Rundbrief 1/06                                                                          April 2006

 

Inhalt                                                                                                     

 

1.Einleitung

2. Psychiatrie der Verfolgten - ersterer Rolle bei letzterer (Nicht-) Entschädigung

3. Behandlung des DDR-Psychiatriemißbrauchs in einem rechten Blatt

4.Wie ist solches heute überhaupt möglich?

5. Was maßgeblichen Psychiatern heute als reformbedürftig erscheint 

6. Psycho-Pseudowissenschaft unter Druck - erstmals Konsequenzen

7. Vermischtes, Zusammenfassung und Ausblick 

        (8.Summary -  im englischen Teil der GEP-Webseite)

 

 

 

Hinweise:  RB + Zahl mit zwischengestelltem Schrägstrich verweist auf früheren Rundbrief, Zahl mit vor- oder zwischengestelltem Punkt auf das genaue Kapitel. Alle Hervorhebungen und Fußnoten sind redaktionellen Ursprungs. In Kursivdruck stehen in der Regel Aussagen von Nicht-GEP-Mitgliedern. So weit die Texte namentlich nicht besonders gekennzeichnet sind, ist ihr Verfasser Friedrich Weinberger.

 

 

 

1.   Zum Geleit

 

Seit beinahe drei Jahrzehnten berichtet unsere Gesellschaft von empörenden Vorgängen in einem Bereich der Heilkunde. Die Mehrheit der Ärzte wie der Allgemeinheit nimmt sie leicht. Mit Entwicklungen sind sie verbunden, die sich ähnlich auch auf anderen gesellschaftlichen Gebieten abspielen und offensichtlich mit der 68er Kulturrevolution zusammenhängen. Ihre verhängnisvollen Auswirkungen werden heute vielfach sichtbar.

Wo eine Lösung der Probleme unaufschiebbar ist, wird sie jedoch meist bis weit ins Lager der Union hinein weiter in 68er Richtung gesucht. Manche auch von denen, die heute darüber klagen, schweigen dazu, wie viele Fehlentwicklungen sie selbst verkannt, wie viele Fehlentscheidungen sie selbst mitentschieden haben. Auch kümmern sich nur wenige, die heute die 68er Veränderungen auf einzelnen, ihnen besonders nahestehenden Gebieten, etwa dem Kultursektor, dem Erziehungswesen, auch den Kirchen feststellen, um die Parallelentwicklungen auf benachbarten, für Land und  Welt nicht minder sensiblen Gebieten, etwa dem „seelenheilkundlichen“. Am wenigsten kümmern sie sich um die organisatorischen Verbindungen, die in dem kulturrevolutionären Gesamtprozeß gemeinsam am Werk sind. Im Lauf der drei Jahrzehnte hat die Auseinandersetzung – schwerpunktmäßig in einem akademischen Fach! - so eine Schärfe gewonnen, die kaum mehr zu steigern ist.

Herrn Dr. Weinberger, der als Vorsitzender der GEP über Jahrzehnte den Großteil der Vereinsarbeit leistet, seien an dieser Stelle einmal Dank und Anerkennung ausgedrückt für seinen unermüdlichen Einsatz, seine Klarsichtigkeit und Festigkeit, mit denen er gegen unendliche Widerstände die Anliegen unserer Gesellschaft auf „seelenkundlichem“ wie allgemein politisch-humanitärem Gebiet vertreten hat und auch auf den folgenden Seiten beherzt vertritt.

Klemens Dieckhöfer


 

 


 
2.     Psychiatrie der Verfolgten – ersterer Rolle bei letzterer (Nicht-) Entschädigung

Vortrag Dr. Weinbergers zum Beraterseminar des Bundes der Stalinistisch Verfolgten (BSV) am 3.12.2005 in Magdeburg, veröffentlich in drei Teilen im VOS-Organ FREIHEITSGLOCKE im Januar, Februar und März 2006

 

2.1  (Anrede) Für die Einladung zu Ihrer Tagung sage ich Dank. Mein Engagement für Verfolgte gilt berufsbedingt seit über 30 Jahren eher „post-stalinistisch“, nicht minder dabei kommunistisch Verfolgten, den Opfern des Psychiatrie-Mißbrauchs, Opfern einer Form der Repression, die während der Chruschtschow- und Breschnew-Ära vor allem in der UdSSR, aber auch der DDR statt fand oder wie in China heute noch stattfindet. Darüber hinaus begegnen mir auch in anderer Weise bis heute Probleme der Verfolgung, etwa die der Begutachtung und der Behandlung der Folgebeschwerden. Es geht ja meist um psychische Beschädigungen.

Der Psychiatrie gegenüber bestehen in der Allgemeinheit oft Berührungsängste. Das mag ein Grund sein, warum lange undiskutiert blieb, was ich hier besprechen werde, ein Grund auch, warum wir in der GEP mit an deren Opferverbänden lange kaum Kontakt bekommen haben. Ich bin froh, daß ich heute mit Ihnen diskutieren kann und sich mir durch Sie gewiß auch manch neue Aspekte er öffnen werden.

Oft genug vernahm ich von Menschen Ihres Hintergrunds die Klage, dem Leid, das Ihnen Ihr Ein treten für Recht und Freiheit nach der braunen in der roten Diktatur einbrachte, Ihrer nach ’45 schuld los erlittenen Pein versage auch der freie und soziale Rechtsstaat Deutschland die Anerkennung, von Entschädigung dann ganz zu schweigen. Die Opfer des Psychiatriemißbrauchs der DDR, einen eher kleiner Kreis von Verfolgten, trifft es eigentlich noch schlimmer: Ihnen versagen die Behörden gar die Anerkennung des Faktums dieser Verfolgung. Unter Aufbietung aller möglichen Tricks leugnen sie, daß es den sowjetähnlich-systematischen Mißbrauch des Faches in der DDR überhaupt gegeben hat. Schlimm trifft es auch die gewiß zahlreicheren Opfer des Psychologie-Mißbrauchs. Er verdeckte die Repression noch besser als der psychiatrische. Er war als „Zersetzung“ für die Machthaber noch besser, noch unauffälliger anwendbar. Auch weil die Unterdrückungsmethode - viele von Ihnen lernten sie in und außerhalb von Haftanstalten kennen -, wissenschaftlich so ausgeklügelt war, gestalten sich die Anerkennung und Entschädigung Ihrer Verfolgung bis heute besonders schwierig.

2.2  Kürzlich fiel mir das Buch ZWISCHEN BAUTZEN UND WORKUTA (Universitätsverlag Leipzig, 2004) in die Hände, geschrieben von fünfzehn der UOKG[1] nahestehenden Autoren, darunter sieben Ärzten. Die meisten haben Jahre schwerer stalinistischer Verfolgung erlitten. Wie schon anderenorts las ich in dem Buch, für die Opfer der Nazi-Diktatur seien erst zwanzig Jahre nach deren Zusammenbruch mit dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) Entschädigungsregelungen geschaffen, dann aber bei „über 90% der Antragsteller psychische Verfolgungsschäden im rentenberechtigenden Grade“ anerkannt worden. „Bei den politischen Opfern und Verfolgten der SBZ / DDR“ hätten dagegen „unter 3% der ehemals inhaftierten Antragssteller“ solche Anerkennung erfahren. Das Buch nennt an anderer Stelle auch andere Zahlen, nach denen doch ein größerer Teil der nach ’45 politisch Verfolgten anerkannt worden wäre.[2] Da ich anderenorts aber auch geringere Zahlen fand[3], werden die 3% der Realität wohl nahe kommen. In je dem Fall bleibt der Unterschied der Begutachtungsergebnisse frappant.

Besagtes BEG[4], das 1957, also eher zwölf als zwanzig Jahre nach Ende des Nazi-Regimes in Kraft trat, hat aber die Entschädigungsregelung für die NS-Opfer allein auch nicht bewirkt. Es stand ihr damals noch die verbreitete Auffassung der Wissenschaft entgegen, aus Erlebnissen, und seien sie noch so schrecklich, erwüchsen ernstliche, an haltende seelische Störungen nicht. Es war der verstorbene Mitgründer und Ehrenpräsident unserer GEP, der Heidelberger Psychiatrie-Ordinarius Prof. Walter Ritter von Baeyer, der, gestützt auf eine umfängliche Begutachtungspraxis, zusammen mit seinen Mitarbeitern Profes. Häfner und Kisker 1964 das Buch PSYCHIATRIE DER VERFOLGTEN (Springer, Berlin, Göttingen, Heidelberg) veröffentlichte, hierin die Realität erlebnisreaktiver psychischer Gesundheitsstörungen nachwies, sie gegen andere, etwa anlagebedingte oder frühkindlich erworbene Störungen abgrenzte und gegen große Widerstände der Kollegen die Änderung der Lehrmeinung dahingehend durchsetzte, daß solche Beschädigungen dann  –  tatsächlich 20 Jahre nach Ende des NS-Regimes – auch von den Versorgungsämtern als entschädigungsrelevant anerkannt wurden! Von Baeyer gereichte diese neu in der „Seelenheilkunde“ durchgesetzte Erkenntnis zu hoher Anerkennung. Er wurde darüber 1966 zum Vizepräsidenten des Weltverbands für Psychiatrie gewählt.

2.3  Ich las in besagtem Bautzen-Workuta-Buch, um darauf zurückzukommen, auch die Ausführungen eines Vertreters des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung. Die erwähnten Begutachtungsunterschiede (90:3) überging er, stellte aber die Unabhängigkeit der Gutachter von „oberen“ Weisungen, etwa solchen seines Hauses, heraus. Er beschwor die Notwendigkeit einer „Berücksichtigung der neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse“ und beklagte den Mangel an „wirklich erfahrenen Gutachtern“. Mit der Politik hätten etwaige Begutachtungsmängel jedenfalls nichts zu tun. Auch von Gleichbehandlung aller Opfer faseln die Behörden gern. Anderes wäre ja auch grundgesetzwidrig. Und nur ganz vereinzelt dringt durch, daß eine Ungleichbehandlung, wie sie in genannten Zahlen 90:3 eklatant zum Ausdruck kommt, offenbar doch, zumindest von einigen „Oberen“, gewollt wird.

In der JUNGEn FREIHEIT vom 19.08.05 - das Blatt fand den Psychiatriemißbrauch der DDR bisher übrigens auch nie einer Erwähnung für wert[5] - zitierte der Schriftsteller Ulrich Schacht neulich den Ministerialdirektor bei der (damaligen) Kulturstaatsministerin der Republik Knut Nevermann: „Wer nicht weiß,“ sagte er, „daß es einen Unterschied macht, ob ich gegen über einem jüdischen Volk über Entschädigung nachdenke oder über Opfer in der DDR, wer das nicht weiß ..., der tut mir leid“. Es sei „das kleine Einmaleins der politischen Kultur der Bundesrepublik, daß man dort Unterschiede macht.“ Nun waren Entschädigungen „gegenüber dem  jüdischen Volk“ gewiß absolut geboten und nach dem Krieg auch vordringlich. Was von Deutschen an deren schrecklich angetan worden war, mußte, so weit möglich, primär wiedergutgemacht werden. Besagte besondere Entschädigung gegen über einem, dem genannten Volk ist auch gesondert geregelt worden. Mir geht es hier allein aber um die Entschädigung individuell schuldlos erlittener Verfolgung. Hier ist es nicht nur „unaussprechlich schäbig“ (so der Historiker Prof. Schuller im Schlußwort des Bautzen-Workuta-Buchs), sondern eben verfassungswidrig, Opfer politischer Verfolgung „zu sortieren“ (Schacht). Ein Staat, der es auf Dauer so hält, praktizierte, wie Schacht dazu sagt, einen „selektiven“, einen „Pseudo-Humanismus“.

Klagen über Wissensmängel der Gutachter kehren aber bei vielen einschlägigen Autoren wieder, erstaunlicherweise auch in dem genannten Bautzen-Workuta-Buch. Dieses führt krasse Beispiele dafür auf, etwa den Fall eines Verfolgten, der vom Wachhabenden eine Treppe hinuntergestoßen worden war, dabei ein Schädel trauma erlitt und davon epileptische Anfälle zurückbehielt. Sie resultieren aus solcher Ursache nicht selten. Der Gutachter aber tippte auf  eine “Konversion“, damit auf „psychogene“, quasi hysterische Anfälle und wies so den Entschädigungsantrag ab. Nun gibt es wohl auf vielen Gebieten immer einmal ärztliche Wissenslücken - heute dazu aber politisch lanciertes Fehlwissen. Besagter “Konversion“ liegt Freuds Vorstellung zugrunde, aus „verdrängten frühkindlich-sexuellen Traumatisierungen (durch die Väter![6] – Freud hatte meist weibliche Patienten) erwüchsen infolge „Konversion“ („Verkehrung“) im späteren Leben „neurotische“ Krankheitserscheinungen wie eben hysterische Anfälle, eine Vorstellung, die, obwohl inzwischen über 100 Jahre alt und immer noch dubios, bei vielen Ärzten und Politikern und offensichtlich auch in Bundesministerien weithin als „neueste medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnis“ gilt, wohl weil Freud und Marx so gut zusammengehen. Aus beider Ideen rekrutiert sich ja der Neomarxismus, de facto Freud-Marxismus.

Gewiß wurde auch das von Baeyer’sche Grundbuch primär für die Verfolgten des Nazi-Regimes geschrieben. Solche vor allem begegneten den Autoren eben nach dem Erlaß des BEG 1957. Was sie fanden, gilt aber für alle Opfer „totalen politischen Terrors“. Deren Erlebnisse im einzelnen zu sichten und sie mit den geltend gemachten und aufgefundenen Beschädigungen abzugleichen, war und ist Sache der Gutachter. Diese waren der Aufgabe bei den NS-Opfern nach 1964 auch gewachsen. Nur bei Ihnen, den Opfern der roten Diktatur, soll das Fachwissen plötzlich wie der verflogen sein. Sie sollen an die ungeheuere Schwierigkeit der Begutachtungen und gar die Unreife und Unzulänglichkeit der Wissenschaft auf dem Gebiet glauben offensichtlich, um das so „begründete“, zusagen in die Natur der Sache verwiesene Ungenügen der Gutachten schicksalsergebener hinzunehmen.

2.4  Die Gutachter aber sind seit von Baeyers Ta gen, seit vier Jahrzehnten also, mit der Realität seelischer Verfolgungsschäden wohl vertraut, können gar nicht anderes, als damit vertraut zu sein. Gewiß sind besagte Beschädigungen im Einzelnen oft schwer zu sichern. Sie muß ten jedoch auch bei oder von den NS-Opfern nicht im einzelnen ausgewiesen werden. Sie müssen nach dem BEG nur wahrscheinlich gemacht werden. Das Bundesversorgungsgesetz (BVG) von 1950, das Häftlingshilfegesetz (HHG) von 1955 wie auch das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) von 1992 verlangen das nicht anders.

Wenn nach dem BEG, wie es im zitierten Bautzen-Workuta-Buch heißt, ein Jahr KZ-Haft plus 25% an erkannte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) als entschädigungswürdig anerkannt werden – gewiß nicht in 100, aber doch in 90% der Fälle –, dann ist damit der Maßstab für die Entschädigung politisch Verfolgter im Prinzip ein für alle Male gesetzt. Was den Entschädigungskriterien des BEG lediglich angefügt werden muß, ist die gesetzliche Anerkennung von „Verfolgungszeit“. In der fortgeschrittenen roten Diktatur wurde ja weniger inhaftiert, wenig selbst polit-psychiatrisch interniert, dafür um so mehr psychologisch „zersetzt“. Es geht nicht an, daß der Rechtsstaat vom Unrechtsstaat profitiert und sich die Entschädigung der Opfer erspart, die vom miesesten, psychologisch ausgefeiltesten Terror getroffen worden sind. Daß manche traumatischen Einwirkungen der fortgeschrittenen Diktatur schwerer faßbar sind, dem hat vor allem der Gesetzgeber Rechnung zu tragen. Wie bei den Nazi-Opfern hängen Anerkennung und Entschädigung auch, aber nicht nur von den Gutachtern ab.

Wissensmängel gab es bei ihnen, so kann man rückblickend sagen, bis zur genannten Veröffentlichung von Baeyers und Kollegen. Heute sind sie kopfloses Nachgeplapper. Es wundert mich, daß selbst in „Ihren Reihen“, etwa in dem mehrfach genannten Bautzen-Workuta-Buch einzig besagte Wissensdefizite als Grund der Entschädigungsmisere beklagt werden und eine Frage überhaupt nicht aufkommt, die sich eigentlich aufdrängt. Wenn kein mangelhaftes Wissen und auch keine direkten Anordnungen von „oben“ zu den seltsamen Begutachtungsergebnissen (90:3) führen, dann bleiben zu ihrer Erklärung eigentlich nur indirekte. Kann es nicht sein, daß die Psychiatrie und die in ihr tätigen, gutachtenden Ärzte und Psychologen heute einfach so rot sind, daß sie Beschädigungen durch den real existiert habenden Sozialismus nicht anerkennen mögen oder nur an erkennen, wenn es gar nicht anders geht oder sie anderweitig „sozialistische Pluspunkte“ machen können?  Zur Nicht-Anerkennung psychischer Beschädigungen durch solchen Sozialismus bräuchte es dann gar nicht viel Anordnung von „oben“

2.5  Bei vielen stößt allein diese Frage schon auf Protest. In Ihren Gesichtern lese ich Bereitschaft, weiter zuzuhören. Das ist auch gut so, denn, um aufzukommen, müssen Sie es wissen: Die Psychiater, Psychologen sind heute – Ausnahmen bestätigen die Regel - so rot bis rot-grün, wie sie vor 60 bis 70 Jahren braun waren. Gewiß waren sie damals nicht alle Parteigenossen. Aber das Klima unter ihnen war doch so, daß 200.000 der diesen Ärzten zu Schutz und guter Behandlung anvertrauten Kranken am Ende des Nazismus tot, getötet waren. So ähnlich, nur mit anderem Vorzeichen und, gottlob, auch nicht mit ganz so entsetzlichen Folgen ist es heute! Die Psychiatrie wird wie kein anderes Fach der Medizin vom Zeitgeist geritten - und von ihren Administratoren. Gewiß gibt es in ihr wissenschaftliche Fakten, die unbeugbar sind. Die Heilkraft vieler Psychopharmaka etwa steht fest. Entscheidend aus ihnen geht hervor, was die Psychiatrie in jüngerer Zeit tatsächlich an Verbesserungen vorzuweisen hat. Aber vieles und zwar mehr als in anderen medizinischen Bereichen ist in dem Fach lediglich Hypothese, persönliche Ansicht und/oder – politisches Oktroi.

Tonangebend waren und sind immer die Ordinarien und Chefärzte – Beamte! Das klinische Fußvolk aber, ihre Assistenten, sind während vieler Jahre der Aus- und Weiterbildung an ihre Weisungen gebunden. Und die niedergelassenen Nervenärzte, Psychiater und Neurologen, die frei sein könnten, sind von daher gewohnt, haben verinnerlicht, ihren „Oberen“ weiter zu folgen. Heute werden sie zusätzlich noch durch staatliche Richtlinien, Leitlinien gegängelt. Bei diesen inneren Gegebenheiten der Psychiatrie, der Psychiater, Psychologen genügt der diskreteste Wink „von oben“, daß die Gutachten so ausgehen, wie Sie sie kennen.

Wenn ich die heutige Psychiatrie rot nenne und dem Rot eine negative Konotation gebe, will ich nicht die positiven Leistungen schmälern, die etwa die Sozialdemokratie über mehr als hundert Jahre zu unserem Gemeinwesen beigetragen hat. Ich meine negativ den intoleranten, dogmen- und autoritätsgläubigen, hysterisch hier ins Utopische, bürokratisch dort ins Kleinkarierte gehenden, dann gar den Bezug zur Realität, zur Menschlichkeit aufgebenden Zug, der eben am Roten auch ist – und leider so auch an der entsprechenden Psychiatrie. Zu ihr haben im übrigen auch viele beigetragen, die ein Parteibuch von CDU oder CSU in der Tasche tragen. Ich hielt es immer für eine Sache übergeordneter ärztlicher Informationspflicht, dar über zu berichten, so unbeliebt mich das auch bei vielen Kollegen machte. Einige unterstützen mich, gewiß. Das werde zur Ehre der Medizin nicht vergessen.

2.6  Ich muß das Gesagte mit Beispielen aber noch fülliger machen. Das Gros der Psychiater hat zum Mißbrauch ihres Fachs in der Sowjetunion, über den selbst die Medien öfters berichteten, über lange Jahre geschwiegen, sofern sie die grausame, heilkundlich verbrämte Unterdrückung nicht herunterspielten und beschönigten. Den Psychiatriemißbrauch der DDR –  es waren daran wohl nur wenige Ärzte beteiligt, aber es gab ihn - leugnen sie bis heute! Ihn leugnen auch solche, die im Ärztlichen Beirat der UOKG sitzen. Zur Zeit aber, als die Sowjetpsychiatrie gegen Dissidenten vorging und damit doch weithin Empörung auslöste, also in den 70ern, war sie für die führenden „Seelenärzte“ hierzulande das große Vorbild,[7] nach dem die einschlägige Versorgung der deutschen Bevölkerung reformiert werden sollte und reformiert wurde! De facto verfolgte und erreichte die Reform

1.     die Ausweitung des Einflusses von Psychiatrie und Psychologie auf immer größere Teile der Bevölkerung (etwa durch Anerkennung der Psychoanalyse als “Wissenschaft“) und

2.     die Ausweitung des Staatseinflusses auf sie. So wurden die psychiatrischen Krankenhäuser und Fachabteilungen flächendeckend zur ambulatorischen Tätigkeit geöffnet, unabhängige Behandler durch staatlich-weisungsgebundene zurückgedrängt und nebenbei damit noch ein stattlicher Kostenschub im Gesundheitswesen veranstaltet.

Der Linksschwenk vollzog sich in der Psychiatrie, der Medizin wie in anderen Gesellschaftsbereichen meist leise, mitunter aber auch krachend.[8] Die politische Einfärbung des Fachs war und ist dabei aber gar nicht das Anstößigste. Die mit ihr einher gehende Unwahrheit, die Lüge sind es viel mehr, die am meisten aufstoßen. Sie durchdringen auch das Gutachterwesen, u.a. weil sie von den Medien weithin gestützt werden - nicht nur in Deutsch land. Weil so viel Lüge, so viel kaschiertes politisches Interesse im Spiel sind, bricht heute aber auch im Ausland oft lauter Protest gegen sie, zumindest gegen einzelne Bereiche der „Seelenheilkunde“ auf. Gegen die Psychoanalyse etwa, die hierzulande vielfach noch als „neueste medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnis“ gilt, wird besonders in Frankreich heute laut und wohlbegründet eingewandt, sie sei politisch gestützte Pseudowissenschaft und nicht mehr. Ihre Theorie - wir hörten schon, wie sie in Ihre Begutachtungen hineinspielt –, ihre therapeutische Wirksamkeit stünden dahin. In den englischsprachigen Ländern ist sie vollends erledigt. Es sind vielleicht nur noch Residuen jenes um 1968 übermächtigen Freud-Marxismus, mit denen wir uns heute hier noch herumschlagen müssen.

2.7  Weil es uns hier aber speziell um Psycho-Traumatisierungen und um deren Begutachtungen geht, möchte ich noch aufzeigen, bis in welche Verästelungen hier der „Psycho-Sozialismus“ reicht. Einige der „renommiertesten“ Fachleute, die hier als Experten auftreten, haben zum sowjetischen Mißbrauch ihres Fachs nie ein Wort verloren, leugnen den Mißbrauch in der DDR,[9] ignorieren das von ihm verursachte Leid glattweg. Ihre politische Haltung und „besondere Eignung“ zur Begutachtung weist das vielleicht schon aus. Gleichzeitig fordern diese Experten zur Behandlung der Beschädigten aufs dringendste –  so, als gäbe es nirgends im Land freipraktizierende Therapeuten – neue Institutionen, (staatliche) Beratungs- und Behandlungseinrichtungen, in denen die Therapie wieder „oberen“ Einflußnahmen unterliegt. An solch staatlichen Stellen winken für sie selbst natürlich, je lauter sie tönen, desto feinere Leitungspositionen. Wenn solche „Pluspunkte“ für den Sozialismus anstehen, dann geht diesen Experten auch einmal ein DDR-kritisches Wort über die Lippen.

Besonders stieß mir dies im jüngst erschienenen Buch eines Berliner Psychoanalytikers, Leiters einer „Beratungsstelle für Stasiopfer“ auf, in Stefan Trobisch-Lütges DAS SPÄTE GIFT. Zu seiner Bestärkung schrieb gar Frau Birthler ein Vorwort. Als erstes machte der westlich sozialisierte Autor seinen von der Stasi viel geschundenen Amtsvorgänger, den verstorbenen Jürgen Fuchs[10], herunter. Dieser hatte sich bekanntlich aus einschlägiger Erfahrung bald zu einem profilierten Kritiker der Gauck-Birthler-Behörde entwickelt (RB 1/05,2.1). An statt die Opfer stalinistischer Verfolgung zu entschädigen, möchten unsere politischen Oberhirten und ihre Psycho-Beamten, so scheint es, sie lieber in ihre Behandlungseinrichtungen lotsen, wohl um mit ihnen ihre Deutungshoheit über die Verfolgung und das, was als solche gelten darf, weiter zu befestigen.

Von Baeyer, der Vorreiter der wissenschaftlichen Anerkennung psychischer Verfolgungsschäden, wird von solchen „Staatsexperten“ auch deshalb gern beiseite gestellt, weil er eben auch der Vorkämpfer gegen den Psychiatriemißbrauch war. Diesen als Realität und von Baeyers Verdienst an seiner Zurückdrängung an zu erkennen, meiden sie, wie es nur geht. Es könnte sie bei der Gelegenheit ja Schamgefühl befallen, daß und wie sie den Mann zu seinen Lebzeiten im Stich gelassen haben, denjenigen, der sie, die ob der Nazi-Untaten im Fach lange verfemten, in der beruflichen Weltgemeinschaft mühsam wieder zur Respektabilität gebracht hat. Unsere GEP aber stellt den Mißbrauch der Psychiatrie und seine Weiterentwicklung zum unauffälliger anzuwendenden Psychologie-Mißbrauch, zur „Zersetzung der Seele“ heraus, weil sie nun einmal Fakt waren und sich zudem in modernen Gesellschaften unauffällig halten könnten. Wer weiß denn, wer im „Rechtsstaat“ vom Unrechtsstaat noch profitieren will?

2.8  Daß es, was die Behandlung Ihrer Entschädigungsanliegen betrifft, in anderen damit befaßten Gesellschaftsbereichen kaum besser aussieht, wissen Sie zur Genüge. Wie Sie etwa im Deutschen Bundestag im Januar 2004 heruntergebügelt wurden, von den Fraktionen der SPD und der Grünen an, beschreibt das erwähnte Bautzen-Workuta-Buch. Die Hoffnung bleibt, daß sich die neue Bundesregierung doch zu Besserem aufrafft.

Wie raffiniert die Geschichte kommunistischer Verfolgung von den Medien verbogen wird, dazu wären Beispiele ohn’ Ende anzuführen. Unterstellt wird Ihnen gern, Sie wollten die Opfer des Nazismus schmälern. Das ist bekanntlich eine sehr wirksame Art der Ausbootung. Franziska Augstein, Tochter des verstorbenen SPIEGEL-Herausgebers, pries kürzlich in der Süddeutschen Zeitung vom 4.11.05 (Der neue Mythos des 20. Jahrhunderts) den „Antifaschismus der DDR“ und klagte, er werde ständig als das„abgetan“, was er doch war, nämlich „Instrument zur Legitimierung der SED-Herrschaft. Das nähmen „viele Opfer der SED-Diktatur leider hin. Sie, meine Damen und Herren, gäben der Stasi quasi nicht genügend Ehre! Bürgerrechtlern, die den Opfern „zu ihrem Recht verhelfen“ wollen, grollte die Dame besonders. Sie erinnerte, daß diese Leute einmal einen „dritten Weg“ zwischen Kapitalismus und Sozialismus verfochten hätten, und unter stellte dunkle Machenschaften, durch die sie „auf die mehr oder weniger abgesprochene Strategie der Politiker um Kohl ... verpflichtet“ worden seien. Frau Augstein – argumentierten andere so, würden sie umgehend als „Verschwörungstheoretiker“ niedergemacht - hat von ihrem Vater das feine Verdrehen, Vermiesen offen sichtlich gelernt.

Im übrigen Blätterwald sieht es ähnlich aus. Neulich (16.11.05) sorgte sich die FAZ laut über „Demokratieabbau“ und „mangelnde Liberalität“ in Deutschland, weil der C.H.Beck-Verlag die Übersetzung des Buch eines italienischen Linken (Luciano Canfora) nicht drucken mochte, der den Hitler-Stalin-Pakt lobt und Stéphan Courtois' SCHWARZBUCH DES KOMMUNISMUS natürlich tadelt. Daß deutsche Verlage trotz vielen Drängens von den im Ausland seit Jahrzehnten erscheinenden Freud-Kritiken so gut wie nichts herausbringen, sie eine seit langem dort laufende Debatte größter Tragweite der deutschen Öffentlichkeit vorenthalten, das hat weder die FAZ noch sonst ein Blatt gestört! Freud kann ich hier nur streifen, muß ihn aber zumindest streifen, weil er zu viele Beziehungen mit unserem Thema hat. Hier wird es auch in Deutschland unvermeidlich noch Debatten geben.

2.9  Vereinzelt gibt es sie schon. Auf psychiatrischen Kongressen lassen unsere hohen Herren „Psycho-Ordinarien“ vereinzelt auch hierzulande schon hören, für die Methoden Freuds – Milliarden wurden für sie aus Ihren Sozialversicherungsbeiträgen verpulvert -, gebe es nicht die grüne Bohne eines heilenden Wirksamkeitsnachweises. Die Herren versuchen sich so aus der Affaire zu ziehen. Über Jahrzehnte haben sie die Psychoanalyse als „Hilfe für psychisch Kranke“ gepriesen und sie wie ihre Studenten und Kollegen, ja das ganze Land damit irregeführt. Nein, wenn ich vorhin die für Sie oft bittere Gutachtenssituation schon als ein Auslaufmodell („Residuum“) hinstellte, so wollte ich keinen unangemessenen Optimismus verbreiten. Wir werden wie im Begutachtungswesen, wie in der Psychiatrie allgemein, so im gesamten politischen Leben noch happige Auseinandersetzungen durchzustehen haben. Dabei stehen wir im Augen blick noch einer großen gegnerischen Übermacht gegenüber, in der Politik, in den Medien gewiß nicht weniger als in der Medizin.

Indem Sie sich, meine Damen und Herren, für eine angemessene Entschädigung Ihrer in der zweiten deutschen Diktatur erlittenen Leiden einsetzen, tun Sie – seien Sie sich dessen bewußt! - dem ganzen Land einen Dienst, helfen Sie, in ihm (und – hoffentlich – auch in meinem Fach, wo’s besonders notwendig wäre) den Sinn für Wahrhaftigkeit, Recht und Maß wieder herzustellen. Auf Grund der schon erwähnten allgemeinen Berührungsängste mit der Psychiatrie bleiben die Psychiater, Psychologen, Lehrstuhlinhaber wie Praktiker, von ähnlichem Werdegang, teil weise auch ähnlichen Interessen bestimmt, im Meinungsaustausch in der Regel unter sich. Auf Kongressen, wie ich kürzlich einen wieder in Augsburg am dortigen Bezirkskrankenhaus erlebte, da herrschen braves Applaudieren, gegenseitiges Be stärken und Hochschießen. Gegenposition kann da nicht bezogen werden. Mit zur Sache kommender Kritik wird man dort übergangen, abgefertigt oder niedergebrüllt.

Sie aber, eine weitgehend homogene Vereinigung schicksalsgeprüfter Menschen, Sie können den Herrschaften die Leviten lesen. Berührungsängste mit der Psychiatrie können, dürfen Sie sich nicht leisten. Denn von dieser aus wird nicht nur wesentlich über Ihre Entschädigung entschieden, sondern auch über die moralische Anerkennung Ihrer Opfer, ja über ethische Grundfragen unseres Volks und der Welt. Über wissenschaftliche Fakten, Neurotransmitter etc. brauchen Sie mit den Leuten nicht zu diskutieren. Aber mit den über Sie gefertigten, in großer Zahl fehlgelaufenen Expertisen haben Sie einen guten Hebel, nicht nur das Begutachtungswesen zu hinterfragen, sondern das gegenwärtige „Psycho-System“ insgesamt. Sie kommen damit vielleicht gar an die politischen Großköpfe heran, die das heilkundliche Fach aus eigenen, höchst fragwürdigen Interessen heraus wieder ins Fahrwasser der Ideologie und der Unredlichkeit abgedrängt haben. Die „90:3-Gutachten“ sind nur ein Punkt darunter.

Wir haben wohl Chancen, mit den vielfältigen Residuen des totalitären Marxismus fertig zu werden. Oder sollten es noch virulente Keime sein, mutierte, freud-marxistische eben? Wir sollten aber auf allen gesellschaftlichen Gebieten aufpassen, was wer in welchem Zusammenhang sagt, um nicht neu gelinkt zu werden. Ich bin letztlich je doch zuversichtlich. In einem so weit gespannten, auch international fein gesponnenen Netz der Lüge, in dem sich die „Seelenheilkunde“, mit ihr das Begutachtungswesen heute bewegen, hat sich doch der Widerstand an vielen Knotenpunkten schon gebildet -  international, maßvoll, hoch qualifiziert und in Ansätzen bereits wirksam. Bleiben wir wachsam. Lassen wir uns nicht verwirren, nicht gegen einander ausspielen und nicht einschüchtern. Einigkeit und Recht und Freiheit haben auch in Deutschland Chancen, heute vielleicht bessere denn je.


 

 

3.      Auch in einer Wochenzeitung konnte der systematische Psychiatriemißbrauch der DDR kürzlich angesprochen werden (Fn 5). Nachdem ihn die politischen Instanzen und mainstream-Medien, sofern überhaupt erwähnt, verzeichnet haben, drängten wir unter Hinweis auf den Magdeburger Vortrag (.2) die weithin in die ganz rechte Ecke ge stellte Junge Freiheit, das Thema aufzugreifen. In ihrer Ausgabe vom 2.Januar 2006 druckte die JF mit kleinen redaktionellen Änderungen und Zusätzen jetzt tatsächlich einen, den folgenden Bericht aus der Feder des Autors. Er sprach die Fakten dieses Mißbrauchs und auch Methoden seiner Verwischung nach der Wende an. Die Publikation der JF endete gleichwohl wieder in Verwischung.

 

Ulbricht-Kritiker wurden für verrückt erklärt

Die Praxis des Psychiatriemißbrauchs an politisch Unbequemen in der DDR wurde bis heute nicht aufgearbeitet, Verantwortliche nicht belangt

 

3.1  „... Indem der Angeklagte Gebhardt Mitte des Jahres 1958 und im Februar 1959 Hetzschriften angefertigt hat, mit denen er in unverschämter Weise gegen unsere Arbeiter- und Bauernmacht hetzte..., hat er objektiv den Tatbestand des § 19, Abs. 1, Ziff.1 und 2 erfüllt. Da jedoch nach dem fachärztlichen Gutachten dem Angeklagten § 51, Abs. 1 StGB zugebilligt werden muß, kann er strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden... Die Unterbringung des Angeklagten in einer Heil- und Pflegeanstalt ist also einmal geboten im Interesse der Sicherheit der Werktätigen unseres Arbeiter- und Bauernstaates, zum anderen im Interesse des Angeklagten selbst, der in einer Heil- und Pflegeanstalt gesunden wird...“  (Unterschriften, Leipzig, 25.7.1959)

 

Untersuchungen haben de facto nie stattgefunden

„... Der Angeklagte (Koch) wird wegen eines Verbrechens der staatsfeindlichen Gruppenbildung... und in einem Falle wegen Beihilfe zur staatsfeindlichen Hetze... zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von 2 – zwei - Jahren und 6 – sechs – Monaten verurteilt... Gem. § 16, Abs. 3 StGB wird nach Verbüßung der Freiheitsstrafe die Einweisung des Angeklagten in eine psychiatrische Einrichtung angeordnet..., um dem Wiederholen derartigen Verhaltens vorzubeugen und da mit die Gesellschaft vor staatsfeindlichen Angriffen zu schützen...“ (Unterschriften, Leipzig, 13.4.1972).

 

Fritz Gebhardt hatte während 10-jähriger Haft gegenüber Mitgefangenen kritische Äußerungen über Ulbricht gemacht. Dietrich Koch war 1968 beim Internationalen Bachfestival an dem bekannten Plakatprotest gegen die von Ul bricht angeordnete Sprengung der Leipziger Universitätskirche beteiligt. Selbiges vermutete die Stasi auch, konnte es aber nicht nachweisen. Das Urteil beinhaltete für beide unbefristete Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt. Gebhardt hatte nach der Haft de facto ein weiteres Jahr im Waldheimer Haftkrankenhaus für Psychiatrie abzusitzen, Koch ein halbes Jahr - vgl. sein dreiteiliges Buch „Das Verhör“, Chr. Hille, Dresden 2000.

 

3.2  Die Walter-von-Baeyer-Gesellschaft für Ethik in der Psychiatrie e.V. (GEP) sammelte Ende der 90er Jahre etwa  25 Fälle solchen Psychiatriemißbrauchs. Als einzige „fachkompetente“ Vereinigung in Deutschland hatte sie zuvor entsprechende Praktiken in der UdSSR verfolgt, die entsprechenden Fälle dokumentiert und in ihren Rundbriefen bekannt gemacht. Von den offiziellen Nachuntersuchungen, die es bezüglich der DDR nach der Wende in einigen neuen Bundesländern gab, wurde sie dafür ausgegrenzt. Manche dieser Untersuchungen sind auch nur angekündigt worden, haben wie etwa in Thüringen de facto nie stattgefunden. Die Ergebnisse der übrigen „Untersuchungen“ verkündeten dann um so lauter, es habe in der DDR keinen sowjetähnlich-systematischen Mißbrauch der Psychiatrie gegeben!

 

Obwohl auf Grund der Art von Nachuntersuchungen verläßliche Angaben über das wirkliche Ausmaß dieser Praktiken in der DDR kaum möglich sind, scheinen sie sich doch in Grenzen gehalten zu haben. Dazu trug fraglos bei, daß gegen die sowjetischen Mißbräuche in vielen westlichen Ländern, wenn auch kaum bei den deutschen Ärzten, breiter Widerstand aufkam. Die Machthaber der dem Westen zunächst gelegenen DDR wurden so gewarnt. Mehr dürfte den Mißbrauch des Fachs in ihrem „Arbeiter- und Bauernstaat“ gebremst haben, daß er hier akademisch rasch noch übler weiter entwickelt wurde, nämlich zum politischen Mißbrauch der Psychologie, zur bekannten „Zersetzung.“

 

3.3  Der Psychiatriemißbrauch bezweckte, die politische Unterdrückung zu bemänteln, sie mildtätig, den Staat mit ihr gar besonders fürsorglich erscheinen zu lassen. Das Ziel erreichte er in der Sowjetunion nicht. Der Psychologiemißbrauch aber ließ die Repression fast unsichtbar wer den. Entsprechend häufig kam sie in dieser Form zum Einsatz, half sie, einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ vorzuführen und viele Intellektuelle für ihn einzunehmen. Dafür „lohnte“ die Einrichtung des Studienganges „Operative Psychologie“ an der Stasi-Hochschule in Potsdam-Gorch, „lohnten“ seine Ausstaffierung mit Promotions- und sonstigen Karrieremöglichkeiten. Mit den da erworbenen Doktor-Titeln läßt sich heute noch glänzen. Und sind Psychologie und Psychiatrie auch im Westen organisatorisch längst fest an einander gekoppelt (worden), so können die Psychiater jetzt doch so tun, als gingen die Vorgänge in der „Seelenheilkunde“ der DDR sie erst recht und überhaupt nichts an. Schon vom sowjetischen Mißbrauch des Fachs nahmen sie höchst ungern Notiz.

Kaum Anerkennung als Opfer politischer Verfolgung

Die aber den Psychiatrie- wie insbesondere den Psychologiemißbrauch, die „Zersetzung,“ am eigenen Leib er lebten, haben es bis heute besonders schwer als Opfer politischer Verfolgung anerkannt zu werden. Die einschlägigen Gesetze legen Haftzeiten als (Mit-) Voraussetzung einer Entschädigung fest. „Verfolgungszeit“ kennen sie nicht. Will nun der Rechtsstaat, so fragen diese Stasi-Opfer und nicht nur sie, auf Dauer vom Unrechtsstaat profitieren und denen Anerkennung versagen, die gerade von den wissenschaftlich ausgeklügeltsten Unterdrückungsmethoden deutscher Diktaturen getroffen worden sind? Versucht der Staat deshalb so angelegentlich die „Psycho-Form“ der Repression herunterzuspielen?

 

3.4  Am 10.02.2006 publizierte die Zeitung zu dem Artikel auch einen Leserbrief - unter der Überschrift

Kein systematischer Mißbrauch:

Daß es keine hinreichenden Untersuchungen zum Thema Psychiatriemißbrauch in der DDR gegeben hätte, schrieb der Autor, „stimmt nicht. Die Ärztin Sonja Süß hat umfangreiches Aktenmaterial des MfS durchforstet. Einen systematischen Psychiatriemißbrauch wie in Rumänien oder der Sowjetunion hat es nicht gegeben...“

Einen anderen Leserbrief, der systematischen  Psychiatriemißbräuche in der DDR bejahte und die skandalöse Art ihrer „Abwicklung“ nach der Wende monierte, druckte die JF nicht, das Thema damit ihrerseits von weiterer, näherer Behandlung ausgrenzend. Auch aus dieser uns zugegangenen Zuschrift einige Sätze

Gegen die These der Nicht-Aufarbeitung des Psychiatriemißbrauchs in der DDR wird oft ein gewandt, es habe doch Nachuntersuchungen gegeben... Fragwürdig genug blieben sie alle. Süß schilderte einige eklatante Fälle solchen Mißbrauchs, um ihn dann insgesamt doch zu verneinen. Die übrigen Prüfungen liefen ähnlich... Man stelle sich einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß vor, von dem just die Partei ausgegrenzt wird, die die dringendsten Verdachtsmomente für stattgehabte Unregelmäßigkeiten vorgetragen hat! Schon diese Ausgrenzung allein macht, was an offizieller „Aufarbeitung“ des DDR-Psychiatriemißbrauchs angeboten wurde, zur Farce...“

 

3.5  Wie den Umstand nun werten, daß die Zeitung die psychiatrisch-psychologische Repression in der DDR zwar zur Sprache brachte, das Schlußwort aber einem gab, der die „Farce“ von offizieller Aufarbeitung, die groß angelegte Verzeichnung, Vertuschung dieser Repression lobt, das Wort aber einem anderen verweigerte, der eben diese Augenwischerei moniert. Zeigt es, wie tief die verbreitete, langjährige Desinformation in psychiatrischen Dingen doch gegangen ist, wie viel Verunsicherung linke Fehlweisung selbst in rechten Redaktionsstuben anzurichten vermag? Pressefreiheit, Ausdrucksmöglichkeit für begründete Positionen fordert die Zeitung zu recht, primär natürlich für sich selbst.

Von sich aus hat sich auch die Junge Freiheit über lange Jahre an das Mißbrauchsthema nicht herangewagt. Die unter .2.1 er wähnten „Berührungsängste mit der Psychiatrie“ sind offensichtlich auch bei ihr ausgeprägt. „Die Sache Freud“ wollte sie - das zeigte sich schon bei einem der Publikation vorausgegangenem Gespräch - grundsätzlich nicht angesprochen haben, so viel sich auch in aller Welt gerade hier jetzt bewegt. Daß auch diese oft an den rechten Rand gerückte Zeitung die Wahrheit des Psychiatriemißbrauchs im real existiert habenden deutschen Sozialismus letztlich „ausbremsen“ ließ, war aber nicht so schlimm.

Denn bald nach ihren Darbietungen konnte der ja viel weiter reichende Psycho-Skandal in weit größerer Ausführlichkeit im Organ der VOS, der FREIHEITSGLOCKE, dargestellt werden (.2). Deren Leser, die die „Zersetzung“, den Psychologie-Mißbrauch vielfach am eigenen Leib erfahren haben, werden sich so schnell doch nicht irremachen lassen. Gleichzeitig wurden und werden andere Facetten des Mammutskandals von anderer Seite her angegangen, wurden im Ausland und von dort her zur Psychotherapie jetzt viele Einzelheiten zur Sprache gebracht, die die Allgemeinheit noch unmittelbarer berühren. (folgendes Kapitel).


 
4.      Wie ist solches heute überhaupt möglich?

 

4.1  In Frankreich ist ein weiteres neues Buch gewichtiger „Freud-Kritik“ erschienen, Mikkel Borch-Jacobsen und Sonu Shamdasani Le Dossier Freud: Enquete sur l’histoire de la psychanalyse. Mehr noch als die Unstimmigkeiten bei Freud stellt es die Auseinandersetzungen um die Psychoanalyse in der Psychiatrie seit Anfang des 20. Jahrhunderts (damals vor allem in der deutschsprachigen Psychiatrie) bis in die jüngsten Stadien der sog. Freud Wars dar. Prof. Wilcocks schrieb unter dem Titel The Last Nail in the Coffin... eine Rezension, die in der INFC-Website nachzulesen ist. Wie das französische Buch (Le Dossier Freud) selbst gibt er hier einen gerade für den deutschen Leser hoch interessanten Abriß dessen wieder, was deutsche Psychiatrie-Ordinarien seinerzeit an brillanter Argumentation Freud entgegengesetzt haben. Das Einschwenken ihrer Nachfolger auf seine vor genau einem Jahrhundert schon erledigten Lehren und Vorgehensweisen nimmt sich auf diesem Hintergrund besonders jämmerlich aus. Nur dadurch, daß diese „Nachfahren deutscher Gelehrsamkeit“ dem Psychiater-Fußvolk diese Vorgeschichte vorenthielten,[11] konnten sie bei ihnen den Aberglauben züchten, Freud habe sich durch die Stringenz seiner Argumente durchgesetzt.

 

4.2  .... Das bei weitem originellste, wertvollste und best durchdrungene Stück weit zurückgreifender Archivdurchforstung steckt,“ schreibt Wilcocks, „im ersten Teil des Buches ‚Une science privée’. Er behandelt die turbulenten Jahre der Psychiater-Diskussion in Deutschland zwischen etwa 1910 und dem Ausbruch des 1. Weltkrieges. Der Sinn des Titels Une science privée (eine Privatwissenschaft) wird mit dem Fortgang des Kapitels klar: Freud bestand auf dem einzigartigen Wert (und der unhinterfragbaren) Akkuratesse seiner ‚Selbst-Analyse’ und bestand zusammen mit (dem damals ihm ergebenen - W.) Jung auf dem Ausschluß ungläubiger deutscher Psychiater aus seinen ‚wissenschaftlichen’ Kongressen. Der erste skandalöse Ausschluß traf den bekannten (Münchner) Psychiater Max Isserlin, der 1910 am Kongreß der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung der Freudianer (IPV) in Nürnberg teilnehmen wollte. Jung und Freud lehnten das Ansuchen beide persönlich ab! Im Mai des gleichen Jahres hielt der Psychiater Alfred Hoche[12] bei der Wanderversammlung der südwestdeutschen Neurologen und Irrenärzte in Baden-Baden einen Vortrag mit dem unmißverständlichen Titel ‚Eine psychische Epidemie unter den Ärzten(bald darauf publiziert in MEDIZINISCHE KLINIK, Nr. 26, 1910, S. 1007-1010).

Einiges aus diesem am 28.05.1910 erschienenen Papier wird von Borch-Jacobsen zitiert. Es ist wert, hier als eine frühe, klarsichtig-wissenschaftliche ärztliche Antwort auf die frühe ‚Institutionalisierung’ der Freudschen Psychoanalyse wiederholt zu werden:

‚In überraschender Weise hat sich nun an Freud eine große Zahl von Anhängern, von zum Teil geradezu fanatischen Anhängern, angeschlossen, die mit ihm durch dick und dünn gehen. In diesem Zusammenhang von einer Freudschen ‚Schule’ reden, wäre ... unangebracht, da es sich nicht um wissenschaftlich prüfbare oder beweisbare Tatsachen, sondern um Glaubenssätze handelt; es ist tatsächlich... eine Gemeinde von Gläubigen, eine Art von Sekte, mit allen Merkmalen einer solchen... Die Zugehörigkeit zur Sekte zu erlangen, ist keineswegs so einfach. Es bedarf eines Novizentums von langer Dauer, welches am besten beim Meister selbst absolviert wird. Auch wird keineswegs jeder ein Jünger, sondern nur, wer glaubt...’ (deutscher Originaltext - W).

Es ist faszinierend zu entdecken, wie früh und wie wohl informiert diese heute allgegenwärtige (nur in Deutschland nicht mehr bekannte! - W) Kritik schon damals war. Das sehr sorgfältige Durchstöbern vieler unterschiedlicher Archivbestände erlaubte es den Autoren, die ungewöhnlichen Höhen und Tiefen jener Jahre in Deutschland vor dem 1. Welt krieg zu präsentieren. Führende Fachvertreter wie Kraepelin beteiligten sich lebhaft an der Diskussion des Freudianer-Stücks. In der zweiten Hälfte des Mai 1913 scheinen beim Kongreß des Deutschen Vereins für Psychiatrie in Breslau die Ereignisse zu einem Höhepunkt und einer potentiell endgültigen Entscheidung gekommen zu sein. Alfred Hoche griff die ignoranten Aufspielungen der Analytiker erneut scharf an. Unterstützt wurde er von Bleuler, Zürich...[13]  Daß 1913 Jaspers’ Allgemeine Psychopathologie, mit diesem Buch die nachhaltigste, bis heute strahlendste Freud-Kritk eines deutschen Psychiaters erschien (RB 1/05,3.1), ließ Borch-Jacobsen außen vor.

4.3  Wilcocks, der britisch-kanadische Rezensent des französischen Buchs wirft jetzt aber Licht auch auf die aktuelle deutsche „Psycho-Situation“. Er schreibt u.a.:

“.... Professor Horst Kächele lehrt an der Universität Ulm seinen Studenten die ‚epoche-machende’ (sein törichter Ausdruck) Entdeckung des Traums von Irmas Injektion, die Freud im Kapitel 2 der Traumdeutung beschreibt. Seit zwanzig Jahren ist bekannt, daß dieser Traumbericht ein demonstrierbar unmögliches Täuschungsmanöver darstellt.[14] Das Wissen darum hindert die Nachfolger deutscher Gelehrsamkeit nicht, ihren Studenten Lügen aufzutischen. Hoffen wir, daß (wahre) Gelehrsamkeit, d.h. akkurate Erforschung von Fakten, Gelehrte, Studenten doch retten wird und sie versuchen werden, ein reales Verständnis von der Welt, die sie bewohnen, zu gewinnen. Dieses neue 21. Jahrhundert verspricht zu guter Letzt doch Aufklärung.“

4.4  In Frankreich sind, beginnend mit Bénesteaus MENSONGES FREUDIENS 2002 in so rascher Folge so gewichtige, die Sache so gründlich durchdringende Untersuchungen erschienen – das erfolgreichste bisher das Livre noir de la Psychanalyse (fünf Auflagen innerhalb von vier Monaten! -  s. RB 2/05), das psychiatrisch aktuellste jetzt das eingangs erwähnte LE DOSSIER FREUD, daß die Situation im Land – vor kurzem galt Frankreich noch als eines der freudgläubigsten Länder der Welt  – heute schon recht verändert ist, trotz der politischen Unterstützung, die der Analyse auch dort noch zuteil wird (vielleicht gerade deshalb). Das neue Buch von Borch-Jacobsen und Shamdasani ist vielleicht, wie Wilcocks titelt, „der letzte Nagel zum Sarg“ Freuds. Uns Deutschen öffnet es jetzt den Zugang zu den Quellen der ersten umfassenden Freud-Kritik, die naturgemäß in Deutschland zuerst aufkam, eigentlich auch das Wesentliche schon sagte, was zur Psychoanalyse überhaupt zu sagen ist und heute, im Ausland, weiter untermauert, verstärkt gesagt wird. Nur hierzulande wurde, was vor 1914 die absolute Mehrheitsmeinung der (mit Abstrichen) international mit bedeutendsten Seelenärzte war, nach ’45 voll ständig verdrängt, so als hätte es sie nie gegeben.

4.5  Es ist darum angebracht über o.g. Zitate hinaus einiges noch wiederzugeben, was Prof. Hoche, Ordinarius in Freiburg, damals der dezidierteste Kritiker, 1913 in Breslau bei der (just dem Thema Freud gewidmeten) Jahresversammlung der Fachgesellschaft, „deutscher Verein für Psychiatrie“, in dessen Auftrag ausführte und was letztendlich auch in dessen Gesamturteil aufging. (Seine Euthanasie-Fürsprache hat Freud am wenigsten gestört.)

Etwas spät kommt unser Verein dazu, in der Frage der Psychoanalyse Stellung zu nehmen... Die Freud’sche Lehre ist... eine der vielen möglichen Philosophien des Unbewußten, deren Gegenstand... nicht nur ausserhalb je der tatsächlichen, sondern auch ausserhalb jeder möglichen Erfahrung“ liegt. Auf dem dunklen Schauplatze des Unbewußten kann die Lehre nun geschehen lassen, was sie will... Soweit diese Anschauungen nur Gegenstand theoretischer Erörterungen sind, läßt sich über viele Einzelpunkte wohl diskutieren. Anders wird dies in dem Augenblick, in dem (sie) als bewiesen, als sicherer Besitz angesehen werden, Anderen aufgedrängt und eine neue Grundlage werden sollen für die Gestaltung des Lebens nicht nur des Einzelnen, sondern... der ganzen Gesellschaftsordnung... Eines der wichtigsten Handwerksmittel, mit denen die Ergebnisse erzielt... wer den, ist die Verwechslung der Denkmöglichkeit eines Zusammenhangs mit dem Beweis eines solchen, die Verwechslung des Findens einer Analogie zwischen verschiedenen Vorgängen mit dem Nachweis ihrer Identität, die Verwechslung des auftauchenden Einfalles mit einer begründeten Erkenntnis. Mit einer wissenschaftlichen Naivität, die auf anderen Gebieten die allerschärfste Zurückweisung von allen Seiten erfahren würde, wird mit Hilfe der erwähnten Mechanismen ein pseudoexaktes Lehrgebäude aufgerichtet...

Wie alle dogmatisch aufgebauten Lehrsysteme wirkt auch die Freud’sche Lehre durch die suggestive Kraft apodiktischer Behauptungen... Ein Kunstgriff besonderer Art, der sich vielfach als wirksam erweist, ist die Unterstellung, als ob diejenigen Autoren, die die Psychoanalyse ablehnen, dabei von einer gewissen Prüderie in sexueller Beziehung beeinflusst wären... (Die Lehre) erhebt nun den Anspruch, nicht nur das Individuum..., sondern überhaupt alle menschlichen Beziehungen zu erklären oder erst zu verstehen... Ich widerstehe (nach vielen gegebenen Beispielen –W) der Versuchung, durch Aneinanderreihung weiterer Beispiele den phantastischen Unsinn, der uns in den Schriften der Psychoanalytiker vorgesetzt wird, eingehender zu illustrieren..;. alles das, was ich anführte, (sind) nicht etwa vereinzelte und auffallende Aeusserungen, sondern Ansichten und Dogmen, mit denen wie mit Selbstverständlichkeiten und wissenschaftlich bewiesenen Tatsachen operiert wird...  Man muß sich immer wieder fragen: Wie ist eine solche wissenschaftlich durchaus unbegründete und noch dazu mit einer solchen Last geradezu provozierenden Unsinns behaftete Bewegung heute überhaupt möglich?...“[15]


 

5.     Was maßgebliche deutsche Psychiater heute für reformbedürftig halten

 

Besagter Unsinn hat sich nun über hundert Jahre gehalten! Er hat von den meisten Psychiatern Besitz ergriffen. Was sie von daher heute, genauer seit 1968, als veränderungs-/reformbedürftig ansehen und mit welchem Alarmismus sie das tun, sie von der Mehrheit der Ärzte und ihren Organen, etwa dem Deutschen Ärzteblatt dabei unterstützt werden, dazu haben wir öfters schon Beispiele gebracht. Hier einige weitere Beispiele etwa

5.1   aus DÄ 50/2005:

Ambulante Versorgung psychisch Kranker gefährdet

"... Psychische Erkrankungen nehmen zu: Inzwischen sind sie der häufigste Grund für Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten und ansteigende Ursache für Arbeitsunfähigkeitstage. Gerade vor diesem Hintergrund sei es katastrophal, daß eine angemessene psychiatrisch-psychotherapeutische Grundversorgung... nicht mehr gewährleistet sei, kritisierte Prof. Dr. med. Mathias Berger, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN) anläßlich des... Jahreskongresses der Fachgesellschaft in Berlin (November 2005). Ein Grund hierfür liegt seiner Meinung nach in der geringen Zahl von niedergelassenen Fachärzten, die eine „pharmako-, sozio- und psychotherapeutische Komplexversorgung“ vornehmen könnten... Ein solcher Facharzt versorge heute rund 16 5000 Einwohner... Angemessen wäre ein Facharzt auf je 6000 Einwohner..."

Was Berger mit dem Deutschen Ärzteblatt da sagte sein ähnlich ins Phantastische gehendes Lehrbuch Psychische Erkrankungenhaben wir in RB 1/04.2 schon besprochen ist häufig heute zu hören. Altes psychiatrisches Wissen ist an sich, daß schwere psychische Erkrankungen selbst in Katastrophenzeiten nicht zunehmen. Berger stützt die Zunahme auf vermehrte einschlägige Krankschreibungen. Gleichzeitig war in DER Nervenarzt 11/05, im Organ der Fachgesellschaft, zu lesen, 75% der Fälle von Arbeitsunfähigkeitsfeststellungen hielten „einer kritischen Überprüfung nicht stand. Berger fragt nicht, wie viele der Krankschreibungen vielleicht auch auf das viele Hochschwemmen psychischer Befindlichkeitsstörungen in den ärztlichen wie „Laien“-Medien zurückgehen. Er beklagt, aus hohler Hand Bedarfszahlen hinwerfend, einen Mangel an niedergelassenen Nervenärzten, denen er gleichzeitig die Eignung zu „angemessener Versorgung“  abspricht , weil angemessen (nur) eine  „psychiatrisch-psychotherapeutische Komplexversorgung“ sei. Ob die Patienten sie wollen - sie beinhaltet ja für sie mehr oder minder ein tagesfüllendes Programm -,  danach fragt er nicht. Daß sich der am lautesten beworbene psychotherapeutisch-psychoanalytische Teil dieses „Komplexes“ weithin als Schwindel entpuppt hat, übergeht er. Der Mangel an „niedergelassenen Nervenärzten“ dient seit 1968 vielen Klinikern eine Vermehrung von Staatseinrichtungen, besonders von Ambulatorien mit dem Argument voranzutreiben, sie könnten „komplexe“, „mulitdisziplinäre“, „vernezte“ oder „intergrierte“ Versorgung am ehesten gewährleisten. Mit keinem Wort sagt Berger, wer die weitere Aufblähung staatlicher Psycho-Therapeutik, wenn sie denn nötig wäre, bezahlten soll in Zeiten, in denen schon für das Dringendste der all gemeinen gesundheitlichen Grundversorgung das Geld ausgeht. In der Seelenheilkunde wird es für bürokratischen und insbesondere psychoanalytischen Firlefanz genug schon zum Fester hinaus geworfen.

5.2   aus DÄ 7/06:

Hier (der Absatz im Januar 2012 ergänzt) behandelte ein Artikel die Zunahme insbesondere der De­pressio­nen. Von ihnen würden „nur 30 bis 35 Prozent werden korrekt diagnostiziert, gerade 6 bis 9 Prozent ausreichend behandelt“. Das Deutsche Ärzteblatt, „die Zeitschrift“, vordem „das Organ der Ärzte­schaft“ be­stätigte damit, daß die angestammten Behandler, die (Nerven-)Ärzte, heute auch Psycho­logen, zur Ausübung ihres Be­rufes eigentlich unfähig sind. Konkret propagierte es hier aber ein (angeblich jetzt) „qualitätsge­sichertes Netz“, das „Modellprojekt Integrierte Ver­sorgung Aachen“, mit dem, vertraglich gesi­chert, in der Region jetzt angeblich alles besser werde (die Behandler endlich schlauer wür­den?). Seit 30 Jahren, seit den Empfehlungen der Psychiatrie-Enquête, stellen sich derlei Herr­schaften hin und versprechen die damit unbedingt und ganz gewiß jetzt anbrechende Ver­bes­se­rung der Versorgung (im nächsten Augenblick erheben sie ihr altes Lamento erneut) und einige Vertreter der frei praktizie­renden Nervenärzte stellen sich immer dazu und strahlen um die Wette mit, weil damit ein paar Euro extra, die natürlich anderenorts fehlen, auch für sie abfallen (in der Region Aachen vor­erst einmal E 600.000). Daß besagte „Integration“ mehr dazu dient, die Unabhängigkeit der Behandler auszuhöhlen, und völlig unerfindlich ist, wie und warum die Behandlung sich dadurch verbessern sollte, bleibt ungesagt. Viele Köche verderben den Brei, sagt das Sprichwort. Der lokale Kranken­kassenboss, der das Geld beisteuert, meinte auch nur, er „erhoffe sich“ von dem Modell „geringere Kosten“. Da hat eine Bundesge­sund­heits­­ministerin (SPD, vordem KBW – Kommuni­sti­scher Bund Westdeutschlands) wohl im­mer noch am besten lachen. Inzwischen ist das Experiment, ein Schlag natürlich ins Wasser, wieder beendet. Weiteres dazu unter 7.2.

 

 

 

5.3  aus DNP (DER NEUROLOGE & PSYCHIATER) 10/05 (vgl. RB 1/99,11):

Für besonders „reformbedürftig“, weil mit den Möglichkeiten der Zeit angeblich nicht schritthaltend,

erklären auch andere Experten die Psychiatrie insgesamt, mindestens aber einzelne Bereiche in ihr. Nachtrag Januar 2012: Besonders penetrant besorgte das über die Jahre der Sexual­forscher, Psycho­ana­lytiker Prof. V. Sigusch, Direktor des INSTITUTS FÜR SEXUAL­WISSEN­SCHAFT in Frank­furt /M., einer deren von denen, hochgestochene Platitüden wie fol­gende von unterschiedlichsten Ärzte­blättern über die Jahre bevorzugt verbreitet wurden.

 

 

Von der Paläosexualität zu den Neosexualitäten[16]

Wertvorstellungen, Sehnchte und Erfahrungen im Liebes- und Sexualleben differieren erheblich von Generation zu Generation. Da der Arzt bei allen medizinischen Fragen, die nicht mit Hilfe naturwissenschaftlich begründeter Untersuchungsverfahren zu beantworten sind, auf sich selbst als „Untersuchungsinstrument“ angewiesen ist, sollte er reflektieren, welcher Generation er selbst angehört und welchen Vorstellungen vom gesunden und glücklichen Liebesleben er folglich verpflichtet ist.

Unsere Vorstellungen von gesunder und kranker Sexualität unterliegen einem ständigen Wandel... Von der Welt und von uns selbst haben wir heute eine Vorstellung, die mit der der vergangenen Generationen kaum zu vergleichen ist... Doch die Sexualität soll immer noch so sein, wie sie einmal vor hundert Jahren von unseren wissenschaftlichen Vorgängern verstanden worden ist: irgend wie natürlich und normal. In Wirklichkeit ist unsere Sexualität durch und durch relativ, weil sie immer wieder kulturell, sozial und seelisch neu fabriziert und zusammengesetzt wird... Siguschs Vorstellungen vom Liebes- oder Sexualleben als Penis-Mix (nebenstehendes Bild sinnig von ihm oder auch der DNP-Redaktion beigefügt) werden u.a  vom hohen Podest der Universität Frankfurt verkündet. Den Nervenärzten, aber längst nicht nur ihnen werden sie alle Nasenlängen als lautere Wissenschaft angedient.

5.4  Stefanie R. aus Dresden wurde am 11.01.06 von dem vorbestraften Mario M. entführt, 36 Tage lang eingesperrt und mißbraucht. Diskutiert wurde danach u.a. die amtlich-fachpsychologische Begutachtung des M., die bei ihm nach dessen ersten einschlägigen Taten und seiner ersten Haftverbüßung (bis 2002) „gleichgelagerte oder ähnliche Taten eher nicht“ mehr erwartete. Oberstaatsanwalt Avenarius fand an dem Gutachten „Hand und Fuß“ auch nach der erneuten Tat. Am 20.03.2006 ging ein ähnlicher, gar tödlich ausgegangener Fall durch die Presse. Bezüglich Vorbeugung liegen die einschlägigen Minister natürlich auch in Sachsen weiter auf der Linie der "Psycho-Sex-Experten" - wozu hätten ihre Kollegen sie sonst denn bestellt?

Nach dem allseits anerkannten Experten Sigusch sind „Sadomasochistische Akte schließlich „kulturell neue Selbstpraktiken“ und von Perversionen meist zu unterscheiden. Diese seien zudem „etwas Humanspezifisches“ und die „Perversionsbildung oft die einzige Möglichkeit, die einem Menschen zur Verfügung steht,, um eine äußerst bedrohliche seelische Disharmonie bis hin zur Selbsttötung zu bannen.“ Es gelte in der Therapie „die perversen Wünsche.... aus der seelischen und sozialen Isolation herauszuholen“ (Deutsches Ärzteblatt 50/02). Zu ihrer „Grundversorgung“ brauche es, so Sigusch in Anlehnung an andere Freud-Marxisten wie etwa Wilhelm Reich, neue „Curricula. Eine Expertengruppe“ seiner „Gesellschaft für Sexualforschung“ habe sie bereits entwickelt. Den Ärzten sei hier bisher eine „systematische Fortbildung“ nicht angeboten worden (DÄ 13/97).

5.5          Im nächsten Kapitel kommen ähnliche Vorgehensweisen und Versatzstücke auf parallelem Gebiet zur Sprache. So geschwollen, so unverfroren sie hier wie da einherstolzieren, werden sie von der Vertretung der deutschen Ärzte mit ihren Organen in Bund und Ländern doch mitgetragen, mit unterstützt, von den Psychiatern, Psychotherapeuten zuvörderst. Freuds „provozierender Unsinn“ hat in zwischen die gesamte Heilkunde erobert und nicht nur sie. Einigen freilich bereiten die Hochstapeleien, wenn nicht blanken Lügen dieser Berufsvertreter und der sie deckenden, sie offensichtlich vorschiebenden Politiker nur noch Kopfschütteln bis Brechreiz.

Da aber die Medien entsprechende Vorlagen selbst genug auf Lager halten und genug ablassen, können die Berufsvertreter und Politiker mit ihnen fröhlich fortfahren und Mahnungen lässig von sich weisen. Weil es ihre eigene Bedeutung steigert, beginnen die „Reformer“ ihre Darlegungen auf den verschiedenen Psycho-Gebieten stets zumeist mit der Vorrechnung der so alarmierenden Häufigkeit der „Störungen“ auf just ihrem Gebiet. Summierte man die Gebiete, wären weit über 100%  der Bevölkerung schwer psychisch krank, unzurechnungsfähig, dringend betreuungs- und der von ihnen konzipierten „Hilfe“ bedürftig. Die Politiker aber unterstützen sie, weil es ihnen für Opfer und Allgemeinheit gar nicht um bessere Hilfe, sondern um bessere Kontrolle geht.


 

  1. Pseudowissenschaft unter zunehmendem Druck

 

6.1  Ohne daß sich seit den Feststellungen der deutschen Psychiater von 1913 (.4.2) bezüglich des Stils und der Stichhaltigkeit der Psychoanalyse das geringste geändert hätte, hängen ihr ihre Nachfolger, die deutschen Ärzte insgesamt heute begeistert an, geben sie allgemein als seriöse Heilkunde aus. Wie man international über sie den Kopf schon schüttelt, ignorieren sie. Daß die deutschen Gelehrten insgesamt den „phantastischen Unsinn“ mitvertreten, ihn bestenfalls schweigend hinnehmen, entlastet die Ärzte kaum. Sie sind nun einmal primär verantwortlich für das, was als Heilkunde gilt. Es entlastet sie auch kaum, daß die Medien mitgeschoben haben. Hoche rügte seinerzeit in Breslau (.4.5) schon  „die Art und Weise, wie in den Tageszeitungen, nicht ohne mitleidige Seitenblicke auf die böswillige und unwissende Psychiatrie (von damals, heute stechen sie die Medien in der Propagierung Freuds gar aus) für die Psychoanalyse Reklame gemacht wird, ein Mittel, dessen Wirksamkeit auf Laiengemüter die Sekte natürlich kennt...“

6.2   Nun hat die Sache jüngst aber doch weitere Brisanz erfahren. Ende letzten Jahres wurde im Bayerischen Ärzteblatt auf eine Fortbildungsveranstaltung hingewiesen, die den Titel trug: „Fortbildung über Psychische Traumafolgen bei Flüchtlingen“. Er berührte jetzt auch solche, die die Magdeburger Rede (s. Kap. 2) gehört hatten. So erhielt der u.a. für ärztliche Fortbildungen verantwortliche Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BAELK) bald vom Vorstand der VOS (Gemeinschaft ehem. politischer Häftlinge – Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V.) einen Brief, Durchschlag an den Präsidenten der Bundesärztekammer:

 

                                                Berlin, am 10.02.06

Linke Indoktrination ärztlicher und psychologischer Gutachter unter dem Etikett Fortbildung

 

(Anrede) Im Bayerischen Ärzteblatt wurde ab Heft 12/2005 wiederholt eine „Fortbildung über „psychische Traumafolgen bei Flüchtlingen“ angekündigt, als deren Leiter Dr. Waltraud Wirtgen, München, und Dr. Hans Gierlichs, Aachen. Beide Doktoren sind von einem Aufsatz im Deutschen Ärzteblatt 33/2002 einschlägig bekannt. Sie verkündeten dort u.a., daß das ärztliche „Wissen über Traumata mangelhaft“ sei. Ihr eigenes einschlägiges „Wissen“ über jeden Zweifel setzend, stellten sie namentlich dazu eine „Gruppe von Ärzten und Psychotherapeuten“ vor, die schon „Standards für Gutachter“ entwickelt hätten. Bei näherem Nachspüren zeigt sich, daß diese wie auch die genannten Leiter der „Fortbildungsveranstaltung“ selbst der linken Szene angehören, entweder der Fraktion „Demokratischer Ärztinnen und Ärzte“, der IPPNW, der Rosa-Luxemburg-Stiftung etc. oder sie sind einer Disziplin verpflichtet, die die deutsche Ärzteschaft zwar als Heilkunde anerkennt, die in vielen Ländern heute aber als ideologische Pseudowissenschaft gehandelt wird, der Psychoanalyse.

Nicht von ungefähr wurde 2002 gegen die Darstellung der Dr. Gierlichs und Dr. Wirtgen umgehend Protest laut. Prof. Dr. Klemens Dieckhöfer, Bonn,  der als Gerichtsgutachter tätig ist, nannte ihre Ausführungen im Deutschen Ärzteblatt 38/2002 „vielfältig irreführend“. Die Autoren seien von ihrer ausgewiesenen politischen Position her „die Letzen, die hier zur objektiven Begutachtung befähigt sind“. Gegen diesen Einwand gab es keinen Widerspruch. Leichtfüßig aber setzte sich jetzt die Bayerische Landesärztekammer über ihn hinweg, indem sie den Genannten die Leitung der einschlägigen Fortbildung übertrug.

Daß das ärztliche „Wissen über (psychische) Traumata mangelhaft“ ist, meinten bisher auch manche unserer Mitglieder aufgrund der vielen skandalösen Fehlbegutachtungen, mit denen ihre Entschädigungsanträge bei den Versorgungsämtern abgeschmettert wurden und werden. Nun sind wir kürzlich aber von einem Ihrer bayerischen Kollegen, dem Nervenarzt Dr. Weinberger, aufgeklärt worden, daß es schon bisher oft weniger mangelndes Wissen als viel mehr ideologische Voreingenommenheit der Gutachter waren, die kommunistisch Verfolgte bei Gericht schlecht wegkommen ließ (vgl. beiliegenden Artikel unserer eben erschienenen Verbandszeitung DIE FREIHEITSGLOCKE). Wenn man das genannte Fortbildungsangebot der Bayerischen Landesärztekammer liest, verfestigt sich der Eindruck.

Man muß gar nicht den politischen Hintergrund der Dr. Wirtgen, Dr. Gierlichs und Co. kennen. Es stößt die ideologische Penetranz ihrer Ausführungen wie seinerzeit im Deutschen Ärzteblatt so auch in ihrer jetzigen Fortbildungsankündigung schon genügend auf. Sieht man sich im Netz gar die Ergüsse des besagten Ärzte- und Therapeutenkreises näher an, drängt sich der Ein druck auf, ihr „Standard“ sei, „psychische Traumatisierungen“ bei Asylsuchenden um je den Preis herbeizubiegen und unter dem Motto „aktiv gegen Abschiebung“ gutachterlich die vorhandenen rechtsstaatlichen Begrenzungen der Zuwanderung zu unterlaufen.

Kommt nicht eine auf eine Gruppe, die der Flüchtlinge oder Migranten bezogene gutachterliche „Fortbildung“, allein schon einer unärztlichen Parteinahme, im übrigen auch einer Vorselektion zukünftiger Gutachter gleich? Mit derart einseitig getrimmten Gutachtern werden es später ja auch alle anderen Probanden zu tun haben, die vor Gericht stehen oder bei staatlichen wie körperschaftlichen Instanzen Anträge stellen. Spezielle Fortbildungen einzurichten für die Traumen, die wir kommunistisch Verfolgten erlitten, haben keine Landesärztekammern und keine „Fortbilder“ je für nötig befunden. Wir könnten uns von daher schon als ärztlich benachteiligt, ja diskriminiert erklären. Auch Gierlichs-Wirtgens Programmpunkt „Übertragung - Gegenübertragung“ weist auf ihre einseitige ideologische Fixierung, freud'sche (bis freud-marxistische) Fixierung hin, zu der anzumerken ist, daß die Psychoanalyse psychische Traumatisierungen der frühen Kindheit, teilweise gar dem intrauterinen Leben zuweist, was nochmals zeigt, wie abwegig, ja ans Absurde grenzend schon der Ansatz dieser „Fortbilder“ ist.

Daß die deutsche Ärzteschaft die Psychoanalyse, die in vielen Teilen der Welt heute als Pseudowissenschaft gehandelt wird – gewiß sind auch ein paar wahre Körner darunter -, zum ärztlichen Fachgebiet erhob, Kranke, Hilfesuchende, ja die Bevölkerung damit weithin Sacharlatanen, Hochstaplern auslieferte, das wird möglicherweise noch ein besonderes Nachspiel haben. In den angelsächsischen Ländern wurden Freuds Lehren weithin schon aus dem Verkehr gezogen. In Frankreich läuft über sie gerade eine schwungvolle Debatte - vgl. die neu erschienenen Bücher Men songes freudiens (Freudsche Lügen),  Livre noir de la psychanalyse (Schwarz buch der Psychoanalyse) u.a. Daß die Psychoanalyse in Deutschland noch oben auf ist, dazu wurde seinerzeit zunächst das „Psycho-Wissen“ der Ärzte in Frage gestellt. Das war und ist ja bis heute der „Trick 17“, mit dem sie sich am leichtesten ins Bockshorn jagen lassen. Nach genügend Verunsicherung bleuen ihnen dann die Ideologen ihre neu en Schemen ein, was unter dem Etikett ärztlicher Fortbildung am besten gelingt. Muß man das ihren Vertretern erst erklären? Im Einzelnen aber können, müssen und wollen wir darauf hier gar nicht eingehen.

Nur dem treten wir jetzt mit allem Nachdruck entgegen, daß die Begutachtung Beschädigter oder von Schaden Bedrohter noch weiter ins links-ideologische Fahrwasser gerät. Wenn die Bayerische Landesärztekammer dem erneut Vorschub leistet und sei es unter der Fahne löblichster „Fortbildung“, dann wird auch sie weiter unter öffentliche Kritik geraten. Wir empfehlen, besagtes „Fortbildungskonzept“ zu überprüfen und bis dahin die programmierte Veranstaltung abzublasen. Da die Angelegenheit die gesamte Ärzteschaft angeht, erlauben wir uns, eine Kopie auch dem Präsidenten der Bundesärztekammer zuzusenden.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschriften des VOS-Bundesvorsitzenden und des stellv. Bundesvorsitzenden

 

6.3  In etwa gleichzeitig, nämlich am 24.02.2006 kam das Deutsche Ärzteblatt mit der Meldung heraus, in Berlin sei kürzlich erstmals ein Psychiater verurteil worden, weil er “Flüchtlingen ohne angemessene Untersuchung ein Kriegstrauma attestiert“ hatte. Der weitere Text ließ erkennen, daß die Unangemessenheit der Untersuchungen nicht nur darin bestand, daß sie nicht wirklich stattgefunden hat, sondern dieses Nicht-Stattfinden aus einer Parteinahme à priori, jenem links wie selbstverständlich beanspruchten „Gutmenschentum“ resultiert, das sich um Fakten gar nicht mehr kümmern zu müssen glaubt, sie gegebenenfalls durch Freudsche Phrasen ersetzt, wobei das Beherrschen der Phrasen heute in „Fortbildungsveranstaltungen“ (nicht nur) der Bayerischen Landesärztekammer (BLAEK) vermittelt wird. Es nimmt nicht wunder, daß das Deutsche Ärzteblatt den „Schreck“ der „kleinen Gruppe“ von Kollegen vor dem Berliner Gerichtssaal lebhaft mitempfand, die anscheinend so mitbetroffen waren, weil sie ähnlich „vorsätzlich“ und „massenweise“ geschlampt hatten. Sie, die in Berlin seit der 68er Revolution besonders freudisch Eingefärbten, versuchten noch den Spieß umzudrehen und den Prozeß als zielgerichtet „politisch motiviert“ zu verreißen.

Es war jetzt an der Zeit, auch unsererseits aktiv zu werden. Kurz nachdem der Ausdruck des Magdeburger Vortrags, zumindest die ersten zwei Drittel, in der Freiheitsglocke  erschienen war, richteten wir  unter Beilage des Ausdrucks am 6.3.06 folgenden Brief an den Chefredakteur des Deutschen Ärzteblatts, nachrichtlich den Präsidenten der BLAEK:

 

btr. Schwindel in der Medizin und - Konsequenzen 

(Anrede)

In der Ausgabe vom 24.02.2006 berichtete Ihr Blatt von der Verurteilung eines Berliner Psychiaters wegen falscher, aus leerer Hand geschöpfter Zuerkennung „Posttraumatischer Belastungsstörungen“. Ich lege Ihnen das mir in Kopie überlassene... Schreiben eines Verbandes politisch Verfolgter, der VOS, an den Präsidenten der Bayerischen Landesärztekammer sowie einen eben erschienenen Aufsatz in der VOS-Zeitung FREIHEITSGLOCKE bei, die Ihnen zeigen mögen, daß sich entsprechende Vorwürfe heute öffentlich keineswegs nur gegen einen einzelnen Arzt richten, sondern gegen die Ärzte und ihre Vertreter insgesamt! Ihnen wird vorgeworfen, zumindest seit den frühen 70er Jahren (seit der Psychiatrie-Enquête) leichtfertig sich der 68er Ideologie unterworfen, freud-(marxisti-)sche Schwindelwissenschaft in der Heilkunde etabliert, Kollegen (wie den jetzt verurteilten) zu Fehlpraktiken angespitzt und sie und mit ihnen die Gesellschaft, Kranke und Gesunde, in die Irre geführt und so zu Schaden gebracht zu haben.

Das (erneute) kriminelle „Psycho-Stück“ gereicht deutschen Ärzten international bereits zu Hohn und Spott - vgl. jüngste Ausführungen in der Website des INFC: www.psychiatrie-und-ethik.de (etwa R. Wilcocks, The Last Nail in the Coffin...). Ihnen, sehr geehrter Herr Stüwe, bleibt anheimgestellt, die Kollegen über das ganze, jetzt allgemein sichtbar werdende Ausmaß der Katastrophe, der Blamage zu informieren, die sie sich mit ihrer Begeisterung für Freudsche und andere, ähnlich luftige Psychologismen unter Führung ihrer Psychiatrie-Ordinarien eingefahren haben, taub über Jahrzehnte gegen alle Warnungen. Das Deutsche Ärzteblatt, das besonders in den letzten Jahren eifrig mitgespielt hat, hätte wohl Grund zu berichten.

Mit besten Empfehlungen

   Dr. med. Friedrich Weinberger, Vorsitzender

 

6.4  In ihrer Antwort an die VOS vom 16.03.06 beteuerte die BLAEK, ihre Fortbildungsangebote seien „frei von jeglichen Einflüssen von ... politischer Auffassung“. Mit keinem Wort ging sie auf die politische Schlagseite ein, die besagter Veranstaltung von ihren Leitern und schon ihrem Titel her aufdringlich genug anhafteten. Nicht von ungefähr waren sie der VOS aufgestoßen. Die Leiterin der Veranstaltung sei Menschenrechtsbeauftragte des 16000 Ärzte repräsentierenden Münchener Ärzteverbands (ÄKBV) – so wälzt die Ärztevertretung ihre roten Fehlentscheidungen auf ihre weithin ahnungslosen Mitglieder ab. Sie sei zudem „Ärztin für Psychoanalyse“ (welchen Titel es gar nicht gibt, was nur der Vertreter der Ärztekammer, einer Einrichtung öffentlichen Rechtes, nicht zu wissen scheint). Das diese Psychoanalyse vor hundert Jahren schon von der Repräsentanz deutscher Psychiater als Unsinn zurückgewiesen wurde und heute in aller Welt erst recht als Schwindel, nur von den deutschen Ärzte heute als heilkundliches Fachgebiet gehandelt wird und sie darüber schon dabei sind, zum Gespött der Welt zu werden, darauf ging der Vertreter der Ärztekammer nicht ein.

6.5  Ob als Antwort auf unser o.g. Anschreiben oder im Zug der zum anstehendem, allerorts gefeiertem 150. Geburtstag Freuds kam das Deutsche Ärzteblatt 14/06 Anfang April mit dem Beitrag „Psychoanalyse - Wissenschaft und Lebenskunst von Michael Buchholz (Prof. Dr. Dipl.Psych.) heraus. Mit Ansätzen einer Freud-Kritik („in manchen Dingen geirrt, Beobachtungen allzu sehr verallgemeinert, in einigen Punkten ‚überholt’“) versuchte der Autor die Kritik insgesamt zu „übernehmen“, sie auf den Nenner einer in Ansätzen verständlichen, das „Genie“ Freuds und die Gültigkeit seiner Thesen und Methoden letztlich aber nicht entfernt in Frage stellenden Petitüde zu bringen, die dann folgende Freud-Beweihräucherung[17] so um so glaubwürdiger zu machen und hinwegtäuschen, daß es bei Freud eben nicht wie bei Schiller oder Einstein, die er zum Vergleich aufrief, um einzelne Irrtümer etc. geht, sondern darum, daß die gesamte Lehre aus der Luft gegriffen ist und international von vielen hoch seriösen Wissenschaftlern heute wie auch früher schon als Unsinn, ja Betrügerei gehandelt wird.

6.6   An die politische Seite der Psychoanalyse wollten, so sehr sie alle 68er Kulturrevolution mitsamt der geschilderten linken Gutachterpraxis (.2.) trägt, lange auch manche der international heute führenden Freud-Kritiker nicht recht heran. Umgekehrt sieht, wer kommunistische Verfolgung erlebte und heute in Entschädigungsverfahren leer ausgeht meist noch den Einfluß des Marxismus, nicht aber oder nicht unbedingt den der anderen manipulativen Großideologie des letzten Jahrhunderts hereinspielen, den Freudismus. Wir haben gelernt und halten es für dringend nötig, beide vielfältig in einander greifende, übel sich ergänzenden Ideologien zusammen im Visier zu halten.

Die vorstehenden Texte des Kapitels sollten es doch wieder vor Augen geführt haben, wie sie in ihren praktischen Auswirkungen zusammenspielen, wie sinnvoll deshalb die Zusammenschau ist, um den Kern der Probleme zu fassen. Gewiß kann man die wissenschaftliche und die politische Seite der Freudschen Bewegung hier und des Psychiatriemißbrauchs da auch unabhängig von einander sehen. Wer auf je einer Seite gute Arbeit leistet, ist hoch willkommen und hoch achtenswert.

Gehen wir gleich nochmals zur Sache des Psychiatriemißbrauchs. Da gibt es wenigstens Erfreuliches noch zu berichten. 

6.7  Wang Wanxing, der dreizehn Jahre (!) lang in Peking wegen oppositioneller Aktivitäten psychiatrisch  interniert war, wurde im August letzten Jahres entlassen und umgehend abgeschoben - nach Deutschland. Er lebt jetzt mit Familie in Frankfurt/M. Viele haben sich über lange Jahre für Wanxing eingesetzt. Auch wir machten immer wieder auf ihn aufmerksam, ausführlich schon in RB 4/93,5. An eine Wirkung „zunehmenden Drucks“ ist nach dreizehn Jahren schwer zu glauben. Wie hätten chinesische Amtsinhaber reagieren sollen, wenn es demokratisch deutsche schon nicht tun? Ausführlich haben über Wanxing, seine Erlebnisse und die sesationelle Abschiebung jetzt aber die deutschen Medien berichtet, die taz vom 3.11.05, Der Spiegel vom 21.11. 05 (Irre ist, wer aufbegehrt), die Zeit vom 13.11.05 (Elektroschocks gegen den Virus Freiheit) u.a. berichtet. Man hat den Eindruck, sie berichteten über den Psychiatriemißbrauch, weil er sich weit, weit weg abgespielt hat..

6.8  Ein Buch sei noch erwähnt, das „selbst erlebten“ Psychiatrie-Mißbrauch in der DDR schildert, Jürgen Hultenreich, Die Schillergruft, Weidler, Berlin 2001. Es berichtet dramatisch, dabei flüssig, spritzig, beinah sexy über Erlebnisse im Psychiatrischen Krankenhaus Mühlhausen–Pfafferode, dabei über anderenorts so noch nicht geschilderten Horror, u.a. über einen Elektroschock, der seinem Protagonisten Hull“ (vielleicht gar ihm selbst?) als zu begutachtendem, letztlich aber als gesund befundenen Untersuchungshäftling appliziert wurde und ihn dann gar in der Leichenkammer - ungeplant aufwachen ließ. Elektroschocks, so belehrten uns seinerzeit die DDR-Vertreter des Fachs, seien in ihrem fortschrittlichen Staat abgeschafft worden. Das Buch mutet für wirklich Autobiographisches freilich fast zu unterhaltsam an. Weitere Anfragen bezüglich der genauen Umstände beantwortete der Autor nicht. In wieweit das Buch dokumentarisch gewertet werden kann, bleibt also offen.

6.9  Alles zusammen könnte aber dazu führen, daß es den ölgetränkten Klötzen von heutigen Psychiatrie-Ordinarien, Ärzterepräsentanten und Gesundheitspolitikern doch allmählich unbequem wird.


 

7.  Vermischtes, Zusammenfassung, Ausblick

 

7.1  Zu Freuds anstehendem Jubelfest lassen die allgemeine Medien das Ärzteblatt an Schwärmerei noch hinter sich.[18] Manche von dessen Lesern ist’s recht. Sie verdienen ja hübsch daran, auch wenn das übrige Gesundheitswesen darüber bankrott geht und die meisten Ärzte aus ihrem Honorartopf erst einmal „500 Milliönchen“ (RB 1/05, 4) abführen müssen (Diese nehmen es spartanisch hin. Ihre Vertreter, ihre Organe reden davon nicht mehr). Das Gutachterwesen, die Heilkunde insgesamt kommen darüber herunter. In der Konsequenz kommen Ärzte vereinzelt schon vor Gericht (,6.3). Die Mehrheit kümmert es nicht. Das Übelste aber: Es kann über die Probleme kaum mehr gesprochen werden. Wer es versucht, wird ausgegrenzt.

7.2  In en USA, wo sich die Freud-Lehre zuerst Bahn brach, ist sie heute zwar ermattet, aber auch nicht tot. Zu besagtem Geburtstag kam Newsweek am 26.03. 06 mit dem Aufmacher heraus: „Freud Is Not Dead“. Als Lobredner trat u.a. der Nobelpreisträger Eric Kandel auf.[19] Auf die Frage, was Freud überdauern lasse: „Ich denke, er ist ein Gigant. Ungeheuer gedankenreich, einsichtsvoll und imaginativ..., gab er uns ein nuanciertes, reiches Bild der Komplexitäten des geistig-seelischen Lebens. Er ist einer der großen Denker des 20. Jahrhundersts´...“ Und den Bogen zu seinem Gebiet ziehend, dem er die Analyse zuschlug: „Die Zukunft der Neurowissenschaften ist brillant. Die Gefahr besteht, daß wir am Fuß einer Gebirgskette sind, von der die Leute meinen, wir hätten sie schon erklommen. Es ist ein riesiges Gebirge. Es wird ein Jahrhundert dauern..“

Es gibt also auch in den USA noch einige und auch verdienstvolle Leute, die Freud weiter die Stange halten und klingende Rhetorik, blumige Zukunftsvisionen (aber auch nicht mehr) aufbieten, um so (wie Buchholz –  ,6.5) über das freche Ungenügen der Freud -Lehre und –Praxis hinweg zugehen – verständlich vielleicht aus ihrer Biographie, letztlich aber nicht weniger substanzlos wie die Ergüsse der Medien. Um gehend kamen auch die entsprechenden Antworten, etwa auf unserer INFC-Website wie auch auf anderen. Daß es auch und gerade jüdische Gelehrte sind, die die neue Freud-Kritik anführen, sei nochmals angemerkt (RB 2/05).   

Mit Freuds Dominanz ist es in den USA heute vorbei, einmal weil dort seit den 70ern immer mehr Wissenschafter seine Thesen prüften und sie als widersprüchlich, unstimmig, schließlich als intellektuelle Zumutungen zu rückwiesen, wesentlich aber auch auf grund der Weigerung der Krankenversicherungen, für den ineffizienten Therapie-Flop der Freudianer weiter aufzukommen, wie auch Newsweek verriet. Hierzulande sind es neben gewissen Ministern und Ministerinnen just die Krankenkassen-Bosse, die ihn stützen und dafür das Geld ihrer Versicherten verbraten, veruntreuen (.5.2), in erster Linie natürlich, weil sie gesetzlich dazu gehalten sind.

7.3  In den USA wurde die Psychoanalyse praktisch durch die von Psychologen entwickelte Verhaltenstherapie (VT) verdrängt. Sie hat ihre Therapieleistungen störungsspezifisch ausgewiesen. Sie behauptet zudem, sie in wesentlich kürzerer Zeit, damit wesentlich preiswerter zu erzielen. Hoch anerkennenswert ist in jedem Fall, daß es sich bei der VT, insbesondere ihrer „kognitiven Fortentwicklung“ (Aaron Beck) um ein rationales Gedankensystem handelt, das vom theoretischen Ansatz her zur Behandlung etwa der Depressionen ein fühlbar beiträgt. Auch wurden ganze, von der Psychiatrie lange vernachlässigte Gebiete seelischen Leidens, etwa das der Sozialphobie (RB 1/05, 3.2) de facto von Psychologen erschlossen. Von ihnen stammen zudem einige der treffendsten Analyse-Kritiken. ne Frage also, daß dieser nicht-ärztliche Berufsstand heute in der „Seelenheilkunde“ seinen rechtmäßigen Platz hat.

Nur gibt es da  immer noch einige offene Fragen. Just Psychologen, die „ihre“ Verhaltenstherapie der Psychoanalyse als weit, weit überlegen deklarierten, praktizieren sie doch mehrheitlich (zu drei Vierteln!), rechnen sie ohne viel Aufhebens jedenfalls ab (Melchinger H. et al., DÄ 44/03). So gänzlich überzeugend wirken die psychologischen Verhaltenstherapien also vielleicht doch nicht. Manche in der GEP wirkende Psychiater haben die VT-Erfolge mit eigenen Augen auch kaum noch gesehen. Zudem kommt, daß sich manche VT-Ansätze schon sehr einfach ausnahmen und manche Aussagen, etwa die von Watson fürchterlich (vgl. auch RB 2/03,8.4). Das Mißbrauchsthema, das Psychologen nicht weniger als Psychiater angeht, hat sie eher noch weniger berührt. Es geht auch vielen von ihnen offensichtlich primär ums Marketing. Auch von daher haben wir heute, was NEWSWEEK schrieb: „The Couch Is Out, But the Culture of Therapy is Every where.“ Just das verfolgten ja in den 40ern schon J.L. Moreno (RB 1/03, 3.3), G.B. Chisholm, der erste Generalsekretär der WHO (RB 2/00, 3.4) und viele andere, „obere“ Gesellschaftsplaner dazu. Was da im Einzelnen an Nützlichem oder Schwindel „über den Tresen“ geht, interessiert nicht, interessiert die am wenigsten, die seit Jahr und Tag, speziell seit ’68 hier die „katastrophale Unterversorgung psychischer Erkrankungen“ beklagen und da die „Verbesserung der Hilfe für psychisch Kranke“, sofern ihren ideologischen Vorgaben folgend, preisend verkünden.

 7.4  Freud aber bleibt, blumig immer wieder neu bekränzt, in jedem Fall im Rennen. Der Unsinn  hat sich von ihm aus immer phantastischer fortentwickelt. Neulich flatterten dem Autor die Ethnomed News 2006 ins Haus, Werbematerial, das u.a. für den Herbst 2006 zur „Weltkonferenz der Ethnotherapien“ nach München lädt! Dienen soll sie einer „effektiven, ganzheitlichen und kostengünstigen Gesundheitsversorgung der örtlichen Bevölkerung.“ Als Vortagende angekündigt wurden u.a. ein „Heiler aus Uganda, eine „Tanztherapeutin aus Indien, ein (Berufsbezeichnung) „Azteke“ aus Mexiko, ein „Cuandero“ und „Baumschamane“ aus Peru, ein „Medizinmann der Blackfootindianer“, ein Candoblé-Priester aus Brasilien, der „mit Hellsichtigkeit und durch die Gabe von Orisha-Geistwesen heilt,“ ein „weltberühmter Schamanenforscher und Dozent der ethnomed-Fortbildungsreihe (gleichzeitig Psychologie-Professor) aus den USA usf. „Auch Grandmother Margarita schickt uns die herzlichsten Grüße aus Mexiko: sie möchte in München mit uns die kosmischen Momente feiern und die Lebenszyklen als Quelle des Wohlbefindens. Der große Moment, an dem sich die Welt verändern wird, wird durch die Frauen herbeigeführt... Sie möchte Rituale durchführen, die Rituale der heiligen Tänze, Rituale zum Vollmond, Rituale des (weiblichen) Blutes...[20]

Derartiges läuft aus unter der „Schirmherrschaft der Landeshauptstadt München in Kooperation mit der Ludwig-Maximilians-Universität“ und wird Ärzten, Psychotherapeuten etc. wohl in der Annahme ins Haus geschickt, daß sie für solchen Hokuspokus heute besonders empfänglich sind (was leider oft stimmt). Ähnliches wird an vielen Plätzen angeboten und beworben - mit klingender Rhetorik, blumigen Zukunftsvisionen. Und so viel Geld steht da zur Verfügung, daß sich der Eindruck weiter verdichtet, international hätten mächtige Geldgeber allergrößtes Interesse, das Volk, die Völker zu verblöden und ihnen statt wirksamer Heilkunde Glasperlen anzudrehen. Wir wissen ja von der uns einst nahen IAPUP, jetzt GIP (RB 2/91, S. 45), wie viel Geld dort von amerikanischen Stiftungen und auch europäisch-staatlichen Instanzen einging, um sie auf besagten „Reform“-Kurs zu bringen. Indem sich die Veranstalter multi-kulturell-interdisziplinär-partnerschaftlich-globalistisch gebärden, bringen sie den Widerstand gegen den Schwindel unter der Hand mitunter noch in den Geruch der Engstirnigkeit, wenn nicht des Rassismus.

Gewiß ist der Unsinn in der Heilkunde nicht erst mit Freud auf die Welt gekommen, mit ihm aber doch erstmals zu universitären und staatlichen Ehren und jetzt gar zu kirchlichen (RB 1/03,3). Irrationalität, die dem Menschen angehört, hilft als religiöser Glaube doch vielen. Wo sie als Wissenschaft auftrat (nach Jaspers etwa als Marxismus, Nazismus, Freudismus), hat sie am meisten Unheil schon angerichtet. Immer frecher aber tritt sie so auf und immer grotesker wird der Kotau, den angesehenste Repräsentanten der westlichen Gesellschaft vor ihr vollführen.

7.5  Zu besagtem Jubelfest wird, entsprechend Freuds Motto – acheronta movebo -, alles, auch das Billigste auch hierzulande mobilisiert. Gerade ist bei Carlssen Christian Mosers SIG MUND FREUD, DIE GANZE WAHRHEIT - DIE COUCH PACKT AUS erschienen - die „ganze Wahrheit“ auch hier wieder eine penetrante Lobhudelei, diesmal im Cartoon-Stil.

Und so prononciert antichristlich Freud stets auch agierte, kriechen vor ihm selbst die Kirchen zu Kreuz (RB 2/02,1 sowie 1/05,5.2). „Zum 150. Geburtstag“ zieht die Katholische Akademie in Bay ern dieser Tage  eine Festveranstaltung ab. Hans Küng predigt seit langem: „Kein Zurück hinter Freud“.  Die evangelische Kirche war schon vor dem auf dem Dampfer. Sie alle betreiben, wie Kempowski schreibt (ähnlich E. Straub in der FAZ[21] vom 22.03.06), ihre Selbstdemontage

Die Kirchen, die Ärzte[22], das ganze Land betreiben sie  - möglicherweise aber doch nicht ganz spontan. Nehmen wir den Bevölkerungsschwund in Deutschland, in Europa, den so viele mit BILD auf einmal beklagen und, soweit konservativ, auf die Pille, die Sexualerziehung etc. schieben. Gab es da nicht einen renommierten, hochkarätig konservativ besetzten „Club of Rome“, der Null -Wachstum empfahl? Wollte sich, wer etwas auf sich hielt, mit dessen Mitgliedern oder mit den Medien, die deren Erkenntnisse breit traten, je anlegen? Sollte es aber, wenn schon die gewichtige Frage der Bevölkerungsentwicklung letztlich von einer Clique entschieden wurde, in anderen, vielleicht „geringfügigeren“ Fragen anders zugegangen sein?

7.6  Könnte der Weltenlauf, um bei den Kirchen zu bleiben, nicht so sein, daß ihre Hirten aus ganz hohen Etagen der Macht in etwa gesagt bekamen: „Erinnert euch, Freunde, wie schnell ihr 1870 euren Kirchenstaat los ward, wie viele euresgleichen in Frankreich einige Jahrezehnte vordem schon ihren Kopf einbüßten. Ihr wißt, um wie viel besser wir heute gerüstet sind. Im Irak seht ihr gerade, wie es Leuten ergeht, die an alten Identitäten zu sehr hängen. Wir erlauben euch heute ja noch, den Wundergläubigen aufzuspielen. Auch dürft ihr gegen Abtreibung, Euthanasie, Homo-Ehen etc. noch manch herzhaften Schlag - ins Wasser tun. Aber ein falsches Wort und ihr seid endgültig weg vom Fenster. Wozu, denkt ihr,  haben wir unsere Wissenschaftler, unsere Medien und Politiker in Stellung gebracht, den Prof. Markl etwa? Hat er nicht laut genug gesagt, daß ein bis zwei Milliarden Menschen auf Erden genügen (RB 1/ 04, 4.4)? Laßt euch vor allem nicht einfallen, an unsere Psychiater, Psychotherapeuten etc. zu rühren! Einwenden wollt ihr, Freuds Lehre sei „Unsinn“, neues „Opium fürs Volk“? Schluckten es Ärzte und Psychologen nicht gern? Uns dienen sie, wie ihr wißt, immer am besten. Der lästigsten Störer entledigen sie uns und wickeln mit jenen Lehren unauffällig viele weitere Querköpfe ein, beschäftigen sie mit ihrem „Unbewußten“, ihrem Unterleib. Über diktatorische Herrschaft, neue Formen wie alte, ewig gleiche Folgen für die Ausgelieferten denken sie da weniger nach, merken nicht, wie wir sie demontieren und zwar rundum. Ein bis zwei Milliarden Menschen, nur an Einem interessiert: Da ist die Welt stabil. Da leben wir am besten.“

So grob die Erklärung, machte sie doch immerhin begreiflich, warum auch die Kirche den dezidiert antichristlichen Unsinn der Freudianer hinnimmt, ja ihn stützt. Daß er von der ganzen Gesellschaft spontan Be sitz ergriffen hat, Demontage spontan Platz greift, ist gewiß auch möglich. Wer die Theorie bevorzugt, dem sei’s unbenommen. Daß es gesteuert geschieht, dafür liegt das Konzept immerhin seit langem ausgedruckt vor, mit am gefälligsten aufbereitet in A. Huxleys Schöner neuer Welt. Ab und zu passiert’s auch, daß solche, die es wissen müssen, sich verplaudern und offen, fast offen aus sprechen, wie die jüngere Weltgeschichte vielleicht gelaufen ist (Kasten). Man spricht davon gewöhnlich nicht. Es ist schicklicher, sich hier dumm zu stellen und an die Sache nicht zu rühren. Sie grenzt ja an Verschwörungstheorien (.2.8). In einem Kirchenstaat will auch gewiß keiner leben. Liegt nicht schon das „christliche Abendland“, aus dem wir hervorgegangen sind, weit, weit zurück? Das hat te zwar mit der muslimischen Welt noch nicht entfernt die Probleme des „Westens“ von heute,  die gar erneut die Gefahr eines Atomkriegs projizieren.

Wenn wir diese Dinge auch öfters schon berührten, taten und tun wir’s doch nach wie vor mit Unbehagen und mit Vorbehalt. Denn zu rühren ist da an ein Konzept, das gewiß mißdeutbar ist und übel genug schon mißbraucht wurde. Aber weit entfernt von allen Mißdeutbarkeiten und Mißbräuchen könnte es andererseits fast in der Selbstverständlichkeit des Menschlichen liegen: Ein Denken und Agieren, wie eben  gezeichnet, könnte bei der ewigen Kaste der Super-super-Reichen, Super-Mächtigen ganz natürlich sein. Nicht von ungefähr könnte Huxley das Szenario als reine Unausweichlichkeit und Selbstverständlichkeit gezeichnet haben. Es zu bedenken, ist jedenfalls begründet. Darauf einzugehen, führt freilich leicht von unserem eigentlichen Thema weg. Und unsicher werden wir, je weiter wir uns davon entfernen. Wir müssen jedoch immer wieder an „Übergeordnetem“ festmachen, weil der Psychiatriemißbrauch von Anfang an „höchst-politisch“ abgedeckt, der Freudsche Unsinn von An fang an „höchst-politisch“ unterstützt wurde, sie in ihrer Abscheulichkeit, ihrem Aberwitz ohne solch „höchste“ Unterstützung gar nicht möglich waren und bald auch nähere Belege für unsere Annahme zum Vorschein kamen. Schließlich sind umschriebene Probleme oft mit Übergeordnetem verbunden, sind sie am ehesten aus ihm erklärlich und von hier am ehesten gar lösbar.

Bei vielem, was „den Westen“ seit 1968 vom „christlichen Abendland“ trennt – Abtreibung, Homo-Ehe, Euthanasie - lösen einige dieser „Errungenschaften“ weithin immer noch Abscheu aus, Folter etwa, rechts freie Räume für Verhöre, eklatante, Krieg stützende Lüge, die nun der Vormacht des „freien Westens“ anhängen. Von der Verharmlosung des Psychiatriemißbrauchs, der konstanten Verzeichnung der Psychiatrieprobleme und dem Umstand, daß darüber nirgends öffentlich mehr gesprochen werden konnte, rührte in unserem Kreis das erste Mißtrauen dem „System“ gegenüber.

7.7   Andere, die da eine Huxleysche Diktatur aufsteigen sehen, leisten viel breiteren  Widerstand. Wir steuern allenfalls einzelne Befunde bei, die zur Abhilfe allein gewiß nicht ausreichen. In dem verzweigten weltweiten Netz, in dem zum Glück viele andere mit anderen Schwerpunkten der „neuen Weltordnung“ begegnen, kann unsere Aufgabe nur sein, Beiträge der (Seelen-) Heilkunde zu neuer Rechtlosigkeit dingfest und möglichst unschädlich zu machen.

Wie die frühen Freudianer unbequeme Kollegen von Kongressen ausschlossen  (.4.2), grenzt das „psycho-politische System“ heute Kritiker von brisanten Untersuchungen aus, etwa denen zum Psychiatriemißbrauch der DDR. Die Psychoanalyse, international weithin als Betrügerei gehandelt, dient deutschen Ärzten als Basis des anerkannten fachärztlichen Gebiets „für Psychotherapie und Psychosomatik“. Artikel, Bücher brisanten (Fach-) Wissens werden zwar nicht weg gesperrt (wie in Huxleys Schöner neuer Welt. In Bradburys Fahrenheit 451 werden sie nazi-gleich systematisch verbrannt). Ihr Inhalt gerät allein in Vergessenheit, in dem über sie nicht mehr gesprochen wird. Wissenschaftsrat und Deutsche Forschungsgemeinschaft starten „Excellenzinitiativen an deutschen Hochschulen“ und merken nicht, wie universitäre deutsche Wissenschaft in der Welt schon zum Gespött wird. Wo moderne Fachvertreter wie etwa Walter von Baeyer noch alte Logik vertraten,  wer den sie umgedeutet und in andere Bezugsrahmen gesetzt (RB 2/04, 3.1). Das alles nimmt die deutsche „Intelligentsia“ hin.

Versuche einer politischen Beugung  der Wissenschaft, speziell der politisch sensiblen „Seelenheilkunde“, gibt es zwar auch im Ausland. Sie stoßen dort aber doch auf breiten, vielfältigen Widerstand (RB 1/5, 5.3). In englischsprachigen Ländern, wo bisher an sich „rein wissenschaftliches “ Argumentieren war, kamen die mitspielenden politischen Interessen und Intrigen damit erst richtig zu Bewußtsein und fanden – ein mal eine erfreuliche Folge - neu auch zu publizistischem Niederschlag - nicht nur auf der Website des INFC www.psychiatrie-und-ethik.de. Hier mit die triftigsten, ergiebigsten und auch aktuellsten Beiträge zum Freud-Thema auf englisch, französisch und deutsch, brandneu auf deutsch jetzt die Ausführungen des schwedischen, mit vier Büchern zum Thema ausgewiesenen Erziehungswissenschaftlers Max Scharnberg: Zur Bestätigung Freud’scher Deutungen.

7.8  Daß von Wahlen kaum Einfluß mehr auf die (von weiter oben geregelten) Verhältnisse erwartet wird, verraten die jüngsten Wahlbeteiligungen. Daß und in welchem Umfang auch „wissenschaftliche Aussagen“ politisch „von ganz oben“ entschieden werden, Wissenschaft der Politik als beste Hure dient, das zu akzeptieren, fiel uns lange schwer und löst hier wie im Ausland auch immer noch Unglauben aus. Wenn wie kürzlich im ehemaligen Stasi-Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausen Ex-Stasi-Offiziere auftrumpfen und die einst ihnen ausgelieferten politischen Gefangenen beschimpfen und der Berliner Kultursenator Flierl (PDS) sie gewähren läßt, ist nicht mehr verwunderlich. Das Volk, die Völker an Praktiken der Diktatur zu gewöhnen, entspricht augenscheinlich „oberstem“ Konzept. Daß aber wie jene Schergen unter politischer Observanz heute auch die Ärzte den Psychiatrie- und Psychologie-Mißbrauch leugnen und als Gutachter mithelfen, „Opfer zu sortieren“ (,2.3) und zu „diskreditieren“ (,6.2), dazu gehört wohl ne ben Abstimmung zwischen Politik und Wissenschaft eine systematisch an trainierte Korrumpierung des Denkens, wie einige ärztliche Fortbildungen (.5.2) und psychoanalytisches Training sie vermitteln.

Daß die ärztlichen Organe verkünden und Ärztevertreter umsetzen, was zu tun sie von „oben“ geheißen werden, weiß man. Das ist nach dem Gesagten erst recht verständlich. Täten sie es nicht und täten es in anderen Gesellschaftsbereichen „gewählte Vertreter“ nicht ähnlich, wären sie kaum je „Vertreter“ geworden oder wären es bald nicht mehr. „Otto Normalverbraucher“ glaubt, sei ne Vertreter wollten wie Mama und Papa sein Bestes. Er realisiert nicht, daß heute wohl auf jeglicher Machtleiter nur aufsteigt, wer Weisungen „von oben“ zu dienen bereit ist und versteht, seine Wähler eloquent darüber zu täuschen. Die Ärzte wählen noch brav und zahlen dafür.

Befindet sich die bayerische Ärzteschaft wirklich in einer tiefen Resignation, gar in einer berufspolitischen Depression? Viele stellen immer wieder fest: ‚Ich fühle mich von meinen0 Standespolitikern nicht mehr vertreten’“, schrieb neulich der Ärztefunktionär Dr. Kaplan im Bayerischen Ärzteblatt 3/06. Ihr Mitgefühl mit den Wählern bringen in allen Gesellschaftsbereichen viele derer zum Ausdruck, die zwar nicht Urheber, aber doch karrierebewußte Vermittler der Demontagen sind, die jene treffen. Ihnen folgen nicht von ungefähr vermehrt Resignation und Depression (,6.2). Dieser Aspekt wurde natürlich in besagtem Blatt nicht weiter behandelt.

Andere Medien verkünden derweil, wir lebten „heute nicht in Verhältnissen, die das Pathos des ‚Widerstands’ rechtfertigen“ (Cora Stephan, Die WELT vom 24.03.06). Uns, die wir zwar nicht Pathos, aber nicht nur im Fachbereich Widerstand gegen den obwaltenden Unsinn, das mit ihm verbundene Unrecht und das daraus zwingend folgende Unglück(-lichsein) für mehr als geboten und gerechtfertigt halten, bleibt, wie immer das Rennen ausgeht, der Trost, ihn en recht zeitig gewehrt zu haben, getan zu haben, was in unserer Macht stand. Immer noch sind unsere GEP und das INFC die wohl dezidierteste, fundierteste Gegenkraft im Land. Gerade im Fortschreiten der Zeit erweist sich, wie wichtig und richtig unser Widerstand war, auch wenn er möglicher weise nichts bringt. Daß in Deutschland Auflehnung gegen das „System“ scheitert, wäre nichts Neues. „Tröstlich“ wäre bei der Gelegenheit aber auch die Erkenntnis, daß es anderen Völkern ähnlich ergeht.

Vielleicht aber bewirkt unser gemeinsames, internationales Bemühen doch et was. Daß voluminöse Desinformation  in der „Seelenheilkunde“ (,7.1-.2) – ein Jahrhundert lang war sie unangefochten oben auf - im Handumdrehen heute konterkariert, vielleicht gar aufgehoben werden konnte, macht doch Mut! Vielleicht funktioniert Demokratie doch!


 

* VOS = Gemeinschaft ehem. politischer Häftlinge – Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V.,  mit dem BSV zur Zeit in Konvergenz.

[1] Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft, 30 Haftgemeinschaften umfassend.

[2]  In besagtem Buch berichtet Dr. K.-D. Müller von einer Umfrage, bei der von 800 Antwortenden 471 Anträge gestellt haben. Von diesen wurden (immerhin) 259 (=58%) anerkannt, wobei 51% der Antragsteller mit den Bescheiden der Versorgungsämter nicht zufrieden waren.

[3]  Priebe St. und D. Denis, Psychische STÖRUNGEN NACH POLITISCHER INHAFTIERUNG IN DER DDR, 1996. Die Autoren sprachen von 1% anerkannter Antragssteller.

[4] Das Gesetz hält fest, „daß der aus Überzeugung und um des Glaubens oder des Gewissens willen gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft geleistete Widerstand ein Verdienst um das Wohl des deutschen Volkes und Staates war...“  Just dies trifft mutatis mutandis auch auf Sie zu.

[5]  Am 6.1.06 druckte die JF,  vom Autor bekniet, nun doch einen Artikel aus seiner Feder. Selbst hat sie das Thema nie „entdeckt.“ Wie es mit der Publikation weiter ging, schildert .3.5.

[6]  Seine „Verführungstheorie“ ersetzte Freud bald durch die „Konflikttheorie“, den bekannten Ödipus-Komplex, der besagt, daß psychische Störungen aus dem Konflikt der Realitätsanforderungen mit frühkindlichen, später „ver drängten“ Wünschen resultierten, vor allem dem, daß „der“ Knabe mit seiner Mutter schlafen und seinen Vater als Konkurrenten töten will. Von Baeyer und Mitarbeiter führen (S. 27) von Freud noch eine andere Theorie von Freud an: Ein Trauma bringe einen so starken „Reizzuwachs, daß die Erledigung... desselben in normalgewohnter Weise mißlingt, woraus dauernde Störungen im Energiebetrieb resultieren müssen. (Londoner Gesamtausgabe Bd. 11, S. 283).“ Von dieser Art (und häufig wechselnd) sind Freudsche Theorien.

[7] so etwa für Prof. Kulenkampff, den Vor sitzen den der Enquête-Kommission der Bundesregierung „zur Lage der Psychiatrie...“  von 1975 - nachzulesen etwa in Schwarz, Weise K. und  A. Thom, SOZIALPSYCHIATRIE IN DER SOZIALISTISCHEN GESELLSCHAFT, VEB Thieme, Leipzig, 1971 (RB 4/93).

[8] Erinnern Sie sich an den Deutschen Ärztetag 1974 in Berlin, bei dem linke Ärzte-Chaoten just die Diskussion der Psychiatrie sprengten. Bald darauf, etwa beim Deutschen Ärztetag 1977 in Saarbrücken, saßen sie auf den Delegiertenbänken des Ärzte-Parlaments und  hinderten am Sprechen, buhten und  pfiffen den aus, der u.a. vor einem anhebenden freud-marxistischen Gutachterwesen warnte.

[9]  Priebe, Denis und Bauer, EINGESPERRT UND NIE MEHR FREI, Steinkopf, Darmstadt, 1996.

[10]  Titel des bekannten, heute oft bemäkelten Buches von K. Behnke und J. Fuchs Zersetzung der Seele – Psychologie und Psychiatrie im Dienst der Stasi, Rotbuch Verlag, 1995

[11]  Der Fall, daß diese derzeitig aktuellen „Leuchten des Fachs“ nichts „vorenthielten“, sondern es selbst nicht besser wußten, nimmt sich für sie auch nicht vorteilhaft aus.

[12]  Jener Prof. Alfred Hoche, Psychiatrie-Ordinarius in Freiburg/B., war es, der mit seinem Buch von 1922 „Die Freigabe des lebensunwerten Lebens“ (Mit-) Anreger der Nazi-Euthanasie wurde.

[13] Ein Blick in den Kongreßbericht (in ALLGEMEINE ZEIT SCHRIFT FÜR PSYCHIATRIE, 1913, S.781-784) zeigt, daß der Zürcher Professor Eugen Bleuler zwar Kernthesen Freuds verwarf, aber auch Gutes an ihm erkannte, so wie sich sein (von seinem Sohn Manfred fortgesetztes) Lehrbuch der Psychiatrie noch in der Ausgabe von 1969 recht ambivalent gibt. Aus der IPV war Bleuler wegen abweichender Meinungen und über dem verweigerten Rat Freuds, den Kontakt mit Hoche abzubrechen, schon 1911 ausgetreten („Die Logik des... ‚Alles oder Nichts’ ist in religiösen Gemeinschaften nötig.... Ich kann deshalb dieses Prinzip verstehen, betrachte es jedoch als schädlich für die Wissenschaft“, schrieb er in einem Brief an Freud vom 4.12.11 –  zitiert nach Shamdasani im Livre noir e la Psychanalyse – s.u. - rückübersetzt – W). Hoche sprach dem „zwischen den Lagern“ changierenden Bleuler sein Beileid aus. Freud war mit diesem danach erst recht unzufrieden.

[14]  Freud verband 1899 mit diesem „epoche-machenden“ Traum von 23./24.7.1895 die Sorge um seine diphtherie-kranke Tochter Mathilde. In seinem Brief vom 24.7.1895 an seinen damaligen Intimus Fließ erwähnt er von dem Traum jedoch nichts. Die unzensierte Korrespondenz Freud-Fließ hat J.M. Masson 1985 herausgegeben. Es geht daraus hervor, daß Mathilde die Diphtherie erst 1897 durchmachte. 1893 kann es aus immunologischen Gründen keine „erste“ Diphtherie gegeben haben. Wilcocks, der den Sachverhalt aufklärte, hat ihn in Beiträgen zur englischen und französischen INFC-Site näher beschrieben.

[15] Hoche A., Ueber den Wert der „Psychoanalyse, Archiv der Psychiatrie und Nervenkrankheiten, 1913, S. 1055-1079

[16] Soll suggerieren, es gäbe „alte Sexualitäten“, wie sie etwa vor 1968 bestanden, und seitdem eben „neue“. Die menschliche Natur sei unbeschränkt veränderbar (manipulierbar).

[17]Wissenschaftler und Psychotherapeut, der sich mit großem Ernst der Erforschung des menschlichen Seelenlebens zugewandt hat... Seine Einsichten gehören zum festen Bestand eines durch ihn geschaffenen Menschenbildes. Gültige Nachweise“ gebe es für deren Wirksamkeit, die wir vor Jahren schon als Augenwischerei auswiesen (RB 2/02,5.2).

[18]  z.B. der STERN 15/06: Von Traumen und Trieben, an Fehlinformation an seine „Hitler-Tagebücher“ reichend.

[19] Kandel, 1929 in Wien geboren, von dort erlebtem Nazi-Terror 1938 tief getroffen, mit Eltern 1939 nach den USA emigriert. Der jüdischen Tradition so um so tiefer verhaftet,  kam er früh über persönliche Beziehungen zu Psychoanalytikern zur Medizin, zur Psychiatrie, um hier der Verbindung von Biologie und Psychologie nachzuspüren, die für ihn primär Freudsche blieb. Mit Arvid Carlsson und Paul Greengard  zusammen erhielt er 2000 den Nobelpreis für Medizin - für seine Forschungen zum Lernen, zum Kurz- und Langzeitgedächtnis und den verbundenen biologischen Vorgängen, den Veränderungen an Form und Funktion von Synapsen infolge neuer Proteinsynthese.

[20]  Gewiß gibt es an manchen Universitäten auch eine seriöse, dann freilich mehr historisch orientierte Ethnomedizin.

[21]  „Dieses Wohl der ganzen Welt ... Wenn deutsche Bischöfe und Kardinäle einer Weltkirche von der Vernunft im Sinne der Aufklärung reden..., bestätigen sie nur, daß sie ihrer eigenen Kirche und deren Entfaltung mitten in der Welt nicht gewachsen sind....

[22] Die christlich-ethisch orientierten Ärzte, die wenigen, die es noch gibt, etwa die EUROPÄISCHE ÄRZTEAKTION in Ulm, kämpften hingebungsvoll gegen die Abtreibung. Was sich derweil auf dem geistig vorgelagerten Psycho-Sektor tat, kümmerte sie keinen Deut. Es gab die brave Christa Meves, an deren Rockschößen auch sie verzückt Freud folgen. Sage einer, das sei keine gewiefte Mitmache gewesen.