GEP: Fall Mollath u.a. in Politik und Medien

Am 15.11.2012 versandte ich eine mail an Prof. Dieckhöfer, die Unterstützer Mollaths, die Fraktionsvorsitzenden im Bayerischen Landtag und etliche Redaktionen (200, wie geplant, wurden es nicht –  da streikte das Outlook-Express-Programm). Zeitliche Koinzidenz von Ereignissen hat in dieser (an dieser Stelle vordem abgedruckten) mail die Fälle von Gustl Mollath und Rainer Hoffmann zusammengebracht. Das erscheint im Nachhinein als nicht angemessen. Hoffmann ist durch geistesgegenwärtige Flucht in die Schweiz freiheitsgefährdenden Folgen einer deutschen Psychiatrisierung fürs Erste jetzt enthoben, Mollath in ihrer Folge aber weiter der Freiheit beraubt.

Eigentlicher Anlaß zu besagter mail war das einseitige Abheben der bayerischen Justizministerin im Interview mit Report Mainz am 13.11.und am 14.11.2012 bei der Debatte im Bayerischen Landtag auf Mollath belastende Gutachten. Sie tat, als stünde das größere, ja absolute Maß an psych­iatrischem Sachverstand auf ihrer Seite. Weil falsche Gewichtungen auch in diesem Punkt zu Mollaths Lasten gehen, stellten wir zusätzlich zu der Ex­pertise von Dr. Sim­merl aus dem Jahr 2007 die dezidierte Stellungnahme von Prof. Dieck­hö­fer sowie mein Gutachten vom April 2011 heraus (RB 2/12,2), die beide das Vorliegen einer Wahnerkrankung wie auch  einer Gemeingefährlichkeit Mollaths verneinten. Setzt man zudem die Gutachten gegen einander, die überhaupt auf persönlicher Unteruschung fußen, so steht es 2:1 für Mollath.

Als erfahrener Gerichtsgutachter haben Sie“, so schrieb ich an Prof. Dieckhöfer, „mein Gutachten als gründlich die Streitfragen aus­­leuchtend und nach Art der Kunst erstellt befunden.“ Es brachte auch einige kritische Anmerkungen an den Verfahrensweisen der Justiz vor. Wohl deshalb wischte es der Bayreuther Richter Kahler beim Prüftermin 2011 vom Tisch – für die Ministerin eine Vorlage, „die Expertise wie auch Ihre Stellung­nahme vom März 2012 im Rechts­ausschuß des Landtags als polemisch herunterzumachen (RB 2/12,2). Sie reichten beim Verwaltungsgericht München darob Klage gegen sie ein. Jetzt bei der Anhörung im Plenum tat die Ministerin, als existierten unsere Vota nicht.

Sie verschwieg dabei auch, daß der Mollath aktuell belastenden Expertise von Prof. Pfäfflin gar zwei üblichen Anforderungen entsprechende, dabei gewiß schlüssigere Gutachten entge­gen­stehen, das von Dr. Simmerl und eben meines, das aktuellste. In vie­len Details stellten wir jedenfalls in den gerichtlich wie ministeriell akzeptierten, dabei großenteils auf Akten fußenden Gutachten der Gegenseite (denen von Dr. Leipziger und Prof. Kröber) grobe Inkonsistenzen und Widersprüche fest. Der baye­rischen Justizministerin gilt freilich auch das Votum der Menschen­rechts­be­auf­tragten der Bayerischen Landesärztekammer nichts.

Leider nahmen die Sprecher/innen der Grünen, der Freien Wähler und der SPD, die denen der Koa­lition, besonders der CSU insgesamt robust entgegentraten, in diesem Punkt die falschen Vorspiegelungen der Ministerin hin. Auch die Medien, denen – voran Report Mainz und die Nürnberger Nach­­richten – das Verdienst zukommt, im Fall Mollath die kritische Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit angestoßen zu haben, berichteten bisher nur über die juristischen Pannen, die in dem Fall zu Ta­ge getreten sind. Viele der Unzulänglichkeiten in der Psychiatrie, die wir seit 35 Jahren in unseren Rundbriefen (www.psychiatrie-und-ethik.de) aufzeigen und die typisch den Fall Mollath durchwirken, blieben außen vor. Im Augenblick kommt es freilich auch nur darauf an, daß der seit über sechs Jahren bei guter Gesundheit psychiatrisch internierte Gustl Mollath frei kommt, wozu der Schlüssel nun einmal bei der Justiz liegt. Seien wir deshalb froh, daß hier von renommierter Seite jetzt wei­ter Druck gemacht wird, so vom Regensburger Strafrechtsprofessor Henning E. Müller http://www.sueddeutsche.de/bayern/fall-gustl-mollath-strafrechtler-wirft-justiz-gravierende-fehler-vor-1.1526369.

Dr. F. Weinberger

 

 

 

 

3 Gedanken zu „GEP: Fall Mollath u.a. in Politik und Medien

  1. Pingback: Gustl Mollath – Rückwärtsrolle in den deutschen Medien ? | Das Erbe der Tara

  2. Koch

    Spiegel online, 30.11.2012

    „Unter Berufung auf Behördenkreise schreibt die Zeitung, der Richter, der damals im Fall Mollath urteilte, habe selbst bei den Finanzbehörden angerufen und darauf hingewiesen, dass Mollath nicht klar bei Verstand sei. Zu dem Zeitpunkt gab es allerdings das psychiatrische Gutachten noch gar nicht, das Mollath später unter anderem ein „paranoides Gedankensystem“ und Gemeingefährlichkeit attestierte.

    Der Sprecher des Justizministeriums sagte, womöglich sei der Richter befangen gewesen. Dies werde jetzt vom Landgericht Regensburg geprüft, das über die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Mollath zu entscheiden hat.“

    Langsam kommt das Verfahren in die richtige Bahn.

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