welchen sonst?), die Analyse entzöge so „sich der empirischen Überprüfbarkeit.“ Der Irrationalität so beigebend, bläst Berger auf vielen Seiten Freuds Theorien weiter auf, erklärt dessen „Sichtweisen“ zu grundlegenden Erkenntnisquellen für  fast alle seelischen Störungen. Er kreiert ein Sammelsurium undifferenziert nebeneinan-derstehender Psycho-Offerten, einen wahrlich kirchentagsreifen „Markt der (Psycho-)Möglichkeiten.“ Sein Buch wächst darüber auf über 1200 Seiten. Postmodernes „anything goes“, viel großspurige Wirrnis, in der die psychiatrisch-psychotherapeutische Praxis und Forensik heute ohnedies weithin stecken, werden mit Wissenschaftsanspruch nochmals verstärkt.

  2.4  Zeigten manch frühere Lehrbücher, etwa J. Weitbrechts Psychiatrie im Grundriss schon in ihrem Titel eine gewisse Bescheidenheit an, lehrten sie den Adepten sorgfältig zu unterscheiden, zuzuordnen, auch selbst sich zu bescheiden, so geht’s bei Berger – gewiß ist in der Zwischenzeit manches neu hinzugekommen – wahllos, rücksichtslos in die Breite. Psychiatrie und Psychotherapie, wie die Erstauflage seines Buchs 1999 hieß, sind jetzt auch nicht mehr genug. Es müssen schon die „psychischen Erkrankungen“ sein, denen Berger letztlich fast alles zuschlägt, was es am Menschen an persönlichen Eigenheiten gibt.
 

2.5  Sicherheit für seine waghalsigen Diagnosen nimmt er durch Anlehnung an die ICD, das DSM, die freilich aus ähnlich waghalsigen Diagnosen bestehen (RB 2/03.6.2). Unter Berufung auf Cochrane [10] nennt Berger sein Werk im Vorwort eine „Implementierung von EBM in ein von Experten aufgrund ihrer Sachkenntnis verfaßtes Fort- und Weiterbildungs-Lehrbuch.“ Mit penetrantem Selbstlob beginnt es bereits. Angesichts dessen, daß es für seinen Freudschen Grundzug überhaupt keine Evidenz gibt, wirkt der Anspruch ziemlich vermessen. Berger war es, der auf dem Deutschen Ärztetag 2003 den Psychiater schon zum „Facharzt für psychische Erkrankungen“ umbenennen wollte (RB 2/03.4.5) - und damit durchfiel. Wenn bei vielen Fortschritten dem Fach gleichzeitig so viel Flop untergemischt wird, muß man dankbar sein, daß der Ärztetag abwinkte. Daß dieser gleichzeitig aber dem Freudisch noch verstiegeneren Facharzt für Psychotherapie und Psychosomatik zustimmte, ist ihm bei so viel Fehlweisung aus oberen Fachetagen fast nicht zu verdenken.

[10] Der britischen Epidemiologe A.L.Cochrane führte 1952 das Verfahren des Randomised Controlled Clinical Trials RCT ein und begründete damit die Evidence based Medicine (EBM).

 

3.   Rechenschaftsbericht zur Jahresversammlung der GEP 2004 (24.04.2004)

 

3.1  (Anrede) ... Ich möchte gleich mit der wichtigsten Frage beginnen, die da heißt: Ist bei der bestehenden (fach-)politischen „Großwetterlage“ und der Verfassung unserer Vereinigung unsere Arbeit weiter sinnvoll? Klare Antwort: Ja, sie ist es. Ich werde wieder ausholen müssen. Es ist die langjährige Erfahrung der alten Vorstandsmitglieder, daß die verschiedenen angesprochenen Probleme zusammengehören, sie am ehesten in zusammenhängender Behandlung lösbar sind.

3.2  Ich berichtete Ihnen schon von der weltweit neu aufgekommenen Freud-Kritik. Im letzten November haben nun der Brite/Kanadier Prof. Robert Wilcocks und der an der Univ.-Kinderklinik von Toulouse tätige Psychologe Jacques Bénesteau, beides „erfahrene Hasen“, Autoren gewichtiger Bücher, mit uns zusammen das Internationale Netzwerk der Freud Kritiker, INFC, etabliert. Umfänglich und hoch aktuell publizieren sie, wir und viele andere jetzt auf unserer Website (www.psychiatrie-und-ethik.de) dreisprachig – englisch, französisch, deutsch – zum Thema. Wir sind wieder eine internationale Formation. Die Anerkennung der Psychoanalyse als Wissenschaft wie das Herunterspielen des Psychiatrie-Mißbrauchs der DDR sind „flächendeckend. [11]“ Lügengespickt das eine wie das andere, sind sie doch so etwas wie Teile des „westlichen Mainstreams“. Um gegen sie aufzukommen, ist es gut, wenigstens auf einem der Gebiete international wieder qualifizierte, engagierte Mitstreiter zu haben.

[11]  Seit der Tutzinger Tagung ist der Vorwurf nun etwas gemildert.

Die Angelegenheit der Psychoanalyse spreche ich seit Beginn meiner „fachpolitischen“ Aktivität an, hierbei auch von Prof. von Baeyer unterstützt – entsprechende Veröffentlichungen u.a. im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT seit 30 Jahren. Mit größter Reserve stand v. Baeyer dem benachbart in Heidelberg lehrenden Prof. A. Mitscherlich gegenüber. Als Vereinigung wenden wir uns gegen die Freud-Lehren seit über zehn Jahren immer offener, weil ihre Ansprüche immer penetranter wurden und sich zunehmend als eines der Kernprobleme der ganzen Auseinandersetzung, als Hauptquelle unredlicher Interferenz in allen „Psycho-Fächern“ und all den von uns behandelten Fragen erwiesen. Wesentlich  war die Analyse speziell unter dem Einfluß Trotzkis am Aufbau des Sowjetsystems, der intendierten Schaffung „neuer Sowjetmenschen“  beteiligt – nachzulesen in dem Buch EROS DES UNMÖGLICHEN von Alexander Etkind. Allgemein aber gilt: Wer in welcher Sache auch immer einer Instanz beigibt, die „das Unbewußte“ zur bestimmenden Kraft im Menschen erklärt und über den Zugang zu ihm allein zu verfügen verkündet, der hat seine eigene Kompetenz an sie schon abgetreten, hat sich selbst entmündigt. Wilcocks und Bénesteau stehen in einer Reihe mit weiteren angesehenen Wissenschaftlern in vielen Ländern. Umfassend sind unsere Positionen wissenschaftlich abgestützt.

3.3 Damit bin ich bei dem zentralen Punkt, der uns auch im Zusammenhang mit dem Psychiatriemißbrauch, speziell dem der DDR, am meisten bekümmert, nämlich seiner vollständigen Tabuisierung durch die (wie ich’s der Einfachheit halber ausdrücke) „politisch-publizistische Klasse“. Dabei ist der Mißbrauch „im Sowjet-Stil“ heute durchaus aktuell, nämlich in China. Ausführlich kam er bei der letzten Jahresversammlung der APA in San Francisco (RB 2/03) oder in dem 300-seitigen Buch DANGEROUS MINDS zur Sprache, das von der amerikanischen Bürgerrechtsvereinigung HUMAN RIGHTS WATCH und der GENEVA INTITIATIVE ON PSYCHIATRY (GIP) herausgegeben wurde. Danach werden im Reich der Mitte Mitglieder der Falun Gong, wie wir wiederholt berichteten (u.a. RB 2/00 .2.8), weiter in großem Umfang „psychiatrisiert“. Über 1000  Sektenmitglieder, aber auch Katholiken, Protestanten, Buddhisten und andere „Oppositionelle“, insgesamt über 3000, würden, hießt es, in Fachkran-kenhäusern zwangsinterniert und behandelt, mehr also als seinerzeit in der Sowjetunion als Mißbrauchsopfer namentlich bekannt geworden sind. Als Kläger tritt da erfreulicher Weise auch GIP auf, der ehemalige Dachverband, der dann mit am wirkungsvollsten den Psychiatriemißbrauch der DDR leugnete [12]. Über besagte Mißbrauchspraktiken, die sich weit weg abspielen, gab es gar westliche Radiosendungen. Der WVP überlegte schon ein Tätigwerden. Nur das Erleben derer, die in der DDR politische Zwangspsychiatrie erfuhren, Ihr Erleiden, Herr Koch, Herr Eckstein und manch anderer Mitbetroffener - an die chinesischen Zahlen kommen Sie natürlich nicht heran - kümmert (fast) niemanden. Keinen, der sich im Mainstream mitbewegt, kümmert das in der „real-sozialistischen“ Psychiatrie in unserem Land Erlittene.

[12] Gip sagt in dem genannten Buch von sich, sie überprüfe „die menschenrechtliche Situation im Bereich der seelischen Gesundheit in allen Ländern, in denen sie arbeitet, und bekämpft den politischen Mißbrauch der Psychiatrie, wo immer sein Vorkommen aufgefunden wird.

Nun aber ein Lichtblick: Anfang Mai hat die AKADEMIE FÜR POLITISCHE BILDUNG TUTZING eine Tagung anvisiert, bei der – in wenigen Tagen - zum ersten Mal doch auch unsere Sicht der Dinge auf „offizieller Ebene“ einmal zu Wort kommen wird  (.1). Es geschehen Zeichen und Wunder.

Zum Mißbrauch aber ist für uns noch das Thema der Zersetzung hinzugekommen. „Psycho-wissenschaftlich“-systematisch-professionell entwickelt, ist sie de facto eine „Verfeinerung des Mißbrauchs,“ offensichtlich auch eine „effizientere“. Ich verweise auf die Bücher von Klaus Behnke und Jürgen Fuchs ZERSETZUNG DER SEELE (RB 1/95.3.3) sowie das im letzten Rundbrief (2/03) besprochene Buch von Dr. Sandra Pingel-Schliemann ZERSETZEN, das den Psychiatriemißbrauch freilich wieder Süß-ähnlich abtut - „von oben“ dirigiert? Der Brief Dr. Ecksteins an die Dame (RB 2/03.2.2) wurde nicht beantwortet, das Stasi-Opfer von der „Stasi-Aufarbeiterin“ keiner Antwort gewürdigt.

3.3   Über all das und ähnliches, auch oder gar besonders einige psychiatrische Themen kann in unserem Land nur verkürzt oder schönend oder gar nicht gesprochen werden. Kritisch nicht behandelbar ist vor allem die Psychiatrie-Reform, die sich ab Anfang der 70er Jahre in unserem Land wie auch anderen westlichen Ländern abspielte, laut eine bessere, liberalere, humanere Krankenversorgung versprach, vor allem aber in einer Ausdehnung der Psychiatrie allgemein und speziell der Staatspsychiatrie mündete.

Wenn ich sie den Nicht-Psychiatern unter uns näher erklären soll, muß ich weiter ausholen. Der Wissensstoff von Neurologie und Psychiatrie, vielfach verflochten und über Generationen hierzulande als Nervenheilkunde verbunden, hätte sich, sagen die Kliniker, so vermehrt, daß er kaum mehr zusammen beherrschbar sei. Dabei beinhaltet die Psychiatrie allein gewiß eine sehr anspruchsvolle Tätigkeit. Als alleiniges Fach ist sie vom Wissensstoff her jedoch eher klein. Um sie künstlich gewichtiger zu machen oder auch, weil ihre Aufblähung à priori politisches Ziel war, führen einige Klinker, Staatspsychiater z.B. die laut ICD hier existierenden 600 Diagnosen an (darunter vielleicht auch die „posttraumatische Verbitterungsstörung“, Seite 1), so kürzlich der Chef der neuen Psychiatrischen Abteilung am Kreiskrankenhaus Garmisch-Partenkirchen, ähnlich Berger (.2.5), ähnlich das Psychiater-Gros [13]. Dabei kann man die wirklich hier existierenden verschiedenen Krankheitskomplexe, unter denen es natürlich viele Unter- und Mischformen gibt, an den Fingern zweier Hände aufzählen: Schizophrenie, manisch-depressive Erkrankungen, Suchterkrankungen, organische Psychosyndrome, Zwangs- und Angsterkrankungen, „Persönlichkeitsstörungen“, bei denen es schon fragwürdig wird [14]. Ähnlich „übersichtlich“ das therapeutische Arsenal: Wenige Wirkgruppen von Psychopharmaka und Psychotherapien, zumindest von „effizienzgeprüften,“ so es solche überhaupt gibt. Just sie aber tragen zu besagter Aufblähung bei.

[13]  Sie leiten daraus eine immer gräßlichere psychiatrische Unterversorgung der Bevölkerung ab, für deren Optimierung sie natürlich sehr, sehr, sehr viel mehr Geld benötigten (Berger so in NeuroTransmitter 5/04).

[14]  Was es mit (600) ICD-Diagnosen auf sich hat, dazu aus akutem Anlaß ein weiteres Beispiel: Unter ICD-10: F68.1 / DSM-IV: 300.16 wird unter „vorgetäuschten Störungen“ das Münchhausen-Syndrom angeführt, unter der ICD als Untergruppe noch das „Münchhausen-Syndrom by Proxy“ („in Vertretung“). Herausgearbeitet hat es der britische Pädiater Sir Roy Meadow. Die Krankheit soll darin bestehen, daß seelische oder auch körperliche Symptome vorgetäuscht, u.U. künstlich zugefügt, bei letzter Variante „by Proxy“ anderen zugefügt werden, von Müttern insbesondere den eigenen Kindern. Diese WHO-anerkannte, auch in modernen psychiatrischen Lehrbüchern, etwa dem von M. Berger (.2) ausführlich abgehandelte Diagnose ist anscheinend besonders in englisch-sprachigen Ländern häufig gestellt worden. Tausenden von Müttern/Eltern, die die Diagnose abbekamen, wurden, weil mit ihr eine hohe Gefahr der Kindsbeschädigung verbunden sein soll, in den letzten 15 Jahren ihre Kinder weggenommen - vgl. den (etwas anders gelagerten) Fall 4.3 im Rundbrief 2/03. Bei Kindern festgestellte Beschädigungen wurden entsprechend kurzschlüssig den Müttern zugerechnet. Nachdem sie „am Syndrom des Lügen-Barons leiden“ (sollen), fand, was sie zu ihrer Verteidigung vorbrachten, vor Gericht kein Gehör. Kürzlich aber konnten drei Mütter (Mrs. Clark, Patei und Cannings), die, von Meadow des „Mordes an ihren Kindern überführt“, ins Gefängnis gekommen waren, im Revisionsprozeß ihre Unschuld nachweisen. Die Diagnose wurde jetzt als aus hohler Hand erfunden erachtet. Und Sir Meadow, den die Queen 1998 geadelt hat, steht im Verdacht, selbst der „Lügen-Baron“ zu sein,  mit dessen „Syndrom“ er andere ungerechtfertigt belastet hat. Das Ganze detailliert nachzulesen im englischen Teil unserer Website. Auch das ist politisch gestützte (WHO-)Psychiatrie!

Psychotherapie, die „sprechende Medizin“,  spricht vor allem „Problembeladene“ an,  bringt damit “Psycho-Aktivität“ an solche Menschen heran, die für die „alte“, klassische Psychiatrie nie erreichbar wären, erreicht direkt oder indirekt so weit mehr Menschen als diese, dehnt Psycho-Einfluß - das ist heute auch intimer staatlicher Einfluß, staatliche „Kontrolle“ - also allgemein aus. In jedem psychotherapeutischen Behandlungsfall wird ja in dem bekannten Gutachter-Verfahren das Freud- und politisch korrekte Denken des Behandlers neu geprüft. Zudem brachte besagte Reform die „Staatspsychiatrie“ speziell noch durch die flächendeckende Etablierung psychiatrischer Institutsambulanzen voran, schuf sie hier weithin DDR-Verhältnisse.

Die gleiche Richtung geht jetzt das Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG), das seit Anfang des Jahres auch die übrige fachärztliche Behandlung mehr und mehr unter staatliche Obhut bringt. Dagegen ist viel Protest jetzt in der Öffentlichkeit wie unter den Ärzten. Als es in den 70ern „nur“ die „Seelenheilkunde“ erwischte, begriffen die meisten von ihnen gar nicht, was da seinen Anfang nahm [15]. Fast so komplett, wie wir von besagten Nachuntersuchungen zum Psychiatriemißbrauch in der DDR ausgeschlossen wurden (.1.7), erging es bei der Erarbeitung des Reform-Planes, der Enquête, den niedergelassenen (Nerven)-Ärzten. Als „ihren“ Vertreter (einen von zwei gegen unzählige Klinik-Psychiater, Institutionsvertreter) bestellte „man“ ein Bundesvorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Ärzte (ASÄ).

[15] Warum die prononciertesten Vertreter der Niedergelassenen, etwa der Vorsitzende des als knochen-„konservativ“ verlästerten Hartmannbunds Prof. Bourmer bei der Verstaatlichung des Faches mit anschoben,  wurde in RB 2/ 03.4.1 schon näher beleuchtet, kommt auch auf späteren Seiten nochmals zu Sprache. Von Anfang an war die Reform politisch intendiert, weithin marxistisch, gleichwohl aber nachdrücklich von der Union unterstützt.

3.4 Jetzt ist die „Reform“ der Psychiatrie fortgeschritten, ist diese damit „human“ und  „liberal.“ Wie das de facto aussieht, dazu habe ich im letzten Rundbrief drei Fälle geschildert. Sie legen dar, was manche unserer Mitbürger in der „Reform-Psychiatrie“ heute an Schikanen, an Entrechtungen schon einzustecken haben. Daß jetzt „immer mehr Menschen zwangsweise in der Psychiatrie landen“, immer mehr „unter Betreuung gestellt“ werden, die „Zahl der Betreuungsverfahren innerhalb von acht Jahren sich mehr als verdoppelt“ hat [16], berichtete kürzlich die Ärztliche Praxis 1.04. Von „desaströsen Fehlentwicklungen“ ist im BVDN die Rede (Dr. Planz–Kuhlendahl, DÄ 50/03), dessen Sprecher seinerzeit freilich trotz aller Düpierung (s.o.) doch mitmischten.

 [16] Eine neue Reform des Betreuungsrechts steht laut FAZ vom 17.05.04 nun doch an.

Wie die Auswirkungen werden auch die wirklichen Gründe der Psychiatrie-Reform vernebelt. Dabei erklären sie allein die Energie, mit der die Politiker die Reform vorangetrieben und jede (kritische) Diskussion von vornherein abgewürgt haben. In Rundbrief 2/00 stellte ich Ihnen die Worte des alliierten Psychiater-Generals G. B. Chisholm von 1945 vor. Sie, ihr Tonfall und die Beipflichtungen hoher Vertreter der US-/Truman-Administration zeigen, daß die Reform, nämlich die Ausdehnung des Faches ausdrücklich zur politischen Steuerung und Kontrolle der Bevölkerung angesetzt wurde. Deshalb offensichtlich zählten Argumente damals schon so wenig wie kürzlich beim Einmarsch der Amerikaner im Irak. Die Reform sollte der kulturrevolutionären Umprogrammierung und Anpassung der Bevölkerung an ein neues Herrschaftssystem dienen „jenseits von Gut und Böse.“  Zumindest ist es so in den Ausführungen Chisholms niedergelegt, darin neben der erweiterten, staatlich observierten Psychiatrie und Psychologie auch die Befürwortung „prophylaktisch“ zu führender Kriege. Das Psycho-Papier Chisholms, des späteren ersten WHO-Generalsekretärs, stellt einen Vorgriff auf 1968, im „Nachgriff“ eine Wiederauflage der Psycho-Aktivitäten der frühen Sowjetunion dar (.3.2) und läuft in der Vollendung auf ein schön-neu-weltlich-diktatorisches System im Sinn A. Huxleys hinaus. Widerspreche mir doch, wer nach der Lektüre des Papiers eine andere Deutung für möglich hält.

Gewiß, jeder scheut sich, über die Dinge zu sprechen, weil sie erstens an hohen Instanzen kratzen und zweitens in Dimensionen gehen, die dem „Normalbürger“ gemeinhin verschlossen sind. Aber es ist nötig, darüber zu sprechen. So penetrant die Spitzenvertreter der Psychiatrie schaurige Übergriffe in ihr beschönigen, so hemmungslos sie, ihr öffentliches Erscheinungsbild teils bis ins Absurde, teils gar Betrügerische gehend, aufdonnern, werden ihre Aufblähungen und damit verbundenen Ansprüchlichkeiten politisch-publizistisch bedient. Just das ist es, was am allermeisten irritiert und nach übergeordneten Planern Ausschau halten läßt.

Aus welch anderem Grund außer dem, daß sie politisch so interessant, so gut einsatzbar ist, wird etwa die Analyse, für die es keinerlei ernsthaften Heilsamkeitsnachweis gibt,  politisch so auffällig gestützt, wird sie, um wieder ganz banal zu werden, im Vergleich etwa zu psychiatrischen Leistungen mit wesentlich höheren Honoraren gepäppelt [17]? Für manche Psychiater ergab und ergibt das natürlich bis heute das „überzeugendste“ Argument. Viele nahm es für die Reform ein. Daß viele darüber von der Behandlung psychisch Schwerkranker weg in die bequemere UND besser bezahlte Behandlung der Problembeladenen, „Leichtkranken“ abwandern und so staatspsychiatrischen Ambulatorien und damit der flächendeckend-staatlichen Psycho-Betreuung der Bevölkerung Platz machen würden, war von vornherein klar und war offensichtlich auch das Ziel der Reform.

[17] Was die „Reformpsychiatrie“ auch anderenorts an Absurdität und Unheil zeitigt,  beleuchtete ein Bericht in DÄ 6/04, der zum Mord an der schwedischen Außenministerin Anna Lindh durch einen insuffizient behandelten Kranken Stellung nahm. Die „Entpathologisierung der Geisteskrankheiten,“ in ihrer Konsequenz die Vernachlässigung ihrer Behandlung sind nach G. Rohrmoser 68er Erbe. Bezüglich der nun einmal aus Psychosen erwachsenden Gefährdungspotentiale streute der immer groß-human-spurig auftretende Mit-Anführer der Reform in Deutschland, Prof. Häfner, in einer vielbeachteten Publikation 1973 der Öffentlichkeit den feinsten Sand in die Augen. Was es wirklich an Verbesserungen in der Krankenversorgung gab, ist im wesentlichen aus dem Fortschritt der Wissenschaft erwachsen, etwa besseren Medikamenten, und aus der Tatsache, daß in den 70ern auch für die Krankenversorgung mehr Geld gab als unmittelbar nach dem Krieg.

3.5  Daß von besagtem Mißbrauch in der DDR, heiße er nun „systematisch“  oder auch einfach nur „schwer“, auch unter den bekannten, ehemaligen DDR-Bürgerrechtlern wenig zu hören war, lag vielleicht mit an der geschilderten terminologischen Unsicherheit (der die Tutzinger Tagung hoffentlich nun ein wenig abgeholfen hat). Kaum jedenfalls war in ihren heutigen Organen bisher davon die Rede, nicht im STACHELDRAHT, nicht in HORCH & GUCK, nicht bei den Veranstaltungen der BÜRGERKOMITEES im Land das Tabu-Thema schlechthin. Daß wir geschnitten werden, weil wir auch andere derartige Tabuthemen kritisch berühren, die Psychoanalyse etwa oder die Psychiatrie-Reform - vielleicht glauben auch manche Bürgerrechtler an ihre schönen Parolen  -, würde ich noch hinnehmen. Aber es wurden gar nicht wir persönlich, sondern „der“ Psychiatriemißbrauch und mit ihm eine ganze Kategorie totalitärer Menschenrechtsverletzungen „beschwiegen“ (in Tutzing gefallener Ausdruck).

In ihrem Heft 3/99 klagte HoRch & Guck (Verräter im weißen Kittel), daß von den Ärztekammern keiner der Stasi-Ärzte (namentlich genannt Dres. Horst Böttger, Klaus Hoffmann, Monika Kneschke, Hans Eichhorn, Dieter Häußer, Klaus Schäfer) zur Rechenschaft gezogen worden ist. Man ist dabei natürlich an das Ungeschorenbleiben auch vieler Nazi-Ärzte unter Kammer-Fittichen erinnert. Wie sich aber Ärzte etwa in unserer Organisation aufgerieben haben, die roten Psycho-Verbrechen überhaupt einmal dingfest zu machen und dann den Tätern zu wehren, das hat auch Horch  & Guck nie interessiert. Ein anderes Beispiel: In einem von Help e.V. herausgegebenen Buch Das gestohlene Leben (ISBN 3-00-010800-9) wird das Schicksal des Klaus Hentschel geschildert. 1972 wurde er 14-jährig wegen angeblicher „PyromanieGefahr an der Staatsgrenze“  von einem Kreisarzt eingewiesen. 20 Jahre lang wurde er dann durch verschiedene psychiatrische Anstalten, u.a. Waldheim, geschleppt, bis er nach einem von verschiedenen Ausbruchsversuchen 1992 schließlich tot aufgefunden wurde. Offensichtlich kein direkter politischer Psychiatriemißbrauch, sondern „nur“ das traurige Schicksal eines „Psychiatrisierten“, wie es immer wieder bekannt wird, um so eher aber, wo rechtsstaatliche Vorkehrungen schütter sind. Aus dem Buch geht noch hervor, daß jetzt, 1992, reiches publizistisches Interesse für Hentschel aufkam, sein Unglück in den Medien in Ost und West lebhaft beklagt, es jetzt gar (mit fraglichem Recht) den „DDR-Verhältnissen“ angelastet wurde.

Die beiden eben vorgetragenen Beispiele von „mainstream-Aufarbeitung“ zeigen ein eigenartig „psycho-technisches“  Muster. Im BILD-Stil wird da einmal Empörung hochgepeitscht, ein andermal auf die Tränendrüsen gedrückt. Das aber war’s dann. Ein Ausleuchten der Hintergründe, eine Behandlung der Themen im Zusammenhang wird eisern vermieden. Ja, wer wie wir sie leistet, dabei ideologische, etwa psychoanalytische Verstiegenheiten meidet, wer dazu Konsequenzen für unsere Gegenwart zieht, liefert besagten Medien und Gremien eher neuen Grund, totgeschwiegen zu werden. Sollte auch manche „Hilfsorganisation für die Opfer politischer Gewalt“ „von oben“ unterhalten sein? Unser ehemaliger Dachverband GIP führte uns ja bereits in aller Eindringlichkeit vor Augen, wie er für seine (privaten wie staatlichen) Geldgeber der Opportunität, der Emotionsabfuhr und Emotionsbindung zu dienen und den politischen Diskurs in „gewünschte“ Bahnen zu lenken hat (RB 2/91).

3.6  Nach Jürgen Habermas herrscht in der Demokratie der „herrschaftsfreie Dialog“. Als die Tagesthemen neulich von einem Parteitag der PDS berichteten, ging mir so recht auf, wie, was Parteien betrifft, unsere Medien das Spektrum von CSU bis eben PDS bestreichen und nichts drüber hinaus. Es ist offensichtlich die Spannbreite, in der wir politisch denken sollen, auch opponieren dürfen. Nur unsere Themen vom Psychiatriemißbrauch der DDR kommen im gesamten „mainstream-demokratischen“ Bereich nicht vor. Sie werden sogar im kirchlichen Lager ignoriert, dem in ethischen Fragen mitunter noch Engagement zuerkannt wird.

Weil die Lage der katholischen Kirche für uns alle (kultur-)politische Bedeutung hat, habe ich Ihnen, zu dieser Versammlung zwei entsprechende Schriften zugesandt. Die eine, von der hoch angesehenen Katholischen Akademie in Bayern herausgegeben, gibt ein „Streitgespräch“ zwischen dem Kurienkardinal Ratzinger und dem eben erwähnten Prof. Habermas wieder, wobei ersterer in Fortsetzung  der Konzilslinie laut FAZ vom 21.01.04 fand, es passe „im operativen Bereich kein Blatt Papier“ zwischen ihn und den Links-Philosophen [18]. Die andere Schrift stammt aus dem entgegengesetzten Lager der St. Pius X.-Bruderschaft. Sie „gilt“ als fundamentalistische Sekte. Ein Zusammenrücken der Christen, Oekumene wären unter ihr kaum denkbar. Sie nun deklariert Gorbatschow, den Papst, die „Kirche nach Rahner“ insgesamt zum verlängerten Arm der Freimaurer und deren neuer Weltordnung und stellt in ihre Reihe interessanter Weise auch noch die Scientology-Anti-Psychiatrie-Witwe Barbara Hubbard (www.trad.info.de). „Diffamierend, hirnrissig“, sagen da viele auf Anhieb.

[18] In der Debatte fand Ratzinger immer noch das ausgewogenere Maß des Menschen und seiner Gesellschaft, wenn er der oft schon aufgetretenen „Pathologie in der Religion“ auch „die Hybris der Vernunft“ entgegenstellte. Einem Habermas gegenüber besser abzuschneiden, war für Ratzinger wohl nicht allzu schwer.

Auch ich neige spontan eher zu Rahner und seinem Bemühen um die Vermittlung christlicher Grundwahrheiten an den sogenannt „aufgeklärten Menschen unserer Zeit“, die heute einzig mögliche Vermittlung, wie manche sagen. Erst beim zweiten Hinsehen werde ich zögernder. Muß es wirklich gleich „operativeDeckungsgleichheit der Kirche mit dem Wortführer der 68er „Diskurs-(und Beliebigkeits)ethik“ sein [19]? Mußte es so weit gehen, daß das intellektuelle Bubenstück des Psychiatriemißbrauchs in kommunistischen Diktaturen übergangen wurde [20]? Und muß es jetzt sein, daß mit sonstigen „desaströsen  Fehlentwicklungen“ im Fach Freudsche und ähnlich antichristliche Schwindellehren und ‑Praktiken von Einrichtungen der mainstream-Kirche mit angeschoben und die Menschen, die Gesellschaft von ihr mit in den hohlsten Neomarxismus / Freud-Marxismus abgedrängt werden?

[19]  Seine aufgedonnerte Freud-Apologetik nimmt auf der deutschen INFC-Website jetzt der norwegische Literaturwissenschaftler Asbjörn Tjelflat auseinander.

[20]  Heute sind Katholiken selbst schon „dran:“ Gegen eine Wallfahrt traditionstreuer katholischer „Initiativkreise“ nach Altötting plante der Vorsitzende der dortigen Grünen Grashammer für den 03.07.04 eine „Homosexuellen-Parade.“ Die Aufforderung, sie abzusagen, beantwortete der Grüne: „...Sie sind krank – lassen Sie sich behandeln..“ Aber nur wenige Katholiken hat der Psychiatriemißbrauch, grob oder subtil,  je gekümmert.

In den USA hängen katholischen Klerikern laut FAZ vom 18.02.04  11.000 Fälle von Kindsmißbrauch an. Die Diözesen rechnen mit 1 Mrd. Dollar an Regreßansprüchen wegen pädophiler / homosexueller Verfehlungen von Priestern, die dann mitunter  pädophilie-freundlichen Seelenkundlern zur Behandlung zuempfohlen werden. Schlagzeilen machte zuvor schon das amerikanische Psycho-Training nach C. R. Rogers, nach dem (RB 4/99.6.5) auf einen Schlag 550 Ordensfrauen wegliefen und 60 ordensgetragene Schulen schlossen. Nach einmütigem Willen der Leiter der katholischen Priesterseminare (DEUTSCHE TAGESPOST,  20. 03.04) sollen Psychologen jetzt flächendeckend auch in Deutschland die Kandidaten für eine Priesterausbildung testen und auswählen [21]. Wie in Amerika habe deren „sexuelle Struktur“ dabei thematisiert zu werden. Hat sich eine Instanz bereitwilliger schon ihren Gegnern überantwortet?

[21] Es gibt im katholischen Lager auch hartnäckig Gläubige, die PRO Sancta Ecclesia gegen den täuschenden „Zeitgeist“ aufzutreten wissen, wären von ihm selbst Bischöfe und Päpste geritten.

3.7  Man darf wohl auch fragen, warum zur Ehre (nicht gerade der Altäre, aber) eines gefeierten Interviews mit einem der höchsten Kleriker ausgerechnet Habermas gebracht wurde. Seinen „herrschaftsfreien Dialog“ hat schon sein Philosophenkollege Prof. Ernst Topitsch auf den Punkt eines „Strategems zur Herrschaft gebracht. Just mit ihm wurde das „von der CSU bis zur PDS reichende Meinungsspektrum“ etabliert, das sich in der Psychiatrie und vielleicht schon weit über sie hinaus als schlichter roter Meinungsterror erweist (vgl. Lengsfeld .1.7). Mit ihm wurden wir über Jahre mundtot gemacht. Bläst die Kirche den Links-Philosophen jetzt auf, weil just er etwa in seinem ERKENNTNIS UND INTERESSE (Suhrkamp, 1994) die Freudsche Pseudowissenschaft so wirkungsvoll aufblies? Als „das einzige greifbare Beispiel einer methodisch Selbstreflexion in Anspruch nehmenden Wissenschaft“ erklärte er sie in seiner, wie eine Zeitung 1998 meinte, „ihrer Unverständlichkeit halber erfundenen Wissenschaftssprache.

Ich gehe, wie gesagt, mit manch nachkonziliaren Weisen gern d’accord, bin aber nicht bereit, einen Sowjetstern über katholischen Altären (RB 2/03) für eine nur beiläufige Panne zu halten. Die Segenswünsche von Erzbischof Cordes, eines hohen Vatikan-Vertreters, haben wir dankbar empfangen (RB 2/03). Aber Deutungen wie die der Pius-Bruderschaft und anderer katholischer Kreise sind angesichts der erwähnten Vorkommnisse auch nicht vorschnell zurückzuweisen. Ähnlich wie wir die Ausweitung, Umstrukturierung und Umfunktionierung („Reform“) der Psychiatrie durch unsere Ordinarien und höheren Instanzen (WHO, WVP etc.) als Desaster erlebten, erleben sie die Wandlung der Kirche Christi zur Instanz einer synkretischen, vielleicht noch psycho-pseudotherapeutisch aufgepeppten Zivilreligion und Welteinheitsseelsorge.

Der katholisch engagierte Rudolf Willeke, der in RB 1/03 umfassend die „Gruppendynamik“ vorgestellt hat, beklagt, daß er mit all seinen wohl begründeten Warnungen vor den „psycho-technischen“ Zerstörungen von der einschlägigen Hierarchie genau so als Unperson behandelt wurde, wie es uns von Seiten des fachlichen „Establishments“ erging. Das vom Papst bis heute hochgelobte Vaticanum II. (1962-65) erscheint vielen treuen Katholiken als die wahre Eröffnung der 68er Kulturrevolution mit all den Folgen, Abtreibung, Euthanasie, Gen-Manipulation, Rauschgiftverbreitung, die der Papst und andere Amtskatholiken so lebhaft beklagen. Den Freud-Marxisten habe es den Weg zu ihrem leichteren Durchmarsch allerorts geebnet. Geht der Ruin von Kirche, Gesellschaft, Psychiatrie etc. überall in gleicher Weise „von oben“ aus [22]?

[22]  Selbst wenn es so wäre, bleiben auf allen Ebenen der Gesellschaft und in all ihren Bereichen doch auch Selbst-Verantwortliche, die in die Verantwortung genommen werden können, genommen werden müssen. Einsatz ist auf allen Ebenen, in allen Bereichen gefordert.

3.8  Eigentlich sind wir damit schon bei den Verschwörungstheorien, zu denen ich Ihnen einen weiteren „wilden“ Schriftsatz, den des Amerikaners Michael Hasty (Paranoid Shift), zugeschickt habe (.5), gleichzeitig aber auch den entgegengesetzte Richtung gehenden „mainstream-Artikel“ der SÜDDEUTSCHEn ZEITUNG (SZ) vom 5.3.04 (Jüdische Aliens aus der globalen Pipeline). Er schickte diese und ähnliche  Gedanken (.5) en bloc ins Antisemitische, Abwegige, Lächerliche, Geistesgestörte, jedenfalls ganz und gar Unberührbare. Just zu diesem Zweck wird der Terminus tatsächlich oft ausgespielt. Mit ihm sollen störende politische Äußerungen offensichtlich von vornherein „genichtet“ werden. Das hat als ehemalige Gauck-Behörden-Mitarbeiterin ja Frau Süß auch mit uns schon versucht (PSYCHO 8/99 und RB 4/99.12.1). Dabei bringen manche die kulturpolitische Entwicklung ganz offen auf den Nenner einer weitgespannten „offenen Verschwörung“. Ich erinnere an (die neu-linke) Marilyn Ferguson, deren Buch „Wassermann-Verschwörung“ ich in RB 4/99 (zuvor in DÄ 8/85) besprochen habe. Doppelt perfid, Verschwörung selbst als etwas ganz Selbstverständliches, ganz Normales zu behandeln, sie gegen andere, politische Gegner aber als „Psycho-Keule“ zu schwingen – fraglos eine Form feiner „Zersetzung“.

Nun werden wir uns weder von der SZ noch von anderen Blättern, die über Jahrzehnte die intellektuelle Schurkerei des Psychiatriemißbrauchs ignorierten, herunterspielten oder leugneten, die dafür den Freud-Marxismus und andere „desaströse Fehlentwicklungen“ in und außerhalb der Psycho-Fächer pushten, so schnell den Schneid abkaufen lassen. Ich erinnere, daß uns bereits auf die aller ersten, noch zaghaften Kritiken etwa an den Sowjetpraktiken, auf die ersten geäußerten Zweifel an der Angemessenheit der Psychiatrie-Reform, die ersten Kritiken an den Aufblasungen der Analyse Anfang der 70er die oft gar leidenschaftliche Feindschaft besagter „Klasse,“ nicht nur des psychiatrischen Establishments entgegenschlug.

Unter dem, was im Internet an „Verschwörungstheoretischem“ erscheint, ist Abwegiges, keineswegs aber nur solches. Entgegen den Unterstellungen der SZ stehen darin sehr viele wohl fundierte, detailliert belegte Beiträge, die ob ihres erhellenden, nirgends in den mainstream-Medien erscheinenden Inhaltes ernstliches Interesse beanspruchen können und auch finden. Wenn die SZ in besagtem Artikel behauptet, 40 bis 50 Prozent der Amerikaner glaubten an UFOs, dann kommen solche Anwürfe wohl eher aus ihrer Angst, es könnten sich nicht nur in Amerika immer mehr Menschen den Irreführungen der mainstream-Medien entziehen, weil eben im Internet „endlich alles unzensiert zu finden ist.“

Daß die „system-kritischen“ Publikationen im Netz, unabhängig von einander entwickelt, vielfach unsere Richtung gehen, sie totalitäre Tendenzen, wie wir sie in den Psycho-Fächern erleben, ähnlich im übrigen Welt-Getriebe erkennen, spricht wohl eher für den Realismus der Sicht. Um die Behandlung von „Verschwörungstheoretischem“ als neues Mittel der Ausgrenzung politisch unerwünschter Meinung kommt eine Gruppe wie die unsrige nicht vorbei. Ich möchte Hastys Text (gekürzt) im nächsten Rundbrief (dem jetzt vorliegenden) publizieren (.5).

Zugeordnet wird, was sich über die Psychiatrie hinaus an Totalitärem um uns herum einstellt, heute dabei eher als linken Radikalinskis dem „Big Money“. Auffallend oft förderten bekannte Plutokraten (gern über steuerbefreiende Stiftungen) totalitäre Systeme, rechte wie linke. Bei Leuten wie Rockefeller, der in dem Zusammenhang vielfach genannt wird und auch in dem SZ-Artikel vorkommt, begründen aber vor allem eigene Äußerungen (.7. sowie RB 4/99.11) die an ihm festmachenden Befürchtungen. Kommunistische und „großgeldige“ Intentionen gehen gut zusammen. „Community“ ist eine Leitformel der Schönen neuen Welt wie der „Sozialpsychiatrie“. Was sich unter Mittun „Seelenkundiger“ im Westen oder gar „global“ abzeichnet, wäre ein neuer, subtiler Totalitarismus. Dieser könnte sehr wohl, sei es durch Verschwörung à la Ferguson von einer internationalen Clique oder Klasse unter weitgehender Wahrung demokratischer Förmlichkeit eingeführt werden. Es bedarf dazu ja „nur“ der Verfügung über die Mittel zur „öffentlichen Meinungsbildung“, über Medien, Erziehungswesen, Unterhaltungsindustrie und eben die Psychiatrie und Psychologie. Das unvorstellbar „große Geld“ sollte sie nicht dirigieren können? Wir glauben gleichwohl an das dem demokratischen System innewohnende Potential zur Selbstkorrektur.

3.9  Die Infamie des Psychiatriemißbrauchs in der Sowjetunion war es, die entscheidend „Systemkritik“ heraufbeschwor. Ähnlich könnte es bei uns noch werden. Das Netz schafft Verbindungen, unabhängig von fremder Regie. Das scheint die „Klasse“ schon um ihr bisheriges Meinungsbildungsmonopol bangen zu lassen. Sie nimmt schon zu „Psycho-Praktiken“ Zuflucht. Zur Informationssuche aus nicht-lizenzierten Quellen schrieb die SZ a.o.O, eine Psychotherapeutin zitierend, es werde dies „in psychiatrischer Terminologie ... Hyperwachsamkeit genannt“ – was freilich eine Psycho-Zeitungsente ist. „Hyperwachsamkeit“ gibt es nicht. Sie steht nicht einmal bei den erwähnten 600 ICD-Diagnosen. Wachsamkeit aber ist gut.

Wir gelangten zur Annahme einer übergeordneten Regie für die absurden Entwicklungen in der Psychiatrie nur, weil sie aus ihr allein gar nicht erklärbar sind. Die Gesprächsverweigerung seitens der psychiatrischen Hierarchie und der Medien in all den von uns aufgezeigten bedrängenden Problemen des Faches läuft ja so gänzlich dem akademisch wie demokratisch Üblichen zuwider. Die Auseinandersetzung könnte aber, selbst wenn sie weit in „obere“ Gefilde reicht,  immer noch zu gewinnen sein. Ein Wort des unsäglichen Aldous Huxley lautet: „Die verachtenswerte Geduld der Unterdrückten (gemeint wohl: deren Dummheit, Faulheit, Feigheit)  ist vielleicht das unerklärlichste Faktum der ganzen menschlichen Geschichte, aber auch das wichtigste.

Daraus offensichtlich entwickeln Leute wie er immer wieder alles Recht aufhebende Herrschaftskonzepte. Die (mainstream-) Psychiater setzen bei deren Realisierung strahlende Mienen auf. Zyniker hat es unter ihnen immer gegeben. Es könnten auch jetzt etliche meinen, subtile Manipulation und Diktatur seien das Beste, was den Menschen angesichts ihrer bisherigen Geschichte zusteht. Mit dieser traurigen Wahrheit müssen wir rechnen.

3.10  Der Eindruck ist verbreitet, ein System von Oligarchen und ihm dienender Lakaien habe international das demokratische System unterwandert und es an sich gerissen. Ihnen seien die lügendurchsetzten Medien-Weisen, die entwürdigenden Werteänderungen, seien völkerrechtswidrige Kriege, gepredigte und praktizierte Menschenverachtung bis hin zu Folter und Psycho-Techniken zuzuordnen. Gegen sie wenden sich im Netz viele. Vielleicht hat ja Schuld an aller gegenwärtigen Misere gar nicht die „Geduld“ der Vielen, sondern der Umstand, daß die (gar nicht so) wenigen Klarsichtigen, Mutigen, Fleißigen bisher nicht rasch genug Verbindung aufnehmen und halten konnten. Was sie – nicht heute, nicht morgen, aber vielleicht übermorgen - bewirken werden, ist noch nicht absehbar.

Daß es nur wenige sind, die gegen die subtilen Psycho-Beihilfen zum Desaster aufstehen, ist verständlich. Wer kann sie als Außenstehender durchblicken? Und doch könnte der Widerstand gerade hier besonders effizient sein. Denn hier werden die Lügen „des Systems im System“ und die Unverfrorenheit [23], mit der „es“ sie aufrecht erhält, mit am deutlichsten sichtbar. Auch ist unser INFC ein schönes Beispiel dafür, wie mit dem neuen Kommunikationsmittel zumindest auf Teilgebieten tatkräftige Verbündete zuwachsen. Das Freudsche Kartenhaus ist jedenfalls trotz politischer Protektion durch die neue Kommunikation und die logische Stringenz der Argumente [24] schon deutlich ins Wackeln geraten.

[23] In RB 1/03, Fn 38, wurde an eine Experten-Runde zur Psychiatrie-Reform beim Deutschen Ärztetag 1974 erinnert, bei der Dr. Flöhl, Wissenschaftsredakteur der FAZ, eine Rede des Ref. in einem exklusiven Psychiater-Kreis herunterriß, weil die Reform, wie er zu berichten wußte, längst beschlossene Sache wäre. Nicht nur berichten Journalisten nicht, was ihnen (ihren Arbeitgebern?) nicht paßt. Sie erlauben sich gar zu beanstanden, daß solches überhaupt noch ausgesprochen wird. Klar jetzt, wer was wann wie noch kritisieren darf?

[24] Auch wenn leider nur ein geringer Teil der internationalen Freud-Kritik ins Deutsche übersetzt ist, nimmt es der vorliegenden, von den Freudianern nie widerlegten Kritik nichts von ihrer Wucht.

Demnächst könnten Psychotherapeuten, Psychiater, Politiker und wer immer sonst noch an ihm mitgebaut hat, wie der nackte Kaiser in Andersens Märchen inmitten schallenden Gelächters stehen. Unsere „hohen Damen und Herren“ werden natürlich versuchen, dem zu wehren. Wir werden es in nächster Zeit vermutlich nicht leichter haben. Ich bin gleichwohl zuversichtlich, daß es infolge der angeführten Aktiva und der dem demokratischen System immer noch innewohnenden Potentiale zur Selbstkorrektur doch gelingen könnte, den Avancen auf eine neue, subtile „Psycho-Diktatur“ hin zu begegnen.

Wenn es aber nicht gelingt – manche Christen richten sich bereits auf eine neue Zeit des Martyriums ein -, dann war es doch lohnend, daß wir mit anderen zusammen wenigstens versuchten, uns über das Geschehen Klarheit zu verschaffen. Selbst wenn ich überzeichnet hätte, die Situation so gefährlich, so schlimm nicht wäre, ist es doch nützlich, die Möglichkeiten des schlimmsten Falles auszuloten.

 

4. Zum „wissenschaftlichen“ Seelenverständnis

 

4.1  Schauen wir nun, welche Vorstellungen bezüglich der Seele und des Umgang mit Seelischem heute in anderen akademischen Bereichen bestehen, teilweise tonangebend sind. Dazu im Folgenden (seit längerem vorbereitete) Auszüge aus einem Interview der Fachzeitschrift Gehirn & Geist (G&G) mit dem Direktor des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung Prof. Wolf Singer, Frankfurt / M. und dem Philosophen Prof. Thomas Metzinger, erschienen in G&G 4/02 unter der Überschrift  Neuroethik – ein Frontalangriff auf unser Selbstverständnis und unsere Menschenwürde. Unter den brisanten Erkenntnissen der Hirnforschung „engt sich jetzt“, meinte der Philosoph, „auch für den Normalbürger der Spielraum dessen zunehmend ein, woran er als Privatmensch noch glauben kann – ohne vom Rest der Gesellschaft belächelt zu werden.“ Der persönliche Tod sei „für uns im Allgemeinen der größte anzunehmende Unfall, der „Super-GAU“. Die Begrenzung der Existenz träfe „Anhänger bestimmter kultureller Traditionen – beispielsweise der christlichen“ gar „noch härter“.

Der Hirnforscher stieß nach: „... Wir betrachten uns als frei in unseren Handlungen, obwohl diese Willensfreiheit neurobiologisch betrachtet gar nicht existiert,“ von welcher Betrachtung sich nur „Normalbürger“ und „juristische Kreise wenig beeindruckt“ zeigten. Dabei darf doch eher gefragt werden, ob so etwas wie eine neue „Neuroethik“ überhaupt existiert. Singer aber weiter: „Auch das Konstrukt einer immateriellen Seele ist wissenschaftlich nicht haltbar,“ was 200 Jahre nach Immanuel Kant vielleicht eher gegen einige Wissenschaftler als die Seele spricht. Selbst wohl zweifelnd, ob sich „die Normalbürger“ und „juristischen Kreise,“ seinem Hirnforscher-Konzept folgend, „einengen“ lassen, bekräftigte Singer aber die „Wichtigkeit, die Öffentlichkeit aufzuklären“. Keine Silbe dazu, warum solch einengende „Aufklärung“, die wahrlich „einem Frontalangriff auf unser Selbstverständnis und unsere Menschenwürde“ gleichkommt und die über die bekannten Positionen des Materialismus hinaus keinen Deut Erkenntnis mehr abwirft, so „wichtig“ sein soll.

Daß die Endlichkeit des irdischen Lebens die Anhänger der christlichen Tradition „noch härter“ träfe, das zu „erkennen“, blieb dem Hirnforscher und seinem philosophischen Zuträger vorbehalten. Selbst hartgesottene Agnostiker gestehen sonst den Gläubigen mindestens ein leichteres Sterben zu. Für diese ist es halt nicht wie für Singer, Metzinger und Co. der „Super-GAU.“ Den Transmittersystemen, der Neuronentätigkeit nachzuspüren, ist legitimer Auftrag der Hirnforschung. Nichts aber ist an ihr, was selbst eine Beseelung des Menschen ausschließt, wie sie etwa Michelangelo dargestellt hat.

4.2  Speziell die christliche Tradition monierte der Philosoph. Andere, die jüdische etwa, überging er. Den Vorwurf des Antisemitismus wollte er wohl nicht riskieren. Dabei hätte er gerade hier wahrnehmen können, welche Kraft auch heute in religiösem Glauben steckt. Ganze Nationen sind aus ihm in unserer Zeit wieder erstanden, nicht weniger als Israel. Auch wenn sich das Christentum heute matt zeigt, seine Vertreter die Herausforderungen saekularer „Seelenkenner/-leugner“ kaum wahrzunehmen scheinen, geschweige kontern und diese deshalb immer haltloser auftrumpfen, läßt seine geistige Potenz die solcher Wissenschaftler mitunter doch noch hinter sich. Singer plädierte noch für „Demut“, deren ideell christliche Wurzeln er natürlich verschwieg. Die überheblichsten Überziehungen der Wissenschaft fallen weniger auf, wenn man gleichzeitig Demut im Mund führt.

Lächelnd könnte man die „Erkenntnisse“ der Herren beiseite legen, dienten uns unsere Fachmedien und nicht nur sie Ähnliches allerorts nicht penetrant immer wieder an, versuchten sie nicht, uns unter dem Siegel der Wissenschaft immer neue Verschnitte von Wissenschaft (2/03.5.2) aufs Auge zu drücken. Aus welchem Fundus könnten denn Hirnforscher dem Normalbürger überhaupt eine „zeitgemäße Definition der Würde des Menschen“ geben? Wenn sie sie als „Humanität und Mitgefühl“ definieren und „globalisierte Fernstenliebe“ als „heute so dringend notwendig“ erklären, so ist es immer noch ihre Privatansicht. An der aber ist augenfällig mehr Politisches als Hirnforschung. Nach deren Ergebnissen ist ja, wie Metzinger kundtut, „unser emotionaler Apparat“ eher „für Kleingruppen optimiert“, für Familie, Freundeskreis etc. Die Äußerung der Gelehrten zeigt ein weiteres Mal, wie lässig manche von ihnen, Natur- wie Geisteswissenschaftler, wenn’s darauf ankommt, ihre Wissenschaft, von Ethik ganz zu schweigen, politisch verscherbeln.

Politische Forderungen führten den Herren offensichtlich die Feder. Ihnen aber nachzukommen, visierten sie gar „Eingriffsmöglichkeiten“ in die menschliche Natur an, „Neuropharmaka“ und gar „Neuroimplantate“. Diesen Akzeptanz zu verschaffen, war, so scheint es, der eigentliche Grund für das vorausgegangene theoretische Geplänkel. Metzinger: „Es könnte durchaus sein, daß das Drogenproblem eskaliert, wenn es neue Substanzen gibt, die noch viel schönere [25] Bewußtseinszustände vermitteln als alles, was wir heute kennen... Noch wichtiger erscheint mir jedoch das ‚Stichwort Neurotechnologie’: Wissenschaftler arbeiten weltweit emsig an neuen technologischen Zugriffsmöglichkeiten auf das Gehirn: Die Möglichkeiten, unsere geistigen Zustände zu verändern, werden an vielen Fronten optimiert...[26] Hier gibt es wohl nichts mehr zu lächeln. Hier bereiten die Herren über ihre theoretischen Vorbereitungen hinaus dem konkreten „Frontalangriff auf die Menschenwürde“ das Terrain. Hier setzen sie (und andere entsprechend Positionierte) dem Huxleyschen Alp noch das I-Tüpfelchen auf.

[25] schön-neu-weltliche

[26] Von der Entwicklung von „Hirnimplantaten“ erfährt man selten Konkretes. Was davon durchdringt, erweckt meist den Eindruck der Spinnerei. Nachdem jetzt aber dazu berufener Mund spricht,  werden auch wir die Gerüchte wohl ernster zu nehmen haben.

4.3  Schlimme Absicht schimmert auch durch, wo sie Richtiges zur Sprache bringen. So fand Metzinger, „die medialen Umwelten (könnten noch) wesentlich gefährlicher für uns werden als die einfache pharmakologische Manipulation“, was sich gewiß mit unserer oft ausgebreiteten Auffassung deckt. Und Singer meinte, „alle sollten sehr viel skeptischer werden hinsichtlich der Macht, die das Wort hat... Auch eine Studie über die Nebenwirkungen der psychoanalytischen Therapie erschiene mir ... interessant.“ An der Stelle wird die Unzulänglichkeit des biologischen Seelenansatzes gar besonders augenfällig. „Die Macht des Wortes“ steht außer Zweifel! Oft genug ist sie lebensbestimmend. Die dürftigen Hirnforscher-Sätze aber greifen Psychologen, speziell die Freudianer um so lieber auf, als sie sich ihnen gegenüber desto eindrücklicher als „Anwälte des Wortes“ aufspielen, diesem jetzt ihre nicht minder materialistische Dogmatik unterschieben, ihm damit desto hemmungsloser unrealistische Therapie-Wirkungen zusprechen und so der biologisch-pharmakologischen noch die medial-psychologische Manipulation beifügen können.

Der Trick ist primitiv, aber er wirkt. Auf ihn fallen auch viele Katholiken herein [27], die gegen die biologische Vergewaltigung des Menschen noch Einspruch erheben, Abtreibung, Tötung, bewußtseinsverändernde Drogen und genetische Verfremdung ablehnen. Auch Hirnimplantate stoßen bei ihnen möglicherweise noch auf wenig Gegenliebe. Die (tiefen-) psychologische Manipulation aber wird im katholischen Lager voll „beschwiegen“, genießt weithin gar Unterstützung (.3.6-.7). Wie von Singer, Metzinger werden von den Medien „Genetik“ und „psychologische Prägung“ gegen einander ausgespielt, Freiheit und Verantwortung des Menschen dabei von beiden Seiten in die Zange genommen. Die Europäische Ärzteaktion, der christlich orientierte Biologe Prof. Kuhn [28], der Journalist Prof. Zehm („Pankraz“) [29], sie und viele andere warnen wortreich vor der biologischen Verfremdung des Menschen, übergehen aber die nicht weniger materialistische, dabei eher noch verbreitetere, noch gängigere psychologische Verkürzung oder arbeiten ihr gar leichthändig zu. Wirklich wehe taten sich die Promotoren dieser wie jener Manipulation selten. Besagte Hirnforscher haben dem Unfug der Analyse nie ernsthafter zugesetzt als eine Studie über ihre Nebenwirkungen „interessant“ zu finden. Unzulängliche Kritik einer Sache ist ihre beste Förderung.

[27] In schöner Offenheit hat Prof. H.-E. Richter soeben im DÄ 20/04 dargelegt, wie Analytiker mit dem „von Sigmund Freud revidierten Menschenbild ... offensiv in viele gesellschaftliche Bereich eindrangen, die Kindererziehung, die Schulpädagogik, die Heimpflege und Kriminologie beeinflußten“ und im Wechsel mit SPD-Politikern sich gegenseitig stärkten. Unsere braven Katholiken merkten es nicht. Daß „Diktatoren nirgends auf der Welt Psychoanalyse dulden,“ und daß junger „Druck von unten“ die 68er Veränderungen gebracht hätte, das gehört wieder zu Richters geschickten Irreführungen (.3.2 und .3.6). Auf DIE HOHE KUNST DER KORRUPTION (ISBN 3-455-08656-X) versteht er sich. Zur „68er Psycho-Reform“ der Psychiatrie bliesen ab1966 (mit einer Denkschrift, 1971)  mit als erste die bayerischen Bezirkstagspräsidenten, sämtlich CSU.

[28] In seinem Buch Zwischen Tier und Engel – Die Zerstörung des Menschenbilds durch die Biologie Christiana, Stein am Rhein, 1988, in denen er die materialistischen „terribles simplificateurs“ unter seinen Fachkollegen an ihren Ort stellt, landet Kuhn nach vielen klugen Ausführungen wieder bei „tiefenpsychologischen Untersuchungen“, u.a. Traumdeutungen, die nicht weniger auf materialistischem Grund fußen. Den Teufel mit Belzebub auszutreiben, der Versuchung können gelehrteste Häuser oft nicht widerstehen. In der „biologischen Anthropologie“ der Singers, Metzingers sieht Kuhn die „seltsame Art eines ‚geistigen Masochismus“ am Werk.

[29] In seiner Kolumne Pankraz, I. Kant und die Freiheit der Gehirnforscher in der Jungen Freiheit vom 02.01.2004 schrieb „Pankraz“: „... die Welt wird sich nicht zur (durch Hirnforscher) ‚betreuten’ Welt wandeln, in der es keine Freiheit und keine Moral mehr gäbe, sondern nur noch ‚Patienten’, in der nur noch medizinische Weißkittel darüber entscheiden dürften, wer von den Zeitgenossen noch einigermaßen ‚Auslauf’ hat und wer voll in der Klapsmühle verschwindet. 2004 ist ‚Kantjahr’...“ Leider haben auch „Pankraz“ und sein Blatt, so weit wir’s überblicken, weder die sowjetischen oder DDR-Psychiatrie-Mißbräuche noch die staatlich protektionierten Psycho-Entrechtungen, -Entwürdigungen, die da und dort schon bei uns aufziehen (vgl. 2/03.4.2-.5),  je einer Notiz für wert befunden.

Der „emotionale Apparat“ Singers und Freuds [30]psychischer Apparat“ entsprechen sich. Freud faßte (1925) seine „Erkenntnis“ vom „Unbewußten“ ähnlich als „narzißtische Kränkung“ des Menschen auf, die Gelegenheit gleich nützend, sich Kopernikus und Darwin an die Seite zu stellen. Eigene Selbstüberhöhung, „Kränkung“ nur anderer nehmen sich Vertreter der „Humanwissenschaften“ seitdem wie etwas ihnen Zustehendes heraus. Singer und Metzinger setzten hier aber noch eines darauf: Wo haben Wissenschaftler sonst schon ihr Wirken und das ihrer Kollegen so ungeschminkt selbst als „Frontalangriff auf die Menschenwürde“ erklärt?

[30] Im SCIENTIFIC AMERICAN vom Mai 2004 behauptet der amerikanische Neuro-Wissenschaftler Mark Solms unter der Überschrift  Freud Returns, seine Wissenschaft belege Freuds Befunde. In Fighting fashionable nonsense,“ leuchtet Allen Esterson, Autor von Seductive Mirage,  unter www.butterfliesandwheels.com/articleprint.php?num=57 dem Mann heim.

4.4  In ewigem Hin und Her schaukeln sich am Menschen Biologen und Psychologen (und andere, selbst Juristen) gern gegenseitig hoch, weisen mit Emphase auf das Zu-kurz-greifen der jeweiligen Gegenseite, um sich damit selbst nochmals vorteilhaft in Szene zu setzen und davon abzulenken, daß beide Seiten gleich kurz greifen, beide die Freiheit nicht kennen, diese wissenschaftlich eben überhaupt nicht greifbar ist.

In der Nervenheilkunde, Neurologie und Psychiatrie, kommen Biologie und Psychologie wie nirgends sonst zusammen. Entsprechend tönt es unter ihren Vertretern oft ähnlich (RB 2/01.6.1 –  Prof. Rüther, Prof. Finzen). Unter ihnen regte sich gegen die oft dargebotenen Plattheiten der Hirnforscher selten  Protest [31]. Erweiterte Anwendungen psychologischer Mittel und Methoden wünschen diese Wissenschaftsvollstrecker wie nichts sonst. Immer öfters aber kommen in jüngerer Zeit entsetzlichste Vorlagen von Menschenverachtung just aus der Max-Planck-Gesellschaft. Ihr Präsident, der Biologe Prof. Hubert Markl erging sich in den Salzburger Nachrichten am 10.01.01 in die Forderung, „die Weltbevölkerung ... wieder auf ein bis zwei Milliarden Menschen absinken zu lassen.“ In ihrem Münchner Institut für Psychiatrie (das Haus gestiftet von der Rockefeller-Foundation) war seinerzeit mit zum Nazi-Massenmord an den psychisch Kranken gerüstet worden. Dort lagerten lange noch die Hirnpräparate von Ermoderten. Kaiser-Wilhelm-Institute - so hießen die Einrichtungen der Gesellschaft vordem - waren wohl gegründet worden, damit dem Staat (im Staat der Rockefellers u.a.?) Wissenschaft vielleicht noch leichter zur Verfügung stünde, als unsere Universitäten es bieten.

[31] Kürzlich aber wies Prof. H.-L. Kröber, Berlin, auf den Seiten des NeuroTransmitter1/04, des Organs des BVDN überhebliche Hirnforscher in die Schranken.

4.5  Die Emphase aber, mit der einige Hirnforscher Freiheit und Verantwortlichkeit des Menschen biologisch anfechten, schlagen von anderer Seite durchaus auch  juristische Kreise an. Angeknüpft sei hier an ein am 10.01.04 am Radio (BR2) mitgehörtes Interview mit dem Münchner Staranwalt Rolf Bossi. Dieser kam darin breit auf den seinerzeit aufsehenerregenden Prozeß gegen den Metzgergesellen J. Bartsch 1967 zu sprechen, der im Alter zwischen 15 und 19 Jahren vier Buben sadistisch ermordet hatte.

Bossi schilderte, wie er Rechtsgeschichte damit schrieb, daß er bei einem zweiten Prozeß 1971als „einzig kompetenten Fachmann bei Triebverbrechen“ den „Sexualwissenschaftler“ bei Gericht durchsetzte. Die Abmilderung des ersten Urteilsspruchs trug Bossi bei der Schickeria den Ruf eines außergewöhnlichen Rechtsbeistands ein.

Prof. Giese war der erste Sexualforscher in Deutschland, der eben von der Verteidigung aufgeboten wurde, weil hier eine Triebanomalie Gegenstand des Verfahrens war. Und das (erste) Gericht hatte dann ‚ruhmvoll’ den Herrn Giese aus dem Saal gewiesen, weil bereits zwei Professoren der Psychiatrie den Angeklagten begutachtet und für voll schuldfähig beurteilt haben. Und das war mein Einstieg. Der Bundesgerichtshof hat dann ein Grundsatzurteil erlassen, in dem festgelegt wurde, daß bei einer Triebanomalie ein Sexualforscher der einzig kompetente Sachverständige ist. [32]

[32] Das Seelenverständnis der „Sexologen“ leitet sich vorrangig vom Zoologen/Wespenforscher Kinsey ab (RB 2/03.4.7). Ein bißchen Freud ist meist untergemischt.

Nach Verlegung des Prozesses an ein anderes Gericht (Düsseldorf) „habe ich beantragt, daß zwölf Hauptgutachter, das waren also alles, was in der deutschen Psychiatrie, Psychologie, Psychoanalyse, Professor Brocher, Psychoanalytiker .., alles, was da Rang und Namen hatte, war da aufgeboten - und 24 Nebengutachter. Das waren also 36 Wissenschaftler, die den Stoff dieses Prozesses... aufgearbeitet haben. Und dieser Stoff war natürlich mustergültig. Denn die Mutter Bartsch ist in der Geburt gestorben. Der Vater war Bergmann, der das Kind wie als Waisenkind ein Jahr lang auf der Entbindungsstation ließ. Mit anderen Worten er hat ein ‚Mutter-Erlebnis’ nie kennengelernt in seinem ganzen Leben. Es mußte jeden Tag ein Lächeln erneut erkämpfen, von irgendeiner Pflegerin... Das Kind kam dann weiter zu diesen schrecklichen Adoptiveltern. Es ging dann weiter mit dem Pater Pütz, der in einem katholischen Internat dieses Kind sexuell mißbraucht hat. Und es mündete dann darin, daß der Adoptivvater Bartsch den 14jährigen gezwungen hat, bei der Schlachtung von Tieren mitzuarbeiten. Das Kind hat geschrieen und hat gelitten und hat sich eben aufgebäumt gegen diese Grausamkeit des Ausweidens von Tieren, die geschlachtet werden. Und das ging dann in diesen perversen Tötungsimpuls, der zum Inhalt hatte, daß er ein Kind bei lebendigem Leibe ausweiden wollte. Und so ist in Bartsch der Inbegriff geschaffen worden, daß der Mensch nicht durch die genetische Disposition, sondern durch die prägende Umwelt entscheidend gestaltet wird [33]. Und das hat seinen Niederschlag gefunden in dem 4. Begriff für eine Schuldbeeinträchtigung eines Straftäters, nämlich durch andere ‚schwere seelische Abartigkeit, sprich: Triebanomalie...’

[33] Aufgearbeitet“ worden war der „Stoff“ allenfalls für Juristen. Präpotenz scheint Bossis Erfolge ausgemacht zu haben

4.6  Beim Ende Januar 2004 stattgehabten Prozeß gegen den „Kannibalen von Rotenburg“ Meiwes gab der laut Bossi „bei Triebverbrechen einzig kompetente Sachverständige“, der Sexualwissenschaftler K. M. Beier zur Frage, warum Meiwes der Gedanke an das Schlachten junger Männer sexuelle Befriedigung gab, die grandiose Erkenntnis kund: „In Berlin und in der Pubertät ist alles möglich.“  Selbst die Durchleuchtung der Beziehung zur Mutter, Steckenpferd aller „Psycho-Sachverständigen“, welch spezieller Schattierung auch immer, nicht einmal vorrangig der Freudianer, gab mehr nicht her, was die WELT (30.01.04) und andere Blätter sichtlich enttäuschte.

Ähnlich war es letztlich bei Bartsch. „Kein Sexualstraftäter wurde von so vielen Gutachtern untersucht“ wie er, heißt es in einem Bericht zu ihm im Netz. „Dennoch blieb er ein Rätsel.“ Das „multidisziplinäre“ Psycho-Riesenaufgebot und Durchkämmen aller realen und möglichen Verwundungen und Entbehrungen haben Bartsch offensichtlich nichts gebracht. „Schuldgefühle und Mordphantasien quälten ihn weiter,“ heißt es. 1976 stimmte er schließlich einer Kastration (von vornherein zweifelhaften Wertes) zu. Bei der Operation im psychiatrischen Landeskrankenhaus Eickelborn starb er.

Sind’s die Grusellust des Publikums, die sich daraufsetzende Profitgier der Medien, die Profilierungssucht einiger Anwälte, der ins Unerschöpfliche, ins Absurde gehende Appetit der Psycho-Wissenschaftler inklusive der „Sexologen“  (vgl. Prof. Sigusch in RB 1/99.11) oder sind es hinter ihnen doch eher die Machthaber, die den Menschen um jeden Preis wissenschaftlich fassen wollen, auch wenn das hauptsächlich neue Verstiegenheiten, „großspurige Wirrnis“ (.2.3) und „Frontalangriffe auf die Menschenwürde“ produziert. Allein auf den Mörder Bartsch 36 „Psycho-Gutachter“ und sie alle, gleichgültig ob real- oder pseudowissenschaftlicher Provenienz, als gleichwertig anzusetzen, zeigt welch kritiklose Verbohrtheit die Gesellschaft und ihre Akademikerschaft in so ziemlich allen Fakultäten in „Psycho-Dingen“ damals schon ritt. Vielleicht freilich kam die „Kritiklosigkeit“ auch damals schon „von oben“.

4.7  Natürlich haben es auf diesem Hintergrund unsere „Elite-Psychis“ leicht, das Fach aufzublähen [34]. Und die Machthaber können sich darob ins Fäustchen lachen. Wenn der Mensch wissenschaftlich voll erfaßt wäre, ja wenn durch „multidisziplinäre“ Aufgebote nur die Illusion seiner „vollen Erfassung“ allgemein akzeptiert wäre, hätten sie den Menschen endlich voll „im Griff“. Weit genug haben sie es auf dem Weg ohnedies schon gebracht. Was aber noch fehlt, scheint sie um so mehr zu stören. Weder in der „prägenden Umwelt“ angestammter oder neu kreierter Sex- und Seelen-(Pseudo-)Wissenschaftler und an sie glaubender „juristischer Kreise“ noch in den Seelen-„Apparaten“ verstiegener Hirnforscher geht der Mensch ganz auf. Handlungsfreiheit mit ihrer himmelstürmenden wie ihrer höllischen Dimension ist gottlob nicht gänzlich faßbar, Verantwortung ebenso wenig. Ihre Grenzen sind zwar oft diskussionsbedürftig, selten aber eindeutig bestimmbar.

[34]  Gipfel der Absurdität aber ist: Während heute laut auf Evidence based Medicine gedrungen wird (.2.5), Qualitätskontrollen der Medizin gesetzlich neu auferlegt wurden, wird Psychoanalyse gepusht, für die es nicht einmal den Anflug einer therapeutischen Evidenz gibt.

4.8  Zur eigenen Profilierung geben die Freudsche Kiste, das Wühlen in persönlichen Vorgeschichten, mehr her als die Hirnforscher, was oft den Freudianern Oberwasser verschaffte. Wobei es heute eine ihrer beliebtesten Maschen ist, bei laut werdenden Zweifeln an ihrer Dogmatik auf die Heilsamkeit des Worts allgemein und auf die „Weiterentwicklung“ ihrer Lehre zu verweisen, so zuletzt erlebt am 07.02.04 bei einer Fortbildungsveranstaltung an der Neurologischen Klinik der TU München (Leiter: Prof. Dr. B. Conrad). Dort verbreitete sich Prof. Gündel vom „Institut für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Medizinische Psychologie“ über die Heilsamkeit seiner Disziplin. Und Conrad meinte, ein Viertel der Patienten seiner Klinik gehörten eigentlich in Gündels Obhut.

Nun ist die Sprache das Humanum schlechthin und das Gespräch in der ärztlichen Behandlung wie im Menschenleben unverzichtbar, manchmal auch heilsam. Das Rekurrieren auf Selbstverständlichkeiten aber dient dem Ablenken der Freudianer von ganz anderem, nämlich ihrem unveränderten Anspruch auf Gültigkeit ihres dogmatischen Systems und dessen Unverzichtbarkeit für die Seelen-Behandlung. Nur aus ihm ist auch ihr überhöhter Honoraranspruch abzuleiten (.3.4). Die Dogmatik Freuds dominiert die institutionalisierte Psychotherapie, so unausgewiesen die therapeutische Wirksamkeit des leicht oder streng an Freud anlehnenden Wortes auch ist [35]. Völlig offen, welche Störungen durch wie geartete oder wie viele Worte (außer durch freundliche, stützende, in keiner Therapie fehlen sollten) wirklich geheilt, gebessert werden [36]. Den Neurologen sagt man unter den Ärzten das logischste Denkvermögen nach. Oft kommt es dem der Hirnforscher nahe. Seit Jean Martin Charcot scheint es aber das Schicksal selbst der bedeutendsten (Nur-)Neurologen zu sein, in ihren älteren Tagen auf plumpen Psycho-Flop abzufahren [37]. Die Psychiatrie haben sie lebenslang abgewehrt.

[35] An sich gehört auch die Biographie gar nicht unbedingt zu Freud. Er hielt ja für „traumatisch“ den „oedipalen Konflikt“ (RB 2/03.7.5), der letztlich naturgesetzlich sei. Selbst aber ob auch nur allgemeines Sprechen über erlittene Traumen heilsam ist – viel spricht dafür -, wird „fachkundig“-psychologisch bezweifelt (Bonanno, RB 2/03.6.3)

[36] Verhaltenstherapie komme, behaupten ihre Anhänger, mit 20 Stunden aus, wo Analytiker 200 Stunden brauchen. Wechseln so viele Verhaltenstherapeuten zu Freud, weil es sich von 200 gut bezahlten Stunden besser leben läßt als von 20?

[37]  Ausführlich beleuchtet R. Webster (in WHY FREUD WAS WRONG) das Abgleiten des großen Charcot ins Pseudo-Wissenschaftliche, das den Stipendiaten Freud so faszinierte.

4.9  Viele finden da und dort an sich Unvollkommenes, glauben, es könnte durch die Kunst eines erfahrenen Menschenkenners zu verbessern sein, finden in diesem oder jenem Ausspruch eines Psychotherapeuten Faszinierendes. Ob es je eine therapeutisch wirksame Psychotherapie-Methode geben wird, steht  dahin.

 

5. Michael Hasty

Paranoid Shift - Wechsel ins Paranoide

 Online Journal, 10. Januar 2004

 

Vorbemerkung des Übersetzers: Der Autor der folgenden Ausführungen ist offensichtlich ein Linker, einer aber, der auch die Freiheit kennt. Er steht als „Anti-Globalist“ den „Welt-Machthabern“ so entgegen, wie auch manch andere linke Menschenrechtsaktivisten. Wie jene läßt Hasty so die linken Beiträge zum Welt-Machtgefüge etwas unterbelichtet. Dennoch ist sein (von uns gekürzter) Beitrag gewiß beachtenswert (das englische Original unter http://www.onlinejournal.com/Commentary/011004Hasty/011004hasty.html), Der Beitrag wirft Präsident Bush wie der US-Macht-Elite insgesamt schwerste Verfehlungen vor. Wir streichen den Großteil der Einzelheiten, weil wir sie erstens nicht nachprüfen können und zweitens, weil derartiges nicht unser Thema ist. Sehr wohl aber ist unser Thema die von Hasty herausgestellte selektive Berichterstattung der Medien, die oft genug ja auch hierzulande aufstößt. Weiter spricht Hasty verborgene, auch in den USA spürbare Macht-Strukturen an  und wendet sich vor allem dagegen, daß über sie nicht gesprochen werden kann, weil jeder entsprechenden Äußerung flugs Wahnhaftes, Paranoides angehängt wird. Mit solcher „Psycho“-Methode könnten wichtige Gebiete von vornherein der Diskussion enthoben werden. Die Methode käme dem sowjetischen Psychiatriemißbrauch nahe und berührte somit den Nerv unserer Vereinigung. Hasty glaubt, sie unschädlich machen zu können, indem er sich tapfer den oft hingestellten Schuh anzieht.

 

5.1  ... In seinem Buch Rogue State  - a Guide to the World’s Only Superpower (Schurkenstaat: Ein Führer zur einzigen Supermacht der Welt) führt William Blum vor Augen, daß die Medien alles, was irgendwie nach „Verschwörungstheorie“ klingt, sofort zu einem „Objekt der Lächerlichkeit“ machen. Dies bewahrt sie vor der Notwendigkeit, einer der vielen seltsamen Verbindungen nachzugehen, die es zwischen (den verschiedenen Institutionen) der regierenden Klasse gibt, den Verbindungen etwa zwischen den Direktoren-Etagen der Medien-Giganten und denen der Energie-, der Bank- und Rüstungsindustrien. Diese unantastbaren Beziehungen werden üblicherweise mit dem behandelt, was bei Blum „der Medien wirksamstes Mittel: Totschweigen“ heißt.

Im Fall aber, daß jemand doch hier weiter Fragen stellt, ist darauf nur zu antworten: „Verschwörungstheorie“. Jedes weitere Wort des Fragestellers hat dann umgehend den Stich des Frivolen so sehr, daß es keine ernsthafte Aufmerksamkeit mehr verdient. Seit meinem eigenen Wechsel ins Paranoide scheint mir dagegen, wenn ich das Wort „Verschwörungstheorie“ höre, immer häufiger, es sei da wohl irgendwer wieder der Wahrheit zu nahe gekommen...

5.2  Macht es, wenn ich nicht paranoid bin, Sinn, daß Georg W. Bush, oberster Commander, zwanzig Minuten lang im Unterrichtsraum einer 2. Klasse saß und den Kindern bei der Erzählung der Geschichte von einer Ziege zuhörte, nachdem er informiert worden war, daß ein zweites Flugzeug ins World Trade Center hineingerast war? Oder macht es Sinn, daß der zweite Mann im Staat, Dick Cheney, obwohl wissend, daß der oberste Commander auf einer Mission in Florida weilte, an seinem Schreibtisch im Weißen Haus saß und fernsah, bis ihn der Geheimdienst, unter die Achseln fassend, vom Sessel hob?

Außer ich bin paranoid, macht es auch kaum einen Sinn, daß der Verteidigungsminister Donald Rumsfeld an seinem Schreibtisch saß, bis Flug Nr.77 ins Pentagon krachte – etwas über eine Stunde, nachdem das Militär fortlaufend von verschiedenen Flugzeugentführungen erfahren hatte. Keinen Sinn macht es auch, daß der frischgebackene Leiter der Vereinigten Stabsoffiziere (Joint Chiefs of Staff) während der Attacken zwei Stunden lang in einem Senatsbüro saß, nachdem er ausdrücklich Instruktion gegeben hatte, nicht gestört zu werden, was er auch nicht wurde.

Mit anderen Worten saß die gesamte Spitze der Kommandostruktur der mächtigsten Militärmacht der Welt untätig an ihren Schreibtischen, während die Angriffe ihren Lauf nahmen... In einer Welt, die bei Verstand ist, würde das wohl das Objekt eines größeren Skandals sein. Aber auf jener Seite des „Wechsels ins Paranoide“ ist es „business as usual“.

5.3  Jahre, Jahrzehnte vor dem 11. September wurden aus verschiedenen imperialistischen Gründen Pläne für die amerikanischen Streitkräfte zur Übernahme der Kontrolle über die Ölfelder des Mittleren Ostens ausgearbeitet. Diese Pläne hängen von einem „katastrophalen und katalysierenden Ereignis wie einem neuen Pearl Harbor“ insofern ab, als zu ihrer Umsetzung die mehrheitliche Unterstützung der amerikanischen Öffentlichkeit zu gewinnen ist. Wenn sich Gelegenheit böte..., dann ruckzuck..., der Weg zu globaler Herrschaft stünde offen.

5.4  Natürlich, solange die Medien mitspielen. Üppige Evidenz aber gibt es, daß sie mitspielen. Nr. 1 im Zensuren-Projekt über unterberichtete Geschichten im Jahr 2002 war das „Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert“ (jetzt zur Infrastruktur des Bush-Regimes zählend), dessen im Jahr 2000 veröffentlichter Report das oben erwähnte Pearl-Harbor-Zitat enthält.

5.4  Warum ist es nur so schwer seriösen Menschen Glauben zu schenken, die uns wiederholt davor gewarnt haben, daß eine mächtige Herrscher-Elite dabei ist, „die Massen“ zu dominieren? Dachten wir, Dwight Eisenhower übertrieb, als er vor der extremen „Gefahr“ für die Demokratie warnte, die aus dem „militärisch-industriellen Komplex“ erwüchse? War Barry Goldwater nur ein komischer altmodischer John Bircher, als er sagte, die Trilaterale Kommission sei „David Rockefellers letzter, finsterster Plan, durch Übernahme der Regierung der Vereinigten Staaten die Welt zu übernehmen?“ Waren Teddy und Franklin Roosevelt oder Joseph Kennedy lediglich Verräter ihrer Klasse, wenn sie von einer kleinen Gruppe wohlhabender Eliten sprachen, die hinter der Regierung als verborgene Regierung operierte?...

5.5  ... Warum sehen andere Menschen diese Verbindungen nicht? ... Ganz oben auf der Liste (der Erklärungen) müßte das stehen, was Marshall McLuhan die „Höhlenmalerei des elektronischen Zeitalters“ nannte: Werbung. Josef Goebbels, Hitlers Propaganda-Chef, brachte die meisten Ideen ins geschäftliche Werben Amerikas zur Manipulation der Massenmeinung ein wie auch zur damals neuen Wissenschaft der „Public Relations“ (PR). Aber das PR-Universum im Reich der Groß-Konzerne, das heute zur Verfügung steht und die heutige Welt regiert, läßt Goebbels' Operationen bescheiden aussehen. Die Präzision der Kommunikationstechnologie und -graphik, jahrhundertlange Forschung in der Psychologie und Emotion des Menschen und die einzigartig zentralisierten Kontrollen des nach dem Kalten Krieg triumphierenden Monopol-Kapitalismus haben sich zu einem Punkt verdichtet, an dem die „Manufaktur der Übereinstimmung“ schon einem automatischen Piloten überlassen werden kann.

5.6  Ein zweiter wesentlicher Grund, warum die Leute nicht den „Wechsel ins Paranoide“ machen, ist, daß sie zu fundamental brav sind. Sie können nicht glauben, daß die gewählten Führer unseres Landes, Leute, die sie über zwölf Schuljahre hinweg zu bewundern gelernt haben, nur um ihre Gier zu befriedigen, wirklich fähig sind, junge amerikanische Soldaten und Zehntausende unschuldiger Zivilisten in den Tod zu schicken, wenn sie doch schon von vornherein so reich sind. Da ist eben Amerika gut und die Medien sind liberal und überaus kritisch.

5.7  Drittens wollen die Leute nicht wie Trottel dastehen. Ein „Verschwörungstheoretiker“ sein, ist wie an die Schöpfungsgeschichte glauben. Die eingeriebene Meinung der tollen Experten bei jedem Fernseh- und Radio-Kanal ist, daß jegliche Diskussion etwa von „Öl“ als Anlaß zur US-Invasion in den Irak ganz außerhalb des Denkbaren liegt und jeder, der anderes denkt, ein „Verschwörungstheoretiker“ ist. Wir können auch auf die Integrität unserer Nicht-Angebot-Vertragsabschlüsse dort vertrauen. Jeder, der anderes denkt, ist ein „Verschwörungstheoretiker.“ Gewiß machen die Leute mitunter Fehler. Aber unser Militär und unsere Geheimdienstler taten vor und am 11. September ihr Bestes. Und jeder, der anders denkt, ist ein „Verschwörungstheoretiker“...

5.8  Vielleicht jedoch ist der wichtigste, aber auch verborgenste Grund, warum die Leute nicht aufs „paranoide Ufer“ gehen, der Umstand, daß Wissen Verantwortung mit sich bringt. Wenn wir anerkennen, daß ein innerer Kreis herrschender Eliten der Welt mächtigste Militär- und Geheimdienstmaschinerie kontrolliert, das internationale Bankensystem kontrolliert, das wirksamste und weitest reichende Propagandanetzwerk der Geschichte kontrolliert, die drei Führungsbereiche [38] der einzigen Supermacht der Welt kontrolliert und die Technologie kontrolliert, die bei Wahlen die Abstimmungsergebnisse zählt, dann müßten wir eigentlich zu dem Schluß kommen, nicht in einem besonders demokratischen System zu leben. Dann wären auch abzustimmen, Steuern zu zahlen und zu versuchen, informiert zu bleiben, nicht mehr genug...

[38]  Gemeint offensichtlich Legislative, Exekutive und Judikative. 

5.9  Eine nicht auf Gewalt setzende Widerstandsbewegung zu gründen, mag einigen Mittelklassekomfort aufzugeben und eine Menge Arbeit auf sich zu nehmen bedeuten. Es bedeutete auch, uns und andere über die Natur des wahrlich apokalyptischen Tiers Klarheit zu verschaffen, das vor uns steht... Am Ende könnte es darauf hinauslaufen, Schritt für Schritt eine Föderation zu organisieren, die sich selbst regiert, so wie unsere revolutionären Vorväter den Continental Congress bildeten. Es bedeutete, klug zu sein wie Schlangen, freundlich wie Tauben. Es würde viel kosten,  eine „kritische Masse“ und einen Paradigmen-Wechsel erfordern. Als „Paranoiker“ aber bin ich bereit mich dem Widerstand anzuschließen. Hauptgrund dafür ist, daß ich glaube, daß die „Verschwörung“ nicht viel mit „Theorie“ zu tun hat...

 

Michael Hasty ist Schriftsteller, Musiker und Farmer. Er ist Preisträger für seine Spalte „Logisch denken“, die sieben Jahre lang in der Hampshire Review, West-Virginias ältester Zeitung, erschienen ist. Seine Schriften sind auch in der „Highland´s Voice“, dem „Washington Peaceletter“, „Takoma Park Newsletter“, dem deutschen Magazin „Generational Justice“ und der „Washington Post“ erschienen sowie auf den Websites von Commondreamsanddemocrates.com. Im Januar 1989 war er der Vertreter der Medien bei dem George Bush-Gegen-Inaugurations-Bankett.  Dabei wurden Hunderte von Obdachlosen des District’s of Columbia vor der Union-Station verköstigt , in welcher das offizielle Inaugurationsdinner stattfand. Die Erlaubnis zum Nachdruck obigen Beitrags, so schrieb Hasty noch,  hängt am Mit-Abdruck vorstehender persönlicher Qualifizierungen.

 

 

6. Nachträge zu den bisherigen Themen, Vermischtes

6.1  Bei der Jahresversammlung 2004 (.3) kamen verschiedene Dinge noch zur Diskussion. U.a. waren wir der Verbindung A. Kinseys mit einem seinerzeit gerichtsnotorischen Kinderschänder in Berlin nachgegangen, was für die laufende Auseinandersetzung um die von vielen angestrebte „Normalisierung“ der Pädophilie Bedeutung gewinnen könnte.

Herr Dr. R.  trug vor, er habe beim Hannah-Ahrendt-Institut, Dresden, eine Studie zur Kooperation von Ärzten mit der Stasi anregen können, die auch vom Deutschen Ärzteblatt mitgetragen wird.

Dr. Anatolij Koryagins Mitgiedschaft im Beirat mußten wir schweren Herzens beenden. Noch bei einem persönlichen Treffen im letzten Sommer in St. Petersburg konnte Ref. in allen uns wesentlichen Fragen weitere Übereinstimmung feststellen. Es kommen von Korjagin aber seit Jahren keine wirklichen, schriftlichen Beiträge zu unseren Themen mehr. Ihm, der für die Redlichkeit der Psychiatrie sehenden Auges lange Jahre sowjetischer Haft und Folter auf sich genommen hat, gebührt auf immer unsere größte Hochachtung. Wir verstehen, daß er nach allem, was er zu erdulden hatte, nunmehr Ruhe haben will.

Während die Zahl der GEP-Mitglieder rückläufig ist, hat unsere Wirken durch das INFC international großen Aufschwung erfahren. Viele neue Verbindungen in viele Länder sind zustande gekommen. Jacques Bénesteau, Kinder-Psychologe an der Univ.-Kinderklinik von Toulouse (RB 2/03.3), der den  französischen Teil der INFC-Webseite redigiert, wurde einstimmig in den GEP-Beirat gewählt. Wir haben ja die Formationen GEP/INFC gebildet, damit sie denen den Rücken stärken, die sich in unserer Sache engagieren. Die (meist anonymen) Abrufe von unserer Website sind durch INFC, die Beiträge in Englisch, Französisch und anderen Sprachen von 80.000 vorher auf durchschnittlich 130.000 KByte pro Monat gestiegen.

 

6.2   Dr. Koch hält nach der Tutzinger Tagung noch ein weiteres klärendes Wort für angebracht zum

System von politischem Psychiatriemißbrauch.


Frau Dr. Süß leugnete systematischen politischen Psychiatriemißbrauch in der DDR. Das MfS der DDR war Untersuchungsorgan für politische Beschuldigungen. Die Staatsanwaltschaft folgte regelmäßig den Vorgaben des MfS bei Angeklagten und ebenso bei Anträgen auf psychiatrische Begutachtung. Jedenfalls seit den sechziger Jahren fanden psychiatrische Begutachtungen bei politischen Häftlingen auf Antrag des MfS ausschließlich im psychiatrischen Haftkrankenhaus (HKH) Waldheim statt. Dies war eine kleine Abteilung für politische Gefangene unter der Leitung eines Arztes im Range eines Oberstleutnant, der dem Ministerium des Inneren unterstand, mit zwei ärztlichen Mitarbeitern ebenfalls im Range von Leutnant bzw. Oberleutnant. Der Verteidiger eines politischen Angeklagten hatte nicht das Recht, das psychiatrische Gutachten durch einen zivilen Gutachter seiner Wahl überprüfen zu lassen. Tatsächlich brauchte ihm das durch das MfS veranlaßte psychiatrische Gutachten des HKH Waldheim nicht einmal bekannt gemacht zu werden. Bereits diese Monopolisierung der psychiatrischen Gutachten politischer Gefangener im Auftrag des MfS durch einen weisungsgebundenen Oberstleutnant ist ein System von politischem Psychiatriemißbrauch.

Hinzu kommt: Wie in der einschlägigen Literatur dargestellt, war die politische Verfolgung durch das Innenministerium mit der durch das MfS vergleichbar. Für die Strafvollzugsanstalt Bautzen 2 ist untersucht worden, daß diese zwar formal dem Innenministerium unterstand, das MfS aber in besonderer Weise das Sagen hatte. So war es auch für das HKH Waldheim, wo die faktische Macht bei einem Mitarbeiter des MfS lag. Im übrigen wäre niemand Leiter und Mitarbeiter im hohen Offiziersrang ohne die Zustimmung des MfS geworden. Aber für den Systemcharakter des Psychiatriemißbrauchs kommt es auf die Frage, ob MdI oder MfS die Befehlsgewalt hatte, nicht einmal an.

Man stelle sich einmal vor, der Bundesinnenminister würde für eine spezielle Kategorie von Angeklagten, beispielsweise für muslimische Terroristen, eine kleine geschlossene Anstalt unter seinem Kommando errichten, die einem von ihm eingesetzten Arzt im Range eines Oberstleutnant untersteht, und dieser hätte das Monopol für psychiatrische Gutachten, die die Verteidigung nicht würde überprüfen lassen dürfen. Entschieden würde in nichtöffentlicher Verhandlung auf der Grundlage dieses Gutachtens über eine psychiatrische Einweisung. Wer in der Bundesrepublik würde das nicht als systematischen politischen Psychiatriemißbrauch ansehen?

 

Auch andere, die Verbindung mit uns halten, sollen noch zu Wort kommen.

6.3  Herr G. aus Erfurt stammend, meinte: „... Das Ganze ist ein Kampf ‚David gegen Goliath’. In Bezug auf die Opfer der psychischen Zersetzung fürchte ich, daß die meisten nicht mehr die Kraft haben (sich zu rühren). (Sie) sind durch eine Traumatisierung vorsätzlich handlungsunfähig gemacht worden... Die Gruppe der psychisch Zersetzten (hat) keine Lobby und kein Geld... , selbst ich war durch Traumatisierung bis 2000 ... handlungsunfähig. Jedoch hatte ich hier in NRW viel persönliches Glück. Nur daher kann ich heute handeln... [Seit] Anfang der 90er Jahre wird das Thema totgeschwiegen.“ Als „persönliches Glück“ wertet G. erfahrene Psychotherapie (.4.7) .

6.4  Herr S. aus Berlin, der neben vielen anderen Stasi-Schikanen Gefängnis, 1981 auch die staatsanwaltliche Drohung, „sofort in die Irrenanstalt eingeliefert zu werden, [39]“ hinter sich hat, seit der Wende nun aus eigenem Antrieb Nachforschungen zur Stasi-Verfolgung betreibt und sich damit bei offiziellen Stellen nicht unbedingt beliebt macht, gab einige weitere Einblicke in die offizielle Aufarbeitung. Rätselhaft war und ist sie uns des öfteren.

[39]  Daß es dazu letztlich nicht kam, zeigt ein weiteres Mal, welchen Respekt die von uns beim Weltkongreß für Psychiatrie 1977 in Honolulu mit durchgesetzte Verurteilung des sowjetischen Psychiatriemißbrauchs die DDR-Behörden doch kostete. Diese Form der Repression und Entwürdigung spielten sie offensichtlich nur als aller letztes Mittel aus. Aber sie spielten.

Nach einer von der Gauck-Behörde obwalteten Podiumsdiskussion am 11.11.03 (Zermürben und Zerbrechen), an der als Referentin auch  Frau Dr. Pingel-Schliemann, Autorin des Buches ZERSETZEN teilnahm (.3.2 und RB2/03.2), beleuchtete S. in einem langen Brief an sie (später noch ergänzt) seine Nachforschung bezüglich „DDR-Heimerziehung, deren (auch prügelnde) Erziehungsmethoden [40] und Verstrickungen mit der Stasi“ (die Bearbeitung dieses Themas liegt ihm aus seiner früheren pädagogischen Berufstätigkeit nahe. Sie wurde vorübergehend auch öffentlich finanziert).

[40]  Auch bei der Tutzinger Tagung wurden die Erziehungsmethoden der DDR sehr gelobt, die Gewaltfreiheit als mustergültig dargestellt.

S. meinte des weiteren: „Mindestens der Mißbrauch der Psychiatrie“ müsse „noch zu den Zersetzungsmaßnahmen der Staatssicherheit gezählt werden.“  Er habe von Mithäftlingen verschiedentlich auch von vorausgegangenen psychiatrischen Internierungen erfahren.

Von einer Forscherin, die aus Amerika „eingeflogen, .., in der ...Behörde recherchiert,“ einer Prof. I. M., schilderte S., wie diese „anschließend in der ... Friedrich-Ebert-Stiftung vor zwei Monaten öffentlich im breiten Forum erklärte, sie hätte zum Glück auch von guten Aktenbearbeitern ungeschwärzte und somit auch Stasi-Opferakten ohne Erlaubnis der betroffenen Opfer erhalten.“

S. führte es als Indiz dafür an, wie  „gesetzlos,“ „verantwortungslos“ und willkürlich in der Behörde oft gearbeitet würde [41], hier einmal vertrauliche Akten „herumgereicht, [42] ein andermal aber seriösen Forschern die Einsicht verwehrt würden. Bei besagter Stiftung habe die Amerikanerin zudem erklärt „wie normal die Staatssicherheit in der DDR doch gewesen sei und daß man endlich – das hat sie wirklich so gesagt – die Akten der Gauck-Behörde schließen solle, wie in der BRD nach 1945 die Akten von Funktionären des Dritten Reiches geschlossen worden wären...[43]

[41]  Ein Beispiel dafür ist wohl auch die Art, wie ausgerechnet und allein Frau Dr. Süß als seinerzeitige Mitarbeiterin der Gauck-Behörde die Stasi-Akten des Ref. einsehen und sozialistisch umdeuten und nach Stasi-Manier auch noch zu seiner Diffamierung und zur Herabwürdigung der GEP mißbrauchen konnte.

[42]  Ref. kann selbst ein Lied davon singen, nachdem seine Stasi-Akten, ohne daß er gefragt worden wäre, von einer ihm politisch abholden Behördenmitarbeiterin eingesehen und in ihrem Behörden-Buch „verbraten“ wurden (RB 1/99.4.3.2).

[43] Gewiß darf von Einzeläußerungen nicht zu viel gefolgert werden. Aber erinnert werden darf bei solch bösartigen Lügen doch, daß der Neomarxismus in den USA herangereift und von dort zu uns rückverpflanzt wurde, erinnert auch an G.B. Chisholm M.D., erinnert auch, daß Trotzki 1917 direkt aus New York mit einem Schiff voller Geld termingerecht zur Auslösung der Oktoberrevolution nach St. Petersburg kam. Zum Glück werden diese Dinge, wenn auch nicht gerade in den mainstream-Medien, in den USA selbst laut an vielen Plätzen behandelt.

 

S. beleuchtete unter anderem den Aufstieg mancher Bürgerrechtler nach der Wende zu veritablen Stars, „Übergöttern“, während die meisten anderen, die in der Diktatur Kopf und Kragen riskiert hatten, in der Namenlosigkeit versanken. Als Beispiel führt S. den bekannten Wolfgang Templin an –  Statur gewonnen habe er letztlich durch seine couragierte Ex-Frau Lotte -, mit dem er in der Initiative für Frieden und Menschenrechte (IFM) über lange, bange DDR-Jahre zusammenwirkte  – schlecht und recht. Informiert man sich über T. selbst z.B. aus der unerschöpflichen Quelle des Internet, so könnten einige Gründe für seine besondere „Karriere“ klar werden: Nach seiner Abschiebung in den Westen forderte T. in den 80ern etwa in der TAZ „mehr Austausch zwischen der Linken in der BRD und der DDR“. So etwas brachte (und bringt wohl) in der alten wie neuen Bundesrepublik besondere Unterstützung ein - beim Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Heinrich-Böll-Stiftung (Grüne Akademie), aber auch beim „Stifterverband für die deutsche Wissenschaft“, bei nicht-linken Medien und auch bei braven Bürgersleuten.

 

6.5  Bild, 19.02.04

„Sonja Lüneburg“ war die beste Agentin der Stasi

Die „Kundschafterin für den Frieden“ hatte bis zum Schluß nichts bereut. Nicht die Spitzeldienste für Stasi-Chef Markus Wolf, nicht das zerstörte Leben jener Frau, deren Namen sie 19 Jahre lang benutzte. Gestern starb die DDR-Top-Agentin Johanna Olbricht (78) in ihrer Wohnung im brandenburgischen Bernau.

Als „Sonja Lüneburg“ hat Johanna Olbricht ab 1966 die Bonner FDP ausspioniert. Sie schafft es bis zu Chefsekretärin bei Bundeswirtschaftsminister Martin Bangemann. Erst als sie bei einem Agententreffen in Rom im August 1985 ihren gefälschten Paß verliert, taucht sie in der DDR unter.

Hier lebte seit 1966 die echte Sonja Lüneburg. Eine einfache Friseurin aus West-Berlin, die mit ihrem Laden pleite gegangen war und einem Liebhaber in den Osten folgte. Als der sie schließlich verläßt, will die Frau zurück in den Westen. Doch dafür ist es längst zu spät.

Den Namen und die Legende „Sonja Lüneburg“ hatte die Stasi ihrer FDP-Agentin Johanna Olbricht verpaßt. Damit deren Tarnung nicht auffliegt, muß die echte Sonja Lüneburg verschwinden. Die Stasi läßt die Frau aus West-Berlin kurzerhand für verrückt erklären. In der Psychiatrie wird ihr hier mit Medikamenten und Elektro-Schocks langsam das Gedächtnis gelöscht. 1988 schiebt man sie in ein Altersheim nach Pankow ab. Hier stirbt sie 1994 als menschliches Wrack.

Im gleichen Jahr wird Johanna Olbricht, die falsche „Sonja Lüneburg“, wegen Spionage zu 2½ Jahren Haft verurteilt. Doch das Bundesverfassungsgericht hält die Strafe für zu hoch. Bei einer erneuten Verhandlung 1996 bleiben nur noch 1 Jahr und 9 Monate übrig – auf Bewährung. Ihre unglückliche Doppelgängerin hat Johanna Olbricht nie kennen gelernt.

 

Nachdem unsere Behörden „alles“ mit Psychiatrie ungut Zusammenhängende glätten und eine nähere Aufklärung möglichst zu verhindern suchen, müssen wir auch „BILD-haftes“ aufgreifen.

Auch von Brandenburg erklärte ja die entsprechende Nachuntersuchungskommission, es habe keinen systematischen, schwerwiegenden, sowjetähnlichen Mißbrauch der Psychiatrie in der DDR gegeben.


6.6  Junge Freiheit 21/04

Nicht demokratiefähig

In einer ungewöhnlich scharfen Polemik hat der Berliner Soziologie-Professor Alexander Schuller das liberale Bürgertum angegriffen, das der gesellschaftsverändernden 68er-Revolte das Umfeld bereitet hat. Dieses Milieu werde bis heute in seiner logistischen wie legitimatorischen Bedeutung unterschätzt. Es habe den Achtundsechzigern den Rücken freigehalten und ihnen den politischen und kriminellen Handlungsraum gesichert, schreibt Schuller in einem Essay für die letzte Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Beispielhaft nennt er die Professoren Walter Jens, Jacques Taubes und Johannes Agnoli, den Theologen Helmut Gollwitzer, Günter Grass, den Berliner Bürgermeister Heinrich Albertz sowie die ehemalige Herausgeberin der Zeit Gräfin Dönhoff. Die Dönhoffs und Gollwitzers dokumentierten „das Versagen des liberalen deutschen Bürgertums“, so Schuller. Sie dokumentieren die Unfähigkeit, zwischen Recht und Unrecht, zwischen Sinn und Unsinn, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden. Sie sind nicht diskurs-, sie sind nicht demokratiefähig.

 

 „Ungewöhnlich scharfe Polemik“? Sie anderen vorwerfen, verleiht manchen das Gefühl eigener Abgeklärtheit, überlegener Seriosität. Den DDR- Psychiatriemißbrauch ignoriert die JF auch nicht anders als die übrigen Medien.

 

6.7  LA times, Los Angeles, 8. Februar 2004

Todd Dufresne

Die Psychoanalyse ist tot

(der Beitrag GEP-redaktionell gekürzt, um Platz noch für Kap. 6.8 zu bekommen. Dr. Todd Dufresne ist Professor an der Northern Ontario Medical School und ist Autor mehrerer einschlägiger Bücher. Der ganze Artikel kann auf der deutschen INFC-Webseite eingesehen werden. Wir bringen den kurzen Auszug, um damit erneut zu zeigen, daß die Wahrheit auch in den USA mitunter in Mainstream-Blättern durchkommt [44].)

[44] Natürlich ist nicht jedes Wort zu unterschreiben. „Die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts“ waren für die „Freud-Fans“ mancherorts, in Deutschland etwa, weniger „Enttäuschung“ als vielmehr Jahre ihrer größten Triumphe, ihrer staatlichen Anerkennung, damit auch ihrer größten Verbreitung und ihre besten Einnahmen. Hierzulande ist die Analyse noch recht lebendig.

Was waren die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts für die Freud-Fans doch für eine Enttäuschung. Time-Magazine fragte laut auf seiner Titelseite: „Ist Freud tot?“. Und die frühere Freud-Festung  New York Review of Books publizierte lange Feature-Artikel, die Freuds Reputation als Mensch und als Denker in Frage stellten.

Am Ende der Dekade war selbst der New Yorker mit von der Partie. Insgesamt liefen all diese Erschütterungen der neunziger Jahre, Teile der sogenannten „Freud-Kriege,“ auf das Ergebnis einer verlorenen Schlacht hinaus.

Das Jahr 2000, das Jahrhundertjubiläum der TRAUMDEUTUNG, hätte ein Triumph für die Freudianer werden sollen. Statt dessen strich durch die Feierlichkeiten die Grabesluft der Niederlage. Das psychoanalytische Jahrhundert war vorbei, bevor das 21. Jahrhundert begonnen hatte. Jedermann wußte die Antwort auf die rhetorische Frage des Time-Magazines: Die Psychoanalyse war in der Tat tot.

Fast jedermann wußte es. Immer können Sie mit Intellektuellen rechnen, die eine Kerze für welche Idee auch immer am Brennen zu halten versuchen, mit der sie lange Jahre ihres Bemühens, enorme Geldsummen und vor allem eine unbegrenzte Promotion ihres Egos verbunden haben...

Was können wir nunmehr sehen, was wir während des letzten Jahrhunderts nicht sahen? Wir wissen nun, daß Freud zwanghaft der geschichtsgetreuen Aufzeichnung auswich.. Wir wissen jetzt auch, daß Freud nie ernsthaft das Problem der „Suggestion“ anging, die seine klinischen Befunde und in der Verlängerung auch seine Theorien durch und durch kompromittierte...

Schon in den 1890ern glaubten wenige an Freuds Standard-Behauptung, daß Suggestion, die ungebührliche Beeinflussung des Patienten durch den Psychoanalytiker, nur bei biologisch Prädisponierten möglich und so ohne Konsequenz für seine Befunde wäre.

Erstaunlicherweise gingen diese kritischen Einsichten unter Freuds leugnender Rhetorik und unter seiner zunehmenden Berühmtheit verloren. Nun aber ist der Kreis geschlossen. Heute wissen wir es besser, als Erinnerungen oder „freien Assoziationen“ zu vertrauen... 

 

6.8  DVpMP  : DGPN  –  eine Dissertation

Ende Mai sandte uns Frau Dr. Marlies Onken ihre im letzten Jahr von der Universität Göttingen angenommene Dissertationsarbeit [45]ALS ARZT WIE ALS STAATSBÜRGER Diskussion westdeutscher Psychiater zum politischen Psychiatriemißbrauch in der Sowjetunion 1971 - 1991“. Sie beleuchtet darin „eine der erbittertsten Kontroversen westdeutscher Psychiater“, genauer die ersten zwanzig Jahre unserer Auseinandersetzung  mit der deutschen Psychiater-Fachgesellschaft [46]. Onken kritisiert „mainstream-gerecht“ vieles daran, insbesondere den oft polemischen Ton unserer Adressen, führt aber die vielen akuten Anlässe dafür korrekt an und zitiert unsere Erklärungen hierzu ausführlich genug und richtig. Der unvoreingenommene Leser kann so erkennen, wie notwendig, wie angemessen die Ausführungen doch waren.

[45] erstellt an der Abteilung Ethik und Geschichte der Medizin (Prof. Dr. med. C. Wiesemann) im Zentrum Psychosoziale Medizin der Medizinischen Fakultät.

[46] Onken gibt eine korrekte Definition des Mißbrauchs: „Bei der sowjetischen Praxis, politische Oppositionelle in die Psychiatrie einweisen zu lassen, handelt es sich um einen systematischen politischen Psychiatriemißbrauch.“ Die Formel aber erregt, wenn auf die DDR übertragen, immer wieder wilden Widerspruch (.1.).

Dagegen wiegen einige Fehler, Auslassungen und Verzeichnungen, die die Schrift auch enthält, eher gering. Onken legt etwa dar, daß die Fachgesellschaft nach den jahrelangen Auseinandersetzungen unsere Forderungen erfüllte, „unsere Positionen quasi vollständig in die DGPN eingegangen sind“ (S. 185) - als der Mißbrauch in der UdSSR zu Ende war - und mißbilligt unsere bald wieder aufgenommene Kritik, wo wir – wie 1977 schon, meint sie  –  hätten „zufrieden sein können“ (S. 202). Wir hätten ein „Schuldgeständnis“ von der DGPN gefordert. Tatsächlich forderten wir ein Ende ihrer unentwegten Selbstbeschönigungen, nach denen sie „quasi schon immer“ (S.163) den Mißbrauchsopfern beigestanden (immer richtig gelegen) hätte. Ein Stück Ehrlichkeit sollte, so unsere Auffassung, aus all den Auseinandersetzungen für die deutsche Psychiatrie schon herausspringen. Wie angebracht es war, darauf auch in der Endphase des sowjetischen Psychiatriemißbrauchs zu pochen, erwies sich bald in aller Deutlichkeit, als es neu um die DDR-Dinge ging.

Onken begreift ihre Arbeit als Darstellung eines Stückes deutscher Psychiatrie-Geschichte. Genug Kritisches bleibt an der Gesellschaft der deutschen Psychiater hängen. Wir wünschten auf diesem Hintergrund, wenn O. – sie berührt die einschlägigen Entwicklungen mit Ausläufern letztlich bis 1999 - auch einige Positiva in ihr mehr festgehalten hätte, etwa die außerordentliche Leistung Prof. von Baeyers beim Weltkongreß für Psychiatrie in Mexiko 1971 (RB 1/88, S.7) oder die große Zivilcourage, die seine Witwe, die Psychologin Dr. Wanda von Baeyer-von Katte, und weitere Mitglieder unseres Vorstands bewiesen haben, als sie Anfang der 90er an unsere Seite traten und fortan nachhaltig mithalfen, den vielfältig weiter versuchten Verzeichnungen des Mißbrauchsproblems zu wehren und unsere Gesellschaft auf ihrem satzungsgemäßen und letztlich erfolgreichen Kurs [47] zu halten.

[47] Er hat entscheidend beigetragen, die Psychiatrie-Mißbraucher in der UdSSR, in der DDR etc. zu bremsen und hat einigen Kollegen in den neuen Bundesländern wohl geholfen, weiße Westen zu bewahren.

Onken schildert die Arbeit der Vereinigung ganz auf ihren Vorsitzenden bezogen. Dieser hat gewiß über all die Jahre von ihr den Mammutteil getragen - nie aber allein. Allein wäre sie gar nicht zu bewältigen gewesen. Immer standen ihm zum Glück in unserem Vorstand und über ihn hinaus andere sachkundig und engagiert zur Seite, auch und gerade nach der schwierigen Ablösung von GIP [48]. Immer konnte Ref. etwa knifflige Fragen diskutieren und Stellungnahmen so absichern. Auch legt ihn Onken zu einseitig fest, spricht etwa von seinen „ausgesprochen konservativen, gegen jegliche linke Politik gerichteten Grundüberzeugungen, die der DVpMP – allen Bemühungen um Neutralität zum Trotz – ihren Stempel aufdrückten.“ Nun haben der Bezeichnete selbst wie auch einige andere Vorstandmitglieder eine eher linke Vorgeschichte [49], womit sich ihre spätere Aktivität nach G. Bernard Shaw [50], ebenso gut aber auch aus fortwirkendem sozialen Impuls erklären läßt. Die satzungsgemäße parteipolitische Neutralität der Vereinigung, die Onken bezweifelt, stand nie in Zweifel.

[48]  Ähnlich löste sich von der „Internationalen“ damals Korjagin.

[49] In den 60ern ging es (für Ref.) weder um Abtreibung, staatliches Rauschgift noch um ein sozialistisches Gesundheitswesen, sondern um Notwendigkeiten wie die Anerkennung der Ost-Grenze oder eine Geste wie den Kniefall am Mahnmahl des Warschauer Ghettos. Über anderen Gesten Brandts erloschen Sympathien dann abrupt, etwa dem Schulerklopfen bei/mit Breschnjew. Kumpanei mit Tyrannen, „Wandel durch Annäherung“, Annäherung an Tyrannei standen nie auf dem Programm.

[50] Sein Ausspruch (ungefähr): „Wer mit zwanzig nicht Sozialist war - kein Herz, wer’s mit vierzig noch ist - kein Hirn.“

Sie übersieht aber über all dem Zwist zwischen DVpMP und DGPN (nunmehr DGPPN) nicht die Annäherungen, die es zwischendurch auch gegeben hat, als es kurzfristig so aussah, als kämen in dieser doch Rechtssinn und Ehrlichkeit noch zur Geltung. Inzwischen ist von Nähe wenig mehr übrig. Wenn wir die Fachgesellschaft jetzt gleichwohl weniger ansprechen, dann nur deshalb, weil bei eher noch breiteren, unter der Arbeit zu Tage getretenen Konfliktfeldern die Verantwortlichen in noch höheren Etagen zu orten waren (Fn 22). Oberste Maxime scheint heute für viele Anpassung zu sein. Onkens Verdienst aber bleibt es, die Auseinandersetzung um den sowjetischen Psychiatriemißbrauch auf akademischer Ebene erstmals ziemlich umfassend und großenteils doch richtig dargestellt zu haben.
 

7.         Ausblick

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

7.1.Nie wieder Krieg, sondern nur Frieden und Wohlstand für die ganze Menschheit?“
– Einstweilen sieht es wenig danach aus, sehen viele vielmehr ringsum Desaster Platz greifen und ordnen sie immer bestimmter einer „Klasse“ zu, deren Mitglieder selten, gelegentlich aber doch – wer verplaudert sich nicht einmal? - offen auftreten und sich dann (in Huxleys Jargon) selbst vorstellen als die „Superiors“, „Rulers“, „World Controllers“. Sie hätten also unter dem Schirm des demokratischen Systems ein oligarchisches System errichtet, das Freiheit im Mund führt, sie und ihre Helden feiert [51], Meinungsfreiheit dabei immer mehr einengt etwa auf das „Spektrum CSU bis PDS“ (.3.6) und die Puppen tanzen läßt - gewiß weit über die Psychiatrie hinaus. Roten Totalitarismusverniedlichte es (.1, DNP), weil er oligarchisch und zumindest global orientiert ist. Öffentlicher Kontrolle entzogen wären das "System im System", der "interne Kreis herrschender Eliten", weil ihm die Medien gehören und ihm auch die übrigen Instanzen der Meinungsbildung botmäßig sind, akademische Fächer nicht zuletzt.

[51] Während am D-Day viele junge Männer für die Freiheit starben (oder wie auf allen Fronten ihren  verdammten „Job“ taten, tun mußten), rüsteten Dr. Chisholm und Co. zur Psycho-Umerziehung der Überlebenden.

7.2. Wie eingeschränkt bereits ist, was im Land gedacht, gesprochen werden darf - und wird, zeigt sich gewiß nicht nur in der Psychiatrie, der Weltorganisationen, WHO, WVP seit Jahrzehnten den (atemnehmenden) Takt vorgeben (.3.4) [52]. Wie Meinungsfreiheit auch sonst geknebelt wird, dafür gibt es auch allgemein mehr und mehr Kostproben. Kürzlich publizierte das DEUTSCHLAND ARCHIV, Organ der BUNDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG einen wohl fundierten Artikel (Deutsche Identität in Verfassung und Geschichte) des hochverdienten, emeritierten Politologen, Marxismusforschers Prof. Konrad Löw, um sich dann „aufs Schärfste“ von ihm zu distanzieren und den Rest der Auflage zu „makulieren“, zu vernichten [53]. DIE WELT vom 15. 04.04 belegte den Beitrag, Zitate manipulierend, aus dem Zusammenhang reißend, mit der schlimmst möglichen Invektive: „Ansammlung antijüdischer Klischees.“ Löw, auf einen schleichenden Abfall vom Verfassungsgrundsätzen der Bundesrepublik aufmerksam machend, hatte, aus jüdischen Aufzeichnungen zitierend, dargelegt, daß es, in unserem Land auch in der schlimmen Zeit des Nazismus nicht nur mörderische Judenhasser gab. Daß und wie der Terror letztlich triumphierte, ist bekannt. Steht der Vorgang des „Makulierens“ nicht in unseliger Parallele zu nazistischen Bücherverbrennungen? Gegen derartige Ehrabscheidung nimmt sich das Totschweigen, das die Medien unserer Sache gegenüber seit Jahrzehnten praktizieren, beinah milde aus.

[52] Zur Weltregierung braucht es botmäßige Medien, aber auch eine solche „Seelenkunde“. Meinungen, Werthaltungen hat sie nicht nur zu steuern, sondern auch zu kontrollieren und ggf. auszugrenzen. Die Ärzte, halb zwar hingezogen, halb aber auch -gesunken, jammern über die Entwicklung zwar, halten sich aber immer noch zugute, daß und wie sie hingesunken sind (und andere mitgezogen haben).
[53] Die Angemessenheit solcher Stürme in anderen „ähnlichen“ Fällen möchten wir nicht in Frage stellen. Sie waren u.E. doch eher unähnlich.

 

Auf die Psycho-Thematik ist Prof. Löw nie eingegangen. Jetzt wurde er von der „konservativen“ WELT selbst schon in die „Psycho-Ecke“ gestellt. Weil er offensichtlich keine wirklichen Angriffsflächen bot, stellte die Zeitung auf seine 73 Jahre ab und meinte, „er sollte dem Vergessen anheim fallen.“ Löw hat in seinen Büchern den Marxismus in vielen Facetten ausgeleuchtet. Mit Augenmaß hat er Menschenrechte angemahnt, wo andere schwiegen. Darin stand und steht er uns über lange Jahre doch nahe.

7.3. Grundlos wurde übrigens auch versucht, unserem französischen INFC-Mitstreiter Jacques Bénesteau Antisemitismus anzuhängen. Die französische Analytikerin Roudinesco versuchte es, um sich ihres Kritikers und der Blamage des kürzlich ihr verliehenen „Prix Lyssenko“, eines französischen Spottpreises für „Leistungen in Pseudo-Wissenschaft“, zu erwehren. Nicht eine antisemitische Silbe steht in Bénesteaus Buch MENSONGES FREUDIENS. Wir hätten ihn sonst gewiß nicht in unseren Beirat berufen. Viele der durchdringendsten, der angesehensten Freud-Kritiker, manche auch mit INFC verbundene, sind jüdischer Herkunft. Antisemitismus gibt es leider auch heute. Seine Instrumentalisierung zu gänzlich anderen, mitunter auch dubiosen Zwecken gibt es leider auch. INFC: Das sind inzwischen viele ausgewiesene, engagierte Mitstreiter in vielen Ländern in Europa und Übersee. Die „Freud-Fans“ sind darüber schon in die Defensive geraten.

7.4. Ihre Pseudowissenschaft war und ist das Herzstück der „Reform der psychiatrischen Krankenversorgung.“ Wie diese zustande kam und was sie bewirkt, dazu .3.3 [54] Tatsächlich war sie Teil der 68er Kulturrevolution und verfolgte unter heilkundlichem Etikett nichts anderes als sie. Die 1945 von der US-Administration unterstützten Ausführungen des Generals, Psychiaters, Umerziehungsstrategen, später ersten WHO-Generalsekretärs G.B. Chisholm (RB 2/00.3.4-.5) zeigen es mit letzter Deutlichkeit. Kulturrevolution heißt Neuausrichtung aller menschlichen und gesellschaftlichen Grundwerte [55] und Verhältnisse, Veränderung primär des Menschenbilds (Fn 27), das ganze schleichend von innen heraus ohne Antastung demokratischer Förmlichkeit.

  Wir brachten vorstehend Hastys Text [56] in Auszügen, um zu zeigen, daß „nicht-umerzogenen“, vielmehr fundamental-kritische Auffassungen auch in den USA kursieren und sie sich entschieden gegen ihre („psychiatrische“) Herabwürdigung und „Nichtung“ zur Wehr zu setzen haben. Der Ausrichtung des Denkens, der öffentlichen Meinung dienen neben Erziehung Unterhaltungsindustrie und Medien in noch nicht dagewesenem Maß Psychologie und Psychiatrie Dazu wurden, von der US-Administration unterstützt (Chisholm - RB 2/00.3.4-.5), um 1945 schon ausgefeilte Einsätze derPsycho-Disziplinen zu politischen Zwecken, genauer eben zur Re-education und zwar zur Umerziehung der westlichen,

Unterrichtung von GPs (Allgemeinärzten) in San Diego 1953 durch den Zoologen und Sexualumerzieher Prof. Kinsey

  christlich geprägten Völker zuerst, auf den Weg gebracht, ihr erster Ansatz dabei die Umorientierung des Sexualverhaltens. Dazu aber wurden verschiedene real
- und pseudowissenschaftliche Ansätze „multidisziplinär“ verbunden (Details in RB 2/98 .13.5 und 2/00 .3.4-.5), vor allem behaviouristische (Kinsey) und Freudsche, beide wissenschaftlich insofern, als in der Anwendung ihrer Suggestionen Wissen und Erfahrung stecken und alle wirksam dadurch, daß die wissenschaftliche Gültigkeit ihrer Axiome suggeriert wird. Das Ziel der Umerziehung [57], genauer: ihrer Planer war ausdrücklich ein System jenseits von Richtig und Falsch, Gut und Böse, ein Huxley-Orwellsches System, in dem alles gleich gültig geworden ist, die Menschen gleichgültig alles hinnehmen und „Gut“ auch als Begründung für Krieg und Folter stehen kann [58].
 

[54] Mit der „Reform“ ziehen international psychiatrische Fachgesellschaften und seit Anfang der 90er auch GIP, der ehemalige Dachverband, durch die Lande. Uns aber ging und geht es bei aller Anerkennung für notwendige Verbesserungen in der Krankenversorgung um die Freiheit, der mit besagter Reform eher erhöhte Gefahr droht - weit über den Kreis der psychiatrisch „Versorgten“ hinaus.

[55] Kritik an einer Kulturrevolution hat an vielen Stellen anzugreifen und gerät so leicht zu einem „Rundumschlag“ (vgl. 6.6 –  Schuller). Solche, die auf die neuen Grundwerte und Verhältnisse, das neue Menschenbild eingeschwenkt sind, versuchen, die Kritik damit abzuwerten.

[56] Hastys Auslassungen über Bush sind uns an sich unwichtig. Daß sie infolge psychiatrischer Konotation aber „nicht mitteilbar“ sein sollen, ist von der Zielsetzung unserer Vereinigung her inakzeptabel. Die Gängelung der öffentlichen Meinung durch ärztlich nicht substantiierte Pathologisierungen berührt den Nerv unserer Vereinigung von ihrer Gründung an.

[57] Nach der Soziologin Uta Gerhardt hielt  „eine Mehrheit der Deutschen bis nach der Währungsreform (1948) den Nationalsozialismus für eine gute Idee, die (nur) schlecht ausgeführt worden sei“ (DIE WELT, 27.01.04). Sind also Umerziehung, gefilterte Medien- und Psycho-Meinungsmache und –kontrolle über alle „Volksmeinung“ hinweg, abschätzig „Populismus“ genannt, doch nötig? Beinhalten Re-education, mit ihr staatlich kontrollierte „Psycho-Dienste“ jetzt auch im Irak tatsächlich „Hoffnung für verletzte Kinderseelen“ (RB 2/03.6.2)? Sind täglich unzählige Tote unter der einheimischen Bevölkerung wie den Besatzern, sind Folter darum hinzunehmen?

[58]  Der Gegenkandidat, heißt es, steht für den Kriegs- und Umerziehungskurs genau so: Pseudo-Alternativen allerorts.

7.5. Jaspers meinte nach dem Weltkrieg, wir dürften jetzt „unsere eigentliche, gute geistige Welt wieder aufbauen und weiterentwickeln. [59]“ Nichts durften wir und offensichtlich durften es andere ebensowenig. Denn die Umerziehung war ja à priori allen Völkern zugedacht. Demokratie wurde, scheint es, von den Machthabern, damals vielleicht mehr schon Vertretern des „Systems im System,“ als Interimslösung toleriert, bis sie schrittweise von innen reformiert wäre, in allen Kulturbereichen einschließlich des psychiatrischen genügend Menschen umerzogen, genügend eingeseifte Kader, eingefahrene Instanzen nachgewachsen wären.

Die zur Anwendung kommenden Psychotechniken wurden wie die der operativen Stasi-Psychologie für die Betroffenen in der Regel direkt meist gar nicht spürbar. Indirekt konnte ihr Einsatz just dadurch Werthaltungen um so besser ändern,
Verfassungsgrundsätze um so wirksamer munterlaufen.Mit völkerrechtswidriger Umerziehung des akademischen Nachwuchses, wie sie Kinsey über 16 Jahre überall in Amerika betrieb, die Sex-Revolution propagierend. Pseudo-Wissenschaft nicht nur den Ärzten auch damals schon reichlich angedient, finanziert u.a. von der Rockefeller-Foundation - aus Judith A. Reisman, KINSEY: CRIMES & CONSEQUENCES
Invasion, Folter und politisch„operativer Psychologie“ geht es jetzt den uslimischen Völkern an die Substanz. - Wir haben bei unseren Untersuchungen immer wieder von der allgemeinen zur speziellen Bedrohung von Freiheit und Menschenwürde durch „Psycho-Methoden und –Mittel“ hin und her zu blenden.
     

 

[59]  Jaspers auf die Forderung der Norwegerin Undset 1945 nach einer „Umerziehung der Deutschen“ in einem Geleitwort für die damals neue Zeitschrift „Die Wandlung“,  nachgedruckt in Rechenschaft und Ausblick, Piper, 1950.

Die Folterungen im Irak waren, wie man hört, systematisch. Die Kommandeuse des Abu Ghraib Gefängnisses, wo sie sich abspielen, die Brigadegeneralin Karpinski ist im Zivilberuf eine Beraterin, eine „Psycho-Professionelle“ also. Letztverantwortlich aber dürften einige der Herren sein, die eher als „Frieden und Wohlstand für die ganze Menschheit“ fragwürdige, vielleicht gar furchtbare, deshalb so versteckte „Pläne für die Welt“ bereiten und über die notwendigen Mittel und Manpower verfügen, sie durchzusetzen, vor allem die der Meinungsbildung, Psychiatrie und Psychologie unter ihnen nur Bestandteile, wesentliche Teile jedoch.

7.6. Ziel der Psycho-Anwendungen im Irak war wohl, die psychische Contenance der Gefangenen zu brechen [60]. Einige un-umerzogene Amerikaner klagen jedoch, durch besagte Folter-Szenen würde eher das Selbstvertrauen Amerikas gebrochen und meinen weiter: „The plan is to use America to break America: Die Vereinigten Staaten mögen heute der Welt einzige Supermacht sein. Das ist genau, was die
Globalisten für die Agenda der Zentralisation globaler Kontrolle planten,
den planetarischen Orwellschen Staat einer Weltregierung... Aber während
Amerika jetzt als Vehikel zum aktuellen Tagesordnungspunkt der faschistischen
Agenda benützt wird, ist sein Überleben als Supermacht nicht geplant.
Diesen Status zu zerstören und den Geist Amerikas zu brechen, ist in der Tat
für die Errichtung einer globalen Diktatur Voraussetzung... Fraglos
hat Amerika einen tief verwurzelten, fast angeborenen Sinn für Identität und
nationalen Stolz. Solange sie lebendig sind, führt kein Weg dahin,
daß es sich einer zentralen Weltregierung und ihrer Kontrolle beugt...
Amerikaner – Folterer? Das kann nicht sein.... Die Aufdeckung, daß das Militär
der Vereinigten Staaten ...solche Entsetzlichkeiten begeht, ist ein massiver Schlag in Amerikas Selbstvertrauen und
nationale Identität – wie geplant ...
“ Das Wort „Globalist“ stehe, schließt der Schreiber, auch für „Illuminat
(lobodorado2@yahoo.com) .

Umerzogene Amerikaner daheim - und auswärts

Bei der Umerziehung, Nacherziehung, Psychotherapie ist es wohl immer ums „Brechen“ und „Gefügigmachen“ gegenüber dem „System im System“ gegangen. Die Ärzte, Psychiater und sonstige „Psychis[61] dabei der Vehikel beste, das ihnen entgegengebrachte Vertrauen, die ihnen zugebilligte Autorität und sie selbst am leichtesten mißbrauchbar. Nicht grundlos nehmen das offensichtlich die neuen Herren und ihre Agenten in vielen westlichen Ländern an. Wird die Analyse, das Herzstück der Umerziehung (wie Psychiatrie-Reform), auch durch unser INTERNATIONALES NETZWERK DER FREUD-KRITIKER und andere als plumper Schwindel ausgewiesen, laufen doch gleichzeitig jetzt in manchen der Länder, etwa in Frankreich parlamentarische Anstrengungen, sie nach deutschem Muster als Regelleistung im Gesundheitswesen gesetzlich zu verankern (Loi sur la santé publique) - die Debatten dort aber noch lebhaft im Gang.

[60] Als die FAZ vom 26.02.04 das Bemühen Bushs, die Ehe von Mann und Frau in den USA verfassungsrechtlich abzusichern, als „Bush’s Kulturkampf“ abtat, lenkte sie wieder leicht davon ab, daß Kulturrevolution Umstürzung, nicht Bewahrung tradierter Werte bedeutet. Nichts ist, wofür es ausgegeben wird. Der große Kulturkampf, der für alle (Völker) auf demoralisiertes, desorientiertes Ausgeliefertsein hinausläuft, nimmt seinen Fortgang unabhängig von der Entscheidung zwischen Bush und Kerry.

[61]  Dies war der etwas despektierliche Titel für alle Profis, die in der Sowjetunion als Handlanger der psychiatrischen Unterdrückung galten.

Daß die deutschen Elite-Staatspsychiater und andere „Psychis“ als erste den neuen, jetzt langsam aus dem Dunklen hervortretenden One-World-Despoten zu Diensten sind, wen wundert’s? Auf den ungeschriebenen Befehl Hitlers waren ihre Amtsvorgänger bereit, ihre Patienten zu töten. Jetzt kommen die „Befehle“ in beinah freundlichem Gewand. Als „Empfehlungen“ kommen sie von Weltorganisationen, noch dazu von „kompetenten“ Fachinstanzen, der WHO, dem WVP. Wie sollten unsere Staatspsychis da den „Empfehlungen“ nicht aufs eifrigste nachzukommen suchen? Schelte sie aber niemand zu sehr.

7.7. Den Psychiatriemißbrauch „beschwiegen“ auch die übrigen großen Geister des Landes. Einem Professor Löw muß es eigentlich Mühe gekostet haben, bei seinen Beforschungen des Marxismus jahrzehntelang über den Psychiatriemißbrauch, eines seiner Wesenselemente von Anfang an (RB 3/78, Schafarewitsch), hinweggegangen, am Neomarxismus, Freud-Marxismus vorbeigeschrammt zu sein. Löw teilte mit, er fühlte sich für’s Psychiatrische nicht kompetent genug. Daß das Thema der „seelenkundlichen“ Repression einige Beschäftigung, letztlich aber nicht mehr als gesunden Menschenverstand erfordert, das hat jedoch KEINER der „großen Konservativen“ in unserem Land bemerkt. Oder wollte es keiner bemerken? Die ungeheuerliche Herabwürdigung Prof. Löws, die sich jetzt eine Bundesinstanz leistete, weisen dabei auch wir mit aller Entschiedenheit zurück.

Was sich an Diktatur neu abzeichnet, ist nur partiell marxistisch, ist primär von Huxleysch-„schön-neu-weltlicher“ Art, ist also wohl oligarchisch, vor allem aber plutokratisch [62]. Offensichtlich ´nur weil es die Hinnahme von Totalitärem fördert, werden die Schandtaten des Kommunismus allgemein wie speziell bei den Psychiatern heruntergespielt und Sympathien für ihn geschaffen (s. DNP, .1). Diesen werden für ihre Zuträgerdienste zur neuen Diktatur auch schöne Verdienstmöglichkeiten offeriert. Viele stehen so zu Diensten, schwiegen vordem zu Psychiatriemißbrauch und Zersetzung, begeistern sich damals wie heute für die Psychiatrie-Ausweitung und –Reform und sind alle Zeit bereit, auf jede nur denkbare Art und Weise die Freiheit, das jüdisch-christliche Menschenbild weiter zu zerschlagen. Was Wunder? Hielten sie seinerzeit noch einige Kirchenfürsten zurück, so schieben diese heute vielfach selbst mit an (.3.6 -.7).Das Stillehalten christlich orientierter Gelehrter zum Wesen der Umerziehung, der Umfunktionierung der Psychofächer zur schön-neu-weltlichen Transformation des Menschenbildes (Fn 27) bleibt dennoch unerklärlich. Es scheint, als hätten Fremde nicht nur den Staat besetzt.

[62] Sie hat mit der in SCIENCE am 13. 02.04 mitgeteilten Erzeugung menschlicher Klone in einem koreanischen Labor einen weiteren Schritt zu ihrer Vollendung getan. Bei den „physischer Schritten“ gab es gewöhnlich Lärm in den Medien, Protest zuerst und vor allem in katholischen Kreisen, bis auch hier das Einschwenken auf sie kam. Die psychologischen Annäherungen an sie vollzogen sich in aller Stille.

7.8. Daß uns jetzt einmal die Einladung einer mainstream-Einrichtung erreicht hat, kann uns gewiß freuen, könnte gar ein Stück Vertrauen ins „System“ neu begründen. Seien wir aber nicht zu naiv. Zu viel Enttäuschung hat es über die letzten Jahrzehnte gegeben. Zu weit ist die SCHÖNE NEUE WELT schon fortgeschritten. Hoffnung, es könnte sich doch Wahrheit noch durchsetzen, begründet eher das Internet. Durch die neue Kommunikationsmöglichkeit findet, was wir mit vielen anderen zusammen an Aufklärung leisten, heute schon viel Widerhall. Ob er ausreicht, gegen die „New York Times, das Time Magazine und andere große Publikationsorgane“ aufzukommen, steht dahin. Allein von unserem kleinen Wahrnehmungsbereich schaffen wir es gewiß nie. Aber es sind ja viele in vielen Ländern am Werk, insbesondere auch in Amerika. So könnten doch noch rechtzeitig „Lichtkegel der Publizität“ auf die wirklichen Hintergründe des Geschehens, den lichtscheuen inneren Kreis... fallen und seine Kreise tangieren.

Wem die Diskussion auf der Meta-Ebene aber zu fragwürdig erscheint – wir bringen sie nur, um für einige wahre Desaster eine Erklärung zu finden - der bleibe auf der einfachen, konkreten Ebene der aufgezeigten Mißstände und Mißbräuche und versuche hier, Abhilfe zu schaffen. Da gibt es genug zu tun.


 

Die GEP hängt von der Unterstützung ihrer Mitglieder und Freunde ab,

von denen manche ihr seit über 25 Jahren angehören,

andere auch erst in jüngerer Zeit hinzugestoßen sind.

Durch ihre Unterstützung  konnte und kann

die Arbeit der Gesellschaft für Gesunde und Kranke,

für die Achtung menschlichen Geistes, menschlicher Würde

und einer auf Freiheit und Verantwortung basierenden Gesellschaft

über die Jahre wahrgenommen werden.

 

Für ihre Unterstützung dankend,

bitten wir unsere Mitglieder und Freunde, diese uns weiter zu erhalten.

Durch sie wie die ehrenamtliche Tätigkeit der Vorstandsmitglieder

kann der Rundbrief auch an Adressaten versandt werden,

die mit der Psychiatrie zu tun oder

Interesse für die menschenrechtlichen Probleme in ihr oder

für Probleme der ärztlichen Ethik allgemein bekundet haben oder

bei denen auf Grund ihrer beruflichen Stellung

solches Interesse vorauszusetzen ist.

 

An sie ergeht die Bitte, die Schrift im Bekanntenkreis weiterzureichen.

Weitere Exemplare, auch früherer Ausgaben der Rundbriefe, können nachbestellt,

viele von ihnen heute auch aus dem Internet heruntergeladen werden.

Rückäußerungen sind immer willkommen.

 

Verfasser der Rundbriefe und redaktionell für sie verantwortlich

ist als Vorsitzender der GEP Dr. Weinberger - soweit

einzelne Beiträge nicht namentlich gesondert gekennzeichnet sind.

 

Der jährliche (steuerbegünstigte) Mitgliedsbeitrag beträgt 60 Euro.

Auch kleinere Spenden begründen weitere Zusendungen.